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Untersuchungen zur Immunantwort gegen potenzielle Vakzinkandidaten von Streptococcus pneumoniae
(2022)
Das Gram-positive Bakterium Streptococcus pneumoniae (Pneumokokken) stellt vor allem bei der sehr jungen und älteren sowie immungeschwächten Bevölkerung einen immer mehr an Bedeutung gewinnenden Krankheitserreger dar. Krankheitsbilder wie die Pneumokokken-Meningitis, -Pneumonie und -Sepsis, um nur einige zu nennen, können z.T. schwere Verläufe nehmen. Neue Serotyp-unabhängige Impfstoffe sollen flächendeckenden Schutz vor Infektionen mit S. pneumoniae bieten. Das Hauptaugenmerk der Impfstoffforschung liegt unter anderem auf der Untersuchung von Pneumokokken Protein-basierten Impfstoffen als Bestandteil eines Konjugat- bzw. Multikomponenten Impfstoffes. In diesem Zusammenhang wurde in dieser Arbeit die Immunantwort humaner Immunzellen gegenüber den vier Pneumokokken Oberflächen-Lipoproteinen MetQ, DacB, PnrA und PsaA untersucht. Diese Lipoproteine wurden sowohl in lipidierter als auch in nicht-lipidierter Form als heterologe Proteine generiert, um den Einfluss der Lipidierung auf die Immunreaktion beurteilen zu können. Zur Untersuchung der Reaktion des menschlichen Immunsystems wurden humane Blut-Monozyten (hPBMCs) isoliert und zu pro-inflammatorischen Makrophagen (M1) einerseits und anti-inflammatorischen Makrophagen (M2a) andererseits differenziert. Die Zellen wurden mit den lipidierten bzw. nicht-lipidierten Proteinen stimuliert. In den Überständen wurden zur Beurteilung der abgelaufenen Immunreaktion die Konzentrationen von IL-1β, IL-2, IL-6, IL-8 und TNF bestimmt. Eine Produktion von IL-1β und IL-2 durch die Makrophagen konnte hierbei nicht nachgewiesen werden. M1 Makrophagen zeichneten sich durch eine kaum messbare Cytokin-Produktion auf beide Proteinstimuli aus. Anti-inflammatorische Makrophagen zeigten eine signifikant verstärkte IL-6, IL-8 und TNF Produktion (p< 0,05) nach Stimulation mit allen vier lipidierten Proteinen im Gegensatz zur Stimulation mit nicht-lipidierten Proteinen. Das stärkere Stimulationspotenzial der lipidierten Proteine konnte auf deren Agonismus am TLR2 zurückgeführt werden. Weiterhin konnte die starke Reaktion der M2a Makrophagen mit deren Plastizität sowie mit dem Potenzial von Lipoproteinen zur Umpolarisation von Makrophagen aufgrund des TLR2 Agonismus erklärt werden. Die Ergebnisse zeigen, dass die eingesetzten lipidierten Proteine einen suffizienten und signifikant potenteren Immunstimulus im menschlichen Organismus darstellen, als die gleichen Proteine in nicht-lipidierter Form. Somit könnten diese lipidierten Proteine geeignete Vakzinkandidaten gegen S. pneumoniae darstellen.
In den letzten Jahren gewannen ω-Transaminasen zunehmend an Bedeutung. Ihr breites Substratspektrum, das sowohl Aminosäuren als auch Amine umfasst, macht sie interessant für biotechnologische Anwendungen. Im Gegensatz zu α-Aminotransferasen sind ω-Aminotransferasen nicht auf α-Aminosäuren als Aminodonor bzw. α-Ketosäuren als Aminoakzeptoren beschränkt. Auch sind einige ω-Transaminasen in der Lage, Aldehyde oder Ketone zu aminieren. Dadurch sind sie vielseitig einsetzbar. Seit ihrer Entdeckung wurden ω-Transaminasen in einer Vielzahl von Organismen nachgewiesen. Viele dieser Enzyme stammen aus Pilzen und Bakterien. Da es ständig Bedarf an neuen Transaminasen gibt, wurden verschiedene Organismen auf das Vorhandensein solcher Enzyme untersucht. Die Hefe Blastobotrys raffinosifermentans LS3 ist einer dieser Organismen. Für diese Hefe existiert bereits eine Vielzahl biotechnologischer Anwendungen, was unter anderem an ihren vielseitigen physiologischen Möglichkeiten liegt. Um das Spektrum dieses Stammes noch zu erweitern, wurde sein Genom auf ORFs gescannt. Die ermittelten ORFs wurden translatiert und die so erhaltenen, theoretischen Proteine in einer Proteindatenbank gespeichert. Die Einträge dieser Datenbank wurden einem „hmmerscan“ (hmm ist kurz für „hidden Markov model“) unterzogen. Dabei werden die Proteine in sogenannte Pfams, kurz für Proteinfamilien, eingeteilt. Drei Proteine wurden der Familie PF00202.21 zugeordnet. Das ist die sogenannte Aminotran_3 Familie. In dieser Familie befinden sich eukaryotische ω-Transaminasen. Die Gene brota1, brota2 und brota3 codieren für diese Enzyme. Jeweils eins der Gene wurde in den Vektor XPLOR®3 kloniert, damit die potentiellen ω-Transaminasen in B. raffinosifermentans G1212 [aleu2 atrp1:ALEU2] [1] überexprimiert werden können. Eine Besonderheit von BroTA1 ist, dass es neben der Aminotran_3 Domäne noch eine AAA Domäne aufweist. Deshalb ist es mit etwa 85 kDa auch deutlich größer als die meisten ω-Transaminasen, die meist zwischen 45 und 50 kDa liegen. BroTA2 und BroTA3 beinhalten nur die Aminotran_3 Domäne. Alle drei Enzyme zeigen niedrige Aktivität bei der kinetischen Auflösung racemischer β-Aminosäuren.
Neben den eukaryotischen ω-Transaminasen wurden auch einige bakterielle Enzyme untersucht. Literatursuche und das Screenen der Stammsammlung der Arbeitsgruppe Hefegenetik des Leibniz-Instituts für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung führten zu mehreren potentiellen bakteriellen ω-Transaminasen. Das zu Beginn dieser Arbeit noch als hypothetisches Protein bezeichnete Enzym von Variovorax boronicumulans hat sich als ω-Transaminase herausgestellt. Das Enzym wurde detailliert hinsichtlich des Substratspektrums und seiner biochemischen Eigenschaften charakterisiert. Es handelt sich hierbei um eine ω-Transaminase mit β-Aktivität. Diese Transaminase akzeptiert sowohl aromatische als auch aliphatische β-Aminosäuren als Substrat. Sequenzvergleiche dieses Enzyms mit anderen ω-Transaminasen, die nur aliphatische Aminosäuren akzeptieren, führten zu tieferen Einblicken in konservierte Bereiche dieser beiden Gruppen von ω-Transaminasen.
