Refine
Document Type
- Doctoral Thesis (4)
Language
- German (4)
Has Fulltext
- yes (4)
Is part of the Bibliography
- no (4)
Keywords
- Entscheidung (4) (remove)
Institute
Wenn Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in ihren Experimenten nicht-hypothesenkonforme Ergebnisse erhalten, können sie daraus nicht sicher schließen, dass ihre Hypothese falsch ist. Dieses Problem ist in der Wissenschaftstheorie unter dem Namen Duhem-Quine-Problem bekannt. In der vorliegenden Arbeit wird untersucht, was Biowissenschaftlerinnen und Biowissenschaftler tun, wenn sie in ihren Experimenten wiederholt nicht-hypothesenkonforme Ergebnisse erhalten. Dazu werden Theorien und Ansätze zum Handlungsabbruch (Janis & Mann, 1977; Brandstätter, 2003), zum Phänomen des escalation of commitment und zu den sozialen Einflussfaktoren wissenschaftlicher Prozesse herangezogen. Eine Interviewstudie mit 13 Biowissenschaftlerinnen und Biowissenschaftlern ergab unter anderem, dass die Bedingungen für die Anwendbarkeit der Theorien zum Handlungsabbruch teilweise gegeben sind und dass nicht-hypothesenkonforme Ergebnisse im wissenschaftlichen Prozess häufig auftreten. In einer Internet-Fragebogenerhebung, an der 112 Biowissenschaftlerinnen und Biowissenschaftlerinnen teilnahmen, wurde mit Hilfe einer semihypothetischen Situation überprüft, welche Faktoren nach einem nicht-hypothesenkonformen Ergebnis mit einem Festhalten an der Hypothese korreliert sind. Signifikante Zusammenhänge ergaben sich hier für die bisher investierte Zeit, für das Votum des Betreuers sowie in einer Untergruppe für die volitionale Voreingenommenheit. Um den Einfluss der Faktoren bisher investierte Zeit und level of completion unter kontrollierten Bedingen zu prüfen, wurde ein Experiment an 157 Biowissenschaftlerinnen und Biowissenschaftlern durchgeführt. Hierbei zeigte sich lediglich für den level of completion ein signifikanter Effekt. Dieses Ergebnis kann auch dahingehend interpretiert werden, dass die absolut noch zu investierende Zeit ausschlaggebend für die Entscheidung der Versuchspersonen ist. Die Ergebnisse der beiden Studien lassen sich auf unterschiedliche Weise integrieren und haben direkte Konsequenzen für die wissenschaftliche Praxis.
Die vorliegende Dissertation untersuchte die Determinanten subjektiven Freiheitserlebens in Entscheidungen und legte den Schwerpunkt auf die Frage, ob es Divergenzen zwischen dem Freiheitserleben und einer theoretisch begründbaren Entscheidungsfreiheit gibt. Um die Entscheidungsfreiheit theoretisch zu fundieren wurde das Handlungsmodell funktionaler Freiheit konstruiert. Die Grundlage hierfür bildete eine Vielzahl philosophischer und psychologischer Arbeiten zu den Begriffen Willensfreiheit, Entscheidungsfreiheit und Handlung. Funktionale Freiheit stellt ein kompatibilistisch und naturalistisch ausgerichtetes Konzept innerer Freiheit dar, welches eine sinnvolle und nützliche psychologische Fähigkeit beschreibt. Funktionale Freiheit gründet sich auf drei kompensatorische Dimensionen und ist maximal ausgeprägt wenn ein Entscheider über sehr hohe Rationalität (kognitive und selbstregulatorische Kompetenzen) verfügt, die Entscheidungssituation stark unterdeterminiert (neu/unbekannt, komplex, ohne dominante Alternativen) ist und der Prozess der Entscheidungsfindung bewusst und überlegt (reflektiert, argumentativ, unter Einsatz mentaler Simulationen und Einsicht) verläuft. Es lässt sich dafür argumentieren, dass funktionale Freiheit langfristig zu vorteilhaften Entscheidungen führt, da hohe Flexibilität, situative Anpassungsfähigkeit, und eine besondere Berücksichtigung von Selbst-Bedürfnissen und Umweltgegebenheiten vorhanden sind. Das Modell sagt außerdem Unterschiede zwischen