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Die Segmentierung des Influenza-A-Virusgenoms und die damit verbundene Möglichkeit des Reassortments sind von großer Bedeutung für die Adaptation an einen neuen Wirt und die Entstehung von Pandemien. So wurden verschiedene Influenza-Pandemien des letzten Jahrhunderts durch ein humanes Virus ausgelöst, das mindestens das Hämagglutinin (HA) eines aviären Influenza-A-Virus übernommen hatte. Mit Hilfe der Reversen Genetik ist es möglich, den Austausch von Segmenten zwischen verschiedenen Influenza-Viren detailliert zu untersuchen. Es können Erkenntnisse zur Art und Häufigkeit von Reassortments gewonnen werden, die zu einem besseren Verständnis der Entstehung potentiell pandemischer Viren führen. In der vorliegenden Arbeit wurde zunächst die revers-genetische Methode der target-primed plasmid amplification erfolgreich zur Generierung des vollständigen Plasmidsatzes des c-DNA-Genoms des humanen Influenza-A-Virus A/Denver/57 (H1N1) angewendet. Die Funktionsfähigkeit des klonierten Plasmidsatzes konnte durch Kotransfektionsexperimente gezeigt werden. In einem nächsten Schritt wurde eine PCR etabliert, welche die simultane Amplifikation der cDNA der NS-, M-, NA- und NP-Segmente eines beliebigen Influenza-A-Virus ermöglicht und damit die zeitaufwendige Klonierung der Influenza-Gene deutlich beschleunigt. Dafür wurde ein Primerpaar entwickelt, das an die konservierten Termini der Gensegmente bindet, aber am 3-Ende um die Gen-spezifischen Nukleotide verkürzt ist. Mit den entwickelten Primern kann außerdem das komplette Neuraminidase-Gen unabhängig vom Subtyp amplifiziert werden. In einer Reassortmentstudie konnte die etablierte PCR zur effektiven Genotypisierung eingesetzt werden. Gegenstand der Reassortmentstudie war die Frage, ob sich ältere und jüngere aviäre Stämme in ihrer Fähigkeit, ihr HA an einen humanen Stamm abzugeben, unterscheiden. Außerdem sollte untersucht werden, welche Segmente mit dem aviären HA kosegregieren. Dafür wurden Doppelinfektionsversuche mit jeweils einem der beiden aviären Influenza-Viren A/Duck/Ukraine/1/63 (H3N8) (DkUkr63) bzw. A/Mallard/Germany/Wv64-67/05 (H3N2) (MallGer05) und dem humanen Influenza-Virus A/Hongkong/1/68 (H3N2) (Hk68) durchgeführt. Das Einführen einer Elastase-abhängigen HA-Schnittstelle in das humane Virus Hk68 ermöglichte eine effektive Selektion von Reassortanten mit aviärem HA. Unter den jeweils 21 untersuchten Plaqueisolaten gab es 16 (DkUkr63) bzw. 18 (MallGer05) Reassortanten, die mindestens das aviäre HA erworben hatten. Geringe Häufigkeiten des Auftretens bestimmter Reassortanten lieferte Hinweise bezüglich Beschränkungen im Reassortment. Bei der Genotypisierung der Plaqueisolate wurden für DkUkr63 sieben und für MallGer05 vierzehn verschiedene Reassortantenspezies gefunden. Dies deutet darauf hin, dass der Austausch der Segmente von DkUkr63 gegenüber denen von MallGer05 stärker eingeschränkt ist. Bemerkenswert war die häufige Kosegregation des NA mit HA beider Vogelviren. Die Wachstumskinetik auf humanen A549-Zellen zeigte darüber hinaus auch eine gute Replikation für alle HA/NA-Reassortanten. Beide Viren geben also ihr HA wie auch ihr NA leicht an einen humanen Stamm ab. Andererseits war die geringe