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Einleitung
Die Heilung einer Wunde unterscheidet sich in der Narbenbildung, dem Einfluss von Risikofaktoren, dem funktionellen und ästhetischen Ergebnis und in der Wundheilungsdauer. Eine Vielzahl wissenschaftlicher Studien beschäftigt sich mit Möglichkeiten, die Dauer der Wundheilung zu verkürzen. Dabei fällt auf, dass bisher keine klinischen Daten zur Wundheilungsdauer existieren, insbesondere keine, die die Dauer der Re-Epithelialisierung ohne spezifische Wundbehandlung wiedergeben. Ziel dieser Studie ist daher die Ermittlung der Re-Epithelialisierungszeit einer klinischen Wunde in Tagen und wie diese durch individuelle Faktoren beeinflusst wird. Die vorliegende Arbeit umfasst Ergebnisse einer klinischen Studie von Spalthautentnahmestellen hinsichtlich der durchschnittlichen Dauer des epithelialen Wundverschlusses in Abhängigkeit verschiedener individueller Einflussfaktoren.
Material und Methoden
Die verwendeten Daten entstammen zweier multizentrischer Phase-III-Studien zur Untersuchung der klinischen Wirksamkeit und Sicherheit eines topischen BetulinGels bezüglich der Heilung von Spalthautentnahmestellen (EudraCT no. 2012-003390-26, EudraCT no. 2012-000777-23). Die Spalthautentnahmestellen wurden halbiert und nach Randomisierung eine Hälfte mit Betulin Gel behandelt und die andere Hälfte als Kontrollseite mit einem Standardwundverband verschlossen. Gegenstand dieser Studie waren ausschließlich die Kontrollseiten. Die Beurteilung der Wundheilung erfolgte mittels Auswertung von Fotos durch drei unabhängige und verblindete Wundexperten via eines Online-Tools. Das Studienprotokoll schloss 198 Patienten ein. Die Beobachtung endete nach Erreichen einer Re-Epithelialisierung von über 95% der Wundfläche oder spätestens 28 Tagen. Die statistische Auswertung erfolgte mittels Kaplan-Meier-Überlebenszeitanalysen mit einem Konfidenzintervall von 95%. Dabei wurde die kumulative Ereignisrate für verschiedene Einflussfaktoren aufgetragen und mittels Logrank Test statistisch analysiert.
Ergebnisse
Die Re-Epithelialisierung der Wunden dauerte mindestens sieben Tage. Die schnellsten 25% der Patienten („fast healers“) zeigten einen epithelialen Wundverschluss innerhalb von elf Tagen, während die Re-Epithelialisierung im Median 14 Tage andauerte und die langsamsten 25% („slow healers“) der Studienpopulation 18 Tage benötigten. Patienten unter 40 Jahren zeigten einen signifikant schnelleren epithelialen Wundverschluss von zwölf Tagen während die Re-Epithelialisierung bei Patienten über 60 Jahren 18 Tage dauerte (p=0). Gebärfähigkeit reduziert die Dauer signifikant um vier Tage (p=0,002), während Krebserkrankungen und begleitende Glucocorticoid-Therapien die oberflächliche Wundheilungsdauer um zwölf beziehungsweise zehn Tage verlängern (p=0).
Zusammenfassung
Eine oberflächliche, artifiziell durch eine Spalthautentnahme entstandene Wunde zeigt ohne gezielte Wundbehandlung einen Schluss der Epitheldecke nach frühestens sieben Tagen, in der Gruppe der „fast healers“ nach elf Tagen, im Median nach 14 Tagen und benötigt 18 Tage in der Gruppe der „slow healers“. Die Wundheilung wird um vier bis zwölf Tage verlängert durch ein Patientenalter über 60 Jahren, eine maligne Grunderkrankung und eine Begleitmedikation mit Glucocorticoiden. Die Wundheilung wird durch ein Patientenalter unter 40 Jahren und die Gebärfähigkeit von Frauen um zwei bis vier Tage beschleunigt. Diese ergab die Analyse von 198 Patientendaten aus 32 europäischen Krankenhäusern basierend auf einer verblindeten Beurteilung standardisierter fotografischer Wunddokumentation.
Die therapeutische Anwendung kalter Atmosphärendruckplasmen (CAP) ist der zentrale Schwerpunkt des in einer hoch interdisziplinären Schnittstelle zwischen Natur- und Lebenswissenschaften angesiedelten Forschungsgebiets der Plasmamedizin. Trotz eines auf Basis grundlagentechnologischer und anwendungsorientierter Forschung zunehmenden Erkenntnisgewinns, wirft die Plasmamedizin sowohl bezüglich spezifischer Wirkeffekte als auch Risikopotentiale nach wie vor verschiedene Fragestellungen auf und zeigt, vor dem Hintergrund einer nicht ausschließlich auf Grundlage von in vitro Daten zu prognostizierenden unbedenklichen in vivo Anwendbarkeit, vor allem ein Defizit an klinischen Daten.