funktional freien und funktional unfreien, beispielsweise unbewusst getroffenen, Entscheidungen vorher. Abgrenzungsmerkmale wären hohe Ausprägungen von Bedenkzeit, tiefe Elaboration der Entscheidung, Unvorhersagbarkeit der Wahl, kognitive Anstrengung, sowie Unsicherheitserleben. Die zentrale Prämisse für die empirische Arbeit war, dass funktionale und erlebte Freiheit in einer Entscheidung proportional und kongruent zueinander sind. In sechs Experimenten wurden Modellhypothesen sowie Gegenhypothesen abgeleitet und getestet, wobei die Gegenhypothesen eine Divergenz von erlebter und funktionaler Freiheit annahmen. Die Manipulationen bezogen sich primär auf die situationale Dimension funktionaler Freiheit. Das auf die Entscheidung bezogene subjektive Freiheitserleben bildete die abhängige Variable. Die experimentellen Ergebnisse bestätigten überwiegend die Gegenhypothesen. Weder war erhöhtes Freiheitserleben mit vergrößerter Optionszahl und Entscheidungskomplexität assoziiert, noch mit erhöhter Unterdetermination in Form von Entscheidungskonflikt oder zusätzlichen Abbruchoptionen. Stattdessen ergab sich hohes Freiheitserleben durchgängig in Entscheidungssituationen die einfach waren, über eine dominante Option verfügten, positive Konsequenzen besaßen oder in Aussicht stellten, sowie mit verringerter Schwierigkeit und Unsicherheit und erhöhtem positiven Affekt assoziiert waren. Folglich ließ sich eine bedeutsame Divergenz zwischen dem theoretisch entwickelten Konstrukt funktionaler Freiheit und dem Freiheitserleben erkennen. Um trotz der Abweichung vom Modell das subjektive Freiheitserleben erklären zu können, wurde auf Basis der Resultate eine Erklärung mit Bezug zum Erwartungskonzept entwickelt. Demnach ist das Freiheitserleben in einer Handlungsepisode umso größer ausgeprägt, je höher die subjektive Erfolgswahrscheinlichkeit einer positiven Zielerreichung ist. Folglich wird erlebte Freiheit durch alle Faktoren einer Entscheidung beeinflusst, die die Handlungs-Ergebnis-Erwartung und die Kompetenzerwartung verringern oder erhöhen. Handlungsbezogenes Freiheitserleben kann daher als eine Form von Zuversicht aufgefasst werden. Die Resultate der Experimente sind mit dieser Erklärung gut zu vereinbaren. Die theoretischen und empirischen Erkenntnisse dieser Arbeit erlauben mehrere bedeutsame Schlussfolgerungen. Erstens, kann das Freiheitserleben bei strenger Betrachtung nicht mehr als Argument für eine Existenz des freien Willens herangezogen werden. Zweitens, bietet das Konzept der funktionalen Freiheit eine naturalistische Alternative zur klassischen Willensfreiheit. Es ist gut vereinbar mit den kompatibilistischen Ansätzen vieler Autoren, im Rahmen psychologisch-deterministischer Mechanismen konzeptualisiert und prüfbar. Doch kann das Freiheitserleben auch für funktionale Freiheit nicht als manifester Indikator gelten. Drittens, scheint deshalb bezüglich des handlungsbezogenen Freiheitsbegriffs ein grundsätzliches Missverständnis zwischen theoretischen Konzeptionen akademischer Autoren und der alltagspsychologischen sozialen Repräsentation von Freiheit vorzuliegen. Dies trägt zur ohnehin großen Konfusion um die Bedeutung von „Freiheit“ bei. Ein am Erleben orientierter Freiheitsbegriff bezieht sich vorrangig auf positive Zielerreichung. Das Streben nach solcherart Freiheit ist mit vielen kurzfristig positiven Konsequenzen verbunden. Es lässt jedoch die langfristigen Vorteile der funktionalen Freiheit vermissen, wie erhebliche Flexibilität und Anpassungsfähigkeit, sowie eine höhere Befähigung zu ethischem Handeln. Zukünftige Studien sollten prüfen, ob die Divergenz auch außerhalb von Laborsituationen zu finden ist und ob ein funktionales Freiheitserleben erlernt werden kann.
