Refine
Document Type
- Doctoral Thesis (2)
Language
- German (2)
Has Fulltext
- yes (2)
Is part of the Bibliography
- no (2)
Keywords
- Insulinsekretion (2) (remove)
Institute
Das Renin-Angiotensin-System (RAS) ist ein Hormonsystem, das über die Bindung von Angiotensin-Peptiden an ihre spezifischen Rezeptoren vielfältige physiologische Prozesse beeinflussen kann. In den letzten Jahren gelangte die alternative Angiotensin-Converting-Enzym 2 (ACE2)/Angiotensin (Ang)-(1-7)/Mas-Rezeptor-Achse des RAS aufgrund ihrer protektiven Rolle bei pathophysiologischen Zuständen in den Fokus der Forschung. Wenig untersucht war bislang die Relevanz der lokalen ACE2/Ang-(1-7)/Mas-Achse für die Funktion von Langerhans-Inseln, besonders in Hinblick auf die Produktion und Sekretion von Insulin. Daher sollte im Rahmen der vorliegenden Arbeit der Einfluss des Mas-Rezeptors und seines Liganden Ang-(1-7) auf die β-Zell-Funktion bestimmt und verantwortliche molekulare Mechanismen aufgeklärt werden. Dazu wurden isolierte Langerhans-Inseln von Wildtyp (WT) und Mas-defizienten Mäusen genutzt, die zunächst umfassend hinsichtlich der Expression der Komponenten der ACE2/Ang-(1-7)/Mas-Achse charakterisiert wurden. Dann wurde der Einfluss des Ang-(1-7) sowie der Ang-(1-7)-Antagonisten D-Ala7-Ang-(1-7) (A779) und D-Pro7-Ang-(1-7) (D-Pro) auf die Insulinproduktion und Glucose-stimulierte Insulinsekretion (GSIS) bestimmt. Isolierte Inseln von Mas-defizienten Mäusen zeigten im Vergleich zu WT-Inseln eine signifikant reduzierte GSIS. Entsprechend bewirkte in WT-Inseln die Inkubation mit A779 und D-Pro eine Reduktion der GSIS, wohingegen der Mas-Ligand Ang-(1-7) diese signifikant steigern konnte. Diese Befunde unterstreichen die Bedeutung der ACE2/Ang-(1-7)/Mas-Achse für die Modulation der Insulinsekretion in Langerhans-Inseln.
Unter Verwendung pharmakologischer Hemmstoffe wurden zugrunde liegende Signal-Transduktionswege untersucht. Die erhaltenen Ergebnisse sprechen für die Beteiligung von cyklischem Adenosinmonophosphat (cAMP) an der Mas-abhängigen Regulation der Insulinsekretion. Ergebnisse weiterführender Experimente machen wahrscheinlich, dass diese Ang-(1-7)-stimulierte Insulinsekretion hauptsächlich über das exchange protein directly activated by cAMP 2 (EPAC2) verläuft. Auch nach Langzeit-Applikation von Ang-(1-7) in vivo zeigte sich ein stimulierender Effekt von Ang-(1-7) auf die GSIS von WT-Inseln. Es wurden auch Hinweise auf Mas-Rezeptor-unabhängige Ang-(1-7)-Wirkungen erhalten, die Gegenstand weiterführender Untersuchungen sind. Der Einfluss von Ang-(1-7) und A779 auf die Glucosetoleranz in vivo war dagegen marginal.
Um weitere Signalwege und Komponenten zu identifizieren, die an der Mas-abhängigen Regulation der GSIS beteiligt sind, wurde eine Massenspektrometrie-basierte Proteomanalyse von Langerhans-Inseln aus WT- und Mas-defizienten Mäusen ohne und unter Einwirkung von Ang-(1-7) und A779 durchgeführt. Die Kandidaten mit signifikanten Mengenänderungen wurden anschließend über die Ingenuity® Pathway Analyse (IPA) in molekulare Netzwerke und funktionelle Kategorien eingeordnet. Die stärkste Beeinflussung konnte bei den funktionellen Kategorien Zelltod und Zellüberleben, gastrointestinale Erkrankungen, Erkrankungen des endokrinen Systems, Stoffwechselerkrankungen und Zellzyklus festgestellt werden.