Der dritte Ansatz war das Anpassen einer bekannten ω-Transaminase des thermophilen Bakteriums Sphaerobacter thermophilus an ein potentielles Motiv für aromatische ω-Transaminasen. Dadurch sollte die Aktivität des Enzyms erhöht werden. Dieser Ansatz führte zu 7 Varianten des Enzyms mit höherer Aktivität als der Wildtyp. Durch diese Versuche wurden einige für die Transferaseaktivität wichtige Aminosäurereste offenbart. So hat sich zum Beispiel herausgestellt, dass N70 offenbar wichtig für den Umsatz von γ-Aminosäuren ist, da ein Austausch gegen Glutamat zu einer verminderten Aktivität mit γ-Aminopentansäure führte.
Geistige Behinderung ist eine der häufigsten Formen von erblich bedingten kognitiven Beeinträchtigungen. Definiert wird sie durch einen Intelligenzquotienten unter 70 und obwohl ihre genetischen Ursachen sehr heterogen sein können, gibt es unter ihnen eine beachtliche Menge Gene, die am Aufbau der Glycocalyx beteiligt sind [1, 2]. Die Glycocalyx besteht aus Zuckerbausteinen, die Teil von Lipiden und Proteinen der Zelloberfläche oder der extrazellulären Matrix sind. Vor kurzem konnten wir belegen, dass Mutationen im ST3GAL3-Gen, welches für die Golgi-lokalisierte β-Galactosid-α2,3-sialyltransferase-III codiert, zu verschiedenen klinischen Befunden führt. Zwei unabhängige Mutationen (p.Ala13Asp and p.Asp370Tyr), gefunden in iranischen Familien, konnten mit relativ milden Formen nicht-syndromaler geistiger Behinderung (NSARID) in Verbindung gebracht werden [5]. Eine dritte Punktmutation (p.Ala320Pro), gefunden in einer palästinensischen Familie, verursachte hingegen eine schwere, altersabhängige epileptische Enzephalopathie, das West-Syndrom. Dieses Syndrom ist mit einem Arrest der geistigen Entwicklung oder sogar, wie in unserem Fall, einer Regression assoziiert [3, 4]. ST3GAL3 bildet im Menschen unter anderem das Sialyl Lewis-a (sLea)-Epitop auf Proteinen. Exogene Expression der Volllängen-c-MYC-Fusionsproteine, der Mutationsvarianten in LMTK—Zellen, zeigte, dass alle Varianten eine gestörte subzellulare Lokalisierung zeigen und zwei von ihnen (p.Ala13ASp und p.ALA320Pro) kaum mehr messbare Aktivität besitzen [5]. Um die molekularen und zellulären Mechanismen näher zu beleuchten, die dem ST3GAL3-bedingten West-Syndrom zugrunde liegen, haben wir erfolgreich ein patientenspezifisches, induzertes pluripotentes Stammzellmodell etabliert. Hierfür wurden Fibroblasten der Patientin, die eine Mutation im Exon 12 (c.958G>C, p.Ala320Pro) des ST3GAL3-Gens trägt, und einer gesunden Schwester mittels eines lentiviralen Vektorsystems reprogrammiert. Da ST3GAL3 die höchsten Expressionswerte im frontalen Kortex zeigte, und dies auch in Übereinstimmung mit dem vorgeschlagenen Ursprung epileptischer Anfälle steht, wurde ein Differenzierungsprotokoll für kortikale Neuronen etabliert und erfolgreich für beide Zelllinien durch geführt. Einer der größten Vorteile dieses Protokolls ist, dass hier die Neurogenese in vitro nach demselben temporalen Muster abläuft wie die Neurogenese in vivo. Die iPSC und die daraus differenzierten Neuronen wurden anschließend mittels Lectinblot, mRNA-Sequenzierung, Adhärenzassays und FACS untersucht. Während keine Unterschiede zwischen den iPSC und den Fibroblasten festgestellt wurden, konnten für die kortikalen Neuronen der Patientin eine zusätzliche Bande im Lektinblot (70 kDa), ein verändertes Adhärenzverhalten auf poly-L-Orinithin/Laminin-beschichteter Oberfläche und eine deutlich reduzierte Menge T-box-transcription factor-brain-1-exprimierende Neuronen festgestellt werden. Unsere Ergebnisse zeigen, dass die ST3GAL3-Aktivität wichtig für die normale Entwicklung und Funktion des Gehirns ist.
