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Durch die vorliegende Arbeit wurde die Relevanz moderner Ansätze in der fragmentbasierten Leitstrukturentwicklung für den Erfolg und die Sicherheit in der Arzneistoffentwicklung aufgezeigt. Neben den theoretischen Grundlagen konnte die praktische Anwendung molekularer Vielfalt mit Hilfe komplementärer Substanzbibliotheken vielfach direkt den resultierenden Nutzen aufzeigen. Dabei galt das Interesse speziell antiproliferativen Zielstrukturen, mit besonderem Schwerpunkt auf der Hemmung der Glutathionperoxidase. Des Weiteren unterstützten in silico-Methoden eine zielgerichtete Arbeitsweise. Durch die Optimierung des GPx 1-Testsystems konnte eine zuverlässige in vitro-Analytik etabliert werden. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass mit Hilfe der angestellten Untersuchungen die erfolgreiche Entwicklung, Optimierung und Evaluierung mehrerer Leitstrukturen für diverse Zielproteine der Tumortherapie aufgezeigt werden konnte. Es wurden zunächst die Fortschritte auf dem Gebiet der fragmentbasierten Leitstrukturentwicklung über multifunktionale Screeningbibliotheken zusammengefasst und bewertet (Publikation 1). Die vorgestellten Ansätze, wie Halogenbindungen und sp3-Reichtum, fanden in den folgenden Publikationen zu einem Großteil praktische Anwendung. Die Synthese einer umfangreichen Acylhydrazonbibliothek führte zum Ausbau der inhibitorischen Aktiviät gegenüber der bovinen GPx 1 (Publikation 2). Der kombinatorische Syntheseansatz erbrachte eine Vielzahl eng verwandter Analoga, die entgegen der Erwartungen leider kaum Erkenntnisse über SAR erbrachten. Zudem erwiesen sich die angewandten Docking-Studien als irreführend, da keinerlei Korrelation zu den in vitro-Ergebnissen erkennbar war. Dennoch konnte mit den angestellten Untersuchungen ein stabiler Enzymassay etabliert werden, der eine zuverlässige Analyse zukünftiger Produkte unterstützt. Langfristig wäre für Aussagen über quantitative SAR die gezielte Optimierung anhand einer Kristallstrukturanalyse erforderlich. Alternativ wurden bereits erste NMR-Versuche mit Sättigungstransfer-Differenz (STD)-Spektroskopie angestellt, die sich jedoch aufgrund der schlechten Löslichkeit der Acylhydrazone als schwierig erwiesen. Weiterhin wurde Misonidazol als Inhibitor der GPx 1 einer Neubewertung unterzogen (Publikation 3). Während racemisches Misonidazol nach früheren Berichten die Aktivität muriner GPx 1 bei 500 µM signifikant reduzierte, zeigte die in vitro-Testung der reinen Enantiomere gleicher Konzentration an boviner GPx 1 keine inhibitorische Wirkung. Von wissenschaftlichem Nutzen war zudem die Erkenntnis über einen schwachen, aber nachweisbar signifikanten Synergismuseffekt des Racemats verglichen mit den isolierten Enantiomeren. Die ergänzende Beschreibung dieser noch wenig untersuchten Wirkungspotenzierung liefert einen Beitrag zum gesamtheitlichen Verständnis dieses Phänomens. Alle synthetisierten Endstufen sowie ausgewählte Zwischenstufen wurden in einer öffentlich zugänglichen Screeningplattform, dem FMP in Berlin, hinterlegt (Publikation 4). Sie haben als Gemeinsamkeit eine ausgeprägte Reaktionsbereitschaft, wodurch in zukünftigen biologischen Screenings eine gezielte oder auch zufällige Entdeckung neuartiger Interaktionen nicht abwegig ist. Die nukleophilen Verbindungen 1, 2, 4 und 5 könnten mit basischen Aminosäuren, wie dem Histidin der Serinproteasen, oder mit Metalloenzymen wechselwirken, während durch die gezielte Elektrophilie von 3 kovalente reversible Bindungen mit Cysteinresten und deren Selen-Analoga zu erwarten sind. Der Beitrag fragmentbasierter Substanzbibliotheken zur Leitstrukturentwicklung konnte am Beispiel der 4-Amidocyclopentan-1,3-diole gezeigt werden (Publikation 5). Ausgehend von acht trisubstituierten Cyclopentan-Templaten konnte die Synthese von achtzig Produkten mit zum Teil potenter Wirkung gegen mehrere Tumor-Zelllinien beschrieben werden. Die Substanzbibliothek dieser Studie demonstriert den Einsatz moderner Methoden zur Bereitstellung von Werkzeug für offene Fragen der Molekularbiologie aus einem bisher zu wenig bearbeiteten Bereich des chemischen Strukturraums. Mit Hilfe von in silico-Untersuchungen gelang eine gezielte Synthese neuartiger Inhibitoren NAD+-abhängiger Histondeacetylasen (Publikation 6). Die resultierende Klasse N1-substituierter Benzimidazolthione zeichnete sich durch erhöhte physiologische Stabilität gegenüber der Leitstruktur Splitomicin aus. Obgleich eine vollständig selektive Inhibition zwischen den Sirtuinen 1–3 nicht erreicht wurde, gelang durch die Anwendung computergestützter Methoden die Synthese eines potenten Inhibitors mit selektiver Wirkung gegen Sirtuin 1 und 2, dessen Grundgerüst als Leitstruktur weiterer Untersuchungen dienen kann.
