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Rekombinante Vektorvakzinen, basierend auf Viren der Newcastle-Krankheit (NDV) haben sich als kostengünstig, schnell herstellbar und sicher für die Applikation bei Geflügel und Säugetieren erwiesen. Im Rahmen dieser Arbeit wurden zwei rekombinante Vakzineviren, die das lentogene NDV Clone 30 als Vektor nutzen, für die Prävention der hochpathogenen aviären Influenza (HPAI) bei Hühnerküken, die maternale aviäre Influenzavirus-spezifische Antikörper (AIV-MDA) aufweisen, und die Pest der kleinen Wiederkäuer (PPR) bei Ziegen evaluiert.
Während bekannt ist, dass rekombinante NDV/AIV-H5-Vakzineviren in spezifisch pathogenfreien Eintagsküken eine protektive Immunantwort induzieren, ist diese bei Küken in HPAI-Endemiegebieten meist durch vorhandene AIV-MDA negativ beeinflusst. Durch die Generierung einer NDV-Rekombinanten (rNDVsolH5_H5), die das HA des HPAIV H5N1 von zwei individuellen Fremdgenen exprimiert, konnte eine Überexpression des H5 und in Folge der okulonasalen Immunisierung von zwei- und drei-Wochen-alten AIV-MDA+-Küken die Überwindung der AIV-MDA und die Bildung von wirtseigenen AIV-H5-spezifischen Antikörpern erreicht werden. Die in Folge einer HPAIV H5N1-Belastungsinfektion vermittelten Protektionsraten beliefen sich auf 85 % bei zwei-Wochen-alten und auf 100 % bei drei-Wochen-alten Hühnern, deren Ausscheidung des virulenten Wildtypvirus im Vergleich zu Kontrolltieren signifikant reduziert war. Auch wenn das rekombinante Impfvirus in ein-Wochen-alten AIV-MDA+-Küken replizieren konnte, weist die Schutzrate von 40 % darauf hin, dass die Immunisierung sehr junger AIV-MDA+-Küken nicht zu empfehlen ist.
Die subkutane Immunisierung von Ziegen mit dem rekombinanten Vektorvirus rNDV_HKur, das das Hämagglutinin des Morbillivirus der kleinen Wiederkäuer (small ruminant morbillivirus, PPRV) exprimiert, schützte diese vor einer virulenten Wildtypvirus-Infektion. Nach zweimaliger Applikation wurden, wie nach der Impfung mit einer atttenuierten PPRV-Lebendvakzine, weder Erkrankungszeichen beobachtet noch eine hämatogene Streuung und nur geringgradige Replikation bzw. Ausscheidung des PPR-Wildtypvirus nachgewiesen, was auf die Bildung PPRV-neutralisierender Antikörper nach der Immunisierung zurückzuführen ist. Somit konnte gezeigt werden, dass sich das rekombinante NDV/PPRV-H für die Prävention der PPR bei Ziegen eignet. Mit NDV als Vektorvirus konnten nachweislich die Anforderungen sowohl bezüglich der DIVA-Applikation als auch einer hohen Thermostabilität erreicht werden.
Um NDV als Vektorvirus gezielt zu verändern bzw. für dessen unterschiedliche Anwendungen zu verbessern, ist es von Vorteil die Funktion der einzelnen viralen Proteine zu kennen. Mit dem erstmaligen Nachweis der Expression des W-Proteins können nun mit Hilfe des generierten W-spezifischen Peptidantiserums weitere in-vitro- und in-vivo-Analysen erfolgen, um dessen Funktion im viralen Replikationszyklus näher zu untersuchen.