Die Pankreatitis ist gekennzeichnet durch den Selbstverdau des Organs. Dabei werden pankreatische Proteasen aktiviert und es entstehen lokale Entzündungsherde. Diese aktivieren die Immunantwort durch Ausschüttung pro- inflammatorischer Mediatoren und der Rekrutierung von Immunzellen in das geschädigte Gewebe. Als erste Schutzinstanz reagiert das angeborene Immunsystem inklusive der Neutrophilen, Granulozyten und Makrophagen. Es ist bekannt, dass diese Immunzellen Mustererkennungsrezeptoren nutzen, um die Infektion zu erkennen. Zu diesen gehören die Toll-like Rezeptoren, welche u.a. über den MyD88/IRAK Signalweg den Transkriptionsfaktor NF-κB aktivieren können. In dieser Signalkaskade existiert ein negativer Feedback Regulator IRAK-M, auch bekannt als IRAK-3. Dieser ist in der Lage die Signalweiterleitung zu inhibieren. In dieser Arbeit wurde untersucht ob und inwieweit IRAK-M Einfluss auf den Verlauf einer experimentell induzierten Pankreatitis in Mäusen hat. Bisherige Studien zeigten die Expression von IRAK-M in verschiedenen Zelltypen und Geweben, jedoch nicht im Pankreas sowie den Azinuszellen. In dieser Arbeit konnte nachgewiesen werden, dass IRAK-M in Pankreasgewebe sowie isolierten Azini von C57BL/6 Mäusen exprimiert wird. Die Stimulation von isolierten C57BL/6-Azinuszellen mit CCK hatte eine Expressionserhöhung von IRAK-M zur Folge. Es konnte zudem gezeigt werden, dass Toll-like Rezeptoren (TLR), insbesondere 2, 3, 4 und 9, in bzw. auf Azini exprimiert werden. Die TLR1, 2, 3, 7 und 9 zeigten ein höheres Expressionslevel in den Azinuszellen der defizienten Tiere. Die Caerulein induzierte akute Pankreatitis zeigte einen milderen Verlauf in Bezug auf die Schweregradmarker Amylase und Lipase im Serum der IRAK-M -/- Tiere sowie einen geringen lokalen pankreatischen Schaden. Die Entzündungsreaktion erhöhte die MPO-Aktivität in der Lunge der defizienten Tiere. Zudem zeigten die Tiere eine erhöhte T-Zellaktivierung und Sekretion pro-inflammatorischer Zytokine wie TNFα und IL12 sowie des anti-inflammatorischen Zytokins IL10. Tendenziell wanderten mehr Neutrophile, M1- sowie M2- Makrophagen in das Pankreasgewebe während der Entzündung. Der Transkriptionsfaktor NF-κB konnte nach 8h akuter Pankreatitis, transloziert im Zellerkern, vermehrt in den IRAK-M defizienten Tieren nachgewiesen werden. Die Untersuchung von IRAK-M -/- BMDM zeigte, dass das Zytokin Milieu zur Differenzierung des M1 -Phänotyps dominierend war. Zudem lag eine verstärkte Phagozytose vor und die Makrophagen wiesen eine verstärkte Sekretion und Expression von TNFα, IL6, IL10 und IL12 auf. Nach 3d schwerer akuter Pankreatitis (SAP) wurde eine höhere Konzentration an Serumlipase sowie ein stärkerer pankreatischer Schaden beobachtet. Die MPO-Aktivität in der Lunge der defizienten Tiere war vermindert. Dennoch konnten vermehrt pro-inflammatorische Zytokine wie TNFα, IL6, IL12 und MCP1 im Serum gemessen werden. Die T-Zellen der defizienten Tiere zeigten zudem eine erhöhte Aktivierung. Die Visualisierung von infiltrierten Zellen im Pankreas zeigte keine Unterschiede. Der Vergleich der beiden experimentellen Pankreatitis-Modelle zeigte, dass die Caerulein induzierte Pankreatitis bei den IRAK-M -/- Tieren zu einer lokal begrenzten Entzündung im Pankreas führte. Wohingegen die Pankreatitis nach Gangligatur einen deutlich stärkeren Schaden aufwies und in einer signifikant erhöhten Zytokinsekretion resultierte. Der Vergleich von IL6 zeigte, dass die defizienten Tieren das 14-fache ins Serum sekretieren nach SAP, während die Kontrolltiere nur einen Anstieg um das 4,5- fache zeigten. Somit lässt sich zusammenfassen, dass eine kontrollierte und in Maßen ablaufende Immunantwort protektiv bzw. förderlich für den Krankheitsverlauf ist. Andererseits kann eine überschießende Immunantwort zu systemischen Komplikationen sowie Multiorganversagen führen. IRAK-M nimmt dabei eine regulierende Rolle ein und verhindert u.a., dass die Immunreaktion überschießt.
Bei der familiären Form zerebraler kavernöser Malformationen (CCMs) handelt es sich um eine autosomal-dominant erbliche Erkrankung, die durch pathogene Keimbahnvarianten in den Genen CCM1/KRIT1, CCM2 bzw. CCM3/PDCD10 ausgelöst wird und mit einer Prävalenz von 1:3300 bis 1:3800 in der Allgemeinbevölkerung vorkommt. Neben Punktmutationen und kleinen Indels werden auch Strukturvarianten (SVs) in den Krankheitsgenen beobachtet. Diese sind jedoch mithilfe von Short-Read-basierten Genpanel- oder Exomsequenzierungen in der Routinediagnostik zum Teil nur schwer zu identifizieren.
Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurde daher eine neue CRISPR/Cas9-basierte Nanopore-Sequenzierung der Gene CCM1, CCM2 und CCM3 sowie der flankierenden genomischen Regionen etabliert. Die Abdeckung der Zielregionen mit Reads länger als 20 kb erlaubte die zuverlässige Detektion von Kopienzahlveränderungen. Darüber hinaus konnte anhand einer interchromosomalen Insertion und einer 24 kb großen Inversion gezeigt werden, dass die Methode auch komplexere SVs nachweisen kann. Das Protokoll einer Cas9-basierten Sequenzierung ausgewählter genomischer Zielregionen auf der MinION-Plattform kann gut auf andere Fragestellungen übertragen werden und lässt sich mit vergleichsweise geringem Aufwand in vielen Laboren etablieren.
Ein zweiter Schwerpunkt der Promotionsarbeit lag auf der Entwicklung neuer, vielseitig einsetzbarer Zellkulturmodelle der CCM-Erkrankung. Mithilfe CRISPR/Cas9-vermittelter Genomeditierungen in fluoreszenzmarkierten humanen induzierten pluripotenten Stammzellen (hiPSCs) konnten komplexe Kokulturmodelle sowie dreidimensionale vaskuläre Organoidkulturen etabliert werden. Anhand von aus CCM3-defizienten hiPSCs differenzierten humanen Endothelzellen (ECs) und vaskulären Mosaikorganoiden ließ sich ein klonaler Überlebensvorteil von CCM3-/--Zellen in Kokultur mit Wildtyp-Zellen nachweisen, welcher kürzlich auch in CCM-Mausmodellen als Schlüsselelement der CCM-Pathogenese beschrieben wurde. In den neuen Zellkulturmodellen ließ sich auch der positive Effekt des in der Greifswalder Arbeitsgruppe identifizierten Kandidatenwirkstoffs NSC59984 auf die tumorähnliche Proliferation von CCM3-/--Zellen in Kokultur validieren. Durch systematische RNA-Sequenzierungen konnte zudem nachgewiesen werden, dass CCM1 für die Differenzierung von ECs aus hiPSCs nicht erforderlich ist, jedoch die physiologische Funktion von ECs aufrechterhält.
Die Ergebnisse der vorliegenden Arbeiten belegen nicht nur die Praktikabilität und Sicherheit der Identifizierung komplexer genomischer Strukturvarianten mittels CRISPR/Cas9-vermittelter Nanopore-Sequenzierungen, sondern sie ebnen zudem den Weg zur effektiven Testung neuer CCM-Therapieansätze im Hochdurchsatzverfahren und erlauben einen neuen Einblick in die noch immer unvollständig verstandene CCM-Pathogenese.