Chemistry and biology of Phenolics isolated from Myricaria germanica (L.) Desv. (Tamaricaceae)
(2014)
In accordance with the recent worldwide interest in plant phenolics, which emerges from their broad range of biological activities, particular emphasis has been focused, in the present thesis, on the constitutive phenolics of the extract of Myricaria germanica (L.) Desv. (Tamaricaceae). During the current thesis twenty phenolics (1 – 20) were isolated and identified from the aqueous/ethanol extract of the whole Myricaria germanica plant. The isolates include four hitherto unknown natural phenolics (2, 10, 12 and 20). Also, the cytotoxic activities of M. germanica extract, column fractions, and one new natural isolate against three different solid tumor cell lines, namely, breast cancer (MCF-7), prostate (PC-3), and liver (Huh-7) cancer cell using SRB viability assay have been investigated and first insights into mode of action have been obtained.
Die Bedeutung der endothelialen Mechanotransduktion für vaskuläre Implantate: Das Apelin/APJ-System.
(2014)
Bei der Behandlung atherosklerotischer Gefäße mit vaskulären Implantaten spielt nicht nur die endotheliale Dysfunktion eine wichtige Rolle. Auch die Fähigkeit des Implantatmaterials, sich an die Gefäßwand anzupassen und dessen Biokompatibilität, sind von großer Bedeutung. Die Entwicklung von wirkstofffreisetzenden Stents (DES) konnte die Risiken nach Stentimplantation signifikant reduzieren. Jedoch gibt es Hinweise darauf, dass diese polymerbeschichteten DES Ursache für die Entstehung von Stent Thrombosen (ST) sein können - eine potentiell tödliche Komplikation. Die mechanischen Eigenschaften eines Materials, das in ein Gefäß eingebracht wird, können einen großen Einfluss auf die umliegenden Zellen haben. Die Bedeutung einer solchen Veränderung in der Umgebung einer Zelle und der Einfluss auf deren mechanische Eigenschaften und biologische Funktionen wird immer häufiger als Ursache für die Entstehung von In-Stent-Restenose (ISR) und ST diskutiert. Das Endothel dient als einzigartige Barriere zwischen dem fließenden Blut und der Gefäßwand, wodurch es permanent mechanischen Reizen ausgesetzt ist. Mechanosensitive Strukturen auf der Zelloberfläche übersetzen diese Stimuli in biochemische Signale. Die anschließende Translation in downstream Effekte moduliert die Zellfunktion. Zu dem mechanosensorischen Komplex um PECAM-1 gehören auch G-Protein-gekoppelte Rezeptoren (GPCRs), welche an der flussabhängigen Regulation der NO-Freisetzung beteiligt sind. Im kardiovaskulären System werden der GPCR APJ und sein spezifischer Ligand Apelin vor allem von Endothelzellen und endokardialen Zellen exprimiert. Die Apelin-Isoformen Apelin-12 und Apelin-13 wurden in diesem Zusammenhang bisher als bioaktiv beschrieben. Obwohl das apelinerge System in vielen vaskulären Endothelzellen exprimiert wird, wurde es bisher nicht als Überträger mechanischer Reize in Betracht gezogen. In diesem Kontext ist das Ziel der vorliegenden Arbeit, zunächst die physiologische Rolle des Apelin/APJ-Systems als Mechanotransducer in humanen Endothelzellen in einem in vitro Zellperfusionsystem zu charakterisieren. Weiterhin soll der Einfluss von Stentpolymeren auf die Zellfunktion und die endotheliale Mechanotransduktion untersucht werden.
Im Fokus dieser Arbeit standen die Wechselwirkungen zwischen nicht-thermischem Atmosphärendruck-Plasma und in-vitro kultivierten Keratinozyten (HaCaT-Keratinozyten) und Melanomzellen (MV3). Für die Untersuchungen wurden drei Plasmaquellen unterschiedlicher Bauart genutzt; ein Plasmajet (kINPen 09) und zwei Quellen, die das Plasma mittels der dielektrisch behinderten Entladung (Oberflächen-DBE, Volumen-DBE) generieren. Um grundlegende Effekte von Plasma auf Zellen analysieren zu können, wurde zunächst der Einfluss von physikalischem Plasma auf die Vitalität; die DNA und die Induktion von ROS untersucht. Folgende Methoden wurden verwendet: - Vitalität: - Neutralrotassay, Zellzählung (Zellzahl, Zellintegrität) - BrdU-Assay (Proliferation) - Annexin V und Propidiumiodid- Färbung, Durchflusszytometrie (Induktion von Apoptose) - DNA: - Alkalischer Comet Assay (Detektion von DNA-Schäden) - DNA-Färbung mit Propidiumiodid, Durchflusszytometrie (Zellzyklusanalyse) - ROS: - H2DCFDA-Assay, Durchflusszytometrie (Bestimmung der ROS-positiven Zellen) Neben den Folgen die die Plasmaquellen induzieren wurde weiterhin untersucht, welchen Einfluss das Behandlungsregime (direkt, indirekt, direkt mit Mediumwechsel), das Prozessgas (Argon, Luft) und die zellumgebenden Flüssigkeiten (Zellkulturmedien: IMDM, RPMI; Pufferlösungen: HBSS, PBS) auf das Ausmaß der Plasma-Zell-Effekte hatten. Die Verwendung aller Plasmaquellen führte in HaCaT-Keratinozyten und Melanomzellen (MV3) zu Behandlungszeit-abhängigen Effekten: - Verlust an vitalen Zellen und verminderte Proliferationsfähigkeit - Induktion von Apoptose nur nach den längsten Plasmabehandlungszeiten - DNA-Schäden 1 h nach Plasmabehandlung, nach 24 h deutlich weniger bzw. nicht mehr nachweisbar, Hinweise für DNA-Reparatur vorhanden - Zellzyklusarrest in der G2/M-Phase zulasten der G1-Phase 24 h nach Plasmabehandlung - Anstieg der ROS-positiven Zellen 1 h und 24 h nach Plasmabehandlung Es wurde gezeigt, dass in RPMI-Medium kultivierte