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In der vorliegenden Arbeit wurde ein Routine-TDM auf einer Intensivstation über 3 Jahre bei Patient:innen mit Sepsis während einer kontinuierlichen Meropenemtherapie durchgeführt und auf die Umsetzung und den praktischen Nutzen hin untersucht. Da Meropenem ein Antibiotikum mit zeitabhängiger Wirkung ist, war das Ziel Konzentrationen unterhalb der 4-fachen MHK und ein dadurch bedingtes mögliches Therapieversagen zu vermeiden.
Die Patient:innen erhielten zu Beginn eine Tagesdosierung von 6 g/d mit einem initialen Bolus von 0,5 g Meropenem. Die Dosierung wurde entsprechend der erhobenen Meropenemkonzentrationen durch das Routine-TDM nach Einschätzung des ärztlichen Personals angepasst. Es wurden keine Vorgaben bzgl. eines oberen Grenzwertes oder Umsetzung der Dosisanpassungen gemacht. Das TDM ergab gerade zu Beginn erhöhte Meropenemkonzentrationen, sodass Dosissteigerungen fast ausschließlich erst nach vorheriger Dosisreduktion durchgeführt werden mussten. Konzentrationen, bei denen eine Steigerung oder eine Reduktion der Dosis beschlossen wurde, wiesen eine hohe Variabilität auf. Das Anpassungsverhalten des ärztlichen Personals kann als sehr konservativ beschrieben werden. Die Dosissteigerungen wurden bereits sehr früh und Dosisreduktionen eher spät durchgeführt.
Bei knapp 46 % der Patient:innen wurde die Dosis gar nicht angepasst und bei 46 % der Patient:innen wurde insgesamt eine Dosisreduktion durchgeführt. Dies war zu 96 % eine Halbierung der Tagesdosis auf 3 g/d. Die gemessenen Wirkkonzentrationen unterschieden sich bei Patient:innen die 6 g/d und bei Patient:innen die 3 g/d Meropenem erhielten letztendlich nicht signifikant voneinander. Dies zeigt, dass die Dosisanpassungen genutzt wurden um andere Einflussfaktoren auf die Konzentration auszugleichen.
In einer multivarianten Regressionsanalyse zeigten die Nierenfunktion, die Körpergröße und das Körpergewicht einen signifikanten Einfluss auf die Antibiotikumkonzentration. Dennoch zeigte die Regressionsanalyse sich in den Extrembereichen ungenau, weshalb ein TDM sehr sinnvoll ist. Gerade bei einer veränderten Nierenfunktion oder bei Patient:innen mit RRT zeigte sich ein TDM als sehr hilfreich. Patient:innen mit ARC zeigten sich in der vorliegenden Arbeit signifikant häufiger unterdosiert und Patient:innen mit RRT wiesen eine höhere Variabilität der gemessenen Konzentrationen auf. Tools zur Anpassung der Dosierung anhand der Nierenfunktion wurden in Studien bisher überwiegend als unzureichend beschrieben. Bei Patient:innen mit RRT werden verschiedenste Dosierungsoptionen aktuell diskutiert. Insgesamt wurde bei knapp 5,8 % der Patient:innen eine Unterdosierung detektiert. Daraufhin wurde vom ärztlichen Personal inkonsequent reagiert. Einen Einfluss auf das klinische Outcome konnte durch das TDM oder durch die Unterdosierungen nicht ausgemacht werden. Lediglich die Schwere der Sepsisart zeigte einen signifikanten Einfluss auf die Mortalität.
Neurologische Auffälligkeiten, wie Krampfanfälle konnten nur selten detektiert werden. Patient:innen, bei denen diese auffielen, zeigten zwar signifikant höhere Meropenemkonzentrationen, allerdings ließen sich die Symptome nicht mit Sicherheit auf die Antibiotikatherapie zurückführen, da diese Patient:innen zusätzlich eine neurologische Grunderkrankung hatten. In gezielten Studien zu neurotoxischen Nebenwirkungen bei Betalaktamen wird der Zusammenhang mit supratherapeutischen Konzentrationen aber immer öfter beschrieben.
