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Das vorliegende Essay gibt einen Überblick zum Standortauswahlprozess für die Endlagerung des hochradioaktiven Abfalls in der Bundesrepublik Deutschland. Dieses Verfahren stellt einen Paradigmenwechsel gegenüber dem früheren Versuch der Ausweisung eines Standortes dar, indem zunächst einzig geologische Kriterien hinsichtlich der Sicherheit der Einlagerung und nicht politisch-wirtschaftliche Einzelinteressen von Regionen entscheidend sein sollen. Der aktuelle Stand der Forschung bildet weitergehende Wissensbedarfe gut ab. Derzeit besonders diskutierte Aspekte im Rahmen der Einengung der großen Teilgebiete auf Standortregionen zur übertägigen Erkundung werden angesprochen.
Krankheitserfahrung und Ethik: Ein Beitrag zur Frage der Verantwortung von Patientenorganisationen
(2023)
Die vorliegende Dissertationsarbeit analysiert die Verantwortung von
Patientenorganisationen gegenüber ihren Mitgliedern und die sich daraus ergebenden
Handlungsmotive.
Als zentrale Elemente erweisen sich dabei die Möglichkeiten, individuelle
Krankheitserfahrungen ihrer Mitglieder zu erfassen und eine vermittelnde Rolle
zwischen Patient:innen und Forschenden bzw. medizinischem Fachpersonal
einzunehmen. Individuelle Krankheitserfahrungen (in der Fachliteratur überwiegend
als „experiential expertise“ bekannt) stellen besonders bei chronischen und nicht
heilbaren Erkrankungen eine wichtige Ressource dar. Wissenschaftliche Fortschritte,
die die Krankheitslast senken und die Lebensqualität der Betroffenen erhöhen, hängen
maßgeblich von dieser Ressource ab. Zugleich sind Betroffene von chronischen und
nicht heilbaren Erkrankungen häufig durch starke Patientenorganisationen vertreten.
Aus diesem Grunde handelt es sich bei Patientenorganisationen um die idealen
Akteurinnen, um „experiential expertise“ gewinnbringend in Forschungsaktivitäten
einzubringen.
Dabei werden Patientenorganisationen aufgrund der bei ihnen vorhandenen
Eigenschaften Intentionalität und Handlungsfähigkeit als eigenständige, moralisch
handelnde Akteurinnen identifiziert. In beiden Aspekten überwinden
Patientenorganisationen Limitationen von Individuen: Ihre Intentionalität formt sich aus
den kollektiven Bedürfnissen ihrer Mitglieder und ihre Handlungen sind aufgrund der
Kollektivität wirkmächtiger.
Die Anwendungsrelevanz der vorgenannten Erkenntnisse wurde im Rahmen dieser
Dissertation mittels einer qualitativen Interviewstudie mit an chronischer Pankreatitis
erkrankten Mitgliedern der Patientenorganisation „Deutsche Pankreashilfe e.V.“
bestätigt. Die Ergebnisse zeigen, dass bei dieser nicht heilbaren und phasenweise
verlaufenden Erkrankung, abseits der Behandlung der akuten Krankheitsphasen, ein
Ausbau der Psychoedukation und gesellschaftlicher Aufklärungsarbeit einen
signifikanten Beitrag zur Senkung der Krankheitslast leisten könnte.
Die vorliegende Dissertation liefert eine ethische Argumentation zur Nutzung des
Potenzials von Patientenorganisationen zur langfristigen Verbesserung der
Lebensqualität ihrer Mitglieder. Weitere Forschung ist notwendig, um eine
praxisorientierte Umsetzung der Erkenntnisse bei hoher Heterogenität von
Krankheiten und Patientenorganisationen zu ermöglichen.