Die Sekretions-Maschinerie wurde als ein wahrscheinlicher Angriffspunkt der Ang-(1-7)/Mas-vermittelten Signale in den Langerhans-Inseln identifiziert, da einige regulierte Proteine sekretionsassoziierte Signalwege, vesikelassoziierte Faktoren, Komponenten des Endoplasmatischen Retikulums und des Golgi-Apparates sowie Regulatoren des Zytoskeletts betreffen oder als potenziell übergeordnete Regulatoren vorhergesagt werden konnten. Als eines der interessantesten Proteine wurde dabei das Golgi-reassembly stacking protein 2 (GORASP2) identifiziert, das für die akkurate Golgi-Stapelung in der Zelle verantwortlich ist und auch in die unkonventionelle Proteinsekretion involviert ist. Eine Mas-Rezeptor-abhängige Beeinflussung von GORASP2 und damit der Insulinsekretion erscheint möglich und sollte in weiterführenden Analysen verifiziert und hinsichtlich der molekularen Prozesse detailliert untersucht werden.
Die vorgelegten Ergebnisse lassen den Schluss zu, dass die ACE2/Ang-(1-7)/Mas-Achse des RAS sowohl in vitro als auch in vivo einen positiven Einfluss auf die β-Zell-Funktion ausübt. Inwieweit sich daraus neue Ansatzpunkte für die Behandlung von Erkrankungen mit gestörter β-Zell-Funktion ergeben können, müssen Folgeuntersuchungen zeigen. Denkbar wäre die Steigerung der GSIS bei Typ-2-Diabetes mellitus mittels stabilen Ang-(1-7)-Agonisten. Diese Möglichkeit zeigt die Wichtigkeit zur weiteren Erforschung der ACE2/Ang-(1-7)/Mas-Achse in Langerhans-Inseln und ihrer genauen Wirkungen auf die Funktion von β-Zellen.
Mehr als 20 Jahre Forschung zu Inkretinen führten zu neuen Klassen von Antidiabetika, den Inkretin Analoga und den DPP-4-Hemmern, die die biologische Halbwertzeit von GIP (Glucose dependent insulinotropic polypeptide) und GLP-1 (Glucagon-like-peptide-1) verlängert. Noch sind zahlreiche Fragen bezüglich der Effekte der beiden Inkretin Hormone GIP und GLP-1 bei gesunden Personen und diabetischen Patienten offen. Derzeit vorliegende Studien erlauben bisher nur einen sehr begrenzten direkten Vergleich zur insulinogenen Wirkung der beiden Inkretine. Die insulinogenen Wirkungen von GIP und GLP-1 wurden im Rahmen der vorliegenden Arbeit im direkten Vergleich in normoglykämischen und hyperglykämischen Ratten Modellen untersucht. Es wurde ein experimentelles Testmodell entwickelt, um die Dosis-abhängige Insulin-Antwort nach GIP und GLP-1 Injektion unter vergleichbaren Bedingungen messen zu können. Für GIP und GLP-1 konnte eine dosisabhängige Stimulation der Insulinsekretion unter Normoglykämie dokumentiert werden. GIP erwies sich als stärker insulinogen als das GLP-1. Bei ihrer Applikation vor dem standardisierten IVGTT (Intravasaler Glukose Toleranz Test) wirkten die Inkretine dosisabhängig insulinogen. Als äquipotente Dosen im IVGTT wurden 2 nmol/kg GIP und 4 nmol/kg GLP-1 identifiziert, belegt durch vergleichbare Glukose- und Insulinüberschreitungsflächen und einen vergleichbaren insulinogenen Index. Der durch die Inkretingabe erhöhte Glukoseabstrom war nach 2 nmol/kg GIP doppelt so hoch als nach 4 nmol/kg GLP-1 Gabe. Die kombinierte Gabe von GIP und GLP-1 induzierte eine im Vergleich zur Einzelapplikation stärkere biphasische Insulinfreisetzung. In einem nächsten Schritt wurde die insulinogene Wirkung der