Zellen sensitiver, in Form von verminderter Vitalität und vermehrten DNA-Schäden, reagierten als in IMDM-Medium gehaltene Zellen. Aber auch während der Plasmabehandlung in Pufferlösungen (HBSS, PBS) gehaltene HaCaT-Zellen wiesen DNA-Schäden auf. Die direkte und indirekte Plasmabehandlung führte zu nahezu gleichen Ergebnissen. Ein Wechsel des Zellkulturmediums direkt nach der Plasmabehandlung schwächte alle gemessenen Effekte ab. Daraus kann geschlussfolgert werden, dass neben der Art der Flüssigkeit und Behandlungszeit auch der Inkubationszeitraum der Zellen mit der in Plasma in Kontakt gekommenen Flüssigkeit von essentieller Bedeutung ist. Die durch Plasma induzierten reaktiven Spezies gelangen in die Flüssigkeit und interagieren mit den Wassermolekülen und den organischen Molekülen der Zellkulturmedien, welche langlebige Radikale (z.B. H2O2) bilden, die dann ihrerseits mit zellulären Molekülen reagieren. Die anderen Plasmakomponenten wie UV-Licht und elektrische bzw. magnetische Feldern scheinen nur eine untergeordnete Rolle in der Plasma-Zell-Interaktion zu spielen, da diese nur bei der direkten Behandlung mit den Zellen in Berührung kommen und die starken Auswirkungen nach der indirekten Behandlung nicht verursachen können. Die in diesen Untersuchungen verwendete Oberflächen-DBE konnte mit Luft oder mit Argon als Prozessgas betrieben werden. Wurde Argon als Prozessgas genutzt, kam es zu milderen Auswirkungen im Vergleich zur Plasmabehandlung im Luftmodus. Mit Luft generiertes Plasma weist neben ROS auch RNS in der Gasphase auf, letztere lassen sich im Argon-Plasma nicht nachweisen und stehen für Plasma-Zell-Interaktionen nicht zur Verfügung. Zusätzlich zu den humanen Keratinozyten wurden auch humane Melanomzellen mit Plasma (Oberflächen-DBE/Luft) behandelt. Im Vergleich zu den HaCaT-Zellen sind bei den MV3-Zellen geringere Behandlungszeiten nötig, um biologisch gleichwertige Effekte zu bewirken. Die hier verwendeten Testmethoden eignen sich für die biologische Charakterisierung von neuen Plasmaquellen bzw. für die Analyse von Plasma-Zell-Wechselwirkungen weiterer Zelllinien. Tiefergehende Untersuchungen, z.B. bezüglich der genaueren Spezifizierung der durch Plasma hervorgerufenen oxidativen DNA-Schäden und den daraus resultierenden Reparaturmechanismen, sollten folgen.
Die Verlängerung des Aufenthalts einer Arzneiform im Magen kann enorme Vorteile insbesondere für Arzneistoffe mit einem Absorptionsfenster im oberen Dünndarm oder schlechter Bioverfügbarkeit bieten. Bei gleichzeitig kontrollierter Freisetzung eines enthaltenen Wirkstoffs können Plasmaspitzen und Fluktuationen im Blutplasma vermieden werden. Ziel der Arbeit war die Entwicklung und Charakterisierung solcher potentiell gastroretentiver Darreichungsformen in vitro und in vivo. Der Hauptteil der Arbeit umfasste die Entwicklung einer neuartigen Arzneiform, die bei nüchterner und postprandialer Gabe eine zuverlässige Gastroretention über mehrere Stunden zeigen und den Wirkstoff kontrolliert im Magen freigeben sollte. Das System bestand aus einer wirkstoffhaltigen Kerntablette und einem den Kern umgebenden, quellenden Mantel, welcher durch Expansion die angestrebte Gastroretention ermöglichen sollte. Im Rahmen der Formulierungsentwicklung erwies sich die Mischung aus einem hoch- und niedrigmolekularen Polyethylenoxid als geeignet für die Kontrolle der Wirkstofffreisetzung aus dem Kern. Die Ergänzung wasserlöslicher, osmotischer Hilfsstoffe ermöglichte eine weitgehend pH-unabhängige und vollständige Wirkstofffreigabe. In vitro-Quellungsstudien mit den entwickelten Manteltabletten ergaben eine schnelle und ausgeprägte Größenzunahme bei Testung in einfachen Freisetzungsmedien. Zur Prüfung des tatsächlichen gastroretentiven Potentials der entwickelten Manteltabletten mit dem Diuretikum Furosemid wurde eine Magnetic Marker Monitoring (MMM)-Studie durchgeführt. Das MMM basiert auf der magnetischen Markierung einer Arzneiform und der Bestimmung ihrer Lokalisation im Gastrointestinaltrakt mittels empfindlicher Sensoren. Nach Nüchterneinnahme wurden die Manteltabletten innerhalb von 38 ± 12 min aus dem Magen der Probanden entleert. Bei Applikation der Manteltabletten nach Einnahme einer hochkalorischen, standardisierten Mahlzeit konnte eine durchschnittliche Gastroretentionszeit von 8 ± 3 h erzielt werden. Die AUC(0-24 h) konnte im Studienarm mit Nahrung im Vergleich zur Nüchterneinnahme von 89 ± 56 ng·h/mL auf 708 ± 304 ng·h/mL gesteigert werden. Weiterhin wurde im Rahmen der vorliegenden Arbeit ein neuartiges mechanisches Antrummodell entwickelt, mit dem der Einfluss antraler Kontraktionswellen auf die Tendenz zur Entleerung von Objekten untersucht wurde. Große, starre Objekte wie eine Glaskugel wurden aufgrund ihrer geringen Reibung vor der Welle hergeschoben und aus dem Modell entleert. Auch die reibungsverminderte Oberfläche eines Cryogel-Schaums erhöhte die Tendenz zur Entleerung aus dem Modell. Vielversprechend war dagegen die unter allen variablen Testbedingungen beobachtete Gastroretention eines Trichobezoars. Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass weiterhin eine große Herausforderung in der Entwicklung von Arzneiformen besteht, die eine nachweisliche Gastroretention beim Menschen in Abwesenheit von Nahrung zeigen.