Zusammenfassend zeigt sich, dass das TDM einen maßgeblichen Einfluss auf die Therapieentscheidungen hatte. Unterdosierungen sind unter der gewählten Dosierungsform nur selten aufgetreten und Dosissteigerungen waren kaum nötig. Gerade bei Patient:innen mit RRT oder erhöhter Nierenfunktion zeigte sich das TDM als nützlich. Die Grenzen für Anpassungen variierten sehr stark und wurden eher konservativ gewählt. Ein genau definierter Zielbereich der angestrebten Meropenemkonzentration und festgelegte Optionen zur Dosisanpassung könnten den Nutzen des TDMs weiter erhöhen. Weitere prospektive Studien sind nötig, um eine Obergrenze zu definieren und Toxizität zu vermeiden.
Empfehlungen für die Praxis:
• Fortsetzung des TDMs bei kritisch kranken Patient:innen
• Etablierung einer SOP zur Dosisanpassung sowie Reduzierung der Startdosierung auf 3 g Meropenem/d mit Initialbolus von 0,5 g
• Hinweise bei Patientengruppen mit Gefahr für Unter- oder Überdosierungen.
Obwohl das Erkrankungsbild Sepsis auch in Deutschland immer stärker in den Fokus der Forschung gerückt ist, liegt die Mortalität noch immer zwischen 30-50%. Besonders die abdominelle Sepsis ist mit einer höheren Letalität assoziiert, da dieses Krankheitsbild häufiger mit schweren Verläufen und Organversagen einhergeht. Unter einer abdominellen Sepsis versteht man eine intraabdominelle Infektion mit einer extraperitonealen Begleitreaktion. Eine Peritonitis ist das Resultat einer intraabdominellen Infektion. Grampositive Enterococcus species sind mit 32-36% nach den gramnegativen Enterobacteriaceae die zweithäufigsten Erreger, die bei sekundären Peritonitiden isoliert werden können. Zu den am häufigsten isolierten Enterococcus species zählen Enterococcus faecalis und faecium. Ihre Rolle und Therapiebedürftigkeit bei einer abdominellen Sepsis ohne einen Nachweis in der Blutkultur ist nach wie vor sehr umstritten. Es existieren bereits zahlreiche Studien, die sich mit der Therapiebedürftigkeit von Enterokokken bei abdomineller Sepsis beschäftigen. Die Ergebnisse und die daraus resultierenden Empfehlungen bleiben aber kontrovers diskutiert. In dieser Arbeit soll die Auswirkung eines ab- dominellen bzw. intraabdominellen positiven Enterokokkenabstrichs auf die Behandlung von Patienten mit abdomineller schwerer Sepsis und septischem Schock untersucht werden. Weiterhin soll der Effekt einer Behandlung mit enterokokken- spezifischen Antibiotika auf die 28- und 90-Tage Letalität geprüft werden. Dafür wurden in einem Zeitraum von drei Jahren 179 Patienten mit abdominellem Sepsisfokus einbezogen, bei denen ein abdomineller/intraabdomineller Abstrich oder ein Abstrich aus einer abdominellen/intraabdominellen Drainage durchgeführt worden ist. Patienten mit einem Nachweis von Enterokokken in einer Blutkultur wurden ausgeschlossen. Durch die Berechnung von logistischen Regressionen zeigte sich, dass ein positiver abdomineller bzw. intraabdomineller Enterokokkenabstrich signifikant mit der Verabreichung von enterokokkenspezifischen Antibiotika assoziiert war. Die Chance, ein enterokokkenspezifisches Antibiotikum zu erhalten, stieg dabei um das Sechsfache. Beim Vergleich zweier Gruppen war die Behandlung mit
enterokokkenspezifischen Antibiotika mit einer statistisch signifikanten Reduktion der 28-Tage Letalität assoziiert. Dabei hatte die eine Gruppe enterokokkenspezifische Antibiotika erhalten, die andere nicht. Dieses Ergebnis konnte mittels logistischer Regressionen für die 28-Tage Letalität bestätigt werden. Es zeigte sich aber kein statistisch signifikanter Effekt auf die 90-Tage Letalität. Es sollten deswegen weitere, größer angelegte Studien angeregt werden, die den Effekt eines positiven Enterokokkenabstrichs und den Effekt einer Gabe von enterokokkenspezifischen Antibiotika auf die Letalität bei Patienten mit abdominellem Sepsisfokus untersuchen.