Zerebrale kavernöse Malformationen (CCMs) sind vaskuläre Fehlbildungen des zentralen Nervensystems, welche sich klinisch durch epileptische Anfälle, fokale neurologische Ausfälle und Kopfschmerzen äußern. Sie treten sowohl sporadisch als auch im Rahmen einer autosomal-dominant erblichen Form auf. Krankheitsassoziierte Varianten wurden in drei Genen beschrieben: CCM1, CCM2 und CCM3. Patienten mit pathogenen Varianten im CCM3-Gen fallen häufig durch einen schwereren Phänotyp und ein früheres Manifestationsalter auf. Der genaue Verlauf der molekularen CCM-Pathogenese ist jedoch bisher nicht ausreichend verstanden. In dieser Arbeit wurde deshalb die Entwicklung eines humanen in vitro Modells in den Fokus gestellt. Im Gegensatz zu bisher publizierten Studien, die auf einer transienten Herunterregulation von CCM3 beruhen, wurden hier die Folgen eines Langzeit-CCM3-Verlustes untersucht. Unter Verwendung der Komponenten des CRISPR/Cas9-Systems wurde ein Modell etabliert, welches die komplette Inaktivierung von CCM3 in kavernösen Endothelzellen von Trägern heterozygoter pathogener Keimbahnvarianten nachahmt.
In humanen Endothelzellen führte die CRISPR/Cas9-vermittelte CCM3-Inaktivierung zu veränderten endothelialen Eigenschaften, welche die Morphologie, die Apoptoseinduktion, die Stabilität kapillarähnlicher Strukturen sowie die Sphäroidorganisation umfassen. Zudem kam es zu einer vermehrten Aktin-Stressfaserbildung. Auf molekularer Ebene war eine veränderte Expression von Genen zu beobachten, deren Produkte eine Rolle in der Regulation von Zellverbindungen, der Zellmembran oder der extrazellulären Matrix spielen. Insbesondere das unter Basalbedingungen stark in Endothelzellen exprimierte Fibronektin war signifikant herunterreguliert. Die Zugabe exogenen Fibronektins konnte die Zellmorphologie, die Sphäroidorganisation und die kortikale Anordnung des Aktin-Zytoskelettes normalisieren. Da auch nach CRISPR/Cas9-induzierter Inaktivierung von CCM1 und CCM2 diese Effekte beobachtet werden konnten, deuten diese Ergebnisse darauf hin, dass der Aufbau einer intakten fibronektinhaltigen endothelialen Matrix von der Funktionalität der CCM-Proteine abhängt. Künftige Studien werden die Modulation der gestörten endothelialen Apoptoseinduktion als neuen Ansatz zur Identifizierung medikamentöser Therapieoptionen adressieren.
Bei dem weit verbreiteten, Gram-positiven Bakterium Bacillus subtilis handelt es sich um einen der am besten charakterisierten Organismen. Drei Faktoren haben insbesondere zur Etablierung von B. subtilis als Modellorganismus beigetragen: I.) die einfache genetische Manipulierbarkeit und Handhabung im Labor, II.) das Interesse an zellulären Differenzierungsprozessen wie der Bildung von Endosporen und III.) die biotechnologische Bedeutung von Bacillus-Arten. Deshalb sind die zellulären Komponenten, wie Proteine, Metabolite und regulatorische RNAs, und physiologischen Prozesse von B. subtilis, einschließlich seiner Anpassungsmechanismen an verschiedene Nährstoff- und Stressbedingungen, bereits sehr gut charakterisiert. Im Mittelpunkt der vorliegenden Arbeit stand die Anpassung der Genexpression von B. subtilis an hyperosmotische Bedingungen, mit denen das Bakterium in seinen natürlichen Habitaten häufig konfrontiert ist.
Die Konstruktion genomreduzierter Stämme ist ein Ansatz, die Interaktionen zwischen den zellulären Komponenten sowie die Funktion aller Proteine und funktionellen RNAs eines Organismus besser zu verstehen. Das MiniBacillus-Projekt verfolgt das Ziel, durch schrittweise Deletion aller nicht-essentiellen genomischen Regionen einen B. subtilis-Stamm zu entwickeln, der mit einem minimalen Set an Genen in komplexen Medien wachsen kann. In einer von der Arbeitsgruppe um Prof. J. Stülke (Georg-August-Universität Göttingen) koordinierten Studie erfolgte die bisher umfassendste Multi-Omics-basierte Charakterisierung von genomreduzierten Stämmen. Die zwei analysierten Stämme wiesen eine Genomreduzierung von ca. 35 % auf. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurden das Transkriptom der Stämme im Vergleich zum Ausgangsstamm unter Verwendung von strangspezifischen Tiling-Arrays untersucht sowie phänotypische Merkmale der Zellen mittels Fluoreszenzmikroskopie analysiert. Die Studie lieferte wichtige Befunde zur Verteilung der zellulären Translationskapazität und zeigte beispielsweise, dass der Anteil der essentiellen Proteine am gesamten Proteom in den drei B. subtilis-Stämmen größer als 50 % ist, während Proteine mit unbekannter Funktion weniger als 3 % des Proteoms ausmachen. Weiterhin wurden die Auswirkungen der Deletionen auf die Genexpression und den Metabolismus untersucht, wobei sich die Unterschiede zwischen den genomreduzierten Stämmen und dem Ausgangsstamm zum größten Teil mit Veränderungen der Menge oder der Aktivität von Transkriptionsfaktoren erklären lassen. Die Multi-Omics-Studie trug nicht nur zum besseren Verständnis der zellulären Netzwerke bei, sondern identifizierte auch Ansatzpunkte für die gezielte Deletion weiterer genomischer Bereiche.
Eine weitere Transkriptomanalyse wurde im Rahmen eines Projektes mit der Arbeitsgruppe um Prof. J. Stülke zur Charakterisierung der physiologischen Rolle des sekundären Botenstoffs c-di-AMP durchgeführt. c-di-AMP ist ein essentielles Signalnukleotid vieler Bakterien, das bei Gram-positiven Organismen eine wichtige Rolle bei der zellulären Kalium-Homöostase spielt, aber auch weitere Funktionen wie den Zellwandmetabolismus beeinflusst. Im Rahmen dieser Arbeit wurden die Genexpressionsmuster des B. subtilis-Stammes 168 und einer Mutante, die c-di-AMP nicht abbauen kann, miteinander verglichen, um die Auswirkungen einer Akkumulation von c-di-AMP auf globaler Ebene zu untersuchen. Zu den stärksten Effekten gehörte die Repression der beiden Operons, die für die Biofilmbildung entscheidend sind. In weiteren Experimenten in Göttingen wurde mit einem nicht domestizierten Stamm gezeigt, dass B. subtilis bei hohen intrazellulären c-di-AMP-Konzentrationen keinen Biofilm ausbilden kann.