Theoretischer Hintergrund: Ausdauerndes Handeln (Persistenz) ist für das Erreichen schwieriger Ziele notwendig. Ohne Persistenz und die zugrundliegenden motivational-kognitiven Prozesse würde eine Person bei auftretenden Schwierigkeiten jede Handlung sofort abbrechen. Allerdings stellen sich manche Ziel-Intentionen als kaum umsetzbar heraus, sodass das Ziel, wenn überhaupt, nur unter unverhältnismäßig hohen Kosten erreicht werden kann. Persistenz würde dann zu einer Verschwendung von Anstrengung, Zeit oder Geld führen. Wie vorangegangene Studien gezeigt haben, neigen Menschen dazu, an solchen fehlgehenden oder verlustreichen Handlungen festzuhalten. Somit kann Persistenz nicht der einzige Faktor sein, der für eine effektive und ressourcenschonende Zielverfolgung wichtig ist. Zielgerichtetes Verhalten muss auch an relevante Veränderungen, die während des Zielstrebens auftreten, angepasst werden, was gegebenenfalls, z. B. bei Lebensgefahr, auch zum Handlungsabbruch führen sollte. In der vorliegenden Arbeit wird eskalierende Persistenz als spezifischer Aspekt dieses Persistenz-Flexibilitäts-Dilemmas (Goschke, 2008) analysiert. Der volitionale Zustand, der die Grundlage zielgerichteter Persistenz bildet, wird üblicherweise als Commitment bezeichnet. Gemäß volitionspsychologischer Ansätze, wie der Goal-Setting Theorie (Locke & Latham, 2002) oder dem Rubikon-Model der Handlungsphasen (Gollwitzer, 1990), wird Commitment als Festlegung auf die Erreichung eines Ziels beschrieben. Das Konstrukt wird jedoch eher allgemein definiert. Mit der vorliegenden Arbeit wird das Commitment-Modell der Handlungsphasen (CMHP) vorgeschlagen, das auf dem Rubikon-Modell aufbaut und eine neue, präzisere Perspektive auf Commitment und dessen Implikationen für eskalierende Persistenz bietet. Im CMHP wird Commitment als relative stabile Eigenschaft der Ziel-Intention verstanden, die die Aufrechterhaltung der Intention motivational und kognitiv unterstützt. Somit bleiben die Intention und ihre Umsetzung bei hohem Commitment relativ unbeeinflusst von Problemen, Unannehmlichkeiten oder anderen negativen Veränderungen. In solchen Fällen konzentriert sich die Person unbeirrt auf die Umsetzung und bewertet das Ziel weiterhin positiv. Diese anfänglich funktionale Stabilität der Intention kann zu eskalierender Persistenz führen, wenn Risiken und Kosten der Zielverfolgung weiter ansteigen oder auf unvorteilhaftem Niveau verbleiben. Gemäß dem CMHP wird eskalierende Persistenz durch eine reduzierte kognitive Repräsentation von Problemen verursacht, die besonders bei hohem Commitment auftritt. Je höher das Commitment der Intention ist, desto stärker reduziert sich die kognitive Repräsentation von Problemen und desto unwahrscheinlicher ist es, dass ein Handlungsabbruch erwogen wird. Somit führen bei hohem Commitment selbst schwerwiegende Problem nicht unmittelbar zum Handlungsabbruch. Empirische Studien: In Studie 1 (N = 115) sollte gezeigt werden, dass problembezogene Informationen bei hohem Commitment nur abgeschwächt kognitiv repräsentiert werden. Dazu wurden die Faktoren Commitment und Probleme bei einer computergestützten Leistungsaufgabe experimentell variiert. Es zeigte sich modellkonform, dass bei geringem Commitment die kognitive Repräsentation der Probleme deutlich positiv vom Faktor Probleme abhing, wohingegen bei hohem Commitment sowohl geringe als auch starke Probleme