Häufigkeiten von PB2- im Vergleich zu PB1-Reassortanten auffällig. Dies deutet darauf hin, dass der Austausch des PB2-Segments im Vergleich zu PB1 stärker eingeschränkt ist. Eine der am besten replizierenden Reassortanten wies mit PB1, HA und NA von DkUkr63 die gleiche Genkonstellation auf wie das Pandemievirus der Asiatischen Grippe von 1957. Die Auswertung der Plaque-Morphologie ergab, dass die Plaque-Größe der Reassortanten von der Herkunft des NA abhängig ist. Verglichen mit dem eingeschränkten Wachstum des aviären Elternvirus DkUkr63 zeigten die meisten seiner Reassortanten ein besseres Wachstum auf humanen A549-Zellen. Das jüngere aviäre Elternvirus MallGer05 erreicht fast den Endtiter des humanen Hk68 und auch die meisten Reassortanten zeigten mit Hk68 vergleichbare Endtiter. Es wurden aber für beide Vogelviren auch einige Reassortanten gefunden, deren Replikation deutlich vermindert war, was auf eine geringe Kompatibilität der jeweiligen Segmente hindeutet. Sowohl für den älteren als auch für den jüngeren aviären Elternstamm wurden unter den gewählten Selektionsbedingungen verschiedene HA-Reassortanten mit guter Replikationsfähigkeit gefunden. Dementsprechend könnten auch unter natürlichen Bedingungen sogar niedrig pathogene aviäre Influenza-A-Viren mit geringer Adaptation an einen humanen Wirt bei Koinfektionen mit humanen Viren zur Bildung von neuen, potentiell pandemischen Viren beitragen.
Influenza-A-Viren sind wichtige Pathogene von Mensch und Tier. Als Erreger der klassischen Geflügelpest führen hoch-pathogene aviäre Influenzaviren (HPAIV) weltweit zu hohen Verlusten in der Geflügelindustrie. Des Weiteren stellen der zoonotische Charakter und das pandemische Potential, vor allem von Stämmen des Subtyps H5N1, eine ernste gesundheitliche Bedrohung für die Bevölkerung dar. Zur Risikobewertung dieser Viren ist es daher notwendig, genetische Marker zu ermitteln, welche die Virulenz und das Wirtsspektrum beeinflussen. Für die Identifizierung dieser Virulenzdeterminanten sind Pathogenese-Studien in verschiedenen Tiermodellen wie Hühnern und Mäusen essenziell. Bisher wurde gezeigt, dass HPAIV aus niedrig-virulenten Vorläufern durch den Erwerb eines polybasischen Spaltmotives im Hämagglutinin (HA) im Zuge der Adaptation an terrestrisches Geflügel hervorgehen. Im ersten Teil dieser Arbeit sollte daher die Fähigkeit eines niedrig-pathogenen aviären Influenzavirus (LPAIV) vom Subtyp H5N1 zur Ausbildung eines HPAIV-Phänotyps untersucht werden. Dazu wurde das revers-genetische System für das Isolat A/Teal/Germany/Wv632/05 (H5N1) etabliert und das Virus TG05 generiert. In-vitro konnte die Trypsin-Abhängigkeit als Merkmal von LPAIV bestätigt werden. Im Huhn verhielt sich dieses Virus avirulent. Durch zielgerichtete Mutagenese wurde die HA-Spaltstelle in ein polybasisches Motiv mutiert und das Virus TG05poly generiert. Das Virus war wie ein HPAIV zur in-vitro-Replikation ohne Trypsin-Zusatz fähig, löste aber nach der Infektion von Hühnern nur eine zeitlich begrenzte Erkrankung aus. Des Weiteren wurde die HA-Reassortante TG05-HAR65 generiert, deren Genom aus dem HA-Gen des HPAIV-Isolates A/Swan/Germany/R65/06 (H5N1) (R65) und den anderen sieben Gensegmenten von TG05 besteht. Dieses Virus konnte