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Kindesmisshandlungen als Risikofaktor für depressive Erkrankungen im Lebensverlauf ist einer der stabilsten Befunde in der Fachliteratur. Neuere Studien postulieren einen distinkten Depressionssubtyp durch lebensgeschichtlich frühen Stress mit spezifischen neurobiologischen und endokriniologischen Auffälligkeiten, der sich möglicherweise auch in einem distinkten Symptomprofil der Depression niederschlägt. Dennoch entwickeln nicht alle von Misshandlungserfahrungen in der Kindheit Betroffenen eine depressive Störung im Lebensverlauf, so dass angenommen werden muss, dass protektive Faktoren wie Resilienz (psychische Widerstandfähigkeit) auf das bestehende Risiko für depressive Erkrankungen gegenläufig einwirken. Weiterhin gehen depressive Erkrankungen mit einem erhöhten kardiovaskulären Risiko einher, das vermutlich über das Metabolische Syndrom (MetS) (teil-)vermittelt wird. Ziel dieser Arbeit sollte es daher sein, auf Grundlage der populationsbasierten Stichproben der Study of Health in Pomerania (SHIP) die postulierten Assoziationen zwischen retrospektiv erfassten Kindesmisshandlungen und depressive Erkrankungen und das protektive Wirken von Resilienz auf diese Assoziation zu prüfen. Außerdem sollte geprüft werden, ob sich Kindesmisshandlungen distinkt in der späteren Depressionssymptomatik niederschlagen und symptomatische Überschneidung mit dem atypischen oder melancholischen Subtyp der depressiven Erkrankung aufweisen. Weiterhin sollten Alters- und Geschlechtseinflüsse auf die Assoziation von depressiven Erkrankungen und dem MetS untersucht werden und geklärt werden, ob erlebte Kindesmisshandlungen ursächlich mit dem MetS in Zusammenhang stehen. Aus den Ergebnissen der Analysen verschiedener populationsbasierten Stichproben (SHIP-0, SHIP-LEGENDE, SHIP-TREND-0) in dieser Dissertation lassen sich folgende Schlussfolgerungen ziehen: 1. Retrospektiv erfasste Erfahrungen von Kindesmisshandlungen unterliegen Alters- und Geschlechtseffekten und sind mit einem erhöhten Risiko für depressive Erkrankungen im Lebensverlauf assoziiert. 2. Resilienz wirkt als unspezifischer protektiver Faktor auf die Assoziation von Kindesmisshandlungserfahrungen und depressiven Erkrankungen im Lebensverlauf. 3. Personen mit depressiven Erkrankungen im Lebensverlauf und Kindesmisshandlungserfahrungen in der Vorgeschichte unterscheiden sich auf Symptomebene von Personen mit depressiven Erkrankungen ohne Erfahrungen von Kindesmisshandlungen. Allerdings konnte nicht belegt werden, dass dieses distinkte Symptomprofil bei Personen mit depressiven Erkrankungen und Kindesmisshandlungen in der Vorgeschichte eine umfassende symptomatische Überschneidung mit dem atypischen oder melancholischen Subtyp der depressiven Erkrankung aufweist. 4. Alter und Geschlecht haben einen differentiellen Einfluss auf die Assoziation von depressiven Erkrankungen und dem MetS. Misshandlungserfahrungen im Kindesalter sind nicht mit einem erhöhten Risiko für das MetS assoziiert, wenn depressive Erkrankungen als Einflussgröße berücksichtigt werden. Die Ergebnisse werden im Rahmen des neurobiologischen Ätiologiemodells der depressiven Erkrankung diskutiert und somit unter der Theorie, dass depressive Erkrankungen Stresserkrankungen sind und Kindesmisshandlungen (im Sinne von lebensgeschichtlich frühem Stress) einen besonders nachteiligen Einfluss auf neurobiologische und endokrinologische Systeme haben und mit einer erhöhten Vulnerabilität für depressive Erkrankungen einhergehen. Zukünftige Studien sollten sich an einem integrativen Ätiologiemodell der depressiven Erkrankung orientieren und die artifizielle Trennung zwischen biologischen Risikofaktoren und psychosozialen Einflüssen bzw. Lebensereignissen überwinden, um der Heterogenität der depressiven Erkrankung gerecht zu werden. Besonders im Hinblick auf die anhaltende Diskussion über Subtypen der depressive Erkrankung und der Wirkung von protektiven Faktoren besteht Forschungsbedarf.
Inwieweit wird das Krankheitsbild Depression in der Allgemeinbevölkerung als Burnout bezeichnet, und hat dies Auswirkungen auf die Einstellungen zu den Betroffenen sowie auf die Behandlungsempfehlungen, Ursachenzuschreibungen und emotionalen Reaktionen? Repräsentative Bevölkerungsumfragen in Deutschland 2001 und 2011. Die Verwendung der Bezeichnung Burnout für eine Depression hat deutlich zugenommen. Ein Burnout ist im Vergleich zu einer Depression mit einer etwas geringeren Ablehnung verbunden. Menschen mit einer Depression wird in stärkerem Maße professionelle Hilfe empfohlen. Als ursächlich für einen Burnout wird berufliche Belastung, für eine Depression Vererbung angenommen. Die Bezeichnung Burnout ist mit positiveren emotionalen Reaktionen verbunden, als die Bezeichnung Depression. Leichten Vorteilen bei der sozialen Akzeptanz stehen deutliche Nachteile hinsichtlich der Behandlungsempfehlungen gegenüber, so dass die Gefahr besteht, dass Erkrankungen übersehen und nicht behandelt werden. Vererbung als Ursache ist eher mit der Bezeichnung Depression, beruflicher Stress eher mit der Bezeichnung Burnout assoziiert. Einordung der Symptome als Extremform normaler Alltagserfahrungen ist ebenfalls mit der Bezeichnung Burnout verbunden. Der Burnout-Begriff ist mit spezifischen Krankheitsvorstellungen assoziiert, weist aber auch Überschneidungen mit dem Begriff Depression auf. Insgesamt zeigt die vorliegende Arbeit, dass die emotionalen Reaktionen eher positiver sind, wenn das Problem Burnout genannt wird und eher negativer sind, wenn es Depression genannt wird. Wir diskutieren mögliche Ursachen für diese Unterschiede.