Die Infektion ist eine schwerwiegende Komplikation nach Schlaganfall und führt zu einer erhöhten Morbidität und Mortalität. Anhand der vorliegenden Arbeit konnte die erworbene Immundefizienz (SIDS) nach ischämischem Schlaganfall im Tiermodell dargestellt werden. Hierzu wurde mittels hypoxisch-ischämischem Schlaganfallmodell und Endotoxinchallenge erstmals in vivo ein Maus-Modell zur intravitalmikroskopischen Untersuchung der intestinalen Leukozyten-Endothel- Interaktion und Bestimmung der Zytokine etabliert. Immunmodulatorisch wurde das Endocannabinoid-System durch den Antagonisten - AM630 - am CB2-Rezeptor untersucht. Durch die Blockierung des CB2-Rezeptors wurde im Ergebnis die Immundefizienz nach SIDS verstärkt. Demzufolge ergaben sich eine verminderte Leukozytenadhärenz, ein gesteigerter Leukozytenroller-Flow am Endothel und ein antiinflammatorisches Zytokinprofil. Mit diesem Modell ist die in vivo-Untersuchung der peripheren Immunfunktion nach Schlaganfall möglich. Hierdurch eröffnet sich über ein tieferes Verständnis der sekundären Immundefizienz ein Weg, um Behandlungsansätze für Betroffene mit einer Infektion nach Schlaganfall zu erforschen. Somit könnten durch eine erfolgreiche Sekundärprävention ökonomische Belastungen für die Allgemeinheit vermindert und gleichzeitig die Prognose für die betroffenen Patienten, auch durch eine verkürzte Behandlungsdauer verbessert werden.
Die Sepsis und der septische Schock sind lebensbedrohliche Erkrankungen, an denen weltweit Millionen Menschen erkranken und infolgedessen sterben. Die Blutkulturdiagnostik hilft die im Blut zirkulierenden Erreger und deren Sensitivität gegenüber Antiifektiva zu bestimmen und ermöglicht so die Umstellung auf eine gezielte Therapie. Mehrere internationale Studien konnten zeigen, dass durch eine Deeskalation der antiinfektiven Therapie das Outcome der Sepsis-Patienten verbessert werden kann. Außerdem kann eine Umstellung der kalkulierten Therapie nicht nur zu einer Abnahme der Sterblichkeit und der Ersparnis von Ressourcen, sondern auch zu einer Reduzierung von Resistenzbildung führen. Zur Identifizierung und zur Outcome-Einschätzung von kritisch-kranken Patienten können eine große Anzahl an Scores, Laborparametern, Vitalzeichen, Vorerkrankungen und weiteren Kriterien betrachtet werden. Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist Scores und klinische Parameter zu ermitteln, die eine Aussage über die Positivitätswahrscheinlichkeit der Blutkulturdiagnostik treffen können. In der retrospektiven Studie wurden Daten von 635 Blutprobensets von 481 Patienten, die vom 11/2016 bis zum 03/2018 in der Universitätsmedizin Greifswald auf der Intensivstation behandelt wurden, analysiert. Dabei wurden Daten 24 Stunden vor und 4 Stunden nach der dokumentierten Blutkulturabnahme erfasst und ausgewertet. Es erfolgte eine Unterteilung der positiven Blutkulturen in zwei Gruppen: Alle Blutkultursets und GNSA Blutkultursets (gram-negative Keime und Staphylococcus aureus). Die im Rahmen der Arbeit erhobenen Daten zeigen die Schwierigkeit ressourcensparende Diagnostikinstrumente für den klinischen Alltag zu finden. Mit alleiniger Verwendung der Scores lassen sich nur unzureichende Aussagen über das Resultat der Blutkulturdiagnostik treffen (Area unter the curve <0.7). Ebenfalls verdeutlicht die Untersuchung den Aufwand von personellen und diagnostischen Ressourcen, die bei der Bestimmung von Scores benötigt werden. In der klinischen Praxis kann dies zu einer erheblichen Verzögerung führen. Im Vergleich dazu weisen einzelne Laborparameter wie stabkernige Granulozyten sowie die Zusammenführung signifikanter Prädiktoren eine stärkere Diskriminierungsfähigkeit auf. Die Sepsis und der septische Schock sind komplexe Krankheitsbilder, sodass die Positivitätswahrscheinlichkeit einer Blutkultur nicht mit endgültiger Sicherheit anhand nur eines einzelnen Scores oder eines Laborparameters vorherzusagen ist.
