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Anhand der vorliegenden Dissertation werden die besonderen Funktionen der linken
anterioren Inselregion des Menschen bei emotionaler Erregung anhand einer Fall-Kontroll-
Studie veranschaulicht. Es wurde dabei die Reaktion auf akustische Chill-induzierende Stimuli bei einer Patientin mit linkshemisphärischer Inselläsion nach Schlaganfall der A. cerebri media untersucht. Eine Läsion dieser Art lies eine Beeinträchtigung der körperlichen, also objektiven Reaktion des Chill-Erlebnisses erwarten, die kognitiven Aspekte der Chill-Verarbeitung sollten jedoch nicht beeinflusst werden. Mithilfe von funktionalen Bildgebungsdaten mittels fMRT konnte die assoziierte kortikale Aktivierung beim Hören von angenehmen und unangenehmen auditiven Stimuli untersucht werden.
Als physiologische Reaktion auf diese Stimuli wurde die Änderung der elektrodermalen Aktivität (SCR) erfasst. Eine subjektive Komponente konnte durch verbale Angaben ergänzt werden. Diese Daten wurden mit jenen einer geeigneten gesunden Kontrollprobandin verglichen.
Die Ergebnisse der Patientin zeigten eine deutliche Diskrepanz zwischen der objektiven und
subjektiven Komponente mit ausbleibendem Anstieg der SCR bei gleichzeitiger subjektiver
Angabe einer Chill-Reaktion. Es zeigte sich somit eine vergleichbare Schätzung des subjektiv
wahrnehmbaren Gänsehautempfindens, jedoch eine Verringerung objektiver Parameter bei
sowohl angenehmen, als auch unangenehmen akustischen Reizen auf Seiten der Patientin und deuten auf die Kompensation im Rahmen eines neuronales Netzwerks der Emotionsverarbeitung hin.
Dementsprechend fand sich bei unserer Patientin im Gegensatz zur gesunden Probandin
eine positive Korrelation zwischen SCR und der Intensitätseinschätzung des eigenen Chills. Aversive Stimuli lösten dabei deutlich häufiger eine Reaktion aus.
Psychophysiologische Unterschiede zwischen den Probandinnen gingen mit Veränderungen
funktioneller Repräsentation bei Hören von Musik einher. Der AIC und BA 44/45 zeigten bei
MC nur innerhalb der rechten Hemisphäre relevante Aktivierungen, anteriore Teile von BA 8/9und 46/47 waren dagegen bihemisphärisch gleichermaßen aktiv. Diese Ergebnisse ließen auf eine erhaltene auditive Erkennung und ein intaktes Arbeitsgedächtnis hindeuten, die eine adäquate Evaluation der Stimuli ermöglichen, während der betroffene AIC die physiologischen Reaktionen vermindert.
Somit konnten die Chill-Parameter bei der Vergleichsprobandin sowohl auf subjektiver als
auch auf objektiver Ebene hochpositive Assoziationen zeigen, während sie bei der Patientin
stark dissoziierten. Die vorliegende Einzelfallstudie demonstriert eindrücklich die
unabdingbare Rolle des linken AIC für Chill-Erlebnisse.
Mit dieser Fallstudie konnten aufgezeigt werden, wie körperliche Reaktion und kognitive
Bewertung differenziert am internen Monitor der Chill-Reaktion teilnehmen.
Dieser Dissertation liegt eine Publikation zugrunde, die in einem renommierten
neurowissenschaftlichen Journal veröffentlicht wurde.
Psychophysiologische Unterschiede zwischen den Probandinnen gingen mit Veränderungen funktioneller Repräsentation bei Hören von Musik einher. Der AIC und BA 44/45 zeigten bei der Patientin nur innerhalb der rechten Hemisphäre relevante Aktivierungen, anteriore Teile von BA 8/9 und 46/47 waren dagegen bihemisphärisch gleichermaßen aktiv. Diese Ergebnisse ließen auf eine erhaltene auditive Erkennung und ein intaktes Arbeitsgedächtnis hindeuten, die eine adäquate Evaluation der Stimuli ermöglichen, während der betroffene AIC die physiologischen Reaktionen vermindert.
Somit konnten die Chill-Parameter bei der Vergleichsprobandin sowohl auf subjektiver als auch auf objektiver Ebene hochpositive Assoziationen zeigen, während sie bei der Patientin stark dissoziierten. Die vorliegende Einzelfallstudie demonstriert eindrücklich die unabdingbare Rolle des linken AIC für Chill-Erlebnisse.