in-vitro ebenfalls Trypsin-unabhängig replizieren, führte aber zu einer Letalität von 30%. Eine weitere Reassortante, R65-HATG05poly, enthielt die umgekehrte Genkonstellation: das mutierte TG05-HA und die anderen Gensegmente des R65. An der Infektion verstarben acht von zehn Hühnern, was der Letalität von „natürlichen“ HPAIV entspricht. Der Erwerb einer polybasischen HA-Spaltstelle ist daher ein notwendiger, aber nicht hinreichender Schritt in der Evolution von LPAIV zu HPAIV. So kann nicht jeder H5- oder H7-LPAIV-Stamm als unmittelbarer HPAIV-Vorläufer dienen. Zusätzlich zur HA-Spaltstelle sind weitere Virulenz-Determinanten im HA selbst, aber auch in den anderen viralen Proteinen, vorhanden. Im zweiten Teil dieser Arbeit wurde daher auch der Einfluss der Aminosäuren der unmittelbaren Spaltstellen-Umgebung untersucht. Dazu wurden verschiedene Virus-Mutanten des R65 mit Aminosäure-Substitutionen in der HA-Spaltstelle selbst (Motive ETR und ER) und in ihrer direkten Umgebung (HA-S346V) generiert und hinsichtlich der in-vitro-Replikation und der Virulenz im Huhn untersucht. Dabei konnte gezeigt werden, dass HA-346S einen Vorteil für die Replikation von LPAIV und HPAIV vermittelt. T an Position 2 der Spaltstelle unterstützt die Replikation von LPAIV. Bei Erwerb der polybasischen Spaltstelle während der Evolution von LPAIV zu HPAIV müssen also auch die benachbarten Regionen im HA angepasst werden. Die H5N1 HPAIV der Clade 2.2 verbreiteten sich über infizierte Vögel von Südostasien nach Europa, infizierten aber auch eine Vielzahl von Säugerspezies. Normalerweise weisen aviäre Influenzaviren PB2-627E auf; im Gegensatz dazu besitzen die Clade 2.2-Viren PB2-627K, was sonst in humanen Stämmen zu finden ist. Um im dritten Teil dieser Arbeit den Einfluss dieser Mutation auf das breite Wirtspektrum der Clade 2.2-Viren zu untersuchen, wurde im HPAIV-Isolat R65 PB2-627K durch E ersetzt und die Virusmutante R65-PB2K627E generiert. Im Vergleich zu R65 war die Replikation von R65-PB2K627E in Säugerzellen drastisch reduziert, in Vogelzellen replizierten beide Viren jedoch gleich. Des Weiteren führte die Substitution zu einer extrem verringerten Polymerase-Aktivität auf 5% in Säugerzellen, aber nur zu einer vergleichsweise wenig verringerten Aktivität in Vogelzellen. Während die Virulenz im Huhn durch die Mutation nicht verändert wurde, konnte bei der Bestimmung der LD50 in der Maus eine drastische Attenuierung gezeigt werden. Interessanterweise revertierte bereits nach einer Mauspassage PB2-K627E zurück zu K, im Huhn erfolgte diese Reversion aber nicht. Um zu untersuchen, ob andere virale Proteine für diese Reversion notwendig sind, wurden Reassortanten generiert, welche R65-PB2-K627E und ein oder mehrere Gensegmente des R65 im Hintergrund des HPAIV A/Hong Kong/156/97 (H5N1) tragen, welches natürlicherweise PB2-627E besitzt. Mittels Zellkultur-Passagen dieser Reassortanten konnte gezeigt werden, dass die Reversion zu PB2-627K nur in Säugerzellen auftritt, und dass dazu das Nukleoprotein des R65 notwendig ist. Die schnelle Reversion zu PB2-627K in Säugerzellen und in Mäusen zeigt, dass die H5N1 HPAIV der Clade 2.2 in ihrer Evolution möglicherweise mehrere Wirte gehabt haben, zu denen wahrscheinlich auch Säuger gehörten.