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Unter promiskuitiver Acyltransferase-Aktivität versteht man die Eigenschaft bestimmter Hydrolasen, in wässriger Lösung bevorzugt Acyltransfer statt Hydrolyse zu katalysieren. Bis vor Kurzem waren nur wenige promiskuitive Acyltransferasen literaturbekannt. Dies führte zu der allgemeinen Annahme, dass diese Aktivität ein seltenes Phänomen in Hydrolasen ist. Diese Arbeit zeigt jedoch, dass promiskuitive Acyltransferase-Aktivität in der Familie der bakteriellen hormonsensitiven Lipasen und Carboxylesterasen der Familie VIII weit verbreitet ist. Detaillierte Struktur-Funktions-Analysen ermöglichen die sequenzbasierte Vorhersage und Optimierung der Acyltransferase-Aktivität in beiden Enzymfamilien. Insbesondere die Carboxylesterasen der Familie VIII überschreiten die Grenzen des bisher für möglich Gehaltenen, indem sie gute Enantioselektivität bei der kinetischen Racematspaltung sekundärer Alkohole zeigen und darüber hinaus die irreversible Bildung von Amiden und Carbamaten in Wasser katalysieren können. Die biokatalytische Acylierung von Zuckern in Wasser galt lange Zeit als unerreichtes Ziel der Biokatalyse. In dieser Arbeit wurde jedoch gezeigt, dass natürlich vorkommende und modifizierte Carboxylesterasen der Familie VIII die regioselektive Acetylierung von Glucose, Maltose und Maltotriose in Wasser mit hoher Effizienz katalysieren können.
In ersten Teil der Arbeit wurde versucht, in einer α/β-Hydrolase (Esterase) durch den Austausch einzelner Aminosäuren die Aktivität eines anderen Mitgliedes zu erzeugen (Haloalkan-Dehalogenase (HLD)). Als Modellenzym diente die Arylesterase PFE aus Pseudomonas fluorescens, welche wie die HLDs eine cap-Domäne aus &alhpa;-Helices aufweist. Bei den HLDs wurde sich an den Unterfamilien HLD-I und II orientiert, deren Mitglieder Unterschiede in ihren katalytischen Triaden und in einigen weiteren, an der Katalyse beteiligten Aminosäuren zeigen. Sie katalysieren jedoch die gleiche Reaktion und unterscheiden sich nicht in ihrem Mechanismus. Mit Hilfe von Sequenz- und Strukturalignments einiger HLDs und der PFE wurde nach konservierten Bereichen innerhalb der HLDs gesucht. Neben der katalytischen Triade mussten die für HLD-Aktivität essenziellen Halogen-stabilisierenden Reste in der PFE eingefügt werden. Sowohl in der katalytischen Triade als auch bei den Halogen-stabilisier enden Resten gibt es Unterschiede zwischen den Unterfamilien HLD-I und HLD-II, woraus sich zwei unterschiedliche Sätze von hotspots ergaben. Mit Hilfe der error-prone PCR wurden auf Basis einer einfachen Mutante 4.000 Varianten erstellt und analysiert. Ein weiterer Ansatz zur Generierung von HLD-Aktivität beruhte auf einer Sättigungsmutagenese der Halogen-stabilisierenden Reste. Insgesamt wurden in diesem Experiment 765 Varianten erstellt und untersucht. Keine der mittels rationalem Design und gerichteter Evolution entwickelten Mutanten zeigte Aktivität. Das Fehlen von HLD-Aktivität liegt vermutlich im variabelsten Teil der HLDs begründet: dem loop nach dem β6-Strang. Die Aminosäuren aus diesem loop sind an der Bildung der Tunnel zum aktiven Zentrum beteiligt und haben Einfluss auf die Positionierung der Reste in der α4-Helix, welche z.T. das aktive Zentrum dieser Enzyme bilden. Der zweite Teil dieser Arbeit beschäftigte sich mit der Entwicklung eines enzymatischen Verfahrens zum Abbau von 3-Chlor-1,2-Propandiol (3-MCPD) und seinen Estern, welche in Lebensmitteln bei deren Herstellung entsehen können. Das Verfahren basiert auf einer Enzymkaskade aus Lipase, Haloalkohol-Dehalogenase (HHD) und Epoxydhydrolase (EH). Die Lipase setzt zunächst den Ester um und somit das 3-MCPD frei, welches im nächsten Schritt von der HHD zu Glycidol umgesetzt wird. Das ebenfalls toxische Glycidol wird schließlich durch eine EH zum nicht-toxischen