Mit weltweit potenziell 5,3 Millionen Todesopfern pro Jahr ist die Sepsis eine der häufigs-ten Todesursachen3. Ursprung dieser ist eine Dysregulation einer immunologischen Reak-tion mit Inflammation und daraus folgenden Organschäden9,10. Der Nutzen von Albumin in der supportiven Therapie dieser lebensbedrohenden Erkrankung wird seit längerem disku-tiert. Aus diesem Grund befasst sich die hier vorliegende Arbeit mit dem Zusammenhang zwischen der Albuminsubstitution und Letalität der schweren Sepsis und des septischen Schocks. Als Grundlage dienten die Patient*innendaten aus der intensivmedizinischen Sepsisdatenbank der Universitätsmedizin Greifswald, im Zeitraum von 2010 bis 2015. Zu-nächst wurden die Patient*innen in zwei Gruppen eingeteilt. Die Patientin*innen der „Gruppe A“ erhielten kein Albumin und die Patient*innen der „Gruppe B“ bekamen Albumin substituiert. Anschließend erfolgte die Unterteilung je nach Ausprägung der Hypalbuminä-mie, bemessen am niedrigsten Serumalbuminwert, in vier Subgruppen (Gruppe 1 A/B bis 4 A/B). In einer weiteren Unterteilung, anhand einer messbaren Erhöhung des Serumal-bumins nach Substitution, wurden die Patient*innen der „Gruppe B“ in „Responder“ und „Nonresponder“ gruppiert.
Insgesamt konnten dadurch 701 Patient*innen in die Studie eingeschlossen werden. Von diesen waren 258 weiblich (36,8 %) und 443 männlich (63,20 %). Entsprechend lag das akkumulierte mittlere Erkrankungsalter aller Patient*innen bei 67,93 ± 12,6 (MW ± SD) Jahren. In der Gesamtheit betrachtet war der septische Schock mit 76,03 % (n = 533) häufiger vertreten als die schwere Sepsis mit 23,97 % (n = 168). Der „APACHE II Score“ der Gesamtpopulation lag im Mittel bei 20,19, was einem Mortalitätsrisiko von rund 40 % entspricht. Die Patient*innen, die kein Albumin substituiert bekamen, wiesen ein 30 % höheres Risiko auf innerhalb der ersten 28 Tage nach Sepsisdiagnose zu versterben (Fisher-Exact-Test: p = 0,0279; KI: 1.019 - 1.257). Die statistische Betrachtung der Pati-ent*innen mit besonders niedrigen Albuminwerten (≤ 15 g/l) zeigte, dass Patient*innen ohne Substitution ein 56 % höheres Risiko hatten in den ersten 28 Tagen zu versterben. Im Vergleich der Gruppen bezüglich ihrer 90-Tage-, Intensiv- und Krankenhaussterblich-keit ergab sich keinen signifikanten Unterschied. Bei den Gruppen B 2-4 mit Albuminkon-zentrationen über 15 g/l konnte ebenfalls, im Vergleich der Letalität, keine Unterschiede ausgemacht werden.
Grundsätzlich wurde anhand der vorliegenden Daten aufgezeigt, dass die Substitution von Albumin mit einer reduzierten Letalität in den ersten 28 Tagen assoziiert ist. Dies gilt für alle Patient*innen mit einer Albumintherapie und insbesondere für Patient*innen mit einem Albuminwert unter 15 g/l. Fraglich bleibt jedoch, ob eine alleinige Albuminsubstitution eine Letalitätsreduktion bedingt. Allerdings konnte die Hypalbuminämie als unabhängiger Risi-kofaktor für eine erhöhte Letalität in der Sepsis bestätigt werden.
Abschließend kann gesagt werden, dass die durch diese Studie gewonnenen Ergebnisse die aktuellen Leitlinien zur Diagnostik und Therapie der Sepsis unterstützen7. Um aller-dings genauere Aussagen über den Einfluss von Albumin in Bezug auf die Letalität in der Sepsis machen zu können, sollten Studien unter kontrollierten Bedingungen und unter der Einbeziehung einer größeren Studienpolulation durchgeführt werden.