Die Idee von UNESCO-Biosphärenreservaten besteht darin, den Erhalt der biologischen Vielfalt mit der nachhaltigen Regionalentwicklung unter Beteiligung der Bevölkerung zu verbinden. Inwiefern die Idee unterstützt und in der eigenen Lebensweise berücksichtigt wird, wurde exemplarisch für die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister aus drei Regionen analysiert. In Deutschland sind die UNESCO-Biosphärenreservate im Bundesnaturschutzgesetz rechtlich gesichert und gehören in den Zuständigkeitsbereich der Landesumweltministerien. Damit fehlt es ihnen oftmals an Zuständigkeiten, Personal und Geldern über naturschutzfachliche Themen hinaus. Mit dem Auftrag der Gewerbeförderung und dem Ausbau der Infrastruktur ergänzen die Gemeinden die naturschutzfachlichen Kompetenzen der deutschen UNESCO-Biosphärenreservate. Daher ist eine Zusammenarbeit für den Erfolg entscheidend. Die Forschungsfrage lautet somit: Wie ist die Idee der UNESCO-Biosphärenreservate in dem Wissen, den Einstellungen und dem Handeln der Bürgermeisterinnen und Bürgermeister aus den UNESCO-Biosphärenreservaten Schaalsee, Schorfheide-Chorin und Südost-Rügen verankert? Den Anforderungen der qualitativen Sozialforschung entsprechend, wurden die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister der drei UNESCO-Biosphärenreservate 2010 interviewt. Das neuartige Konzept Verankerung der UNESCO-Biosphärenreservats-Idee bei Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern ergab sich aus einem abduktiven Forschungsprozess: Er bestand aus einem Wechselspiel zwischen der Analyse von 45 leitfadengestützten Interviews nach der Grounded-Theory-Methodologie und dem Studium der sozialwissenschaftlichen Forschungen zu Akzeptanz, Partizipation und Governance in Schutzgebieten. Das Konzept Verankerung umfasst drei Dimensionen: Wissen, Einstellung und Handeln. Diese wurden mit jeweils vier bis fünf Kategorien gefüllt, die durch die explorative Analyse der Interviews identifiziert wurden. Orientiert an der Gesamtbeurteilung der Vor- und Nachteile des UNESCO-Biosphärenreservates vor Ort konnten die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister in fünf unterschiedliche Typen der Verankerung unterteilt werden: Für die Unterstützer bringt das Biosphärenreservat vor Ort deutlich mehr Vorteile als Nachteile. Sie verfügen über umfangreiches Wissen zum Biosphärenreservat und zeigen eine hohe Eigeninitiative zur Umsetzung der Biosphärenreservats-Idee. Für die Befürworter überwiegen ebenso die Vorteile gegenüber den Nachteilen, jedoch nicht so deutlich wie bei den Unterstützern. Sie wissen weniger genau über das Biosphärenreservat vor Ort Bescheid, beteiligen sich aber bei Projekten der Biosphärenreservats-Verwaltung. Für die Unentschiedenen sind die Vor- und Nachteile des Biosphärenreservates ausgewogen. Sie kennen im Prinzip die Aufgaben von Biosphärenreservaten, konkrete Aktivitäten vor Ort sind ihnen aber kaum bekannt. Bei formellen Beteiligungsverfahren haben sie negative Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit der Biosphärenreservats-Verwaltung gemacht. Sie loben jedoch einzelne Projekte. Für die Kritiker überwiegen die Nachteile gegenüber den Vorteilen des Biosphärenreservates. Sie bemängeln die Beteiligung der Gemeinden bei der Ausweisung des Biosphärenreservates als unzureichend und beanstanden die Zusammenarbeit mit der Biosphärenreservats-Verwaltung in formellen Beteiligungsverfahren. Sie sind Einheimische und haben im Alltag sehr starke Einschränkungen durch das Biosphärenreservat erfahren. Die Unbeteiligten können weder Vor- noch Nachteile des Biosphärenreservates benennen. Sie wissen kaum etwas über die Aktivitäten der Biosphärenreservats-Verwaltung und arbeiten selten mit ihr zusammen. In der komparatistische Analyse der Typen in den drei Biosphärenreservaten zeigen sich folgende Unterschiede: Im Biosphärenreservat Schaalsee sind die meisten Unterstützer und Befürworter zu finden, so dass dort die Biosphärenreservats-Idee am stärksten bei den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern verankert ist. Im Gegensatz dazu sind im Biosphärenreservat Südost-Rügen die meisten Kritiker. Im Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin ist der Anteil der Unentschiedenen am größten. Diese Unterschiede sind eine Momentaufnahme und unterliegen einem ständigen Wandel. Da es durch die Kommunalwahlen regelmäßig zu neuen Konstellationen kommt, sollte diese Untersuchung nach jeder Wahl wiederholt werden. Die Ergebnisse können nicht mit der Verankerung der Biosphärenreservats-Idee bei der Bevölkerung gleichgesetzt werden, wie eine Gegenüberstellung mit den Ergebnissen einer Bevölkerungsbefragung aus 2010 gezeigt hat. Alles in allem liefert das Konzept Verankerung der Biosphärenreservats-Idee und die Differenzierung der Bürgermeisterinnen und Bürgermeister in Typen der Verankerung einen neuen Ansatz zur Analyse von Stakeholdern im Schutzgebietsmanagement. Es gibt dem Management eine bessere Handlungsorientierung: Es geht darum, eigenverantwortliches Handeln der Bürgerinnen und Bürger differenziert anzuregen und zu unterstützen.