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Zunächst sollte Aktivität der Phenylalanin-Ammonium-Lyase aus Petroselinum crispum (pcPAL) zur nicht-oxidativen Desaminierung des korrespondierenden Alkohols von Phenylalanin, Phenylalaninol generiert werden. Dazu wurden hochdurchsatzfähige Methoden zur Selektion, wie auch zur Durchmusterung von Mutantenbibliotheken etabliert. Es wurde fokussierte, gerichtete Evolution durchgeführt und zwei Mutantenbibliotheken mit Mutationen im Bereich der Bindungsstelle des Substrates erfolglos auf Aktivität durchsucht. Computersimulationen führten zur Annahme, dass Phenylalaninol wahrscheinlich nicht ausreichend im aktiven Zentrum gebunden werden konnte. Aus diesem Grund wurde eine zusätzliche Wasserstoffbrücke durch Verwendung von Tyrosinol als Substrat und der pcPAL-Phe-137-His Mutante eingeführt, welche nach Computersimulationen in der Lage war das Substrat ausreichend zu stabilisieren. Tatsächlich konnte durch die Einführung einer zweiten Wasserstoffbrücke durch rationales Proteindesign erstmals Aktivität gegenüber einem Aminoalkohol generiert werden. Durch Verwendung der Tyrosin-Ammonium-Lyase aus Rhodobacter sphaeroides (rsTAL), dessen Wildtyp bereits ein Histidin an der korrespondierenden Position 137 (His-89 der rsTAL) besitzt, konnte vergleichbare Aktivität gegenüber Tyrosinol erreicht werden. Durch die Analyse der Substratbindung im aktiven Zentrum wurde ein neues Konzept für den Reaktionsmechanismus der aromatischen Aminosäure-Ammonium-Lyasen, basierend auf der Aminosäureposition 484 (pcPAL) entwickelt. Sequenz- und Strukturvergleiche zeigten eine substratabhängige Konservierung der Position 484 (pcPAL). Enzyme mit einer Präferenz für Phenylalanin besaßen stets ein Glutamat, Tyrosin umsetzende Enzyme stets ein Asparagin an der entsprechenden Position. In silico Mutagenesen und Computersimulationen zeigten, dass ein Glutamat an der Position 484 (pcPAL) die Aminogruppe des Substrates bindet, wodurch die prosthetische, elektrophile MIO-Gruppe nur den aromatischen Ring in einer Friedel-Crafts ähnlichen Reaktion angreifen kann. Befand sich ein Asparagin an Position 484 (pcPAL) konnte die MIO Gruppe die Aminogruppe des Substrates erreichen und die nicht-oxidative Desaminierung über den E1cB Mechanismus mit einem MIO-Amino-Addukt durchführen. Somit wurde postuliert, dass die Ammonium-Lyasen und -Mutasen aromatischer Aminosäuren in Abhängigkeit der Aminosäure an Position 484 (pcPAL) entweder den Friedel-Crafts-Mechanismus (mit Glu-484) oder den E1cB Mechanismus (mit Asn-484) katalysieren können. Durch die Verwendung von m-Tyrosin als „Mechanismusindikator“ und Verwendung der Glu-484-Asn-Mutante der pcPAL konnten experimentelle Hinweise erbracht werden, die die Annahmen aus der Computersimulationen unterstützten. Als Grund für die unkonventionelle, bisher einzigartige „mechanistische Promiskuität“ wurde ein unterschiedliches Konzept der Substratstabilisierung in PAL und TAL vermutet. Tyrosin wird durch Wasserstoffbrücken der p-Hydroxylgruppe und der Carboxylgruppe im aktiven Zentrum gebunden, während Phenylalanin keine Möglichkeit bietet, den Phenylring eindeutig zu orientieren. Daher ist ein Glutamat an der Position 484 zur Substratbindung notwendig. Neben der pcPAL wurde die rsTAL zur Desaminierung von Tyrosinol getestet und zeigte ebenfalls pcPAL-ähnliche Aktivitäten. Versuche, durch fokussierte, gerichtete Evolution und rationales Proteindesign aller Aminosäuren der Carboxyl- und Aminobindetasche, eine aktivere Mutante zur Umsetzung von Tyrosinol zu identifizieren, scheiterten. Computersimulationen wiesen auf ein Wasserstoffbrückennetzwerk hin, dessen Störung sich stets durch verminderte oder zerstörte Aktivität äußerte. Somit musste festgestellt werden, dass in der Carboxyl- und Aminobindetasche keine Mutationen erlaubt sind, die Tyrosinol besser im aktiven Zentrum binden könnten. Daher wurden alternative Substrate untersucht. Tyrosinamid konnte ebenfalls langsam durch die pcPAL-Phe-137-His Mutante und die rsTAL desaminiert werden. Die biotechnologisch bedeutenderen Aminierungsreaktionen wurde gegenüber verschiedenen para-substituierten Zimtsäureanaloga untersucht und mit der korrespondierenden Desaminierungsreaktion verglichen. Die pcPAL setzte Phenylalanin in der natürlichen Desaminierungsreaktion 10-fach schneller um als Zimtsäure aminiert werden konnte. p Nitro-Zimtsäure stellte sich aufgrund der elektronischen Effekte des Substituenten als besonders geeignetes Substrat für die Aminierungsreaktion heraus, welches 9-fach schneller durch die pcPAL aminiert wurde als Zimtsäure. Durch fokussierte, gerichtete Evolution konnten drei Mutanten identifiziert werden, die aufgrund geringerer, sterischer Hinderungen bis zu 1,7-fach gesteigerte Aktivität gegenüber p-Nitro-Zimtsäure zeigten. Verglichen mit der natürlichen Desaminierungsreaktion der pcPAL gegenüber Phenlyalanin, konnte die Phe-137-Val Mutante p Nitro Zimtsäure sogar 1,5-fach schneller aminieren. Somit konnte die Aktivität der Aminierungsreaktion, ausgehend vom pcPAL-Wildtyp gegenüber Zimtsäure, um das 15-fache erhöht werden. Die pcPAL-Phe-137-Val Mutante wies geringere Substratinhibierung sowie höhere Aktivitäten gegenüber einigen Substraten auf. In präparativen Biokatalysen wurde die hohe Aktivität und Enantioselektivität (eep ≥ 97%) der Mutante, besonders in der asymmetrischen Aminierung von p-Nitro-Zimtsäure zu p-Nitro-L-Phenylalanin, erfolgreich auf einen größeren Maßstab übertragen.