kaum repräsentiert wurden. In Studie 2 gelang es Commitment (als stabilen Parameter der Intention) und Volitionsstärke (als flexiblen Parameter der Intention) empirisch zu differenzieren. In diesem Längsschnittexperiment (N = 149) konnte gezeigt werden, dass das Commitment für ein persönliches Ziel über drei Wochen stabil verlief, während die Volitionsstärke eine flexible Charakteristik aufwies. Zudem stimmte ein Modell mit zwei spezifischen Faktoren der Handlungsregulation (Commitment und Volitionsstärke) zu allen Messzeitpunkten deutlich besser mit den empirischen Daten überein, als ein Modell mit nur einem globalen Faktor (Commitment = Volitionsstärke). In Studie 3 (N = 120) wurden Validitätsprobleme des Commitment-Selbstberichts untersucht, die offenbar dem konstruierten Charakter von Intentionen in Laboruntersuchungen geschuldet sind. Bei persönlichen Zielen liegen demgegenüber keine Validitätsprobleme des Commitment-Selbstberichts vor. Diskussion: Die Annahmen des CMHP wurden durch die Ergebnisse überwiegend bestätigt. In allen drei Studien wurde umso ausdauernder an problematischen Intentionen festgehalten, je höher das Commitment war. Die Konstrukte Commitment und Volitionsstärke konnten empirisch differenziert werden. Zudem wurde die spezifische Rolle von Commitment bei der kognitiven Repräsentation von problembezogenen Informationen gezeigt. Abschließend wird die Bedeutung der Ergebnisse für Maßnahmen zur Prävention von eskalierender Persistenz diskutiert.
Ungeachtet der Alltagsrelevanz ist die empirische Evidenz zur Regulation selbstbewer-tender Emotionen im Forschungsfeld unterrepräsentiert. In Dual-Process-Ansätzen wurden Zusammenhänge zwischen Emotionen, kognitiver Emotionsregulation und Entscheidungs-verhalten in moralischen Konflikten modelliert. Jüngere Befunde legen nahe, dass habituelles und experimentell induziertes Reappraisal – mediiert über die emotionale Erregung – positiv mit konsequentialistischen Urteilen und Entscheidungen assoziiert sind.
Ziel der Arbeit ist es, den Einfluss kognitiver Emotionsregulation auf das Entscheidungs-verhalten in moralischen Alltagsdilemmata zu untersuchen. Welche kognitiven Strategien kommen bei der Schuld- und Schamregulation zum Einsatz? Welche Wirkung entfalten sie auf verschiedene Outcomes (emotionales Erleben, Entscheidungsverhalten)? Inwiefern unterscheiden sich Formen und Taktiken des Reappraisal in ihrer Wirkung?
In einem ersten Schritt wurden schuld- und schamauslösende Dilemmata entwickelt und anhand definierter Kriterien selektiert. Eine Studienreihe betrachtete den Einfluss habitueller, kognitiver Emotionsregulation und experimentell manipuliertem Reappraisal auf das Entscheidungsverhalten in diesen Dilemmata. Tendenziell begünstigten funktionale Strategien aus der Reappraisal-Familie konsequentialistische Entscheidungen. Der Media-tionseffekt über die emotionale Erregung konnte nicht repliziert werden. Eine zweite Studien-reihe mit explorativer Methodik beabsichtigte, die Phänomenologie von Reappraisal-Taktiken bei einem moralischen Entscheidungskonflikt abzubilden. Mittels eines Kategoriensystems konnten problemorientierte und externalisierende Reappraisal-Taktiken identifiziert werden.
Limitationen der Untersuchungen und Anknüpfungspunkte für zukünftige Forschung werden ebenso diskutiert wie Implikationen der Ergebnisse für die klinische und forensische Praxis.