Doctoral Thesis
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Die vorliegende Arbeit sollte an einer Kohorte von N = 119 schwerstverletzten Patienten (ISS > 16 Punkte) die Polymorphismen IL-10-1087 und IL-10-597 in der Promotorregion des Interleukin-10 Gens hinsichtlich ihrer Fähigkeit als genetischer Marker für das Auftreten einer Sepsis nach schwerem Trauma untersuchen. Die Basisdaten (demographische Verteilung, Verletzungsschwere) des vorliegenden Patientenkollektivs sind mit Kollektiven anderer Studien zu verschiedenen Outcomeparametern nach schwerem Trauma vergleichbar. N = 43 der N = 119 Patienten starben im Verlauf, N = 15 Patienten in den ersten 24 Stunden nach dem Trauma. N = 37 Patienten entwickelten posttraumatisch eine Sepsis. Die univariate KAPLAN-MEIER-Analyse zeigte eine signifikant niedrigere Frequenz des Genotyps -1087AA bei den Patienten, die eine Sepsis entwickelten (0,189; p = 0, 032). Das Allel -1087G hatte bei den Patienten, die posttraumatisch eine Sepsis entwickelten, eine signifikant häufigere Frequenz (0,811; p = 0, 032). Für alle anderen Geno- und Alleltypen der beiden Polymorphismen fanden sich keine signifikanten Verteilungsmuster. Der Genotyp -597AA wurde im gesamten Kollektiv nur vier Mal beobachtet. Bei Patienten mit einer Sepsis wurde dieser Genotyp gar nicht nachgewiesen. Ein Homogenitätsnachweis für die jeweiligen Kollektive aller Genotypen ist erfolgt. Der Schockindex (p < 0, 0001), der ISS (p = 0, 001) und die Rarifizierung des Genotyps -1087AA (gleichbedeutend mit der Häufung des Allels -1087G) in der Gruppe der septischen Patienten (p = 0, 011) lieferten auch in der multivariaten Analyse signifikante Ergebnisse. Die signifikante Rarifizierung des Genotyps -1087AA bzw. signifikante Häufung des Alleltyps -1087G in der Gruppe der septischen Patienten könnten ein Hinweis für eine schützende Funktion des Genotyp -1087AA bzw. eine prädisponierende Funktion des Allels -1087G, eine Sepsis zu entwickeln, sein. Ein pathophysiologisches Erklärungsmodell für dieses beobachtete Phänomen liefert die „two-hit“-Theorie (nach MOORE et al., modifiziert nach MONNERET et al.). Unter Berücksichtigung des zeitlichen Verlaufes nach einem schweren Trauma könnte durch die vermehrte antiinflammatorische Aktivität der Träger des Allels -1087G auf Grund eines dadurch ausgeprägteren CARS (Compensatory Antiinflammatory Response Syndrome) eine Prädisposition bestehen, auf dem Boden einer relativen Immunsuppression eine Sepsis zu entwickeln. Der Einfluss der Polymorphismen auf molekulare Mechanismen der Signalübertragung für unterschiedliche Effektorfunktionen des Interleukin-10 ist zur Zeit noch unklar. Verschiedene Mechanismen der Signaltransduktion vermitteln unterschiedliche, zum Teil sogar gegensätzliche Effektorfunktionen des Interleukin-10. Zur weiteren Verifizierung des Einflusses der IL-10 Polymorphismen nach einem schwerem Trauma sind zusätzliche Studien notwendig, welche für die entsprechenden Genotypen die Outcomeparameter SIRS, Sepsis, septischer Schock sowie infektiöses und nichtinfektiöses MODS und deren Mortalität als Funktion der Zeit analysieren. Auf Grund der dazu notwendigen Stratifizierung scheint die Realisierung eines repräsentativen Patientenkollektivs nur im Rahmen einer Multicenterstudie möglich.