Durch die Nutzung der funktionellen Bildgebung konnten auch erstmals Aussagen darüber gemacht werden, welche Hirnregionen möglicherweise kompensatorische Leistungen übernehmen. Hierbei wurden die neuronalen Grundlagen der Enkodierung und Kategorisierung emotionaler Reize, sowie die Rolle der Interozeption von Körpersignalen beim Erleben emotionaler Zustände anhand einer Fall-Kontroll-Studie einer Patientin mit Schlaganfall der A. cerebri media untersucht. Akustische Reize wurden hierbei genutzt, um Emotionen auszulösen und das so genannte Chill-Erleben, um diese Emotionen messbar zu machen.
Eines der zentralen Merkmale von Emotionen ist neben der Qualität ihre Intensität. Idealerweise sind Emotionstheorien daher quantitative Theorien, d. h. Theorien, die Emotionen mittels quantitativer Gesetze mit ihren Ursachen und Wirkungen verknüpfen. Bisher wurden jedoch nur wenige solcher Emotionstheorien vorgeschlagen. Ein Grund dafür könnte sein, dass man quantitative Emotionstheorien für kaum überprüfbar hält, weil zu ihrer Überprüfung präzise und außerdem metrische Messungen der Emotionsintensität benötigt werden. Die am häufigsten verwendete Methode zur Messung der Intensität (und Qualität) von Emotionen sind Selbstberichte in Form von Ratingskalen (z. B. “Wie enttäuscht fühlen Sie sich?” von 0 = “überhaupt nicht enttäuscht” bis 10 = “extrem enttäuscht”). Es ist jedoch fraglich, ob solche Ratings den genannten Ansprüchen an Präzision und Skalenniveau (zumindest auf dem individuellen Niveau) gerecht werden. Ratings haben eine hohe Fehlervarianz und möglicherweise nur ein ordinales Skalenniveau. In anderen Gebieten der Psychologie, inbesondere in der Psychophysik, werden neben Ratings und anderen direkten Skalierungsverfahren seit langem auch indirekte Skalierungsverfahren für die Messung der Intensität mentaler Zustände (z. B. Sinnesempfindungen) verwendet. Während die Versuchspersonen bei direkten Skalierungsverfahren ein absolutes Urteil über die Intensität eines mentalen Zustands abgeben, werden bei indirekten Skalierungsverfahren relative Urteile verlangt. Am häufigsten sind dies Paarvergleichsurteile, bei denen z. B. gefragt wird, ob ein Ton X lauter oder leiser ist als ein Ton Y. Die absoluten Intensitäten der Empfindungen, die diesen Vergleichsurteilen zugrunde liegen, werden anschließend mit Hilfe von passenden Skalierungsmodellen geschätzt. Theoretische Überlegungen, aber auch empirische Untersuchungen auf dem Gebiet der Psychophysik sprechen dafür, dass indirekte Skalierungsverfahren im Vergleich zu direkten Skalierungsverfahren einen geringeren Fehleranteil und ein höheres Skalenniveau erreichen. Trotz dieser Vorteile wurden diese Methoden für die Messung der Emotionsintensität bisher nicht verwendet. Vor diesem Hintergrund sollte in der vorliegenden kumulativen Dissertation, bestehend aus drei Publikationen, untersucht werden, ob ein spezielles indirektes Skalierungsverfahren, nämlich die Methode der gradierten Paarvergleiche (GPCs; engl.: graded pair comparisons) eine bessere Messung der Intensität von Emotionen ermöglicht und wenn ja, worauf diese Verbesserung zurückgeführt werden kann. Im Vergleich zu anderen Formen von Paarvergleichen sind GPCs vergleichsweise ökonomisch und gleichzeitig besonders informationshaltig. Sie sind eine Variante des klassischen Paarvergleichs, bei dem die Versuchspersonen nicht nur beurteilen sollen, welches von zwei zu beurteilenden Objekten auf der Urteilsdimension die höhere Ausprägung hat, sondern zusätzlich auch - jedoch nur auf einer ordinalen Skala - um wie viel die Ausprägung des einen Objekts die des anderen übertrifft. In der ersten Publikation wurde in zwei Studien überprüft, ob indirekte Skalierungen mittels GPCs gegenüber den üblicherweise in der Emotionsforschung verwendeten direkten Skalierungen tatsächlich eine präzisere Messung der Emotionsintensität ermöglichen. In der zweiten Publikation wurde in