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Zerebrale kavernöse Malformationen (CCMs) sind vaskuläre Fehlbildungen des zentralen Nervensystems, welche sich klinisch durch epileptische Anfälle, fokale neurologische Ausfälle und Kopfschmerzen äußern. Sie treten sowohl sporadisch als auch im Rahmen einer autosomal-dominant erblichen Form auf. Krankheitsassoziierte Varianten wurden in drei Genen beschrieben: CCM1, CCM2 und CCM3. Patienten mit pathogenen Varianten im CCM3-Gen fallen häufig durch einen schwereren Phänotyp und ein früheres Manifestationsalter auf. Der genaue Verlauf der molekularen CCM-Pathogenese ist jedoch bisher nicht ausreichend verstanden. In dieser Arbeit wurde deshalb die Entwicklung eines humanen in vitro Modells in den Fokus gestellt. Im Gegensatz zu bisher publizierten Studien, die auf einer transienten Herunterregulation von CCM3 beruhen, wurden hier die Folgen eines Langzeit-CCM3-Verlustes untersucht. Unter Verwendung der Komponenten des CRISPR/Cas9-Systems wurde ein Modell etabliert, welches die komplette Inaktivierung von CCM3 in kavernösen Endothelzellen von Trägern heterozygoter pathogener Keimbahnvarianten nachahmt.
In humanen Endothelzellen führte die CRISPR/Cas9-vermittelte CCM3-Inaktivierung zu veränderten endothelialen Eigenschaften, welche die Morphologie, die Apoptoseinduktion, die Stabilität kapillarähnlicher Strukturen sowie die Sphäroidorganisation umfassen. Zudem kam es zu einer vermehrten Aktin-Stressfaserbildung. Auf molekularer Ebene war eine veränderte Expression von Genen zu beobachten, deren Produkte eine Rolle in der Regulation von Zellverbindungen, der Zellmembran oder der extrazellulären Matrix spielen. Insbesondere das unter Basalbedingungen stark in Endothelzellen exprimierte Fibronektin war signifikant herunterreguliert. Die Zugabe exogenen Fibronektins konnte die Zellmorphologie, die Sphäroidorganisation und die kortikale Anordnung des Aktin-Zytoskelettes normalisieren. Da auch nach CRISPR/Cas9-induzierter Inaktivierung von CCM1 und CCM2 diese Effekte beobachtet werden konnten, deuten diese Ergebnisse darauf hin, dass der Aufbau einer intakten fibronektinhaltigen endothelialen Matrix von der Funktionalität der CCM-Proteine abhängt. Künftige Studien werden die Modulation der gestörten endothelialen Apoptoseinduktion als neuen Ansatz zur Identifizierung medikamentöser Therapieoptionen adressieren.
Zerebrale kavernöse Malformationen (CCM) sind Fehlbildungen im neurovaskulären System, welche aufgrund von Krampfanfällen und hämorrhagischen Schlaganfällen zu einer stark eingeschränkten Lebensqualität führen können. Die Prävalenz von symptomatischen, autosomal-dominant erblichen CCMs auf Basis einer pathogenen Keimbahnvariante in einem der drei Gene CCM1, CCM2 oder CCM3 wird auf 1:5400 bis 1:6200 geschätzt. Durch Genpanelanalysen können sowohl Punktmutationen als auch kleine Indels und Kopienzahlveränderungen in einem parallelen Ansatz nachgewiesen werden.
Zur weiteren Aufklärung der molekularen Pathogenese hereditärer Kavernome und zur Suche nach potenziellen Therapieansätzen wurde im Rahmen dieser Arbeit erstmals ein Patienten-spezifisches in vitro Zellmodell der Kavernomatose etabliert. Hierzu wurden zirkulierende endotheliale Vorläuferzellen (Blood Outgrowth Endothelial Cells, BOECs) aus dem Blut eines CCM-Patienten mit krankheitsverursachender heterozygoter CCM1-Keimbahnveränderung isoliert. Im Sinne der Knudson´schen Zweischrittinaktivierung zur Entstehung von Kavernomen wurde das zweite CCM1-Allel in Zellkulturen mit Hilfe der CRISPR/Cas9-Technologie ausgeschaltet. In klonal expandierten Zellkolonien konnte das Vorliegen einer Compound-Heterozygotie für die CCM1-Keimbahnvariante und eine zweite CRISPR/Cas9-induzierte loss-of-function Variante bestätigt werden.
Durch die zweite Mutation zeigten sich morphologische Veränderungen, die Störung endothelialer Zell-Zell-Verbindungen und eine vermehrte Aktin-Stressfaserbildung sowie eine deutliche Hochregulation des Transkriptionsfaktors KLF2. Zudem führte die komplette Inaktivierung des CCM1-Gens zu einer Akkumulation des von-Willebrand-Faktors (vWF). Die in der vorgelegten Arbeit erstmals beschriebene starke Anreicherung des vWF konnte in immortalisierten humanen Endothelzellen und zudem im Kavernomgewebe von Trägern pathogener CCM1-, CCM2- oder CCM3-Veränderungen bestätigt werden. Es ist daher denkbar, dass der erhöhte vWF-Spiegel im Endothel des kavernösen Gefäßkonvoluts zum lokalen hämostatischen Ungleichgewicht beiträgt.
Im Patienten-spezifischen BOEC-Modell konnte zudem erstmals in einem nicht-viralen und Plasmid-freien Ribonukleoprotein-basierten CRISPR/Cas9-Ansatz eine Mutationskorrektur der vorliegenden CCM1-Keimbahnveränderung erreicht werden. Die Ergebnisse der weiteren Kultivierungen und Amplikon-Tiefensequenzierungen zeigten jedoch sehr eindrücklich, dass der klonogene Überlebensvorteil von verbleibenden CCM1-inaktivierten BOECs zu einem deutlichen Überwachsen der korrigierten BOECs im Zellgemisch führt und eine CRISPR/Cas9-vermittelte Mutationskorrektur damit für CCM-Patient*innen keine
realistische Therapieoption darstellt. Diese Ergebnisse fließen in neue Ansätze der Therapieentwicklung ein, welche vor allem den klonalen Überlebensvorteil und die Apoptoseresistenz CCM-defizienter Zellen adressieren.