Glycerin hydrolisiert. Im konkreten Fall wurden die Lipase A aus Candida antarctica (CAL-A), die HHD HheA aus Arthrobacter sp. AD2 und die EH EchA aus Agrobacterium radiobacter AD1 verwendet. Als Fettsäurekomponente für die Umsätze mit einem 3-MCPD-Ester wurde die Ölsäure gewählt. Im wässrigen System konnten innerhalb von 3,5 h 75% des 3-MCPD umgesetzt werden, wobei nach Beendigung der Reaktion das Zwischenprodukt Glycidol nicht mehr detektiert werden konnte. Im 2-Phasen-System mit dem 3-MCPD-Ölsäureester als Substrat war die Lipase CAL-A in der Lage, den Ester nahezu quantitativ aus dem Reaktionsgemisch zu entfernen und die entsprechenden Mengen an 3-MCPD freizusetzen, welches dann in der wässrigen Phase durch die HHD und die EH umgesetzt wurde. Dabei konnte der Wassergehalt im System ohne Einbußen in der Effektivität bis auf 5% gesenkt werden. Im letzten Teil dieser Arbeit wurde eine neue HLD (DppA) aus Plesiocystis pacifica SIR-1 identifiziert und charakterisiert. Sequenz- und Strukturanalysen erlaubten die Einordnung des Proteins in die HLD-Unterfamilie I. Nach Untersuchung der Substratspezifität von DppA wurde das Enzym der Spezifitätsgruppe SSG-I zugeordnet. Im Unterschied zu den anderen Mitgliedern dieser Gruppe setzte DppA allerdings keines der getesteten chlorierten Substrate um. Bei der Suche nach strukturellen Erklärungen für diese Tatsache fiel eine Lücke im Sequenzalignment von DppA und dessen nächsten Verwandten DhlA auf. DppA fehlt hier ein Bereich von 11 Aminosäuren. Der Bereich liegt in der cap-Domäne und es wurde postuliert, dass das betreffende Segment sich durch die Anpassung eines Vorfahren heutiger Dehalogenasen an das Substrat 1,2-Dichlorethan entwickelte. In einer darauffolgenden Arbeit konnte gezeigt werden, dass DhlA nach Entfernen einer Kopie der Sequenzwiederholungen nicht mehr in der Lage war, sein natürliches Substrat 1,2-Dichlorethan umzusetzen, dafür aber immer noch Aktivität gegenüber 1,2-Dibromethan zeigte. Die Aminosäurereste der Wiederholungen in DhlA haben Einfluss auf die Positionierung sowohl von Tunneln als auch von Resten im aktiven Zentrum. Ein Alignment der Strukturen von DhlA und DppA zeigte, dass ein Teil der Sequenz die Postion des slot-Tunnels aus DppA blockiert. Dementsprechend befindet sich dieser Tunnel in DhlA auch an anderer Stelle. Dem Enzym fehlen die mit der Fähigkeit zur Umsetzung von 1,2-Dichlorethan in Verbindung gebrachten Sequenzwiederholungen und dementsprechend setzt es insbesondere dieses Substrat nicht um.
Carbamoylasen und Hydantoinasen werden im „Hydantoinase-Prozess“ großindustriell zur Synthese enantiomerenreiner Aminosäuren eingesetzt. Durch Verwendung einer Hydantoin-Racemase kann eine Ausbeute von theoretisch 100 % erreicht werden. In dieser Arbeit wurde untersucht, wie die beteiligten Enzyme mittels Protein-Design, an neue Substrate angepasst werden können. Dabei wurde die Carbamoylase aus A. aurescens einem gene-shuffling mit den eng verwandten beta-Ureidopropionasen aus S. kluyveri und A. tumefaciens unterzogen. Weiterhin wurde ein durch Dockingexperimente gestütztes rationales Design durchgeführt und auf dieser Basis gezielte Mutationen im aktiven Zentrum der Carbamoylase eingebracht, sowie fokussierte Bibliotheken des aktiven Zentrums erzeugt. Es konnte die Akzeptanz von β-Aminosäurederivaten als Substrat in dieser Carbamoylase erreicht werden. Das aktive Zentrum einer Hydantoinase aus Ochrobactrum spec. wurde ebenfalls mittels rationalem Design vergrößert um eine Akzeptanz von 5,5-disubstituierten Hydantoinen zu ermöglichen. Die Aktivitätsmessung gegenüber den neuen Substraten wurde in einem mehrstufigen Assaysystem durchgeführt. Dieses System basierte auf einem auf Ammoniummangel beruhenden Wachstumsassay, einem NADH Assay mit Glutamat-Dehydrogenase als Kopplungsenzym, sowie auf direktem HPLC Nachweis.
