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In den Studien dieser kumulativen Dissertationsarbeit wurde im Rahmen der Posttraumatic
Growth and Depreciation Study (GRODES) der Universitätsmedizin Greifswald der Einfluss
von Coping und Rumination auf posttraumatisches Wachstum (posttraumatic growth, PTG)
und posttraumatische Minderung (posttraumatic depreciation, PTD) untersucht.
Das Phänomen PTG bezeichnet die während oder nach der Verarbeitung eines
traumatischen Ereignisses subjektiv als positiv bewerteten Veränderungen, die von der
jeweiligen Person für sich als Bereicherung, als Gewinn angesehen werden. Diese
Veränderungen manifestieren sich in den Dimensionen ‚persönliche Stärke‘, ‚Möglichkeiten
im Leben‘, ‚Beziehung zu anderen Menschen‘, ‚Wert des Lebens‘ und ‚spirituell-existentielle
Aspekte‘ (Tedeschi et al., 2018). Dem gegenüber steht das Konstrukt der posttraumatischen
Minderung, das die infolge einer Traumaerfahrung negativ bewerteten Veränderungen auf
denselben fünf Dimensionen bezeichnet (Baker et al., 2008). PTG und PTD sind nicht
bidirektional zu verstehen. Sie können gleichzeitig erlebt werden; die Erfahrung von Zugewinn
auf der einen Seite mindert nicht notwendigerweise das Empfinden von Verlust auf der anderen.
PTG und PTD unterliegen verschiedenen Einflussfaktoren, wie Bewältigungsstil,
Rumination, Selbstoffenbarung, Infragestellen von Grundüberzeugungen oder Zentralität des
Ereignisses. Diese Faktoren werden ebenso wie die Zusammenhänge zwischen PTG und PTD
selbst sowie zwischen PTG/PTD und PTBS-Symptomen in der vorliegenden
Dissertationsarbeit untersucht.
Um den entsprechenden Fragestellungen nachgehen zu können, war die vorherige
Entwicklung eines Fragebogens, das Posttraumatic Growth and Depreciation Inventory –
Expanded (PTGDI-X, Taku et al., 2021), zur simultanen Erfassung von PTG und PTD sowie
die Überprüfung der psychometrischen Eigenschaften des Instrumentes und dessen
interkulturelle Anwendbarkeit erforderlich. In einem weiteren Schritt wurde eine Kurzversion
des Fragebogens, das Posttraumatic Growth and Depreciation Inventory – Expanded – Short
Form (PTGDI-X-SF, Platte, Wiesmann, Tedeschi, Taku, et al., 2022), entwickelt und validiert,
welche die Erhebung von PTG und PTD durch je zehn Fragen ermöglicht.
Schließlich wurde auf Grundlage des PTGDI–X, der Impact of Event Scale – Revised
(IES-R), des Rumination Inventory (ERRI) und des Brief COPE Inventory eine Online-
Befragung durchgeführt. Die Antworten von 253 Erwachsene der deutschen
Allgemeinbevölkerung wurden anschließend hinsichtlich der beschriebenen Fragestellungen
untersucht. Alles in allem bestätigen die im Rahmen der vorliegenden Dissertationsarbeit
gewonnenen Ergebnisse die Eignung des PTGDI-X und der zugehörigen Kurzform zur
simultanen Erfassung von PTG und PTD in der Allgemeinbevölkerung Deutschlands. Dabei
konnte gezeigt werden, dass PTG durch einen selbstständigen Coping-Stil und durch einen
sozialen Coping-Stil begünstigt wird, wohingegen ein vermeidender Coping-Stil zu mehr PTD
führt. Weiterhin war PTG mit positiver Selbstoffenbarung, Erschütterung von
Grundüberzeugungen und bewusster Rumination assoziiert. Es zeigte sich ferner ein positiver
Zusammenhang von PTD mit negativer Selbstoffenbarung, PTBS-Symptomen und kürzlichem
intrusivem Ruminieren.
Die vorliegende Dissertationsarbeit leistet einen wichtigen Beitrag in der Erforschung
posttraumatischer Veränderungen und bei der Entwicklung der entsprechenden
Erhebungsinstrumente. Es konnte nicht nur der bedeutsame Einfluss von Coping, Rumination
und Selbstoffenbarung auf posttraumatische Veränderungen hervorgehoben werden, sondern
auch die kulturelle Variabilität dieser Zusammenhänge verdeutlicht werden. Gewonnene
Ergebnisse und damit zusammenhängende weiterführende Studien können zu klinischen
Interventionen führen, die persönliches Wachstum fördern und negativ bewertete
Veränderungen mildern. Untersuchungen zu der Beziehung zwischen PTG und PTD und den
Einflussfaktoren auf PTG und PTD, insbesondere im interkulturellen Kontext, bieten sich als
ergiebiges Feld für weitere Forschung an. Darüber hinaus sollte in zukünftigen Studien eine Übertragung der vorliegenden Untersuchungsbefunde auf klinische Stichproben überprüft werden.