Fragestellungen: In dieser Dissertation wurde unter Verwendung psychophysiologischer Parameter die affektive Dysregulation bei Patienten mit einer Borderline-Persönlichkeitsstörung (BPS) untersucht. Klinische Beobachtungen legen nahe, dass Personen mit einer BPS Defizite in der emotionalen Steuerung, eine sogenannte affektive Dysregulation mit einer hohen emotionalen Reaktivität, vor allem auf aversive affektive Reize, aufweisen. Die empirischen Befunde sind jedoch inkonsistent. Es wurde daher experimentell überprüft, ob sich bei Patienten mit BPS generell eine gesteigerte emotionale Reaktivität im Vergleich zu gesunden Kontrollprobanden nachweisen lässt oder ob sich die affektive Dysregulation vorrangig in Reaktion auf persönliche oder störungsspezifische emotionale Themen zeigt. Zusätzlich wurde der Einfluss einer, bei der BPS häufigen, komorbiden Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) sowie einer dissoziativen Symptomatik auf die emotionale Reaktivität der BPS-Patienten untersucht. Methodik: Unter Verwendung eines Paradigmas zur Imagination emotionaler Skripte wurden die affektiven Reaktionen von 40 unmedizierten BPS-Patienten (37 weiblich) und 32 psychisch gesunden Kontrollprobanden (27 weiblich) untersucht. Neben standardisierten emotional unangenehmen, neutralen und angenehmen Skripten wurden persönliche (idiographisch aversive) Skripte verwendet, die ein extrem belastendes Lebensereignis beschrieben. Die persönlichen Skripte der BPS-Patienten beinhalteten zumeist Szenen traumatischer Erfahrungen. Außerdem wurden störungsspezifische Szenen zu Ablehnung und Verlassenwerden verwendet. Die Probanden waren instruiert, sich die Skripte nach dem Lesen so lebendig wie möglich vorzustellen. Als Maß der emotionalen Aktivierung während der Imagination der Skripte wurden psychophysiologische Parameter wie die emotionsinduzierte Modulation der Schreckreaktion und Indikatoren autonomer Erregung wie die Herzrate und die elektrodermale Aktivität gemessen. Weiterhin wurde die akute und generelle Dissoziation erfasst. Von den 40 Patienten mit einer BPS erfüllten 26 die Kriterien für eine komorbide aktuelle PTBS. Diese wurden bezüglich des Schweregrades in zwei Subgruppen unterteilt (moderate PTBS n = 13, schwere PTBS n = 13). Ergebnisse: Die vorliegenden Daten zeigen klar, dass eine generelle affektive Dysregulation bei der Imagination von emotionalen Skripten unterschiedlicher Valenz bei BPS-Patienten im Vergleich zu gesunden Kontrollpersonen nicht nachweisbar ist. Beide Gruppen wiesen eine vergleichbare Ausprägung und Modulation der Schreckreaktionen und der Indikatoren autonomer Erregung auf. Allerdings zeigten BPS-Patienten eine erhöhte defensive Reaktivität mit potenzierten Schreckreaktionen und einem Anstieg der autonomen Erregung während der Imagination der störungsspezifischen Skripte. Eine komorbide PTBS war mit der Beeinträchtigung defensiver Reaktionen assoziiert. BPS-Patienten mit aktueller PTBS zeigten im Vergleich zu BPS-Patienten ohne BPS während der Imagination aller Skripte generell verminderte Schreckreaktionen und eine eingeschränkte emotionale Modulation. Gerade BPS-Patienten mit schwerer PTBS wiesen während der Imagination idiographisch aversiver und störungsspezifischer Skripte eine fehlende Potenzierung der Schreckreaktionen bei einem gleichzeitig deutlich ausgeprägten Anstieg der Herzrate als Indikator autonomer Erregung auf. Des Weiteren scheint ein, in die gleiche Richtung weisender, Zusammenhang zwischen dissoziativen Symptomen und den emotionalen Reaktionen der BPS-Patienten zu bestehen. Ein höheres Ausmaß an akuter Dissoziation hing mit einer Verminderung der Schreckreaktionen während der Imagination idiographisch aversiver Skripte und gleichzeitig stärker ausgeprägter emotionaler und physiologischer Erregung zusammen. Mit zunehmendem Schweregrad der komorbiden PTBS erhöhte sich die aktuelle und generelle Dissoziationsneigung. Schlussfolgerungen: Diese Daten implizieren, dass die im klinischen Kontext zu beobachtende affektive Dysregulation bei Patienten mit BPS kein generelles Phänomen darstellt, sondern eher durch Aktivierung spezifischer Schemata ausgelöst wird. Eine komorbide PTBS moduliert die emotionalen Reaktionen der BPS-Patienten während der Imagination emotionaler Skripte in substantieller Weise. Durch die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit wird auf die Bedeutung therapeutischer Interventionen im Hinblick auf die manifesten Annahmen über Ablehnung und Verlassenwerden bei BPS-Patienten hingewiesen. Die Stärkung der Fähigkeiten, bei Aktivierung dieser Annahmen, Erfahrungen klar zu differenzieren und damit einhergehende unangenehme Gefühle in Beziehungen zu regulieren, stellen ein zentrales Ziel in der Therapie der BPS dar. Dabei ist es in der klinischen Arbeit von immenser Bedeutung, neben der dissoziativen Symptomatik, das Ausmaß der posttraumatischen Belastung zu beachten, um neue Lernerfahrungen im therapeutischen Kontext zu ermöglichen.