Die Praxis der Transfusion von Blutprodukten bei septischen Patienten – eine Observationsstudie
(2023)
Die Sepsis ist noch immer ein weit verbreitetes und gefürchtetes Krankheitsbild und kann prinzipiell jeden Menschen betreffen. Die Ausprägung und der Verlauf der Erkrankung können je nach Individuum, Vorerkrankungen und Erregern sehr unterschiedlich sein und bedürfen daher eines komplexen Zusammenspiels unterschiedlicher Therapiesäulen. Eine der Therapiemaßnahmen ist die Verabreichung von Blutprodukten. Diesbezüglich hat die Surviving Sepsis Campaign (SSC) Empfehlungen herausgegeben, deren Umsetzung in der klinischen Praxis bisher noch nicht ausreichend untersucht wurde.
Primäres Ziel der hier diskutierten Observationsstudie war daher die retrospektive Analyse der klinischen Praxis des Transfusionsmanagements bei Patienten mit schwerer Sepsis oder septischem Schock, die an der Universitätsmedizin Greifswald in den Jahren 2010-2013 auf einer Intensivstation behandelt wurden. Dabei stand die Untersuchung der Verabreichung von Erythrozytenkonzentraten im Vordergrund, jedoch wurden auch die Gaben von Fresh Frozen Plasma und Thrombozytenkonzentraten analysiert. Von den Patienten wurden neben allgemeinen Daten auch jede Transfusion von Blutprodukten während des aktuellen Krankenhausaufenthaltes vor Sepsisbeginn und bis 28 Tage nach Sepsisbeginn einschließlich der jeweiligen Transfusionstrigger erfasst und ausgewertet.
Von den 614 eingeschlossenen Patienten erhielten 79,8 % ein Blutprodukt. Der mittlere Hb-Wert (Hämoglobinwert), der als Transfusionstrigger zu der Verabreichung eines Erythrozytenkonzentrats führte, war 5,1 mmol/l. Die Daten bzgl. der Sterblichkeit der Patienten zeigten sich widersprüchlich, sodass anhand dieser Arbeit keine Aussage zu Ursache und Wirkung der Transfusion von Blutprodukten bei septischen Patienten möglich ist. Es konnte lediglich festgestellt werden, dass in dem Zeitraum 2010-2013 an der Universitätsmedizin Greifswald in der Praxis ein höherer Transfusionstrigger genutzt wurde als in der Leitlinie der SSC empfohlen (4,4 mmol/l). Dabei fanden allerdings weitere Einflussfaktoren, die zu einer Transfusion führen können, wie z. B. der klinische Zustand des Patienten, Einsatz von Vasopressoren oder auch geplante operative Eingriffe keine Berücksichtigung.
Um die aktuelle Empfehlung der SSC von 2021 für ein restriktives Transfusionsmanagement zu stützen, sind weitere multizentrische und randomisierte Studien notwendig, die u. a. auch weitere Einflussfaktoren für eine Transfusion außer dem Hb-Wert untersuchen.
Hintergrund: Wie der akute Myokardinfarkt, das Polytrauma oder der Schlaganfall zählt auch die Sepsis zu den zeitkritischen Notfällen in der Medizin [3]. Ein zügiger Therapiebeginn mit Antibiotika ist notwendig, da eine Verzögerung einen negativen Einfluss auf das Überleben hat [13,14]. Durch die vielfältige klinische Symptomatik einer Sepsis ist die Diagnosestellung selbst für erfahrenes Personal erschwert [4]. Das Gehirn ist häufig von einer Organdysfunktion bei einer Sepsis betroffen [10,20]. Das Spektrum der klinischen Ausprägung ist facettenreich: Einschränkungen der Kognition, Desorientiertheit, Somnolenz, Koma, aber auch motorische Symptome und Krampfanfälle können auftreten [29,30,49].
Fragestellung: Wie ist das Management von Patient*innen mit einer Sepsis, die über die neurologische Notaufnahme und damit einer vermutlich vordergründig neurologischen Symptomatik aufgenommen wurden?
Patient*innen und Methoden: Aus allen Patient*innen, die vom 01.01.2009 bis 31.12.2017 in der neurologischen Notaufnahme/Stroke Unit der Universitätsmedizin Greifswald vorstellig wurden, wurde retrospektiv schrittweise eine Studienpopulation selektiert und untersucht. Verwendet wurden hierfür ICD-10 Codes, sowie Kriterien für eine vermutete Infektion, der qSOFA- und SOFA-Score. Schließlich entstand ein Studienkollektiv, das innerhalb der ersten 48 Stunden bei retrospektiver Betrachtung Kriterien einer Sepsis erfüllte. Bei diesen Patient*innen wurde unter anderem die zur Aufnahme führende Symptomatik erhoben, die Abnahme von Blutkulturen, Messung des Laktatspiegels, sowie der Beginn einer antiinfektiven Therapie als Maßnahmen des Surviving Sepsis Campaign Bundles erfasst [2].
