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Bisherige Analysen von RABV-Pathogenitätsdeterminanten wurden mit laboradaptierten, teils attenuierten Viren durchgeführt. Es ist unklar, ob bisher untersuchte Faktoren auch für hoch virulente RABV-Feldviren relevant sind. Der hier durchgeführte systematische Vergleich von Feldviren und Laborstämmen im infizierten Tier konnte Unterschiede hinsichtlich der Fähigkeit immunkompetente Neuroglia des ZNS zu infizieren als mögliche Pathogenitätsdeterminante aufzeigen. Darüber hinaus wurden erstmals SZ-Neuroglia peripherer Nerven als Zielzellen für die RABV-Infektion identifiziert.
Für die Analyse von RABV-infizierten Geweben wurde ein modernes 3D Imaging-Verfahren angewandt. Gehirne aus experimentell infizierten Mäusen und Frettchen wurden wie in Veröffentlichung 1 beschrieben immunfluoreszenz-gefärbt, optisch geklärt und hochauflösend mit einem konfokalen Laserscan Mikroskop untersucht. RABV N und P Protein konnten dreidimensional in räumlicher Umgebung zu zellulären Strukturen des Wirtes visualisiert werden. Diese Untersuchung bewies die besondere Eignung des Verfahrens zur Identifizierung vereinzelter Zielstrukturen und wurde für nachfolgende systematische Analysen im ZNS und PNS verwendet.
Der RABV-Zelltropismus wurde als vermutlich wichtige Pathogenitätsdeterminante in Veröffentlichung 2 untersucht. RABV Feldviren vom Hund (rRABV Dog), Fuchs (rRABV Fox) und Waschbär (rRABV Rac) konnten im Vergleich zu den laboradaptierten Viren (rCVS-11, SAD L16 und ERA) nicht-neuronale Zellen im ZNS wie Astroglia produktiv infizieren. Der Anteil infizierter Astrozyten ist mit 7-17 % nach i.m. Inokulation vergleichbar mit dem der Neuronen (7-19 %). Interessanterweise wurde eine Inokulationsroutenabhängige Infektion von Astrozyten mit dem moderat virulenten Laborstamm rCVS-11 beobachtet. Diese systematische und quantitative Analyse des RABV-Astrozyten- und Neuronentropismus zeigt, dass mit abnehmender Virulenz die Fähigkeit der Viren produktiv in Astroglia im ZNS zu replizieren abnimmt. Die Fähigkeit eine produktive Infektion in Astrozyten auszubilden, scheint demnach ein grundlegender Unterschied zwischen Feldviren und weniger virulenten Laborstämmen zu sein.
Weiterführend wurde in Veröffentlichung 3 die Virusausbreitung vom ZNS in periphere Nerven untersucht. Hinterbeine, Wirbelsäule inklusive Rückenmark, Gehirn und weitere Kopfbereiche experimentell infizierter Mäuse wurden mittels Lichtblatt- und konfokaler Laserscanmikroskopie analysiert. Zum Ersten Mal konnte eine RABV-Infektion peripherer Neuroglia dargestellt werden. Eine produktive Infektion immunkompetenter SZ im PNS ist also möglicherweise, genauso wie die Infektion von Astrozyten im ZNS, entscheidend für die RABV-Neuropathogenese. Die Detektion von RABV-Antigen im Hinterbein nach i.c. Inokulation beweist eine anterograde axonale Virusausbreitung vom ZNS in periphere Nerven. Interessanterweise konnte das Virus auch in Bereichen des Nasopharynx und des Zungenepithels nachgewiesen werden, worüber möglicherweise zusätzlich zur Speicheldrüse Virus in den Nasenrachenraum ausgeschieden wird. Zusammenfassend konnten mit dieser Arbeit neue Einblicke hinsichtlich des Zelltropismus und der Ausbreitung von RABV in vivo im Modellorganismus Maus gewonnen werden. Die Fähigkeit der untersuchten hoch virulenten Feldviren nicht-neuronale, immunkompetente Neuroglia des ZNS und PNS zu infizieren unterscheidet diese von den weniger virulenten bzw. apathogenen Virusstämmen und könnte ein entscheidender Faktor bei der Ausbildung einer Tollwut-Enzephalitis darstellen.