Ebenfalls im Rahmen eines Kooperationsprojektes mit der Arbeitsgruppe um Prof. J. Stülke wurde eine Transkriptomanalyse durchgeführt, um den Zusammenhang zwischen Veränderungen der DNA-Topologie und dem Glutamatstoffwechsel von B. subtilis aufzuklären. Der Ausgangspunkt dieser Analyse waren Studien der Göttinger Arbeitsgruppe zum zentralen Regulator der Kohlenstoff-Katabolitenrepression, CcpA, dessen Inaktivierung dazu führt, dass B. subtilis Glutamat nicht selbst synthetisieren kann. Die Ursache dafür ist die konstitutive Expression des rocG-Gens, das einen negativen Effektor des Transkriptionsaktivators GltC kodiert. Bestimmte Supressormutanten, die ohne Zugabe von Glutamat wachsen können, besitzen aufgrund einer Punktmutation im topA-Gen eine hyperaktive Form der Topoisomerase I, die mit einer Reduktion des negativen DNA-Supercoilings verbunden ist. In der durchgeführten Transkriptomanalyse wurden mehr als 1100 Gene identifiziert, die in der ccpA topAhyper-Mutante eine im Vergleich zur ccpA-Mutante veränderte Expression aufwiesen. Die damit verbundenen Auswirkungen auf das metabolische Netzwerk von B. subtilis führen dazu, dass RocG seine regulatorische Funktion nicht mehr ausüben kann und GltC dadurch in der Lage ist, die Transkription des Glutamat-Biosynthese-Operons gltAB zu aktivieren. Insgesamt hat die Studie Verbindungen zwischen der DNA-Topologie und dem metabolischen Netzwerk gezeigt, die unter physiologischen und biotechnologischen Aspekten von Interesse sind.
Um ein Absinken des Turgors unter hyperosmotischen Bedingungen zu vermeiden, akkumulieren Bakterien kompatible Solute im Zytoplasma. B. subtilis kann mit Hilfe von fünf osmotisch induzierbaren Aufnahmesystemen (OpuA bis OpuE, engl. osmostress protectant uptake) mindestens 15 verschiedene osmoprotektive Substanzen aus der Umgebung aufnehmen. Die aus einem Genduplikationsereignis hervorgegangenen Transporter OpuB und OpuC weisen eine Sequenzhomologie von über 70 % auf, unterscheiden sich aber dennoch deutlich hinsichtlich ihres Substratspektrums. Während OpuB weitgehend spezifisch für das Glycin-Betain-Vorläufermolekül Cholin ist, kann der OpuC-Transporter eine Vielzahl an verschiedenen Substanzen, einschließlich Glycin-Betain und Cholin, aufnehmen. Für das opuB-Operon wurde in einer vorangegangenen Transkriptomstudie ein Antisense-Transkript mit der Bezeichnung S1290 identifiziert, welches eine starke transiente Induktion nach Einwirkung eines Salzschocks zeigte. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurde die bioinformatisch vorhergesagte Abhängigkeit der S1290-Expression vom alternativen RNA-Polymerase-Sigmafaktor SigB, dem zentralen Regulator der generellen Stressantwort von B. subtilis, experimentell bestätigt und die potentielle regulatorische Rolle der asRNA (engl. antisense RNA) untersucht. Es wurde gezeigt, dass die S1290-asRNA für die zeitlich verzögerte Induktion von opuB nach einem Salzschock verantwortlich ist. Diese Ergebnisse lassen darauf schließen, dass B. subtilis die effektive Nutzung der vorhandenen osmoprotektiven Substanzen und der energetischen Ressourcen erreicht, indem zunächst vorrangig die Gene induziert werden, die für den relativ unspezifischen OpuC-Transporter kodieren, und erst danach die Synthese des Cholin-spezifischen Transporters OpuB aktiviert wird.
Neben der Akkumulation von osmoprotektiven Substanzen sind andauernde hyperosmotische Bedingungen mit vielen weiteren Veränderungen der Genexpression und Physiologie von B. subtilis verbunden. Dazu zählen unter anderem Veränderungen im Zellwandmetabolismus, die Induktion einer Eisenlimitationsantwort, eine reduzierte Motilität und die Unterdrückung der Sporulation. Um zusätzliche Facetten der Anpassung von B. subtilis an ein kontinuierliches Wachstum unter hyperosmotischen Bedingungen aufzudecken, erfolgte im Rahmen dieser Arbeit eine globale Analyse des Transkriptoms unter Verwendung strangspezifischer Tiling-Arrays. Der Vergleich der Transkriptmengen unter Hochsalzbedingungen (1,2 M NaCl) und unter Standardbedingungen zeigte Veränderungen der Expression von mehr als einem Viertel der proteinkodierenden Gene sowie zahlreicher nicht-kodierender RNAs. Es wurden bisher nicht bekannte Anpassungsreaktionen von B. subtilis an hyperosmotische Bedingungen identifiziert, wie beispielsweise eine anhaltende nicht-maximale Induktion des SigB-Regulons und eine erhöhte Expression CymR-abhängiger Gene. Ein weiteres Ergebnis der durchgeführten Studie war, dass eine hohe Osmolarität der Umgebung nicht nur die Motilität der B. subtilis-Zellen negativ beeinflusst, sondern auch zu einer stark verringerten Biofilmbildung führt. Die Akkumulation von osmoprotektiven Substanzen wie Glycin-Betain wirkt der Dehydrierung des Zytoplasmas entgegen, kann aber zelluläre Prozesse auch durch eine stabilisierende Wirkung auf Proteine und Nukleinsäuren beeinflussen. Die genomweiten Effekte von Glycin-Betain auf die Genexpression von B. subtilis wurden in dieser Arbeit zum ersten Mal untersucht. In Gegenwart von 1,2 M NaCl und 1 mM Glycin-Betain wiesen 40 % der Gene, die unter Hochsalzbedingungen im Vergleich zur Kontrolle induziert waren, eine signifikant verringerte Expression auf. Darunter befanden sich Gene, die für Opu-Aufnahmesysteme kodieren, sowie viele Gene des SigB-Regulons. Demgegenüber wird die bei hohen Salzkonzentrationen unterdrückte Expression der Sporulationsgene durch die Supplementation des Mediums mit Glycin-Betain nicht aufgehoben. Die Transkriptmengen von 150 Genen waren durch Glycin-Betain sowohl unter Hochsalz- als auch unter Kontrollbedingungen beeinflusst. Mit dieser Studie wurden umfassende Daten zur Genexpression von B. subtilis unter hyperosmotischen Bedingungen generiert, wodurch neue Facetten der zellulären Anpassung sowie globale Effekte der osmoprotektiven Substanz Glycin-Betain aufgedeckt werden konnten.