Im Rahmen der vorliegenden Arbeit erfolgte erstmals eine systematische Langzeituntersuchung eines unter standardisierten Bedingungen mittels kaltem atmosphärischen Plasma behandelten Probandenkollektivs. Die 5 Probanden waren 5 Jahre zuvor Teil einer Untersuchung zum CAP-Einfluss auf die Wundheilung CO2-Laser-induzierter Hautläsionen, im Zuge derer jeweils 3 der 4 Läsionen mit unterschiedlichen Applikationsschemata (1 x 10 s; 1 x 30 s; 3 x 10 s) mittels des kINPen® MED behandelt wurden.
Neben einer klinischen Evaluation wurde die Nachuntersuchung durch aufwendige, bildgebende Diagnostika wie Dermatoskopie, konfokale Laserscanmikroskopie (KLSM) und Hyperspectral Imaging (HSI) assistiert sowie fragebogengestützt hinsichtlich plasmavermittelter Hautveränderungen (POSAS) und einer möglichen therapieassoziierten Beeinträchtigung der Lebensqualität (DLQI) ergänzt.
Im Ergebnis konnten weder klinisch-makroskopisch, dermatoskopisch, noch mittels KLSM oder HSI malignitätssuspekte Veränderungen, Anzeichen chronischer Entzündungsreaktionen, pathologische Modifikationen der Zellarchitektur und Zellmorphologie oder mikrozirkulatorische Pathologien in den plasmabehandelten Arealen, gegenüber dem umliegenden, nicht mittels Kaltplasma therapierten Gewebe, belegt werden.
Die in dieser Komplexität im Rahmen einer Langzeituntersuchung am Menschen bisher einzigarten Daten tragen, insbesondere auf dem hochaktuellen Diskussionsfeld plasmaassoziierter Risikopotentiale, zu einem weiteren Erkenntnisgewinn bei. Zur Sicherung indikationsspezifischer Dosisempfehlungen und Behandlungsfenster bedarf es, aufgrund verschiedener allgemeiner und spezieller Limitationen, jedoch weiterer klinischer Studien.
Es wird allgemein angenommen, dass nicht nur das Vorhandensein des Diabetes mellitus, sondern auch die Qualität der Therapie zur Optimierung der diabetischen Stoffwechsellage einen Einfluss auf Wundheilungsprozesse hat.
An 40 spontan-diabetischen B(io)B(reeding)/O(ttawa)K(arlsburg) sowie 20 nicht-diabetischen BB/OK Ratten wurden systematische Trommelfellperforationen vorgenommen. Der Verlauf der Trommelfellwundheilung wurde zu definierten Zeitpunkten fotodokumentiert und histologische Untersuchungen der Wundheilungsprozesse erfolgten zum Versuchsende.
In der Gruppe der normoglykämischen Versuchstiere konnte eine mittlere Dauer bis zum Verschluss der Perforation von 9,8 Tagen festgestellt werden. Für die hinsichtlich des Diabetesstoffwechsels gut kompensierten Ratten zeigte sich eine mittlere Dauer bis zum Verschluss der Trommelfellperforationen von 11,1 Tagen (p = 0,03). Bei den Tieren mit schlecht kompensierter Stoffwechselsituation war eine mittlere Dauer von 11,2 Tagen bis zum vollständigen Verschluss der Trommelfellperforationen zu verzeichnen (p = 0,04). Die Wundheilung am Trommelfell diabetischer Ratten ist im Vergleich zu stoffwechselgesunden Ratten statistisch signifikant verzögert. Es konnten hingegen keine statistisch signifikanten Unterschiede beim Vergleich des Verschlusses der Trommelfellperforationen zwischen den gut und schlecht kompensierten Diabetes-Ratten nachgewiesen werden (p = 0,77). Die Qualität der Stoffwechselkontrolle hat somit keinen spezifischen Einfluss auf die Wundheilung, sondern alleinig das Vorliegen des Diabetes mellitus verzögert diese.
Für Menschen mit Diabetes mellitus und gleichzeitigen Trommelfellperforationen lassen diese Ergebnisse die Schlussfolgerung zu, dass unabhängig von der Blutzuckerkontrolle eine verzögerte Wundheilung, z. B. nach einer Tympanoplastik, resultieren kann.
Beeinflussung der Wundheilung von respiratorischen Epithelzellen in vitro durch Roxithromycin
(2023)
In der vorliegenden Arbeit sollte der Einfluss des Makrolid-Antibiotikums Roxithromycin auf die frühe Phase der postoperativen Wundheilung am Zellkulturmodell untersucht werden. Gründe für den Einsatz des Medikamentes sind abseits der bekannten bakterios-tatischen Wirkung insbesondere die in der Langzeitanwendung beschriebenen immunmodulatorischen Effekte. Es sollte untersucht werden, ob diese bereits in der Akutsituation zu einem Benefit in der Wundheilung im HNO-Bereich führen, da Wundhei-lung hier sekundär verläuft und Wundheilungsstörungen durch Fibrosierungen und Re- Stenosen nicht selten zu einer operativen Korrektur zwingen.