Ergebnisse: Die Studie zeigt, dass eine Bewusstseinsstörung die am häufigsten zur Aufnahme führende Symptomatik darstellt. Darauf folgt eine allgemeine Verschlechterung des Allgemeinzustandes. Die Dauer bis zur Abnahme von Blutkulturen, Beginn einer antiinfektiven Therapie und Messung des Laktatspiegels ist deutlich länger als in der zum Untersuchungszeitpunkt gültigen Handlungsempfehlung der Surviving Sepsis Campaign vorgegeben [2,17].
Diskussion und Fazit: Warum die Dauer bis zur Durchführung der zum Untersuchungszeitpunkt leitliniengerechten Maßnahmen in dieser Studie deutlich länger ist als vorgegeben, lässt sich nur vermuten. Mögliche Ursachen können in der fehlenden Identifizierung, an unzureichender Therapiekenntnis oder Problemen bei der Kommunikation in der Behandlung liegen [95]. Gerade wenn eine neurologische Symptomatik im Vordergrund steht, besteht die Gefahr, eine Sepsis in der prä- oder frühen innerklinischen Versorgung zu übersehen [5]. Insgesamt sind Schulungen zum Thema Sepsis und speziell der verschiedenen neurologischen Ausprägungen für das gesamte Behandlungsteam neurologischer Notaufnahmen und Stroke Units notwendig. Ebenso sollte sowohl im Rettungsdienst als auch in neurologischen Notaufnahmesituationen sofort bei Symptomen wie einer neu aufgetretenen oder sich verschlechternden Bewusstseinsstörung aber auch Krampfanfällen, die Differentialdiagnose „Sepsis“ in Betracht gezogen und die betroffenen Patient*innen systematisch auf das Vorliegen einer Sepsis gescreent werden.
Sepsis ist eine der häufigsten Todesursachen und doch in der Bevölkerung und auch zum Teil von ärztlichen Kollegen unterschätzt. Bis heute bilden Blutkulturen den Goldstandard in der Diagnostik einer Sepsis. Das gerade eine schnelle Therapie für das Outcome der Erkrankten entscheidend ist, konnte bereits durch viele Studien und Publikationen gezeigt werden. Bei einer Analyse der Abläufe der Blutkulturdiagnostik im Universitätsklinikum Greifswald stießen wir auf eine deutliche Zeitverzögerung durch den Transport von beimpften, nicht bebrüteten Blutkulturen von schwer Erkrankten in das ausgelagerte mikrobiologische Labor. Als Folge verzögert sich die gesamte Kette der Blutkulturdiagnostik und damit einhergehend auch die Therapieanpassung. In unserem Setting fand sich lediglich für 12,29 % der Blutkulturen keine Zeitverzögerung durch verzögerte Transporte beimpfter Blutkulturen zum mikrobiologischen Labor oder durch ein Positivitätssignal der bebrüteten Blutkultur außerhalb der Laboröffnungszeiten für Blutkulturen der Labor-Gruppe. Um diesem Defizit entgegenzuwirken untersuchten wir den Effekt einer Blutkulturbebrütung vor Ort. Wir fanden im Vergleich zur Bebrütung im ausgelagerten Labor eine signifikante Reduktion der Zeit bis zum mikrobiologischen Ergebnis der Erregerdiagnostik mit Resistogramm (TTR). Durch die Installation eines Bebrütungssystems auf der Intensivstation konnte zudem die Zeit bis zum Wissen um Blutkulturpositivität deutlich reduziert werden. Die hier gezeigten Daten zeigen durch eine unmittelbare vor Ort Bebrütung einen Lösungsansatz für die Optimierung der Präanalytik der Blutkulturdiagnostik bei schwer kranken Patienten. Insbesondere für Kliniken mit externer Mikrobiologie können unsere Schlussfolgerungen von Interesse sein.