In der modernen Augenheilkunde werden Injektionen und Implantate in periokulare Regionen oder direkt in den Glaskörper injiziert. Bei der Entwicklung neuer ophthalmologischer Implantate und Injektionen ist die In vitro-Testung der Wirkstofffreigabe und -verteilung von großer Bedeutung. Dabei stellen viele Testmethoden die In vivo-Situation nicht ausreichend dar. Einerseits bilden die Gewebe des Auges wie beispielsweise die Konjunktiva oder die Sklera Barrieren für den Transport des Arzneistoffes zum Wirkort. Andererseits ist der Einfluss der Gefäßsysteme von Konjunktiva und Choroidea auf die Verteilung und Elimination des Arzneistoffes zu berücksichtigen. Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurden verschiedene Gewebe des Auges hinsichtlich ihrer Permeabilitätseigenschaften untersucht. Als Ergebnis wurden die Permeabilitätskoeffizienten von Ciprofloxacin, Lidocain, Timolol und Dexamethason für die Sklera, Konjunktiva, Kornea, den Retina-Choroidea-Komplex sowie für Kombinationen der aufgezählten Gewebe des Schweineauges erhalten. Als weitere Tiermodelle finden Gewebe von Rinder- und vor allem Kaninchenaugen in der ophthalmologischen Forschung Anwendung. Aus diesem Grund wurden die Permeabilitätsstudien um die Membranen dieser zwei Spezies erweitert. Der Interspezies-Vergleich zeigte sehr große Unterschiede in den Permeabilitäten der Wirkstoffe durch die Gewebe auf, sodass die direkte Übertragbarkeit von Ergebnissen zwischen den Tieren und auf den Menschen nicht gewährleistet ist. Um die Barriere-Eigenschaften der Augengewebe in ein In vitro-Modell zu integrieren wurden synthetische Membranen, die mit den Permeabilitätseigenschaften der Gewebe des Schweineauges übereinstimmen, identifiziert. Diese Membranen wurden zur Simulation der natürlichen Gewebe des Auges in den Mittelteil der neu entwickelten Zwei-Kanal-Durchflusszelle eingespannt. Die Zwei-Kanal-Durchflusszelle besteht aus drei Teilen, wobei die zwei äußeren Akzeptor-Kompartimente je einen Flusskanal, der mit Ringer-Puffer perfundiert wird, enthalten. Durch Etablierung physiologischer Flussraten entlang der korrespondierenden Membranen wurde der konjunktivale und choroidale Blutfluss und somit die Permeabilitäten der Gewebe als auch der Einfluss der Blutgefäße zusammen in einem In vitro-Modell berücksichtigt. Um den Einfluss der Strömungsgeschwindigkeit in den Flusskanälen und des osmotischen Verhältnis zwischen Probe und Perfusionsmedium auf die Wirkstoffverteilung im System zu untersuchen, wurde eines der zwei Akzeptor-Kompartimente durch eine für Puffer und Wirkstoff undurchlässige Scheibe dicht verschlossen, sodass der Stofftransport nur in eine Richtung sattfinden konnte. Die Ergebnisse zeigten einen bedeutenden Einfluss dieser beiden Parameter auf die Wirkstoffverteilung. Bei Zuschaltung des zweiten perfundierten Akzeptor-Kompartiments der Zwei-Kanal-Durchflusszelle treten zwischen den Kompartimenten vermutlich Kräfte wie zum Beispiel Querströmungen und hydrostatische Druckgefälle auf. Basierend auf den erhaltenen Verteilungskurven der Wirkstoffe in der Zwei-Kanal-Durchflusszelle kann reine konzentrationsgesteuerte Diffusion durch die Membranen als alleiniger Transportmechanismus ausgeschlossen werden. Die beschriebenen Effekte müssen vor der Etablierung der Zwei-Kanal-Durchflusszelle als biorelevante In vitro-Methode für die Charakterisierung von periokularen Injektionen und Implantaten in weiteren Arbeiten durch Änderungen des Modelldesigns behoben werden. Neben den peripheren Geweben des Auges dient der Glaskörper als Applikationsort für Injektionen makromolekularer Arzneistoffe und Implantate, die den inkorporierten Arzneistoff über einen längeren Zeitraum freigeben. Die intravitreale Freisetzung und Verteilung des Wirkstoffes ist für den therapeutischen Effekt von entscheidender Bedeutung. Um diese Prozesse in vitro zu charakterisieren wurde das Glaskörper-Modell entwickelt. Die Form und das Volumen des kugelförmigen Glaskorpus sind an die Geometrie des menschlichen Glaskörpers angepasst. Als Substitut für den natürlichen Glaskörper wurde ein Polyacrylamid-Gel modifiziert, sodass dieses in ausgewählten physiko-chemischen Eigenschaften dem natürlichen Glaskörper entspricht. Nach der Applikation des Wirkstoffes direkt in den Glaskörper muss dieser durch passive oder aktive Transportprozesse an den Wirkort im hinteren Augenabschnitt gelangen. Dabei wird die Wirkstoffverteilung im Glaskörper durch die Augenbewegung maßgeblich beeinflusst. Die Simulation verschiedener Augenbewegungen wurde mit der Entwicklung des Eye Movement Systems in ein In vitro-Modell umgesetzt. Das System ist in der Lage Geschwindigkeiten und Amplituden von langsamen bis schnellen Folgebewegungen, Sakkaden und Mikrosakkaden des Auges nachzuahmen. In die zentrale Halterung des Eye Movement Systems kann das Glaskörper-Modell integriert werden. Die Kombination aus Eye Movement System und Glaskörper-Modell bietet die Möglichkeit den Einfluss der verschiedenen Augenbewegungen auf das Freisetzungs- und Verteilungsverhalten von intravitrealen Injektionen und Implantaten zu untersuchen. Nach erfolgreicher Inbetriebnahme der beiden Systeme wurden Verteilungsstudien mit Modellarzneistoffen verschiedener Molekularmassen durchgeführt. Die Ergebnisse der Studien