Refine
Keywords
- ImpulsivitÀt (1) (remove)
Zwang und ImpulsivitÀt
(2009)
HINTERGRUND: Unterschiedliche Studien weisen auf einen Zusammenhang zwi-schen ImpulsivitĂ€t und der Entstehung der Zwangserkrankung hin. Dabei kann sich der Zusammenhang zwischen Zwang und ImpulsivitĂ€t auf verschiedene Art und Weise gestalten. Es ist vorstellbar, dass Zwangssymptome bei ĂberschĂ€tzung der eigenen ImpulsivitĂ€t entstehen. AuĂerdem könnten Zwangssymptome Kompensa-tionsmechanismen darstellen, um einen hohen impulsiven Antrieb unter Kontrolle zu halten. SchlieĂlich ist es möglich, dass sowohl zwanghaftes als auch impulsives Verhalten auf dem Boden gleicher neurobiologischer Fehlfunktionen entsteht. So werden bei der Zwangserkrankung gestörte kognitive und behaviorale Inhibitions-mechanismen vermutet. METHODEN: In der Fall-/ Kontrollstudie werden 18 Zwangserkrankte mit 22 ge-sunden Kontrollprobanden, 23 Patienten mit Depression und 21 Patienten mit An-derer Angsterkrankung verglichen. Es wird untersucht, ob sich Zwangserkrankte durch gestörte behaviorale bzw. kognitive Inhibitionsmechanismen und ein erhöh-tes kognitives Tempo auszeichnen und ob die ĂberschĂ€tzung der eigenen Impulsivi-tĂ€t ein Merkmal der Zwangserkrankung darstellt. Zur Messung der objektiven Im-pulsivitĂ€t werden der Matching-Familiar-Figures-Test, zwei Go/ No-Go-Aufgaben und der Farbe-Wort-Interferenz-Test nach Stroop, zur Messung der subjektiven ImpulsivitĂ€t die Barratt Impulsiveness Scale-11 verwendet. Die statistischen Analy-sen werden mit Hilfe der ANOVA, der linearen Regressionsanalyse, der Berechnung des Korrelationskoeffizienten nach Pearson und des Chi-Quadrat-Tests durchge-fĂŒhrt. ERGEBNISSE: Zwangserkrankte weisen keine kĂŒrzeren Reaktionszeiten im MFF-Test, in den Go/ No-Go-Aufgaben oder eine lĂ€ngere Bearbeitungszeit im FWI-Test nach Stroop auf. Sie zeigen keine höheren Punktwerte in der BIS-11. Auch die in der Gruppe der Zwangserkrankten durchgefĂŒhrten Korrelationsberech-nungen zeigen keinen Zusammenhang zwischen Zwang und ImpulsivitĂ€t. Ăber die gesamte Stichprobe gemessen erreichen Probanden, die sich hoch impulsiv einschĂ€t-zen, aber niedrige objektive Messwerte zeigen, die stĂ€rkste AusprĂ€gung von Zwangssymptomatik. AuĂerdem besteht bei ihnen eine positive Korrelation zwi-schen Zwangssymptomatik und subjektiven ImpulsivitĂ€tswerten. Zwangserkrankte zeichnen sich zusĂ€tzlich durch eine erhöhte Fehlerzahl im MFF-Test und eine lĂ€n-gere Bearbeitungszeit im Farbwörterlesen des FWI-Test nach Stroop aus. FAZIT: Zwangserkrankte weisen keine höheren objektiven ImpulsivitĂ€tswerte auf. Sie zeigen keine beeintrĂ€chtigten behavioralen oder kognitiven Inhibitionsmecha-nismen. Trotzdem ist ImpulsivitĂ€t bei Zwangserkrankten nicht auszuschlieĂen, da impulsives Verhalten situationsabhĂ€ngig und abhĂ€ngig von Emotion und Motivation ist. AuĂerdem sind die objektiven Messverfahren kritisch zu betrachten. Die Mess-werte der gesamten Stichprobe deuten auf einen Zusammenhang zwischen Zwang und ImpulsivitĂ€t hin. Bei der Ausbildung subklinischer Zwangssymptomatik schei-nen Zwang und ImpulsivitĂ€t Gegenpole darzustellen. Auch scheint die ĂberschĂ€t-zung der eigenen ImpulsivitĂ€t eine Rolle zu spielen. In zukĂŒnftigen Studien sollte die HeterogenitĂ€t der Zwangserkrankung untersucht werden. Eine impulsive Sub-gruppe der Zwangserkrankung ist vorstellbar.