equipotenten Dosen GIP und GLP-1 unter systemischer DPP-4-Hemmung in Wistar Ratten untersucht. Dazu wurden 20 min vor dem Test 30 µmol/kg des DPP-4-Hemmers P32/98 oral verabreicht. Die Unterbindung der Inkretininaktivierung induzierte differente insulinogene Wirkungen von 2 nmol/kg GIP und 4 nmol/kg GLP-1. Während die DPP-4-Hemmung die durch das das GIP induzierte Insulinausschüttung, den insulinogenen Index und den Glukoseabstrom weiter verstärkte und die Glukosetoleranz verbesserte, führte sie nahezu zum Verlust der insulinogenen Potenz von GLP-1. Der Wirkungsverlust des GLP-1 unter systemischer DPP-4-Hemmung gab Anlass, den GLP-1 Metaboliten hinsichtlich eigener Wirkungen zu untersuchen. Die Gabe des GLP-1 Metaboliten vor dem IVGTT wies auf eine schwache eigene insulinogene Wirkung hin. Die durch die DPP-4-Hemmergabe induzierte Reduktion des Inkretineffektes von 4 nmol/kg intaktem GLP-1 (GLP-1 (7-36) amid) konnte durch die Kombination mit dem GLP-1 Metaboliten (GLP-1 (9-36)) nur gemindert werden. Bei hyperglykämischen ZDF Ratten induzierten 2 nmol/kg GIP und 4 nmol/kg GLP-1 einen vergleichbar großen Anstieg der Insulinkonzentrationen im Plasma. Dieser Anstieg fiel aber bei den hyperglykämischen Tieren geringer (3-fach) als bei den Wistar Ratten (5-fach) aus. Die Anstiege der Insulinkonzentrationen im Plasma hatten in den ZDF Ratten keine Blutglukose senkende Wirkung. Insgesamt wurde im Vergleich mit den Daten aus der Literatur noch einmal unterstrichen, dass die Form der Applikation von GIP und GLP-1 für deren insulinogene Wirkung von entscheidender Bedeutung ist. Bolusgaben, d.h. ein kurz anhaltender Stimulus und Infusionen von GIP und GLP-1 induzieren jeweils spezifische Wirkungen, die beim therapeutischen Einsatz von Bedeutung sein können. Die intravasalen Applikationen von GIP und GLP-1 als Boli über 10 Tage ergaben für das GLP-1 erwartete und bereits bekannte Effekte, für das GIP aber neue Erkenntnisse. Die Behandlung mit GLP-1 über 10 Tage reduzierte das Körpergewicht und senkte die Nüchternglykämie. Über diese für eine Diabetestherapie günstigen Effekte verfügt das GIP nicht. Die histologische Untersuchung des Pankreas nach der 10-tägigen Behandlung mit GIP zeigte im Vergleich zu Kontrolltieren eine höhere Zahl Insulin produzierender Zellen im Pankreas. Die GIP Injektionen übten damit einen messbaren Effekt auf die Erhaltung bzw. Neubildung Insulin produzierender Zellen aus. Die Bolus Applikation von GIP und GLP-1 vor dem IVGTT induzierte bei den hyperglykämischen Tieren einen kurzen Insulinanstieg, der aber durch die anschließende Glukosegabe nicht mehr induzierbar war, die ß-Zellen waren scheinbar erschöpft. Die systemische DPP-4-Hemmung verstärkte in den diabetischen Tieren die durch GIP induzierte Insulinausschüttung und senkte die Blutglukose. Im Gegensatz dazu wurde der insulinogene Effekt von GLP-1 durch die DPP-4-Hemmung nicht verändert. Damit wurden die bei den gesunden Ratten erhobenen Befunde in den ZDF Ratten Versuchen reproduziert. Die vorgelegten Ergebnisse zeigen, dass das GIP eine Reihe wertvoller, die ß-Zellfunktion betreffenden Wirkungen besitzt. Die Arbeiten an GIP Analoga sollten weiter geführt werden, um das Potential des GIP bei der Therapie des Diabetes besser nutzen zu können.