Neue Konzepte für das Protein-Engineering am Beispiel von Enzymen mit alpha/beta-Hydrolasefaltung
(2010)
Trotz einer sehr großen funktionellen Diversität, zeichnen sich die Enzyme innerhalb der α/β-Hydrolasefaltung-Superfamilie durch eine sehr hohe strukturelle Homologie aus, weshalb man annimmt, dass sich deren Vertreter über divergente Evolution aus einem gemeinsamen Vorfahren entwickelt haben. Unter Zuhilfenahme von Methoden des Protein-Engineerings sollte im ersten Teil der Arbeit untersucht werden, ob es möglich ist, Enzyme innerhalb dieser Superfamilie ineinander umzuwandeln. Als Modelenzyme dienten eine Esterase aus Pseudomonas fluorescens (PFE) und eine Epoxidhydrolase aus Agrobacterium radiobacter (EchA). Nach der Etablierung geeigneter Analysemethoden für Esteraseaktivität und Epoxidhydrolaseaktivität wurden mittels verschiedener Sequenz- und Strukturalignments Aminosäuren identifiziert, die essentiell für den jeweiligen Reaktionsmechanismus sind. Diese wurden nachfolgend mittels positionsgerichteter Mutagenese in die jeweiligen Enzyme eingefügt und die entsprechenden Mutanten auf die jeweilige Aktivität hin untersucht. Leider zeigte weder die PFE Epoxidhydrolaseaktivität, noch die EchA Esteraseaktivität. Anschließend wurden über weitere Strukturvergleiche ganze Bereiche in Epoxidhydrolasen identifiziert, die möglicherweise von Wichtigkeit für die Funktionalität des Enzyms sind. Es wurden also ganze Bereiche der PFE durch solche der EchA ersetzt und auf diese Weise drei Chimär-Enzyme hergestellt. Diese Chimären wurden mittels Coexpression von Chaperonen hergestellt und anschließend aufgereinigt. Eines dieser Chimärenzyme zeigte eindeutig Epoxidhydrolaseaktivität. Es wird angenommen, dass der Eingangsbereich ins aktive Zentrum der PFE im Wildtyp-Enzym versperrt war und dieser durch den Austausch eines Loops geöffnet wurde. Weiterhin wurde ein Ansatz entwickelt, Esteraseaktivität in der EchA zu generieren. Dieser basiert auf einem strukturbasierten Sequenzalignment, das es erlaubt Aminosäuren zu identifizieren, die sich in Epoxidhydrolasen und Esterasen unterscheiden. Leider führte dieser Ansatz bisher noch nicht zum Erfolg, weshalb weitere Untersuchungen nötig sind. Im zweiten Teil der Arbeit ging es darum, Mutantenbibliotheken für die fokussierte, gerichtete Evolution möglichst klein, aber qualitativ hochwertig herzustellen. Zu diesem Zweck wurde ebenfalls ein strukturbasiertes multiples Sequenzalignment herangezogen, das es erlaubt die Aminosäureverteilung an verschiedenen Positionen des Enzyms in einer riesigen Anzahl strukturell verwandter Enzyme zu bestimmen. Auf diese Weise kann ermittelt werden, welche Aminosäuren an definierten Positionen sehr häufig sind und welche eher selten. Von solchen Resten, die sehr selten sind, wird angenommen, dass sie negative Auswirkungen auf die strukturelle Integrität des Proteins haben und deshalb von der Natur nicht berücksichtigt wurden. Diese Annahme wurde zur Herstellung von Proteinbibliotheken ausgenutzt. In einer fokussierten, gerichteten Evolution wurden einmal 3 und einmal 4 Aminosäuren der PFE simultan und zufällig durch Aminosäuren ersetzt, die sehr häufig in 2800 verwandten Sequenzen an diesen Positionen vorkommen. Die auf diese Weise generierten Bibliotheken wurden einmal auf eine verbesserte Thermostabilität (für die 3 Positionen) und einmal auf eine verbesserte Enantioselektivität untersucht (4 Positionen). Hierbei wurde zusätzlich die Auswirkung der Mutationen auf die Substratspezifität untersucht. Als Vergleichsbibliotheken wurden ebenfalls einmal alle 20 proteinogenen Aminosäuren eingefügt und einmal nur solche, die sehr selten im Alignment auftauchen. Das Ergebnis war in beiden Fällen eine sehr viel bessere Bibliothek, wenn nur solche Reste vertreten waren, die auch in der Natur bevorzugt vorkommen. Dies galt sowohl in Bezug auf die Anzahl aktiver Klone in jeder Bibliothek, als auch auf die Chance eine verbesserte Variante zu finden (stabiler bzw. selektiver). Die besten Mutanten der Bibliotheken hatten im Vergleich zum Wildtyp einen 8°C höheren Schmelzpunkt bzw. einen bis 18fach höheren E-Wert (bei 50facher katalytischer Effizienz). Weiterhin konnten die Substratspezifität um den Faktor 4.300 verändert werden.