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Die vorliegende Arbeit untersucht genetische Risikofaktoren der chronischen Pankreatitis (CP) mithilfe von Next-Generation Sequenzierungsdaten einer Primärkohorte und spezifischer Genotypisierung von Kandidatengenen in einer Validierungskohorte. Es sollten neue Risikovarianten identifiziert, bereits bekannte bestätigt und mögliche Synergismen bei trans-heterozygoten Merkmalsträgern aufgezeigt werden. Anhand einer Kandidatengen-Liste, u.a. aus dem Bereich der Proteasen, der Primärziliengene, des Immunsystems und des Fettstoffwechsels, wurden aus den Genom-Sequenzdaten einer Primärkohorte aus Patienten mit idiopathisch-chronischer Pankreatitis (ICP) und pankreasgesunden Kontrollprobanden potenzielle Risikovarianten für die CP zur Validierung ausgewählt. Die Auswertung der Sequenzdaten ergab vier Varianten mit signifikanter Häufung unter den ICP-Patienten (p.V579M [IFT74], p.H3215Y [FAT4], c.1023-8C>T [MAP2K1], p.F20L [FLII]), sowie drei weitere Varianten (p.S65C [HFE], p.F224L [IFT74], p.S522L [ZNF18]), die in der Primärkohorte eine ähnliche Verteilungs-Tendenz zeigten. Im Rahmen einer anschließenden Überprüfung der Sequenzvarianten mittels Real Time-PCR in einer größeren Validierungskohorte bestehend aus ICP-Patienten, Patienten mit alkoholisch-chronischer Pankreatitis (ACP) und gesunden Kontrollen konnten die Ergebnisse der Primärkohorte nicht bestätigt werden. Zwei Varianten (c.1023-8C>T [MAP2K1], p.F20L [FLII]) wurden jedoch ausschließlich bei Patienten mit CP nachgewiesen. In der erweiterten Primärkohorte wurden auch Prävalenz und Synergismen bekannter Risikovarianten für die CP überprüft. Es konnte die SPINK1-Variante p.N34S als Risikofaktor für alkoholisch-chronische Pankreatitis bestätigt werden (p=0,006). Die CTRC-Variante p.G60G kam im rezessiven Vererbungs-Modell signifikant häufiger bei Patienten mit ICP vor (p=0,02), unter den ACP-Patienten wurde das Signifikanzniveau jedoch nicht erreicht (p=0,05). In der Gruppe der CP-Patienten mit p.N34S-Mutation war das trans-heterozygote Vorliegen von p.G60G/p.N34S signifikant mit chronischer Pankreatitis assoziiert, sowohl für heterozygote als auch homozygote Träger der p.G60G-Mutation (p=0,005 bzw. p>0,0001). Somit konnte p.G60G ebenfalls als Risikofaktor für eine CP bestätigt werden. Die vermutlich Proteinfehlfaltungs-assoziierte CPA1-Variante p.E283K wurde bei einem ICP-Patienten, nicht jedoch bei pankreasgesunden Kontrollen, nachgewiesen. Auch das trans-heterozygote Vorliegen von CTRC- und CFTR-Varianten in dieser Kohorte war signifikant mit idiopathisch-chronischer Pankreatitis assoziiert (p=0,03). Für die Identifizierung neuer Risikovarianten waren die zur Verfügung stehenden NGS-Daten der Patientenkohorte nicht ausreichend, jedoch konnte ein erhöhtes CP-Risiko für spezifische Risikoallele und insbesondere trans-heterozygote Merkmalsträger nachgewiesen werden.
Zusammenfassung
Die chronische Pankreatitis ist eine durch wiederkehrende Entzündungsschübe gekennzeichnete Erkrankung des Pankreas, die meist mit einem ausgeprägten Verlust der endokrinen und exokrinen Organfunktion verbunden ist. Der Übergang einer akut rekurrierenden in eine chronische Form ist meist fließend.
Trotz der prinzipiell unbekannten Ätiologie sind mit Mutationen in u.a. dem SPINK1- und CFTR- Gen bereits genetische Risikofaktoren für die Entstehung einer idiopathischen Pankreatitis beschrieben. Für die bisher am umfangreichsten untersuchte Leu26Val-Mutation im CTSB existieren unterschiedliche Konklusionen in indischen und europäischen Arbeitsgruppen.
