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Die Kv7-Kaliumkanalöffner Flupirtin und Retigabin waren wertvolle Alternativen bei der Pharmakotherapie von Schmerzen und Epilepsie. Beide Wirkstoffe werden aufgrund von unerwünschten Arzneimittelwirkungen derzeit jedoch nicht mehr eingesetzt. Die Flupirtin-induzierte Hepatotoxizität und die durch Retigabin hervorgerufenen Gewebeverfärbungen scheinen dabei auf den ersten Blick nicht zusammenzuhängen. Gleichwohl lassen sich wahrscheinlich beide Nebenwirkungen auf das gemeinsame oxidationsempfindliche Triaminoaryl-Grundgerüst zurückführen, welches zur Bildung von reaktiven Chinondiimin-Metaboliten neigt. Da hingegen der Wirkungsmechanismus, d. h. die Öffnung der Kv7-Kanäle, nicht an der Toxizität beteiligt zu sein scheint, hatte diese Arbeit zum Ziel, sicherere Alternativen für Flupirtin und Retigabin zu entwickeln. In einem Liganden-basierten Ansatz wurde eine Umgestaltung des Triaminoaryl-Kerns, den beide Wirkstoffe gemeinsam haben, vorgenommen, was zu Carba-Analoga führte, die durch eine erhöhte Oxidationsbeständigkeit sowie ein vernachlässigbares Risiko für die Bildung von chinoiden Metaboliten charakterisiert sind. Zusätzlich zu diesen verbesserten Sicherheitsmerkmalen offenbarten einige der neuartigen Derivate eine überlegene Kv7.2/3-Kanalöffnungsaktivität. Im Vergleich zu Flupirtin konnte die Potenz der Verbindungen um den Faktor 150 gesteigert werden, während die intrinsische Aktivität auf bis zu 176 % verbessert werden konnte, was die betreffenden Carba-Analoga zu vielversprechenden Kandidaten für eine weitergehende Entwicklung macht. Andererseits ermöglichten einige inaktive Verbindungen sowie die insgesamt deutlich abgestuften Kv7.2/3-Aktivitätsdaten die Etablierung von validen Struktur-Wirkungs-Beziehungen und Hypothesen zum Bindungsmodus, die mit Dockingergebnissen und Molekulardynamik-Simulationen korrelierten.
Einleitung: Ausgangspunkt dieser Dissertation war das hepatotoxische Analgetikum Flupirtin, dessen Wirkung auf einer Erhöhung der Öffnungswahrscheinlichkeit neuronaler KV7-Kaliumkanäle beruht. Ein Vergleich mit dem ebenfalls hepatotoxischen Arzneistoff Paracetamol warf die Frage auf, ob sich dessen Toxizitäts-Mechanismus, der auf der Bildung des aktiven Metaboliten NAPQI, welcher durch oxidativen Metabolismus entsteht, auf Flupirtin übertragen lässt. Durch Synthese von Flupirtin-Analoga mit veränderten oxidativen Eigenschaften sollten neue Erkenntnisse bezüglich der Oxidierbarkeit, Wirksamkeit und Toxizität des Arzneistoffs erhalten werden. Als zusätzliche Leitstruktur wurde die mit Flupirtin verwandte, wirksame Verbindung ICA-027243 verwendet. Synthesen: Im Fokus der Derivatisierungen standen die N-Atome von Flupirtin, da diese bei der Oxidation eine entscheidende Rolle spielen. So gelang es vor allem durch gezielte Neusynthese, alle drei N-Atome um den Pyridin-Ring unabhängig voneinander einzeln oder in Kombination zu alkylieren. Ausgangspunkt des hierfür benötigten Fluorbenzylamin-Bausteins war der entsprechende Benzaldehyd, welcher durch reduktive Aminierung umgesetzt wurde. Als Pyridin-Baustein wurde 2,6-Dichlorpyridin verwendet, an welchem nach der Nitrierung ein Chloratom durch Ammoniak oder Dimethylamin substituiert werden konnte. Nach der Kondensation beider Bausteine erfolgte die Reduktion der Nitrogruppe mit anschließender Acylierung zum entsprechenden Flupirtin-Derivat. Die Alkylierung des Carbamat-NH folgte gegebenenfalls als letzter Reaktionsschritt. Weitere Verbindungen wurden auf mehr oder weniger abgewandelten Syntheserouten hergestellt. Dabei wurde Flupirtin teilweise in Richtung ICA-027243 abgewandelt und Desamino-Flupirtin-Derivate hergestellt. Variiert wurde unter anderem die Position des Pyridin-N-Atoms und die Methylenamino-Brücke zwischen den aromatischen Ringen wurde teilweise durch eine Amid-Brücke ersetzt. Neben weiteren Derivaten wurden auch bizyklische Flupirtin-Derivate durch Pyrolyse von Flupirtin und Retigabin synthetisiert. Testungen: Getestet wurden die synthetisierten Verbindungen auf ihre Oxidierbarkeit mit Cyclovoltammetrie und einer Peroxidase, auf ihre Wirksamkeit mit einem kommerziellen Thallium-Flux-Assay (durchgeführt von der Firma ChanTest, USA) und auf ihre Toxizität mit einer Mäuseleber-Zelllinie (TAMH) in einem MTT-Assay. Im Rahmen einer Masterarbeit in Kooperation mit der Firma Hoffmann-La Roche in Basel sind einige Derivate weitergehend in vitro auf ihre Toxizität untersucht worden. Das zentrale Ergebnis der Testungen war, dass es eine Korrelation zwischen der Oxidierbarkeit der Verbindungen und ihrer Fähigkeit, eine bestimmte Öffnungswahrscheinlichkeit der KV7-Kaliumkanäle zu erhöhen (Thallium-Flux-Assay), zu geben schien. Hingegen konnte kein entsprechender Zusammenhang zwischen Wirksamkeit der getesteten Verbindungen und ihrer Toxizität im MTT-Assay festgestellt werden.