zwei Studien das GPC-Verfahren mit einem deutlich aufwendigeren indirekten Skalierungsverfahren verglichen, das auf direkten Quadrupelvergleichen (QCs; engl.: quadruple comparisons), d. h. direkten Vergleichen von Paardifferenzen, beruht. Es wurde überprüft, ob das QC-Verfahren zu noch präziseren Intensitätsmessungen führt als das GPC-Verfahren. In der dritten Publikation wurde in drei Studien überprüft, ob indirekte und direkte Skalierungsverfahren zu metrischen Skalen der Intensität von Emotionen führen. Zusammen genommen zeigen die Ergebnisse der drei Publikationen, dass indirekte Skalierungsverfahren eine bessere Messung der Emotionsintensität erlauben als die bisher in der Emotionspsychologie fast ausschließlich verwendeten direkten Skalierungsverfahren. Die verbesserte Messung ist sowohl auf einen reduzierten Fehleranteil als auch auf ein höheres Skalenniveau zurückzuführen. Die höhere Präzision der Intensitätsmessung kann zudem mit einem vergleichsweise ökonomischen indirekten Skalierungsverfahren, der Methode des gradierten Paarvergleichs (GPCs), erzielt werden; die Methode des wesentlich aufwendigeren Quadrupelvergleichs (QCs) bringt dem gegenüber keinen zusätzlichen Gewinn. Damit ermöglicht das verwendete indirekte Skalierungsverfahren eine genauere Überprüfung von Emotionstheorien allgemein und stellt insbesondere eine geeignete Methode zur Überprüfung quantitativer Emotionstheorien auf der individuellen Ebene dar.
Thema dieser Dissertation ist die Emotionsgenese im Kontext der Verfolgung von Zielen. Den Ausgangspunkt bildete dabei das Selbstregulationsmodell von Carver und Scheier (1998), welches die Geschwindigkeit der Zielverfolgung als Ursache für handlungsbegleitende Emotionen betrachtet – die Distanz zum Ziel sowie die Erwartung der Zielerreichung sollen hingegen keinen Einfluss auf Emotionen haben. Mit diesen Annahmen steht das Selbstregulationsmodell im Wider¬spruch zu anderen Emotionstheorien, wie beispielsweise der Self-Discrepancy Theory (Higgins, 1987) oder kognitiven Emotionstheorien (Arnold, 1960; Lazarus, 1966; Ortony et al., 1988; Reisenzein 2009). In der Arbeit wird versucht diese Theorien zusammenzuführen, und untersucht, ob sich die Konzepte der Zieldistanz und der Erwartung in das Modell von Carver und Scheier zur Vorhersage handlungsbegleitender Emotionen integrieren lassen. Zieldistanz und Emotion Es wurde angenommen, dass die Zieldistanz sowohl direkt als auch indirekt (über die Erwartung der Zielerreichung) zur Emotionsentstehung beiträgt. Darüber hinaus wurde eine moderierende Wirkung der Zieldistanz auf den Einfluss der Geschwindigkeit angenommen. Zur Überprüfung dieser Annahmen wurden drei Studien durchgeführt. In Studie 1 wurde eine Methode zur Manipulation der Zieldistanz entwickelt, in Studie 2 die Zieldistanz manipuliert und in Studie 3 die Manipulation der Zieldistanz um die Manipulation der Geschwindigkeit erweitert. In Studie 2 konnte gezeigt werden, dass die Zieldistanz, über die Geschwindigkeit hinaus, einen signifikanten Einfluss auf negative (nicht aber positive) Emotionen hat. Ein Teil des Einflusses scheint darüber hinaus über die Erwartung vermittelt zu werden. Eine moderierende Wirkung der Zieldistanz auf den Einfluss der Geschwindigkeitsdiskrepanz auf Emotionen konnte dagegen nicht nachgewiesen werden. Da die Manipulation der Zieldistanz in Studie 3 ohne Wirkung blieb, konnten keine kausalen Schlüsse über die Bedeutung der Zieldistanz bei gleichzeitigem Vorliegen von Geschwindigkeitsinformationen gezogen werden. Regressionsanalysen bestätigten aber auch in Studie 3 den Einfluss der Zieldistanz auf negative Emotionen, während die Moderationshypothese abermals nicht bestätigt werden konnte. Erwartung und Emotion Legt man die kognitive Emotionsstruktur nach Ortony et. al. (1988) zugrunde, so wird deutlich, dass mit dem Selbstregulationsmodell keine zielbezogenen Emotionen vorhergesagt werden können: