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Hintergrund
Die chronische Nierenkrankheit (CKD) ist eine häufige Erkrankung, insbesondere im höheren Alter. Um der Progression der Erkrankung und deren Komplikationen vorzubeugen, ist eine leitliniengerechte ambulante Versorgung von Patient:innen mit CKD anzustreben. Zur Messung und Bewertung der Versorgungsqualität können Qualitätsindikatoren (QI) genutzt werden. In Deutschland existieren bisher keine QI für CKD. Ziel der Arbeit war die Entwicklung von QI für die Qualitätsüberprüfung der ambulanten Versorgung von Patient:innen über 70 Jahren mit nichtdialysepflichtiger CKD.
Material und Methoden
Auf Grundlage der nationalen S3-Leitlinie CKD und eines Reviews internationaler QI wurde eine Liste von QI erstellt. Die ausgewählten QI wurden in 2 Sets eingeteilt: basierend auf Routinedaten (z. B. Abrechnungsdaten der Krankenkassen) und auf Datenerhebung in der Praxis (Chart-Review). Expert:innen verschiedener Fachrichtungen sowie ein Patient:innenvertreter bewerteten diese in einem Delphi-Verfahren mit 2‑stufiger Onlinebefragung im Oktober 2021 und Januar 2022 und abschließender Konsensuskonferenz im März 2022. Zusätzlich wurden Ranglisten der wichtigsten QI von jedem Set erstellt.
Ergebnisse
Ein Inzidenz- und ein Prävalenzindikator wurden a priori festgelegt und standen nicht zur Abstimmung. Weitere 21 QI standen zur Abstimmung durch die Expert:innen. Für jedes QI-Set wurden die 7 wichtigsten Indikatoren ausgewählt. Nur 1 QI wurde von dem Expert:innenpanel für den zusätzlichen Einsatz bei Erwachsenen unter 70 Jahren als nicht geeignet eingestuft.
Diskussion
Die QI sollen es ermöglichen, die Qualität der ambulanten Versorgung von Patient:innen mit CKD zu untersuchen, mit dem Ziel, die leitlinienkonforme ambulante Versorgung zu optimieren.
Die ambulante geriatrische Komplexbehandlung (AGKB) verfolgt das Ziel der Vermeidung bzw. Verminderung von Pflegebedürftigkeit und der Vermeidung von Hospitalisierungen. Die AGKB wurde als Modellprojekt für multimorbide, geriatrische Patienten im Jahr 2008 für gesetzlich Versicherte der AOK Nordost in Mecklenburg-Vorpommern eingeführt. Die Effektivität der AGKB wurde bisher nur durch unkontrollierte Studiendesigns und einem Follow-up von 6 Monaten evaluiert [16, 18]. Der Einfluss der AGKB auf die Anzahl verschreibungspflichtiger Arzneimittel (bzw. Wirkstoffe) und potenziell inadäquater Medikamente (PIM) wurde bisher nicht untersucht. Wir evaluierten die AGKB mittels drei unterschiedlichen Studien mit unterschiedlicher Datenherkunft. Eine Beobachtungsstudie auf Basis klinischer Primärdaten der AGKB Teilnehmer ohne Kontrollgruppe, eine gematchte Kohortenstudie auf Basis von Abrechnungsdaten der AOK Nordost und eine Beobachtungsstudie auf Basis von Abrechnungsdaten der AOK Nordost zum Effekt der AGKB auf Polypharmazie und potenziell inadäquate Arzneimittel.
Die Beobachtungsstudie auf Basis klinischer Primärdaten zeigte einen positiven Effekt der AGKB auf Selbstständigkeit, Mobilität, Gleichgewicht, Sturzrisiko und der subjektiven Einschätzung des Gesundheitszustands. Die Ergebnisse der gematchten Kohortenstudie zeigten keinen Vorteil der AGKB gegenüber der Routineversorgung im Hinblick auf Pflegestufenprogression, Pflegeheimaufnahme, Krankenhausaufnahme, Frakturen und Mortalität. Bei Berücksichtigung der Kosten der Intervention sind auch keine kostenrelevanten Vorteile zu erkennen. Einen positiven Effekt der AGKB auf die Anzahl der verordneten Arzneimittel und die Anzahl der PIMs konnte durch unsere Studie nicht beobachtet werden. Eine mögliche Erklärung der unterschiedlichen Ergebnisse unserer Studien könnte, trotz des Matchings, eine unzureichende Vergleichbarkeit der AGKB Teilnehmer und den Kontrollen sein. Es lagen uns für die gematchte Kohortenstudie keine klinischen Daten und psychosozialen Merkmale der Versicherten vor. Diese könnten ausschlaggebend für den Einschluss der Patienten in die Intervention gewesen sein. Der fehlende positive Effekt der AGKB auf Polypharmazie und PIMs kann durch das Nicht-Vorhandensein eines systematischen Medikamentenreviews als Teil der AGKB Leistung erklärt werden. Vor einer flächendeckenden Einführung ist eine Evaluation mit einer randomisiert kontrollierten Studie notwendig.