Hintergrundinformationen: Bakterien gehören zu den ältesten Lebensformen und sind ein elementarer Bestandteil aller ökologischen Lebensräume auf der Erde. Der Mensch als Holobiont ist ein eigenständiges Ökosystem mit einer Vielzahl von ökologischen Nischen und einer großen bakteriellen Vielfalt. Durch innere oder äußere Einflüsse kann es zu Veränderungen der Umweltbedingungen kommen, die eine veränderte Zusammensetzung des Mikrobioms zur Folge haben. Eine solche Dysbiose wirkt sich auf den Gesundheitszustand des Menschen aus und kann zu schweren Krankheiten führen. Das orale Mikrobiom gehört mit zu den komplexesten Mikrobiomen des Menschen. Es bildet eine natürliche Barriere gegen Krankheitserreger und beugt somit u.a. lokalen Krankheiten wie Karies oder Parodontitis vor. Die Metaproteomik ermöglicht es, die exprimierten Proteine des Mikrobioms und deren Interaktion mit dem Wirt zu untersuchen. Diese Technologie überwindet somit die Beschränkung auf Laborkulturen und ermöglicht die Untersuchung des Mikrobioms direkt in seinem natürlichen Lebensraum. Die Metaproteomik bietet eine Reihe von Instrumenten zur Vertiefung des Verständnisses des oralen Mikrobioms hinsichtlich des Gesundheitszustandes des Menschen.
Ziele: Ein Ziel dieser Dissertation war es einen Arbeitsablauf für die Durchführung von Metaproteomstudien des oralen Mikrobioms zu erarbeiten, beginnend bei der Probensammlung über die Präparation der Proben für die Massenspektrometrie bis hin zur bioinformatischen Auswertung. Diesen Arbeitsablauf galt es für das Mikrobiom des Speichels sowie für die Biofilme auf der Zunge und des supragingivalen Plaques zu etablieren bzw. zu adaptieren. Darauf aufbauend wurden Metaproteomstudien durchgeführt, um die drei Mikrobiome bei gesunden Probanden hinsichtlich ihrer exprimierten Proteine, deren metabolischer Bedeutung und Interaktionen mit dem Wirt sowie deren taxonomische Zuordnung zu studieren.
Studiendesign: Die Dissertation umfasst drei Studien mit drei unterschiedlichen Kohorten. Allen Studien ist gemein, dass die Kohorten sich aus oral gesunden Probanden im Alter von 20-30 Jahren zusammensetzten.
In der ersten Studie verglichen wir die Salivette® sowie den Paraffinkaugummi anhand von fünf Probanden, um die effektivste Methode zur Sammlung von Speichel für Metaproteomstudien zu identifizieren.
In der zweiten Studie wurden die Mikrobiome von Speichel und Zunge anhand von 24 Probanden miteinander verglichen und dafür eine Auswertestrategie entwickelt, um der Komplexität dieser Metaproteomstudie gerecht zu werden.
Im Rahmen unserer dritten randomisierten Einzelblindstudie, die auf einem Cross-over-Design basierte, erhielten 16 Probanden vier unterschiedliche lokale Behandlungsschemata, um deren Auswirkung auf das Plaque-Mikrobiom zu untersuchen. Die Behandlungen bestanden aus zwei Lutschtabletten, die Bestandteile des Lactoperoxidase-Systems in unterschiedlichen Konzentrationen enthielten, einer Lutschtablette mit einem Placebo-Wirkstoff sowie Listerine® Total Care™ Mundspülung als Positivkontrolle.
Alle Proben wurden, basierend auf einem Bottom-Up-Ansatz, unter Verwendung von nano LC-MS/MS Massenspektrometern in einer datenabhängigen Messstrategie (DDA, data- dependant acquisition mode) vermessen. Die bioinformatische Auswertung erfolgte für die erste Studie mit Hilfe der Proteome Discoverer Software. Für die Studien zwei und drei wurde die Trans-Proteomic Pipeline eingesetzt. Die taxonomische sowie funktionelle Zuordnung der identifizierten Proteine erfolgte für alle Studien anhand der Prophane Software.
Ergebnisse:
Für den Paraffinkaugummi konnten wir mit 1.005 bakteriellen Metaproteinen dreimal so viele Metaproteine identifizieren im Vergleich zur Salivette® mit 313 Metaproteinen. 76,5 % der Metaproteine der Salivette® wurden ebenfalls mit dem Paraffinkaugummi gefunden. Insgesamt wurden 38 Genera und 90 Spezies identifiziert, wovon 13 Genera und 44 Spezies nur mit dem Paraffinkaugummi identifiziert werden konnten. Die größte funktionelle Diversität wurde ebenfalls mit dem Paraffinkaugummi detektiert.
Das Metaproteom des Speichel- und Zungen-Mikrobioms basiert auf 3.969 bakteriellen Metaproteinen sowie 1.857 humanen Proteinen. Die Anzahl der nur für das Zungen-Mikrobiom identifizierten Metaproteine, war doppelt so hoch, im Vergleich zum Speichel.
Die Metaproteine konnten 107 Genera sowie 7 Phyla zugeordnet werden. Funktionell wurden für das Speichel-Mikrobiom signifikant höhere Metaproteinabundanzen für die Zellmotilität gefunden. Beim Zungen-Mikrobiom hingegen wiesen die Metaproteine der Biosynthese von sekundären Metaboliten, Signaltransduktion oder der Replikation höhere Abundanzen auf.