Im Rahmen dieser Arbeit wurden zwei Patientenkohorten auf Sequenzvarianten im Bereich des Promotors, der 5’UTR und des Translationsstartes des CTSB als Risikofaktoren für die idiopathische Pankreatitis und deren möglicher Einfluss auf die Entstehung von Spleißvarianten und die Genexpression untersucht und mit lokalen Blutspendern sowie der europäischen Kontrollkohorte des 1000-Genome-Projektes verglichen. Hierfür wurden 278 Patienten mit einer idiopathisch chronischen und 83 Patienten mit einer idiopathisch akut rekurrierenden Pankreatitis mittels bidirektionaler Sanger-Sequenzierung und Taqman-Assays genotypisiert.
Besonders hervorzuhebende SNP sind die beiden Missense-Varianten c.76C>G (Leu26Val) und c.157A>G (Ser53Gly) sowie der zwar nur bei einem Patienten detektierte, aber direkt innerhalb der Exon-/Intron-Grenze lokalisierte c.-100+1G>A. Die Varianten c.76C>G und c.157A>G zeigten bei Pankreatitis-Patienten eine signifikant geringere Prävalenz als bei den Kontrollen. Für weitere Varianten fanden sich keine signifikanten Assoziationen mit der idiopathischen Pankreatitis.
Bei der Haplotypenanalyse kam der Haplotyp TCGCG mit den mutierten Allelen der beiden Missense-Mutationen ebenfalls bei Pankreatitis-Patienten signifikant seltener als bei den Kontrollen vor.
Im zweiten Teil der Arbeit wurde die Grundlage für die Untersuchung der Assoziation zwischen unterschiedlichen Transkriptionsstartpunkten im Promotorbereich des CTSB-Gens und der Genexpression geschaffen. Hierfür wurden Reportergenkonstrukte aus dem pEGFP1-Vektor, SV40-Promotor und den Spleißvarianten 1, 2 und 4 des CTSB in HEK293- und PatuT-Zellen stabil transfiziert und die Genexpression mittels Fluoreszenzmikroskopie gezeigt.
Anhand dieser Arbeit erscheinen Sequenzvarianten im CTSB zwar weiterhin möglich, wenn auch unwahrscheinlich als Risikofaktoren für die idiopathische Pankreatitis. Anhand der erstellten Reportergenkonstrukte kann der Hypothese zur unterschiedlichen Aktivität des CTSB in pankreatischem Gewebe, hervorgerufen durch verschiedene Spleißvarianten des Gens, weiter nachgegangen werden.
Ziel dieser Arbeit ist die prospektive Evaluation eines Prognosescores für die chronische Pankreatitis in dem Patientenkollektiv mit einer gesicherten chronischen Pankreatitis an der Klinik A der Universitätsmedizin Greifswald. Als Arbeitshypothese wurde ein sogenannter Greifswald Score gebildet. Insgesamt konnten 111 Patienten in die Studie eingeschlossen und statistisch mittels SPSS ausgewertet werden. Es konnte gezeigt werden, dass mit der ursprünglichen Form der Greifswalder Klassifikation, bestehend aus der Elastase, dem direkten Bilirubin, dem HbA1c, dem BMI sowie der VAS, keine prognostischen Aussagen über die zukünftig zu erwartenden Hospitalisierungen sowie die zu erwartenden Krankenhaustage gemacht werden können. Ein Zusammenhang mit der Krankenhausverweildauer sowie dem Cambridge-Score konnte jedoch nachgewiesen werden. Aufgrund der fehlenden Korrelationen mit den primären Zielparametern wurde eine neue Greifswalder Klassifikation geschaffen. Grundlage dafür waren bivariate Korrelationsanalysen. Der neue Greifswald Score setzte sich zusammen aus dem BMI, der VAS, dem CRP, den Thrombozyten und dem HbA1c. In Analogie zum Child Pugh Score und wie auch schon beim ursprünglichen Score wurden bei jedem Parameter Grenzwerte festgelegt und innerhalb dieser 1-3 Punkte verteilt. Somit konnte ein Patient pro erhobenem Parameter 1-3 Punkte erhalten. Je Summe der Punkte wurden drei Gruppen mit ansteigenden Werten gebildet, Greifswald A (5-6 Punkte), Greifswald B (7-9 Punkte) und Greifswald C (10-15 Punkte). In der Auswertung zeigte sich schließlich ein signifikanter Zusammenhang mit den zukünftigen Hospitalisierungen sowie der zukünftigen Krankenhausverweildauer. Der bei der ursprünglichen Greifswalder Klassifikation nachgewiesene Zusammenhang mit der Cambridge Klassifikation ergab sich allerdings nicht mehr. Der bestehende Zusammenhang mit der initialen Krankenhausverweildauer konnte erneut nachgewiesen werden.