zeigten, dass das Molekulargewicht im vollständig mit Gel gefüllten Glaskörper-Modell Einfluss auf die Geschwindigkeit der vermuteten Umverteilungsprozesse im Glaskörper-Substitut hat. Mit zunehmendem Anteil der flüssigen Phase im Glaskörper-Modell unterschieden sich die erhaltenen Verteilungen zwischen den Versuchen mit und ohne Bewegung deutlich. Bei der Simulation der hinteren Glaskörperablösung besitzt die Bewegung des Modells einen essentiellen Effekt auf die Konvektions- und Umverteilungsprozesse im Glaskörper-Modell. Durch das Ersetzen prozentualer Anteile des Gels durch Ringer-Puffer konnten Bedingungen der hinteren Glaskörperablösung simuliert werden. Die Simulation des Alterungsprozesses bewirkte eine Zunahme der Konvektion im Glaskörper-Modell. Als Folge resultierte eine deutlich schnellere Umverteilung der injizierten Modellarzneistoffe. Die hintere Glaskörperablösung besitzt demzufolge einen großen Einfluss auf die Verteilung und darf in In vivo- und In vitro-Studien nicht vernachlässigt werden. Mit der Zwei-Kanal-Durchflusszelle und der Kombination aus Eye Movement System und Glaskörper-Modell sind Konzepte für die Charakterisierung von periokularen und intravitrealen Arzneiformen entwickelt worden. In den Modellen wurde besonderer Wert auf die Anlehnung an die In vivo-Situation gelegt. Durch die Berücksichtigung der okularen Blutflüsse, die Simulation der Permeabilitätseigenschaften bestimmter Gewebe des Auges durch entsprechende synthetische Membranen, die Etablierung verschiedener Arten der Augenbewegung und der Simulation des Glaskörpers durch das Polyacrylamid-Gel wurden biorelevante Voraussetzungen geschaffen, die bisher in keinen anderen In vitro- Modellen zu finden sind. Vor der Etablierung der Zwei-Kammer-Durchflusszelle sind weitere Maßnahmen zur Unterbindung der physikalischen Störfaktoren nötig. Der theoretische Ansatz der Zwei-Kammer-Durchflusszelle konnte noch nicht in die Praxis umgesetzt werden. Unter Verwendung des Eye Movement Systems und des Glaskörper-Modells wird eine kostengünstige, einfache und schnelle Charakterisierung neuartiger intravitrealer Injektionen und Implantate unter In vitro- Bedingungen möglich. Die methodische Etablierung des Eye Movement Systems ist erfolgt. Durch weitere Modifikationen kann das System in Zukunft noch näher an die In vivo-Situation herangeführt werden.
Natürliche Metabolite sind Ausgangsstoff für eine Reihe von Arzneimitteln wie zum Beispiel Antibiotika. Doch bis zur Anwendung am Menschen sind viele Analyseschritte notwendig. Da viele Naturstoffe nicht in ausreichenden Mengen zur Verfügung gestellt werden können, wird deren Funktionsanalyse und Anwendung erschwert. Für dieses Defizit sind im Wesentlichen zwei Ursachen zu nennen. Entweder ist eine Vielzahl der Produzenten nicht kultivierbar oder eine ausreichende Synthese ist unter Laborbedingungen im Ausgangsstamm nicht möglich. Aus diesem Grund sind alternative Strategien wie zum Beispiel eine heterologe Expression dieser Synthese-Cluster in geeigneten Wirten notwendig. Dies war der Ansatzpunkt für die vorliegende Arbeit. Eine besondere Bedeutung innerhalb der Naturstoffe kommt der strukturell diversen und mitunter sehr komplexen Gruppe der Polyketide und nichtribosomalen Peptide zu, die oft pharmazeutisch relevante Wirkungen aufweisen. Die für ihre Synthese verantwortlichen Enzyme (PKS und NRPS) sind häufig beachtliche Multienzymkomplexe, die durch Gencluster codiert werden, deren Größe von 10–100 kbp reichen kann. Bisher wurden für die heterologe Produktion dieser Metabolite in erster Linie Actinomyceten wie zum Beispiel Streptomyces coelicolor und Myxococcus xanthus, die selbst eine Vielzahl an Polyketiden und nichtribosomalen Peptiden synthetisieren, oder Escherichia coli genutzt. In der vorliegenden Arbeit wurde Bacillus subtilis, der bereits breite Anwendung in der industriellen Herstellung von technischen und pharmazeutischen Proteinen findet, erstmals als heterologer Wirt für die Synthese eines Polyketids (6-Desoxyerythronolid B) und eines nichtribosomalen Peptids (Enniatin B) eingesetzt. Zu diesem Zweck wurde ein Klonierungsprotokoll für die schnelle und wiederholte Genommodifizierung entwickelt. Dieses basiert auf der Kombination von transformationssteigernden Elementen (sogenannten six-sites) mit der chromosomalen Integration einer induzierbaren Kopie des Kompetenzfaktors ComS. Zur Markerentfernung wurde das Cre-lox-System implementiert. Durch die zusätzliche Deletion des Restriktions- und Modifikationssystems wurde eine weitere Voraussetzung zur chromosomalen Integration großer Gencluster geschaffen. Damit steht nun ein optimiertes Protokoll für die Konstruktion von B. subtilis-Expressionsstämmen und deren weiterer genomischer Modifizierung zur Verfügung. Als Vertreter einer komplexen Polyketidsynthase wurde die Desoxyerythronolid B-Synthase (DEBS) aus Saccharopolyspora erythraea ausgewählt. Dieser aus drei ca. 300–350 kDa großen Proteinen (DEBS1–3) bestehende Enzymkomplex ist für die Bildung des Makrolids 6-Desoxyerythronolid B (6dEB) verantwortlich, das die Vorstufe des antibiotisch wirksamen Erythromycins darstellt. Das korrespondierende Gencluster umfasst drei ca. 10 kb große Gene (eryAI–III) und konnte erfolgreich in drei Operonstrukturen im Genom von