Im Rahmen der Plaque-Studie identifizierten wir durchschnittlich 1.916 (± 465) bakterielle Metaproteine je Probe, die wir taxonomisch und funktionell 116 Genera sowie 1.316 Proteinfunktionen zuordnen konnten. Die Plaque inhibierende Wirkung von Listerine® zeigte sich durch eine Reduktion der Metaproteinidentifikation von durchschnittlich 23,5 % nach der Behandlung. Darüber hinaus zeigte die Mehrheit der bakteriellen Metaproteine reduzierte relative Abundanzen während für die Metaproteine humanen Ursprungs eine Erhöhung der Proteinabundanzen gegenüber der Kontrolle vor Behandlung zu verzeichnen war. Aus funktioneller Sicht waren insbesondere metabolische Prozesse, welche für das Zellwachstum und die Zellteilung wichtig sind, betroffen. Im Gegensatz dazu erhöhten sich durch die LPO Lutschtabletten sowohl die Identifikation der Metaproteine als auch die relative Abundanz für die Mehrheit der Proteine. Nach den durch die Metaproteomdaten erhaltenen funktionellen Informationen liegen Hinweise für einen wachsenden Biofilm vor. Die Metaproteine, die eine erhöhte Abundanz nach Behandlung mit den LPO-Dragees zeigten, wurden taxonomisch hauptsächlich Erst- (S. gordonii) und Zweitbesiedlern (F. nucleatum) sowie Bakterien zugeordnet, die einem gesunden Biofilm zuträglich sind.
Fazit: Im Rahmen dieser Dissertation wurde ein vollständiger Metaproteom Arbeitsablauf von der Probensammlung, über die Probenpräparation bis hin zu Datenanalyse für das Speichel-, Zungen- und Plaque-Mikrobiom erarbeitet. In drei Studien konnten wir dessen Anwendbarkeit demonstrieren und erreichten vergleichbare Ergebnisse zu anderen Metaproteomstudien, beispielsweise bezüglich der Proteinidentifikation. Für die Sammlung von Speichelproben stellte sich der Paraffinkaugummi für Metaproteomstudien als die Methode der Wahl heraus. Für das Zungen-Mikrobiom veröffentlichten wir die ersten Metaproteomdaten. Darüber hinaus publizierten wir die erste Metaproteomstudie, welche die beiden Mikrobiome von Speichel und Zunge miteinander vergleicht. Hinsichtlich des Plaque-Mikrobioms handelte es sich ebenfalls um die erste Metaproteomstudie, die ein
anerkanntes und etabliertes zahnklinisches Modell mit den Vorzügen der Metaproteomiks verbindet. Die Ergebnisse liefern erste Daten, um (auf längere Sicht gesehen) ein Produkt zur täglichen Mundhygiene entwickeln zu können, welches die bakterielle Zusammensetzung des Plaque-Biofilms positiv beeinflusst.
Zerebrale kavernöse Malformationen (CCMs) sind Gefäßfehlbildungen im Gehirn oder Rückenmark und können sich klinisch aufgrund einer erhöhten Blutungsbereitschaft mit Kopfschmerzen, Gefühls- und Sprachstörungen bis hin zu Krampfanfällen äußern. Sie treten sporadisch oder im Rahmen einer autosomal-dominant erblichen Form auf. Kausale Sequenzveränderungen sind dabei in den drei Genen CCM1, CCM2 und CCM3 bekannt. Die Detektionsrate für pathogene Varianten ist mit bis zu 60 % für sporadische Fälle und mit weit über 90 % für familiäre Fälle sehr hoch. Während Genpanel-Analysen sehr verlässlich Einzelnukleotidveränderungen, kleine Insertions- und Deletionsvarianten sowie Kopienzahlveränderungen detektieren können, werden komplexe Strukturvarianten oder Veränderungen in nicht-kodierenden Regionen kaum erfasst. Diese rücken jedoch für die bisher genetisch unaufgeklärten Fälle immer mehr in den Fokus des Interesses. Diese Arbeit adressiert daher zum einen die Identifizierung neuer Strukturvarianten und deren funktionale Interpretation im Kontext der CCM-Erkrankung.
Im Rahmen der vorliegenden Arbeit ist der erstmalige Nachweis einer interchromosomalen Insertion bei einem CCM-Patienten gelungen. Die unbalancierte Insertion genomischen Materials von Chromosom 1 in die kodierende Region des CCM2-Gens konnte durch die Verbindung von bioinformatischen Auswertestrategien der Next Generation Sequencing-Genpanel-Daten, molekularzytogenetischen Analysen und einer molekularen Bruchpunktkartierung genau charakterisiert werden. Die Identifikation einer weiteren Strukturvariante, einer Deletion des Transkriptionsstarts von CCM1, verdeutlichte die Herausforderungen bei der Bewertung von Veränderungen in nicht-kodierenden Genbereichen. Für eine eindeutige Klassifikation der Variante wurden daher funktionale Analysen durchgeführt, die auf einer CRISPR/Cas9-vermittelten Nachbildung der Deletion in iPSCs und der anschließenden Differenzierung in Endothelzellen beruhte. Damit konnte gezeigt werden, dass die Deletion zu einem Verlust der CCM1 mRNA- und Proteinexpression führt. Zudem wurde in den differenzierten Endothelzellen eine für die CCM-Pathogenese charakteristische Deregulation von KLF2, THBS1, NOS3 und HEY2 beobachtet. Schließlich war es auf Basis dieser in vitro-Analysen möglich, die Variante entsprechend den ACMG-Richtlinien als wahrscheinlich pathogen zu bewerten und somit die molekulare CCM-Diagnose zu sichern.
Die Verbindung des CRISPR/Cas9-Systems mit iPSCs ist nicht nur für die Variantenbewertung von großem Nutzen, sondern bietet auch das Potential zum besseren Verständnis von Krankheitsmechanismen. Ein weiterer Fokus der vorliegenden Arbeit lag daher auf der Etablierung und Verwendung iPSC-basierter Zellkulturmodelle für die CCM-Modellierung. Zunächst ist es gelungen, mehrere iPSC-Linien mit einer kompletten CRISPR/Cas9-vermittelten CCM1-, CCM2- oder CCM3-Inaktivierung zu generieren. Diese wurden anschließend für die Differenzierung in hBMEC-ähnliche Zellen und innovative dreidimensionale vaskuläre Organoide verwendet. In diesen Systemen konnte beispielsweise eindrücklich eine tumorähnliche Proliferation CCM3-defizienter Endothelzellen nachvollzogen werden, die nur in Kontakt mit Wildtyp-Zellen auftrat. RNA-Sequenzierungen in einem CCM1-basierten Knockout-Modell konnten darüber hinaus die Rolle von CCM1 als Endothel-spezifisches Suppressorgen stärken. Die im Rahmen der Arbeit etablierten Systeme werden zukünftig für weitere Fragestellungen der CCM-Pathogenese wie der endothelialen Barrierestörung eingesetzt und stellen darüber hinaus sehr gut geeignete Plattformen für die effektive Entwicklung dringend benötigter therapeutischer Ansätze dar.