Studien belegen, dass Gefangene des regulären Strafvollzugs im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung in deutlich erhöhtem Ausmaß unter psychischen Erkrankungen und traumatischen Erfahrungen leiden. Im deutschsprachigen Raum existieren dennoch nur wenige Untersuchungen, welche sich evidenzbasiert mit der psychischen Gesundheit der Gefangenen befassen. Auch die offizielle Datenlage zur Auftretenshäufigkeit psychischer Erkrankungen sowie die psychiatrische Versorgung in den Gefängnissen werden dieser Problematik nicht gerecht. Die vorliegende Arbeit liefert vor diesem Hintergrund einen Beitrag zur Erfassung der Prävalenz psychischer Erkrankungen und traumatischer Erfahrungen bei Gefangenen in Deutschland und Europa, verdeutlicht die Folgen langfristiger Haftstrafen für die psychische Gesundheit und betont die Notwendigkeit adäquater psychiatrischer Versorgungsstrukturen in den Gefängnissen. In unseren Studien zeigten sich bei Gefangenen in Deutschland hohe Auftretenshäufigkeiten von psychischen Erkrankungen, vor allem hinsichtlich der substanzbezogenen Störungen und der antisozialen Persönlichkeitsstörung. Daneben traten Suizidalität und selbstverletzendes Verhalten in erheblichem Ausmaß auf. Drei Viertel der Gefangenen berichteten von traumatischen Erfahrungen in Kindheit und Jugend. Die Untergruppe der Straftäter mit einer antisozialen Persönlichkeitsstörung wies eine nochmals deutlich erhöhte psychische Belastung auf. Eine vergleichende Gegenüberstellung der psychischen Symptombelastung bei zwei Gefangenenstichproben in Deutschland mit unterschiedlich langen Freiheitsstrafen bildete in beiden Gruppen einen hohen psychiatrischen Behandlungsbedarf sowie eine signifikant erhöhte Belastung der längerfristig Inhaftierten ab. Der Vergleich ließ damit Annahmen über die Ursachen der erhöhten psychischen Belastung bei langjährig Inhaftierten zu. Der hohe psychiatrische Behandlungsbedarf bestätigte sich auch bei Gefangenen in 10 weiteren europäischen Ländern. Suizidales und selbstverletzendes Verhalten stellte europaweit ein noch größeres Problem dar als in Deutschland. Zusätzlich gab jeder europäische Gefangene durchschnittlich drei traumatische Erlebnisse an, bei ca. einem Siebtel der Befragten hatte sich aus den traumatischen Erfahrungen eine Posttraumatische Belastungsstörung entwickelt. Aus den Ergebnissen folgt die Forderung nach einer konsequenteren Erfassung psychiatrischer Erkrankungen bei Gefangenen des regulären Strafvollzugs sowie einer Verbesserung der Versorgungsbedingungen im Sinne einer Angleichung an die allgemeine Psychiatrie.