B. subtilis lokalisiert werden: als i) natürliches Operon, ii) modifiziertes Operon mit optimierten RBS und iii) drei separate Expressionskassetten. Unter fed-batch-simulierenden Bedingungen (EnBase-System) gelang dabei ein positiver Metabolitennachweis für den Stamm mit drei separaten Expressionskassetten. Um das Zellwachstum und die 6dEB-Synthese zu verbessern, wurden weiterführende Genommodifizierungen des Produktionsstammes vorgenommen, von denen sich einige positiv auf die Produktbildung auswirkten. Mit diesem Versuch wurde erstmals die prinzipielle Eignung von B. subtilis als heterologer Produzent für komplexe Polyketide erbracht. Die Enniatin-Synthetase (ESyn) aus dem filamentösen Pilz Fusarium oxysporum wurde als Beispiel einer nichtribosomalen Peptidsynthetase in die Arbeit einbezogen. Aufgrund der handhabaren Größe des esyn-Gens (10 kb) wurde die Expression auf single- und multi-copy-Level untersucht. Dabei wurde auch der Einfluss verschiedener Genommodifizierungen und Änderungen in den Wachstumsbedingungen auf die Produktbildung analysiert. Die Kultivierungsversuche inklusive Metabolitenanalyse wurden in Kooperation mit dem Institut für Biologische Chemie an der TU Berlin durchgeführt. Abschließende Konzentrationen des entsprechenden Metaboliten (Enniatin B), einem zyklischen Hexadepsipetid mit zahlreichen antiinfektiven Wirkungen, wurden auf 4,5 µg/L (single-copy) bzw. 1,2mg/L (multi-copy) beziffert. Damit konnte in B. subtilis zum ersten Mal die heterologe Produktion eines gattungsfremden nichtribosomalen Peptids demonstriert werden. Zusammengefasst beschreibt die präsentierte Arbeit die erfolgreiche Produktion eines komplexen Polyketids und eines nichtribosomalen Peptids. Obwohl weitere Untersuchungen notwendig sind, um einige unerwartete Effekte bestimmter Genommodifizierungen aufzuklären und eine weitere Steigerung in der Produktausbeute zu erreichen, konnte eindeutig belegt werden, dass sich B. subtilis als Wirt für die heterologe Produktion von Sekundärmetaboliten eignet.
Heparin is an anticoagulant drug. It is important in the treatment of deep vein thrombosis,pulmonary embolism and during surgeries. Heparin-induced thrombocytopenia (HIT) is a severe adverse reaction caused by the formation of ultralarge complexes of platelet factor 4 (PF4) with unfractionated heparin (UFH). It can lead to limb loss or fatal events like stroke, myocardial infarction or pulmonary embolism. HIT has an incidence of about 3% in patients receiving anticoagulative heparin treatment. PF4 is a tetrameric protein, released from the α-granules of platelets upon activation. PF4 is known to form antigenic complexes with UFH accompanied by structural changes of PF4. In this thesis, the size and size distribution of PF4 and PF4/heparin complexes were analyzed using asymmetrical flow field-flow-fractionation (AF4), photon correlation spectroscopy (PCS) and atomic force microscopy (AFM). PF4 tends to form auto-aggregates and to adsorb to different surfaces, including regenerated cellulose, polyethersulfone, quartz and glass. The aggregates are less pronounced in solutions at isotonic NaCl concentration. Arginine and Tween 20 were identified as possible ingredients to hinder the auto-aggregation of PF4. Also, it is shown by combining circular dichroism (CD) spectroscopy, atomic force microscopy (AFM) and isothermal titration calorimetry (ITC) with UFH and defined chain length (16-, 8-, 6-, 5-mer) heparins that structural changes (i.e., increase in β-sheets) alone are not sufficient to induce antigenicity. While UFH, 16-, 8-, and 6-mer heparins all induced an increase in the antiparallel β-sheet content to > 30% (as determined by CD spectroscopy), complex antigenicity as measured by anti-PF4/heparin antibody binding in an enzyme-linked immunosorbent assay (EIA) was only induced by UFH and 16-mer heparin. Fondaparinux (5-mer heparin), which forms in vitro non-antigenic complexes with PF4, did not induce structural changes of PF4. Interestingly, the structural changes induced by antigenic UFH and 16-mer heparin but not by non-antigenic shorter heparins were reversible at higher heparin concentrations. Furthermore, the complexes formed by PF4 with longer heparins were larger than those formed with shorter heparins as shown by atomic force microscopy (AFM). UFH, HO16 and HO08 are able to form ultralarge multimolecular complexes with PF4. ITC data indicated strong electrostatic interactions and energetically unfavorable conformational changes of PF4 with longer heparins, while for the short heparins, favorable conformational changes in the structure of PF4 are induced. This explains the reversibility of the structural changes seen for UFH and HO16 upon addition of an over-saturating amount of heparin. Finally, using differential scanning calorimetry (DSC) the thermal stability of PF4 and PF4/heparin complexes was assessed. Despite its tendency to form auto-aggregates, PF4 is a heat-stable protein. This stability is, length dependently, even increased in complex with heparins. This work shows important differences in the binding between PF4 and heparins of different chain length and might be relevant for the understanding of other biological functions of heparins (e.g., involvement in allergic and inflammatory reactions).