Die hereditäre Pankreatitis (HP) ist eine autosomal dominant-vererbte Form der Pankreatitis mit einer Penetranz von 70 - 80%. Wiederholte Pankreatitisschübe während der Kindheit und Jugend führen zur fortschreitenden Entwicklung einer chronischen Pankreatitis. Das Lebenszeit-Risiko, ein Pankreas-Karzinom zu entwickeln, ist um das 60- bis 70-fache erhöht. Bis heute wurden 20 verschiedene Mutationen im kationischen Trypsinogen-Gen bei Familien und Individuen mit Pankreatitis berichtet. Die drei häufigsten Mutationen bei hereditärer Pankreatitis sind R122H, R122C und N29I. Diese sind mit ca. 80% aller Fälle assoziiert. In dieser Studie wurden klinische Charakteristika von 65 HP-Patienten mit Mutationen im kationischen Trypsinogen-Gen (PRSS1-positiv) mit 113 Patienten verglichen, die eine positive Familienanamnese, aber keine Mutation im Trypsinogen-Gen (PRSS1-negativ) aufwiesen. Dabei zeigte sich bei Patienten der PRSS1-positiven Gruppe ein prozentual häufigeres Auftreten sowohl von morphologischen Veränderungen als auch von exokriner und endokriner Pankreasinsuffizienz. Desweiteren ist in der Gruppe der Personen mit PRSS1-Mutation ein früherer Krankheitsbeginn in den ersten beiden Lebensdekaden zu beobachten. Obwohl der klinische Krankheitsverlauf gut beschrieben ist, liegen nur wenige Daten zur Rolle der ERCP in der Diagnostik und Behandlung von Patienten mit hereditärer Pankreatitis und zur Früherkennung von Pankreasmalignomen vor. In unserem Patientenkollektiv, wurde bei 30 Patienten eine diagnostische oder therapeutische ERCP durchgeführt. Die große Mehrheit dieser Patienten (83%) wies hochgradige Veränderungen im Pankreatogramm nach der Cambridge Klassifikation auf. Bei deutlich erhöhtem Pankreas-Karzinom-Risiko für Patienten mit hereditärer Pankreatitis wird nach einem effektivem Verfahren zur Malignomdetektion gesucht. Die ERCP-Ergebnisse von 16,6% der HP-Patienten zeigten einen Pankreasgang-Abbruch, der einen frühen Hinweis für eine Malignitätsentwicklung darstellen kann. Insgesamt entwickelte keiner der untersuchten HP-Patienten in der 4-jährigen Beobachtungsperiode ein Pankreas-Karzinom. Die Validität der ERCP als alleinige Screeningmethode zur Früherkennung von Pankreasmalignomen bei Hochrisikopatienten ist daher fraglich. Bei 77,7 % der Patienten mit wiederholten endoskopischen Interventionen fand sich in der ERCP ein Krankheitsprogress. Das Spektrum therapeutischer ERCP-Interventionen bei Patienten mit hereditärer Pankreatitis entspricht dem bei Patienten mit Pankreatitis anderer Ätiologie. Endoskopische Interventionen halten die Krankheitsprogression nicht auf. Nur wenige Patienten können davon eventuell langfristig profitieren. Patienten der PRSS1-positiven Gruppen wurden früher und prozentual häufiger operiert als die Vergleichsgruppe. Neben dem Nutzen der ERCP-Untersuchung wurden in dieser Studie auch die Risiken, eine postinterventionelle Komplikation zu erleiden, untersucht. Das Risiko für ERCP-Komplikationen (z. B. Post-ERCP-Pankreatitis) ist in der PRSS1-positiven Gruppe nicht höher als in der PRSS1-negativen Gruppe oder bei Patienten mit alkoholtoxischer Pankreatitis.