Gewählt wurden S9-Zellen als Modell für respiratorisches Epithel, welche einer standardi-sierten Wundsetzung durch Stanzung unterzogen wurden. Mittels AlamarBlue-Assay wurden zytotoxische Medikamentenkonzentrationen herausgearbeitet und im Folgenden durch Konzentrationsfindungsversuche über 120 Stunden mit kombinierter Wundsetzung bestätigt. Im Vergleich zur Kontrollgruppe beschleunigt Roxithromycin in Konzentrationen von 10 µg/ml, 20 µg/ml und 40 µg/ml eher die Wundheilung, während Konzentrationen von 80 µg/ml und 160 µg/ml zu einer signifikanten (p ≤ 0.01 bzw. p ≤ 0.05) Hemmung der Wundheilung führen. Die Effekte waren jeweils über die ganze Beobachtungsdauer und im Ausmaß zunehmend nachweisbar. Roxithromycin in einer Konzentration von 160 μg/ml konnte die Zellproliferation 96 und 120 h nach Wundsetzung so stark hemmen, dass die residuale Wundfläche sogar anstieg.
In einem Validierungsansatz konnte zudem herausgearbeitet werden, dass die Wundsetzung konsequenterweise von nur einer/m Experimentierenden erfolgen sollte, um ein re-produzierbares Ergebnis zu erhalten, während sich kein Unterschied in der Auswertung der Wundflächen durch verschiedene Personen zeigte.
Zum Verständnis der molekularbiologischen Effekte des Medikamentes auf Epithelzellen wurden unter Berücksichtigung der in der Literatur beschriebenen maximalen Serumkonzentration bei systemischer Anwendung von Roxithromycin (7,28 ± 1,85 mg/l), fehlenden Hinweisen auf einen zytotoxischen Effekt sowie tendenziell beschleunigter Wundheilung nachfolgend 2D–DIGE-Experimente gekoppelt mit massenspektrometrischen Proteinidentifikationen für die Roxithromycinkonzentration von 10 µg/ml durchgeführt. Es ergaben sich Hinweise auf eine Förderung des Zellwachstums durch Beeinflussung des Polyaminmetabolismus über Induktion der Spermidinsynthase und darüber hinaus Spermidin-abhängige Modifikation des Translationsfaktors EIF5A. Des Weiteren wurde eine Nrf2-assoziierte Antwort auf oxidativen Streß bereits bei niedriger Roxithromycin- Konzentration von 10 µg/ml als protektiver Faktor ermittelt. Durch quantitative LC-MS/MS-Analysen wurde dieser Effekt ebenso für Konzentrationen von 20 und 40 µg/ml Roxithromycin bestätigt. Der weitläufig dokumentierte konzentrationsabhängige zytotoxische Effekt des Medikamentes bei höheren Konzentrationen konnte auch in dieser Arbeit gezeigt werden. Während apoptoseauslösende Proteine in der Konzentration von 10 µg/ml nicht nachgewiesen werden konnten, gelang in höheren Roxithromycin-Konzentrationen eine Darstellung von regulierten Proteinen des intrinsischen und extrinsischen Apoptoseweges, bis hin zur bereits mikroskopisch erfassbaren Zelldepletion bei Konzentrationen von 80 und 160 µg/ml. Insbesondere bei der Konzentration von 20 µg/ml fanden sich Hinweie, dass eine Regulation über den ERK1/2-Pathway stattfindet, welcher umfangreiche Funktionen wie Zytokinfreisetzung, Zellmigration, Zellproliferation und auch Zelltod moderiert.
Die Behandlung mit Roxithromycin führt in niedriger Konzentration (10 µg/ml) tendenziell zu einer beschleunigten Wundheilung ohne Auftreten zytotoxischer Effekte. Grundlage könnte die Aktivierung von Translationsfaktoren (EIF5A) und Protektion vor den Schäden durch oxidativen Streß sein. Damit stellt diese Therapie eine Option in der frühen postoperativen Situation im HNO-Bereich dar, welche allerdings weiterer Untersuchung z. B. durch Testung an Fibroblasten bedarf. Attraktiver erscheint das Outcome bei einer Medikamentenkonzentration von 20 µg/ml, da die epitheliale Wundheilung signifikant schneller abläuft und somit zu einem schnelleren Wundverschluß führt. Die molekularbiologischen Hinweise auf Induktion der Apoptose werden bei dieser Konzentration offenbar noch durch protektive Mechanismen über Beeinflussung der Zellmigration, Neutralisierung von Schäden durch oxidativen Streß und Eingriff in den ERK-Pathway aufgefangen, was bei höheren Roxithromycinkonzentrationen nicht mehr gelingt und in einer Zelldepletion mündet. Daher bietet sich für die Konzentration von 20 µg/ml insbesondere die topische Applikation als Salbenstrang oder Nasenspray an, um die positiven Effekte zu nutzen und die Limitation durch vorheriges Erreichen der maximalen Serumkonzentration zu umgehen. Empfehlenswert ist die Untersuchung des Medikamentes in weiteren Zell-reihen und in vivo da Wundheilung ein multimodaler Prozeß ist. Eine topische Applikation von ggf. höheren lokalen Konzentrationen scheint hier keinen zusätzlichen Nutzen darzustellen.