Der Einfluss der Nahrungsaufnahme auf die Wirkstofffreisetzung aus oral applizierten Darreichungsformen ist eine der zentralen Fragestellungen der Biopharmazie. In der vorliegenden Arbeit wurden die physiologischen Faktoren, die die Wirkstofffreisetzung aus festen oralen Darreichungsformen im postprandialen Magen beeinflussen können, näher charakterisiert. Zu diesem Zweck wurde ein biorelevantes In vitro-Freisetzungsmodell (Fed Stomach Model, FSM) entwickelt, das die Simulation mechanischer Beanspruchungen bei der Passage des postprandialen Magens ermöglicht. In speziellen Durchflusszellen konnten die Bewegungen der Arzneiform im Magen, intragastral auftretende Drücke sowie der Mediendurchfluss individuell kontrolliert und in physiologischen Größenordnungen simuliert werden. Die Eignung des FSM wurde anhand einer Zweischicht-Retardtablette mit dem Wirkstoff Diclofenac-Natrium untersucht. Die regionalen Besonderheiten des Magens hinsichtlich der mechanischen Beanspruchungen wurden dabei in Testprogrammen für den Fundus, das Antrum und die Magenentleerung berücksichtigt. Diese wurden, basierend auf den Ergebnissen einer Magnetic Marker Monitoring-Studie, ferner in drei verschiedenen Testszenarien, die das gastrale Lokalisationsverhalten einer oralen Arzneiform im postprandialen Magen über eine Dauer von 4 h beschreiben, in unterschiedlicher Abfolge miteinander kombiniert. Es konnte in Abhängigkeit der simulierten Testszenarien ein verschiedenartiges Freisetzungsverhalten der untersuchten Arzneiform beobachtet werden. Dabei führte die Simulation der milden Beanspruchungen im Fundus zu relativ geringen Freisetzungsraten. Aus den starken mechanischen Beanspruchungen, die die physiologischen Bedingungen im Antrum und während der Magenentleerung abbildeten, resultierten hingegen höhere Wirkstofffreigaberaten. Der Physiologie des Magens entsprechend, vermag das FSM die mechanischen Beanspruchungen, die potentiell auf eine feste orale Arzneiform einwirken, mit geringen Scherraten, aber mit kurzzeitig hohen Scherkräften zu simulieren. Das FSM wurde erfolgreich als ein biorelevantes In vitro-Freisetzungsmodell etabliert, das speziell die mechanischen Besonderheiten der Magenpassage einer festen oralen Darreichungsform berücksichtigt. Es kann dementsprechend die Entwicklung robuster Arzneimittel mit minimiertem Nahrungsmitteleffekt unterstützen, indem ein ungewünschtes Wirkstofffreigabeverhalten einer Formulierung frühzeitig identifiziert werden kann. Eine Magnetresonanztomographie (MRT)-Studie mit 12 gesunden Probanden lieferte erstmals Erkenntnisse zu den Volumina und Fettgehalten des Mageninhaltes nach Einnahme der hochkalorischen und fettreichen FDA-Standardmahlzeit. Der Mageninhalt wird gemeinhin als Auflösungsmedium für den in der Arzneiform enthaltenen Wirkstoff betrachtet, weshalb das zur Verfügung stehende Volumen ein entscheidender Faktor bei der Wirkstofffreisetzung ist. Das Mageninhaltsvolumen (gastric content volume, GCV) betrug nüchtern 31 ± 19 mL. Die Einnahme der Standardmahlzeit führte zu einem Anstieg des GCV auf 580 ± 38 mL. Verbunden mit dem nach Nahrungsaufnahme ebenfalls hohen Fettgehalt des Mageninhaltes von durchschnittlich 9,5 ± 1,0 %, kann dies eine Erhöhung der oralen Bioverfügbarkeit schlecht wasserlöslicher Arzneistoffe im Vergleich zur Nüchternapplikation bedingen. Während das GCV aufgrund der sich initial ausgleichenden Sekretions- und Entleerungsraten über 50 - 90 min relativ konstant war, überwog im Anschluss die Magenentleerung. Das GCV nahm dabei mit einer Rate von 1,7 ± 0,3 mL/min ab. Die Gabe von 240 mL Wasser 30 min nach Beginn der Nahrungsaufnahme führte zu einer kurzzeitig veränderten Magenentleerungskinetik. Das zugeführte Wasser wurde jedoch innerhalb kurzer Zeit aus dem Magen entleert. Bei entsprechend schneller Freisetzung eines Wirkstoffes aus der Arzneiform besteht somit die Möglichkeit, dass der Arzneistoff den Magen zügig mit dem parallel eingenommenen Wasser verlässt. Es wurde ferner gezeigt, dass selbst mehr als 6 h nach Nahrungsaufnahme sowohl das GCV als auch der Fettgehalt des Mageninhaltes im Vergleich zum Nüchternzustand signifikant erhöht waren. In klinischen Studien, bei denen die hochkalorische und fettreiche Standardmahlzeit verwendet wird, kann dementsprechend für mindestens 5 - 6 h von postprandialen Bedingungen ausgegangen werden. Die sich daraus ergebenden mechanischen und physikochemischen Besonderheiten müssen bei der Beurteilung der Studienergebnisse unbedingt berücksichtigt werden. Darüber hinaus können diese Erkenntnisse zur Optimierung der Testbedingungen von biorelevanten In vitro-Freisetzungsmodellen beitragen. Die In vitro- und In vivo-Ergebnisse der vorliegenden Arbeit belegten, dass die Bedingungen innerhalb des postprandialen Magens kritisch für die Wirkstofffreisetzung aus festen oralen Darreichungsformen sind. Die genaue Charakterisierung der Magenpassage ist für die Beurteilung von Nahrungsmitteleffekten somit von großer Bedeutung.