Staphylococcus aureus ist ein Gram-positives pathogenes Bakterium, welches bei ca. 30 % der gesunden Bevölkerung zur kommensalen Flora der Nasenschleimhaut gehört. Jedoch zählt S. aureus auch zu den häufigsten Erregern bakterieller Infektionen beim Menschen. Aus diesem Grund wurden S. aureus-Stämme in zahlreichen Studien untersucht, um die Pathophysiologie und Virulenz der Bakterien sowie die zugrundeliegenden Regulationsmechanismen zu verstehen. Die Expression von Virulenzfaktoren wird direkt oder indirekt durch verschiedene Regulatoren beeinflusst. Zu diesen zählen beispielsweise das Quorum-Sensing-System Agr, der alternative Sigma-Faktor SigB und das Zweikomponentensystem SaeRS. Bei der Regulation der Genexpression spielt neben Mechanismen, die die Transkriptionsinitiation beeinflussen, auch die Transkriptions-termination eine Rolle. Bei Bakterien unterscheidet man zwischen der Rho-unabhängigen und der Rho-abhängigen Transkriptionstermination. In bisherigen Studien wurde die Rolle des Transkriptionsterminationsfaktors Rho in Escherichia coli, Bacillus subtilis und Mycobacterium tuberculosis untersucht. Hierzu zählt unter anderem das Silencing von horizontal erworbenen Genen, die Verhinderung von DNA-Doppelstrangbrüchen und die Unterdrückung der persistierenden Antisense-Transkripten. Besonders die erhöhte Antisense-Transkription konnte auch in einer Tiling Array-Studie des S. aureus Wildtypstammes HG001 und einer isogenen Δrho-Mutante ST1258 festgestellt werden. In dieser Transkriptom-Analyse wurden die S. aureus-Stämme in RPMI- und TSB-Medium in der exponentiellen und stationären Wachstumsphase untersucht. Es konnten insgesamt 416 chromosomale Regionen identifiziert werden, deren Transkriptmenge in einer der vier Bedingungen in der Δrho-Mutante im Vergleich zum Wildtyp wenigstens 4-fach erhöht waren. Von diesen Regionen ließen sich nur 11 % annotierten Genen zuordnen, während eine massive Erhöhung der Menge solcher Transkripte festgestellt wurde, die vom Gegenstrang kodierender Gene stammen.
Ausgehend von diesen Befunden wurde in dieser Studie das zelluläre und extrazelluläre Proteom des S. aureus Wildtyps HG001 und der Δrho-Mutante ST1258 verglichen, um die Auswirkungen der Abwesenheit von Rho auf das Proteom zu untersuchen. Dabei lag die Mehrheit der relativ quantifizierten Proteine in erhöhten Mengen in der Δrho-Mutante im Vergleich zum Wildtyp vor. Viele dieser Proteine konnten dem SaeRS-Zweikomponentensystem von S. aureus zugeordnet werden. In der Proteomanalyse konnten 34 von 39 Proteinen, die durch SaeR reguliert werden, quantifiziert werden. Von diesen wiesen 29 erhöhte Proteinmengen in der Δrho-Mutante auf. Durch das Sae-System werden Gene reguliert, von denen die meisten für Virulenzfaktoren, wie Adhäsine, Toxine und immune evasion-Proteine, kodieren. Die Daten der Proteomanalyse zeigen, dass in S. aureus-Zellen, denen die Aktivität von Rho fehlt, das Sae-System aktiviert wird und dadurch die Induktion des SaeR-Regulons zu beobachten ist.
Die Relevanz dieser Ergebnisse wurde durch ein in vivo-Infektionsexperiment untersucht. In einem Bakteriämie-Modell führte die Inaktivierung von Rho zu einer signifikant erhöhten Virulenz von S. aureus, welche sich in einer signifikant reduzierten Überlebensrate der Mäuse äußerte. Zwischen dem Wildtyp und dem Komplementationsstamm konnte kein signifikanter Unterschied in der Überlebensrate der infizierten Mäuse gezeigt werden.
Es ist bekannt, dass SaeRS-abhängige Virulenzfaktoren auch für die Invasion in Epithel- und Endothelzellen entscheidend sind. Anhand der Zahl der internalisierten S. aureus-Bakterien nach Infektion von humanen Lungenepithelzellen konnten in dieser Arbeit keine Unterschiede zwischen dem Wildtyp HG001 und ∆rho-Mutante ST1258 im zeitlichen Verlauf festgestellt werden. Dabei konnten weder Unterschiede im Überleben in 16HBE14o- Zellen noch in der Internalisierungsrate in A549-Zellen zwischen den beiden Stämmen gezeigt werden.
Das Antibiotikum Bicyclomycin ist ein spezifischer Inhibitor des Transkriptionsterminationsfaktors Rho und wird in Studien zur Rho-abhängigen Transkriptionstermination in Gram-negativen Bakterien eingesetzt, da in diesen Rho ein essentielles Protein ist. In Transkriptom- und Proteomanalysen konnten vergleichbare Effekte durch die Behandlung des Wildtyps mit Bicyclomycin wie in der ∆rho-Mutante hervorgerufen werden. Die Antisense-Transkription und die Expression SaeRS-abhängigen Gene waren im Wildtyp nach Gabe von Bicyclomycin deutlich erhöht. Es konnte gezeigt werden, dass die Aktivierung des Sae-Systems unter Rho-defizienten Bedingungen direkt mit der Transkriptionsterminationsaktivität von Rho verbunden ist und eine neue Verbindung zwischen antibiotischer Wirkung und schädlicher Virulenzgenexpression in S. aureus herstellt werden konnte. In anderen Studien konnten Effekte von Antibiotika auf die Expression von Virulenzfaktoren in S. aureus gezeigt werden, jedoch wurden in diesen Studien die Effekte von Anti-Staphylokokken-Wirkstoffen untersucht. Im Gegensatz dazu ist im Fall von Bicyclomycin ein Antibiotikum verwendet worden, das gegen Gram-negative Bakterien wirksam ist und dennoch die Expression von Virulenzfaktoren in S. aureus beeinflusst. Diese Untersuchungen haben damit auch klinische Relevanz, nicht nur für Patienten, die an gemischten Infektionen mit verschiedenen Bakterienarten leiden, sondern auch für Patienten mit einer Gram-negativen bakteriellen Infektion, die jedoch Träger von S. aureus sind.