Hierzu ist der Einbezug der Erwartung notwendig. Um das Spektrum vorhersagbarer Emotionen zu erweitern, wurde das Modell von Carver und Scheier um einen weiteren Wirkpfad ergänzt und die Emotionsgenese im Rahmen eines Zwei-Pfade-Modells beschrieben: (1) dem vergangenheitsgerichteten Wirkpfad, der über die Geschwindigkeit mit dem Erleben handlungsbezogener Emotionen (z.B. Zufriedenheit, Enttäuschung) verbunden ist, sowie (2) dem zukunftsgerichteten Wirkpfad, der über die Erwartung der Zielerreichung mit dem Erleben zielbezogener Emotionen (z.B. Hoffnung, Furcht) verbunden ist. Darüber hinaus wurde angenommen, dass die Geschwindigkeit indirekt – über die Beeinflussung der Erwartung – zielbezogene Emotionen beeinflusst. Als potentieller Moderator der Erwartungs- und Emotionsgenese wurde der Zeitdruck diskutiert. Es wurde eine Studie (Studie 4) durchgeführt, in der der Zeitdruck manipuliert und das Zwei-Pfade-Modell unter der Bedingung schlechten Vorankommens geprüft wurde. Die Ergebnisse unterstützen die Annahme, dass die Erwartung Emotionen beeinflusst: So wurden der Annahme entsprechend Hoffnung und Furcht direkt durch die Erwartung (zukunftsgerichteter Wirkpfad), aber nur indirekt durch die Geschwindigkeit beeinflusst. Zudem erwies sich Zeitdruck als signifikanter Moderator der Erwartungs- sowie Emotionsgenese (für Hoffnung, nicht aber für Furcht). Die Ergebnisse bestätigten, dass ein einfaches Modell zur Vorhersage von handlungs-begleitenden Emotionen, wie von Carver und Scheier beschrieben, nicht ausreicht, um das gesamte Spektrum handlungsbegleitender Emotionen vorherzusagen. Neben der Geschwindigkeit der Zielverfolgung sollten auch die Zieldistanz sowie die Erwartung der Zielerreichung einbezogen werden. In zukünftigen Untersuchungen sollte geklärt werden, welche Zielverfolgungsbedingungen die Emotionsgenese moderieren bzw. einen Einfluss auf die relative Bedeutung der Geschwindigkeit, Zieldistanz und Erwartung für das Erleben handlungsbegleitender Emotionen haben.
In fünf empirischen Studien wurde untersucht, ob Personen wissen, was sie im Ausdruck zeigen und anderen Personen kommunizieren, wenn sie eine Emotion erleben. Theoretische Grundlage der Untersuchungen war die Selbst-Inferenz-Hypothese von Reisenzein und Studtmann (2007). Diese besagt, dass Personen das Vorhandensein, die Art und die Intensität ihres Emotionsausdrucks nicht primär durch die Wahrnehmung ihres tatsächlichen Ausdrucksverhaltens feststellen, sondern aus der Qualität und Intensität ihres Gefühlserlebens erschließen. Zentrales Ziel der Untersuchungen war die empirische Überprüfung der Selbst-Inferenz-Hypothese für den mimischen Emotionsausdruck bei hedonisch positiven (Freude, Erheiterung) und negativen (Ekel, Traurigkeit/Enttäuschung, Ärger/Frustration) Emotionen. Darüber hinaus wurde eine Reihe von methodischen Einwänden gegen bisherige Studien zum Wissen über die eigene Mimik auf ihre Bedeutsamkeit überprüft. Die Ergebnisse der Experimente bestätigten konsistent die Vorhersagen der Selbst-Inferenz-Hypothese. Insbesondere konnte erstens für alle untersuchten Emotionen gezeigt werden, dass Gefühle bessere Prädiktoren von Meinungen über den eigenen mimischen Emotionsausdruck waren als der durch Beobachtereinschätzungen oder FACS-Codierungen gemessene tatsächliche Ausdruck. Zweitens zeigte sich, dass Personen meist nicht genau wissen, was sie zeigen, wenn sie ein Gefühl erleben. Vielmehr überschätzten sie systematisch die Intensität ihres Emotionsausdrucks. Potenzielle Alternativerklärungen dieser Ergebnisse konnten entweder methodisch ausgeschlossen oder empirisch entkräftet werden. In Studie 5 konnte die Selbst-Inferenz-Hypothese auch für nicht-mimische Ausdruckskomponenten von Prüfungsangst bestätigt werden. Die Befunde haben potenziell bedeutsame Implikationen für Theorien der Mimik, die Validität von Messmethoden des Emotionsausdrucks und für soziale Interaktionen im Alltag.