Herstellung sicherer und wirksamer Lebendvakzine gegen die Koi Herpesvirus Infektion von Karpfen
(2019)
Das Koi Herpesvirus (KHV, Cyprinid herpesvirus 3) verursacht eine tödliche Erkrankung bei Kois und Karpfen. Um sichere und wirksame Lebendvirusimpfstoffe zu erhalten, haben wir Einzel- und Doppeldeletionsmutanten von KHV erzeugt, aus deren Genom die für die beiden Nukleotidstoffwechselenzyme Thymidinkinase (TK, ORF55) und Desoxyuridin-Triphosphatase (DUT, ORF123) codierenden Leserahmen gezielt entfernt worden waren. Die Mutationen wurden durch homologe Rekombination in den zellkulturadaptierten aber noch virulenten Stamm KHV-T eingeführt. Umfangreiche in vitro Tests zeigten, dass die Deletion der TK- und DUT- Gene die KHV-Replikation in Zellkultur (CCB Zellen) nicht erkennbar beeinträchtigt. In vivo Tests an Jungkarpfen zeigten jedoch eine im Vergleich zum Ausgangsvirus signifikant reduzierte Virulenz der Einzelgen-Deletionsmutanten eine fast vollständige Attenuierung der Doppelmutante. Dennoch waren alle immunisierten Karpfen gegen eine letale Belastungsinfektion mit virulentem KHV geschützt. Mittels einer neu entwickelten Triplex-Real-Time-PCR und aus Kiementupferproben isolierter DNA war es möglich, mit TK-negativem KHV immunisierte und Wildtyp- infizierte Karpfen zu differenzieren. Daher könnte die Doppelmutante KHV- TΔDUT/TK als genetischer Marker-Impfstoff geeignet sein.
In einer zweiten Studie wurde die Funktion von vier immunogenen Hüllglykoproteinen der ORF25-Genfamilie (ORF25, ORF65, ORF148 und ORF149) von KHV untersucht. Hierbei wurde festgestellt, dass alle vier Gene für die Virusreplikation in Zellkultur entbehrlich sind. Während die Deletion von ORF65 keinen erkennbaren Einfluss auf die Virusvermehrung hatte, führte die Deletion von ORF148 sogar zu einer leicht erhöhten Replikationsrate. Im Gegensatz dazu bewirkten Deletionen von ORF25 oder ORF149 einen verzögerten Eintritt in die Wirtszellen und damit auch eine verlangsamte Vermehrung und Ausbreitung der Viren. Interessanterweise führte die gemeinsame Deletion der Gene ORF148 und
ORF149 zu einem wildtypähnlichen Wachstumsverhalten, das auf gegensätzlicher Funktionen der beiden Proteine hindeutete. Elektronenmikroskopische Untersuchungen von CCB-Zellen, die mit den verschiedenen Glykoproteindeletionsmutanten infiziert waren, zeigten keine Auswirkungen auf die Bildung und Reifung der Virionen im Zellkern oder im Zytoplasma, oder die Virusfreisetzung. Im Tierversuch erwiesen sich KHV-Mutanten mit Deletionen der Gene ORF148 und/oder ORF149 als geringfügig, aber für eine Verwendung als Lebendvirus-Impfstoff nicht ausreichend abgeschwächt. Überlebende Fische waren jedoch gegen Belastungsinfektionen ebenso gut geschützt wie Wildtyp-infizierte Karpfen, so dass die Deletion dieser antikörperinduzierenden Proteine zur Entwicklung von KHV-Markerimpfstoffen beitragen könnte, die eine serologische Differenzierung von Wildtyp-infizierten und geimpften Fischen erlauben (DIVA- Prinzip). In einer dritten Studie wurden durch serielle Zellkulturpassage von virulentem KHV und anschließende in vivo Infektionsversuche Hinweise darauf gefunden, dass das bislang nicht näher charakterisierte, neben dem ORF149 Gen lokalisierte ORF150 für einen weiteren Virulenzfaktor von KHV codiert. Möglicherweise könnte also durch eine kombinierte Deletion der im Rahmen dieser Arbeit untersuchten KHV-Gene ein sicherer und wirksamer, genetisch und serologisch differenzierbarer Markerimpfstoff hergestellt werden.