Fragestellungen: In dieser Dissertation soll mithilfe der Methode des ambulanten Assessment die Rolle der sozialen Unterstützung in der Befindensregulation verhaltens- und erlebensnah im natürlichen Umfeld der Probanden untersucht werden. Bei der Forschung zur Bedeutung der sozialen Unterstützung für das Befinden und die Befindensregulation dominieren bislang noch retrospektive Auskünfte und globale Selbstberichte als Datenquellen. Es gibt vergleichsweise deutlich weniger Studien, die den Zusammenhang zwischen sozialer Unterstützung und Befindensregulation unter alltagsnahen Bedingungen untersuchen, so u.a. die Auswirkungen von Diskrepanzen bei der sozialen Unterstützung auf das Befinden bzw. der wechselseitige Zusammenhang zwischen sozialer Unterstützung und Rumination. In der vorliegenden Dissertation wurde überprüft, welchen Einfluss Diskrepanzen zwischen der gewünschten und erhaltenen sozialen Unterstützung auf das subjektive Wohlbefinden im Alltag ausüben (Studie 1), wie sich Veränderungen in der erhaltenen Unterstützung auf die Erreichung von verständnis- bzw. lösungsfokussierten Zielen auswirken, die Personen mit ruminativen Prozessen infolge von traurigkeitsassoziierten Episoden versuchen zu erreichen (Studie 2) und welche Auswirkungen ärgerbezogene Ruminationsprozesse–insbesondere eine rachefokussierte Rumination—auf das soziale Wohlbefinden haben (Studie 3). Methodik: Bei Studie 1 nahmen 30 weibliche Studierende der Universität Greifswald (M = 24.2, SD = 3.99) teil. Den Teilnehmerinnen wurde über den Zeitraum von sieben Tagen ein tragbarer Kleincomputer mitgegeben, auf dem signalkontingente Erhebungspläne implementiert wurden. An Studie 2 und Studie 3 nahmen insgesamt 144 Studierende der Universität Greifswald (keine Studierende der Psychologie) teil. Die Probanden wurden randomisiert entweder der Hauptgruppe oder einer Kontrollgruppe zugewiesen. Nach Abschluss der Datenerhebung befanden sich 93 Studierende (64.5% Frauen, M = 23.4 Jahre, SD = 2.9) in der Hauptgruppe und 51 Studierende (70.6% Frauen, M = 23.7 Jahre, SD = 2.7) in der Kontrollgruppe. Die Kontrollgruppe diente zur Überprüfung von potentiellen Reaktivitätseffekten infolge der Messwiederholungen. Den Teilnehmern wurde über den Monitoringzeitraum von 28 Tagen ein tragbarer Kleincomputer mitgegeben, der die Teilnehmer drei Mal täglich zu randomisierten Zeitpunkten zwischen 9 und 18 Uhr befragte. Die Auswertung erfolgte in allen drei Studien durch entsprechende Strategien der Multilevelanalyse. Ergebnisse: In Studie 1 leisteten die Diskrepanzen bei der sozialen Unterstützung einen signifikanten Beitrag zur Vorhersage des subjektiven Wohlbefindens. Eine Unterversorgung mit emotionaler Unterstützung ging mit einer Verringerung des Wohlbefindens einher, während eine Überversorgung mit emotionaler Unterstützung mit einer Verbesserung des Wohlbefindens einherging. Diskrepanzen bei der informationellen und instrumentellen Unterstützung leisteten im Unterschied zur emotionalen Unterstützung einen geringeren Beitrag zur Vorhersage des Wohlbefindens. Den Ergebnissen der Studie 2 zufolge bestand ein signifikanter Zusammenhang zwischen der subjektiv erlebten Steigerung in der sozialen Unterstützung und dem Erreichen lösungsfokussierter Ziele, nicht aber verständnisfokussierter Ziele. Die Ergebnisse der Moderatoranalysen weisen zudem darauf hin, dass insbesondere für Personen mit höherer symptomfokussierter Rumination ein signifikanter Zusammenhang zwischen einer erhöhten sozialen Unterstützung und dem Erreichen lösungsfokussierter Ziele bestand. In Studie 3 zeigte sich, dass ärgerassoziierte Rumination nicht per se mit einer Verschlechterung des sozialen Wohlbefindens einherging. Habituelle Ärgerneigung moderierte den Zusammenhang zwischen rachefokussierter Rumination und dem sozialen Wohlbefinden dahingehend, dass sich lediglich für Personen mit höheren Werten bei der Ärgerneigung ein signifikanter Zusammenhang zwischen der rachebezogenen Rumination und einer Verringerung des sozialen Wohlbefindens zeigte. Schlussfolgerungen: Die Ergebnisse der vorliegenden Studien verdeutlichen die Notwendigkeit einer alltagsnahen Erfassung mittels der Methode des ambulanten Assessment, um auf diese Art und Weise ein umfassendes Bild über die Rolle der sozialen Unterstützung im Rahmen der Befindensregulation zu erhalten. Die Studien leisten einen wichtigen Beitrag zur Unterstützungsforschung, da sowohl der Zusammenhang zwischen einer Über- bzw. Unterversorgung mit sozialer Unterstützung und dem Wohlbefinden als auch die Beziehung zwischen sozialer Unterstützung und traurigkeits- bzw. ärgerassoziierter Rumination bislang nur unzureichend im Alltagskontext untersucht worden sind. Zukünftige Studien zur Rolle der sozialen Unterstützung bei der Befindensregulation im Alltag sollten zusätzlich zur Empfängerperspektive auch die Geberperspektive in den Fokus der Betrachtung stellen.