Eine Sepsis ist die schwerste Verlaufsform einer akuten Infektion. Sie stellt trotz intensiver Forschung und einer langen Historie insbesondere in dem intensivmedizinischen Bereich immer wieder vor neue Herausforderungen. Die Ausprägungen können sich auf zirkulatorischer, zellulärer und metabolischer Ebene zeigen und imponieren durch vielseitige klinische Manifestationen. Bedingt durch die aktuelle Altersstruktur der Bevölkerung und den zahlreichen Komorbiditäten stellt die Sepsis ein Krankheitsbild mit hoher Sterblichkeitsrate dar.
In der vorliegenden Arbeit untersuchten wir im Tiermodell die pleiotropen Wirkungen von Simvastatin in der Sepsis bei experimenteller Endotoxinämie. Damit griffen wir die Ergebnisse klinischer Studien auf, die besagen, dass eine Veränderung des Fettstoffwechsels die Mortalität der Sepsis verringert.
Unser Interesse richtete sich dabei auf die intestinale Mikrozirkulation. Mittels Intravitalmikroskopie wurde die Leukozytenadhärenz der Venolen der submukösen Darmwand und die funktionelle Kapillardichte in den unterschiedlichen Schichten der Darmwand untersucht. Da sich die Sepsis sehr vielseitig manifestiert, erfolgte begleitend zu dem Versuchsablauf eine kontinuierliche Messung der
hämodynamischen Parameter. Mit Hilfe von repetitiven Blutentnahmen, wurden die metabolischen Veränderungen protokoliert.
Nach LPS induzierter Endotoxinämie führte die Simvastatingabe im Versuchsablauf zu keiner Verbesserung der infekttypischen, hämodynamischen intestinalen Situation. In der Intravitalmikroskopie zeigten sich keine proangiogenen Veränderungen der Kapillardichte in der Lamina muscularis longitudinalis und circularis. Bei der Beobachtung der Leukozyten-Endothelinteraktion konnte zwar ein Anstieg der Leukozytenadhärenz festgestellt werden, jedoch kein protektiver Effekt nach Medikamentengabe.
Unsere Hypothese, dass eine Lipidmodulation mit Simvastatin in der akuten Sepsistherapie eine wichtige Rolle spielen könnte, wurde in unserem Versuchsaufbau nicht nachgewiesen. Die pleiotropen Effekte des Medikamentes in niedriger Dosierung scheinen keinen Einfluss auf das septische Geschehen zu haben. Die von uns vermutete Wirkung scheint eher bei einer prophylaktischen und langfristigen Einnahme gegeben zu sein. Dies könnte Gegenstand der Betrachtung von weiteren Untersuchungen sein.
Auch eine initial höhere therapeutische Dosierung und mehrfach Gabe eines Statins über einen längeren Zeitraum könnte Gegenstand einer weiteren Untersuchung sein.
Zusätzlich zu ihrer Zielstellung humane Thrombozyten auf das Vorkommen von NAP1L1 zu untersuchen, liefert diese Arbeit Anhalt für die potenzielle Funktion diese „nukleären“ Proteins in diesem anukleären Zelltyp. Eine Enflussnahme von NAP1L1 auf den Transport und ggf. Import eines Schlüsselenzyms des mitochondrialen Stoffwechsels (DLAT) erscheint als ein möglicher Mechanismus für die Einflussnahme auf systemische entzündliche Prozesse durch NAP1L1.
Für humane Thrombozyten sind die beschriebenen Veränderungen von DLAT eine der ersten Hinweise auf eine aktive Regulation der intramitochondrialen Proteinausstattung in Reaktion auf die systemische Infektion mit bakteriellen und viralen Erregern. Bislang existierten in dieser Situation nur Daten, welche z.B. die direkte Beeinflussung von Plättchen durch Erreger, z.B. durch induzierte Degradation des anti-apoptotischen BcL-x208, beschreiben.
In der Zukunft wird es wichtig sein zu ergründen, welche funktionellen Konsequenzen aus einer Mehr- oder Minderexpression von NAP1L1 im Bezug auf die thrombozytäre Mitochondrienfunktion entstehen, im Weiteren welchen pathophysiologischen Stellenwert diese Änderungen besitzen und wie man diese dann therapeutisch beeinflussen kann.
Fest steht, dass die in der Einleitung aufgeworfene Frage, ob die im Rahmen einer akuten, systemischen Entzündungsreaktion beobachteten metabolischen Veränderungen eher Ausdruck einer aktiven Regulation als eines pathologischen Defektes sind, auch auf die humanen Thrombozyten übertragen werden muss.