In der vorliegenden Arbeit sollten zwei verschiedene Wirkstoffklassen auf ihre Fähigkeit Apoptose und Autophagozytose zu aktivieren analysiert werden. Dabei wurden 39 Sigma-Rezeptor-Liganden, die an der Universität Münster (Arbeitsgruppe von Prof. Bernhard Wünsch) synthetisiert wurden, zunächst auf ihre antiproliferativen Eigenschaften in acht humanen Krebszelllinien untersucht. Anhand der Struktur-Wirkungs-Beziehungen konnte gezeigt werden, dass sich große, raumfüllende Substituenten an beiden N-Atomen des Piperazin-Grundgerüstes positiv auf die Hemmung des Zellwachstums auswirken. Da die Multiple Myelom Zellinie RPMI 8226 eine hohe Dichte an Sigma-Rezeptoren exprimiert, wurde sie für weitere Versuche herangezogen. Als repräsentative Liganden wurde das Enantiomerenpaar (S)-11 und (R)-11 für weitere Versuche ausgewählt, da es neben einer guten Affinität zu beiden Rezeptor-Subtypen auch antiproliferierende Eigenschaften in der RPMI 8226-Zelllinie zeigte. Die Behandlung führte zur zeitabhängigen Induktion der Apoptose, die mit den typischen Charakteristika wie morphologische Membranausstülpungen, Annexin-V positive Zellen und der Chromatinkondensation einherging. Die Detektion von aktivierter Caspase-3, -8 und -9 im Durchflusszytometer deutete zunächst auf eine Beteiligung beider Signalwege der Apoptose hin. Da im Western Blot keine Caspase-9-Spaltprodukte detektiert werden konnten und auch die Vorinkubation mit den Caspase-Inhibitoren z-VAD-FMK und M50054 keinen Effekt auf die Apoptoserate bewirkte, scheinen die Caspasen im Sigma-Ligand-vermittelten Zelltod eine untergeordnete Rolle einzunehmen. Die frühe Abnahme des mitochondrialen Membranpotentials verbunden mit der zunehmenden Konzentration des Apoptose-induzierenden Faktors (AIF) im Zytosol der RPMI 8226-Zellen deuten ebenfalls auf eine Caspase-unabhängige Form der Apoptose hin, die besonders für Sigma(2)-Agonisten bereits beschrieben ist. Und auch in diesem Projekt zeigen die Sigma-Liganden zytotoxische Aktivitäten, wenn sie eine Affinität zum Sigma(2)-Rezeptor aufweisen. Neben der Apoptose konnten (S)-11 und (R)-11 auch die Autophagozytose induzieren. Dieser Prozess scheint jedoch der Apoptose nachgeschaltet zu sein und weist darauf hin, dass es sich nicht um einen Schutzmechanismus der Zelle handelt, sondern eher in einer direkten Form des programmierten Zelltodes vom Typ II begründet ist. Dieser ist bisher noch nicht für Sigma-Rezeptor-Liganden beschrieben und könnte einen Vorteil gegenüber anderen Vertretern dieser Wirkstoffklasse darstellen. Eine Gemeinsamkeit von Sigma-Ligand-induzierter Apoptose und Autophagozytose liegt in ihrer Aktivierung durch die Lipidperoxidation. Es wurde ein sehr früher Anstieg von LPO-Produkten detektiert, der sich nur durch das lipophile Antioxidans alpha-Tocopherol beeinflussen ließ. Desweiteren konnte die antiproliferierende Wirkung von (S)- 11 und (R)-11 im MTT-Assay komplett blockiert werden, und auch die Apoptoseraten wurden durch den Radikalfänger signifikant erniedrigt. Die Hemmung der LC3-II-Expression im Western Blot durch alpha-Tocopherol verdeutlicht auch hier die Beteiligung der LPO an der Autophagozytose. Als Vertreter einer weiteren Wirkstoffklasse wurde der phtoaktivierbare Pt(IV)-Komplex FM 165, der in der Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Peter Sadler (Universität Warwick, UK) synthetisiert wurde, untersucht. Die antiproliferierenden Eigenschaften der photoaktivierbaren Pt(IV)-Verbindung können nicht mit der Apoptose als Zelltodmechanismus begründet werden. In diesem Fall ließen sich keine morphologischen Charakteristika nachweisen und auch die Annexin-V Anfärbung fiel negativ aus. Die weiteren Untersuchungen zeigten jedoch auch die Aktivierung der Autophagozytose durch Expression von LC3-II und p62 im Western Blot. Eine Hemmung lysosomaler Enzyme durch die Protease-Inhibitoren E64d und Pepstatin A führte zu erhöhten LC3-II-Konzentrationen sowie einer p62-Akkumulation. Im Gegensatz zu den Sigma-Rezeptor-Liganden deutet dies eher auf eine vollständige Verlaufsform hin. Da die Autophagozytose bereits nach 6 h-Behandlung mit FM 165 detektiert wurde, ist es nicht ausgeschlossen, dass es sich zunächst um eine zellschützende Funktion handeln könnte. Auch beim FM 165 scheinen oxidative Vorgänge eine wichtige Rolle hinsichtlich der Autophagozytose-Aktivierung zu übernehmen. Nach erfolgter Photoaktivierung der Zellen ließen sich ansteigende ROS Konzentrationen verzeichnen, die nach 2 h deutlich wurden und somit noch vor der Autophagozytose entstehen.