Alpha/Beta-Hydrolasefaltungsenzyme wie Esterasen, Dehalogenasen oder Epoxidhydrolasen sind Enzyme, die unter anderem zur Detoxifizierung von Umweltschadstoffen und der Synthese von Feinchemikalien eingesetzt werden. In dieser Arbeit wurden die Alpha/Beta-Hydrolasefaltungsenzyme untersucht. Im ersten Teil der Arbeit wurde eine Dehalogenaseaktivität in der Esterase PFE I und der Epoxidhydrolase EchA erzeugt. Dabei wurden die katalytischen Loops und die Cap-Domäne ausgetauscht, sowie ein rationales Design durchgeführt. Mit dem Computerprogramm 3DM wurde des Weiteren die Konsensussequenz von Haloalkandehalogenasen ermittelt und diese in die Esterase PFE I integriert. Zur Untersuchung der geringen promiskuitiven Aktivitäten wurden sensitive Aktivitätsassays mit isothermaler Titrationskalorimetrie entwickelt. Im zweiten Teil dieser Arbeit wurden zwei kontinuierlich gerichtete Evolutionen durchgeführt. Die benötigten in vivo Mutagenesemethoden und Selektionsassays wurden in dieser Arbeit etabliert. Im Anschluss wurden die Methoden eingesetzt um zum Ersten die Enantioselektivität von Esterasen zu verbessern und zum Zweiten eine Dehalogenaseaktivität in Esterasen und Epoxidhydrolasen zu generieren.
Enzyme sind bekannt als Biokatalysatoren, die spezifisch für ein oder wenige Substrate und ihre zu katalysierende Reaktion sind. Die Fähigkeit einiger Enzyme, mehr als nur eine bestimmte chemische Umsetzung zu katalysieren, bezeichnet man als Promiskuität. Einige Enzyme verfügen über ein breites Substratspektrum und können selbst strukturell verschiedene Substrate umsetzen. Man spricht hierbei von der Substratpromiskuität (substrate promiscuity) der Enzyme. Eine weitere Klasse der Promiskuität wird als Konditionspromiskuität (condition promiscuity) bezeichnet. Hierzu zählen Enzyme, die auch bei nicht-natürlichen Reaktionsbedingungen wie hohen Temperaturen, extremen pH-Werten oder in wasserfreiem Medium katalytische Aktivität aufweisen. Die katalytische Promiskuität (catalytic promiscuity) bildet die dritte Gruppe der Enzympromiskuität. Enzyme, die über diese Art der Promiskuität verfügen, zeichnen sich durch eine breite Reaktionsspezifität bei der Katalyse alternativer Reaktionen aus. Zudem lehren uns die Strukturen von über 30.000 Proteinen, dass die Natur nur von einem limitierten Repertoire von Proteingerüsten Gebrauch gemacht hat, um dennoch eine Vielzahl an verschiedensten Reaktionen herbeizuführen. Die Vielfältigkeit der Proteingerüste ist auf einige wenige Vorfahren zurückzuführen, deren Gerüst als Basis zur Generierung von Familien und Superfamilien diente. Die Überreste dieses Prozesses spiegeln sich in den ähnlichen Strukturen und katalytischen Resten der Familienmitglieder wieder. Über die Millionen von Jahren der Evolution haben sich jedoch die Sequenzähnlichkeiten der Mitglieder einer Familie stark verändert. Durch die Untersuchung der Beziehungen von Enzymen mit α/β-Hydrolasefaltung am Beispiel der Generierung von Epoxidhydrolaseaktivität in das Proteingerüst der Pseudomonas fluorescens Esterase (PFE) sollte die verwandtschaftliche Beziehung beider Enzyme näher dargestellt werden. Mit Hilfe der Methoden der positionsgerichteten Mutagenese und der gerichteten Evolution war es möglich eine Vielzahl von Mutanten zu kreieren. Zur Durchmusterung der Mutantenbliotheken kam sowohl ein neu entwickelter Agarplatten-Assay, als auch ein optimiertes Hochdurchsatz-Testsystem zum Einsatz. Mittels dieser Testformate konnten Mutanten der PFE identifiziert werden, die aktiv gegenüber Epoxiden sind. Des Weiteren erfolgte die genaue Charakterisierung der generierten Varianten.