Refine
Year of publication
Document Type
- Doctoral Thesis (75)
Language
- German (75) (remove)
Has Fulltext
- yes (75)
Is part of the Bibliography
- no (75)
Keywords
- Staphylococcus aureus (8)
- Herpesvirus (7)
- Virulenz (6)
- Bakterien (5)
- Herpesvirus suis (5)
- Massenspektrometrie (5)
- PrV (5)
- Proteomanalyse (5)
- Influenza-A-Virus (4)
- Molekulare Virologie (4)
Institute
- Abteilung für Mikrobiologie und Molekularbiologie (75) (remove)
Die hier vorgestellte Arbeit beschreibt die Nutzung globaler Transkriptom- und Proteomanalysen zur Untersuchung der Anpassung des Bodenbakteriums Bacillus subtilis an einige in seinem natürlichen Habitat vorherrschende Bedingungen. Die Ergebnisse dieser Arbeit verdeutlichen, dass mit Hilfe globaler Transkriptom- und Proteomanalysen auch für bereits intensiv untersuchte Fragestellungen neue und zum Teil unerwartete Aspekte zu entdecken sind. Im Falle der seit ca. 30 Jahren untersuchten Sporulation in B. subtilis konnte eine Reihe von neuen differenziell exprimierten Genen identifiziert werden. Ferner wurden diese Gene den vier an der Sporulation beteiligten Sigmafaktoren zugeordnet. Einige der besonders interessanten Gene wurden einer Detailanalyse unterzogen. Die Analyse der seit Anfang der 90er Jahre auf molekularer Ebene intensiv untersuchten Anpassung von B. subtilis an hohe Osmolaritat führte zur Ausweitung bereits erhaltener Befunde und zur Entdeckung neuer Facetten dieser Adaptationsstrategie. Vergleichbares gilt für die Untersuchung der Anpassung von B. subtilis an schwankende Temperaturen. Die Verwendung globaler Analysen zur Untersuchung der Kälteschockantwort und der Adaptation wachsender Zellen an Kälte und Hitze haben auch hier neue interessante Befunde geliefert. Anhand der hier vorgestellten Ergebnisse wird das Potential globaler Analysen verdeutlicht. Sie ermöglichen Einblicke in das Zusammenspiel der einzelnen Anpassungsmechanismen und liefern entscheidende Hinweise zur Entschlüsselung zellularer Regulationsnetzwerke.
Die Maul- und Klauenseuche (MKS) ist eine hochinfektiöse Erkrankung bei Paarhufern, die hohe wirtschaftliche Schäden verursacht. Auslöser der Erkrankung ist das MKS-Virus (MKSV), ein Mitglied der Familie Picornaviridae. In der vorliegenden Arbeit sollten die aus dem MKSV-Genom abgeleiteten offenen Leserahmen (ORFs) P1-2A, P1-2A3C und 3C in das Genom von Bovines Herpesvirus 1 (BHV-1) und BacMam Viren integriert werden, um der Fragestellung nachzugehen, inwieweit diese beiden Viren sich als virale Vektoren zur heterologen Expression von MKSV-Proteinen eignen und damit eine weitere Möglichkeit der Entwicklung von Markervakzinen gegen MKS gegeben ist. Die Integration des ORF für eine aktive MKSV Protease 3C in das Genom von BHV-1 erwies sich dabei als problematisch. Im Gegensatz dazu konnten in BacMam Viren alle MKSV Proteine erfolgreich exprimiert und prozessiert werden. Die Ergebnisse eines durchgeführten Tierversuches zeigten, dass die intramuskuläre Immunisierung von C57BL/6 Mäuse mit den rekombinanten Viren BacMam/P1-2A und BacMam/P1-2A3C zur Induktion einer humoralen Immunantwort führt. So konnten im ELISA 14 Tage nach der ersten Immunisierung MKSV-spezifische Antikörper nachgewiesen werden. Im Proliferationstest wurden isolierte Milzzellen von immunisierten Tieren mit gereinigten MKSV-Strukturproteinen restimuliert. Dabei wurden neben der Proliferation von B-Zellen auch Hinweise auf die Induktion einer spezifischen zellvermittelten Immunantwort durch die Proliferation von CD4- und CD8-positiven Zellen erhalten. Somit konnte erstmalig gezeigt werden, dass eine Immunisierung mit rekombinanten BacMam Viren in Mäusen zur Induktion einer spezifischen Immunantwort gegen MKSV führt und diese Viren somit möglicherweise gute Kandidaten für eine Markervakzine zur Bekämpfung von MKSV-Infektionen darstellen.
Funktionelle Charakterisierung des essentiellen Tegumentproteins pUL36 des Pseudorabies Virus
(2008)
Das Pseudorabies Virus ist der Erreger der Aujeszkyschen Erkrankung, einer fieberhaften Allgemeinerkrankung mit neurologischen Symptomen beim Schwein. Aufgrund seiner biologischen Eigenschaften und unkomplizierten Kultivierung in Zellkultur sowie der Verfügbarkeit eines Mausmodells hat sich PrV als geeignetes Modellsystem zur Untersuchung der alphaherpesviralen Replikation etabliert. Das Tegument stellt den komplexesten und noch am wenigsten verstandenen Teil des Herpesviruspartikels dar. Für PrV konnten mehr als 15 dem Tegument zugeordnete Proteine identifiziert werden, die neben ihrer strukturellen Bedeutung auch regulatorische Funktionen erfüllen. Ziel der vorliegenden Arbeit war die Identifizierung und Charakterisierung funktioneller Domänen des essentiellen Tegumentproteins pUL36 des Pseudorabies Virus. Mit Hilfe eines Transkomplementationsassays konnten verschiedene rekombinante UL36-Proteine auf ihre Fähigkeit, den letalen Replikationsdefekt einer UL36-Deletionsmutante zu komplementieren, überprüft werden. Bei positiver Komplementation wurden stabile Virusrekombinanten isoliert und diese auf ein möglicherweise verändertes Replikationsverhalten in der Zellkultur (in vitro) oder im Mausmodell (in vivo) untersucht. Negative Komplementationsergebnisse weisen auf eine essentielle Funktion dieser Region innerhalb des UL36-Proteins hin. Die durchgeführten Primärsequenzvergleiche homologer UL36-Proteine zeigten einen geringen Grad an Sequenzhomologie. Jedoch konnten mehrere konservierte Domänen und putative Motive identifiziert werden. Dem im N-Terminus gelegenen Modul konnte die für HSV-1 sowie Vertretern aller drei Unterfamilien beschriebene Deubiquitinylierungsaktivität zugeordnet werden. Weiterhin zeigte sich, dass die 62 C-terminalen Aminosäuren innerhalb der Alphaherpesviren stark konserviert sind, was auf eine wichtige Bedeutung dieser Region für die Funktion des UL36-Proteins hindeutet. Eine große prolinreiche Domäne im C-terminalen Bereich spricht für eine extreme Flexibilität des Proteins und eine mögliche Konformationsänderung während des Replikationszykluses. Leucin-Zipper-Motive könnten eine pUL36-Homodimerisierung oder eine bisher noch nicht beschriebene Interaktion mit viralen oder zellulären Proteinen vermitteln. Nach Charakterisierung verschiedener rekombinanter UL36 Proteine lässt sich Folgendes zum essentiellen Tegumentprotein pUL36 des Pseudorabies Virus sagen: 1) Es konnten verschiedene Domänen innerhalb des PrV-UL36-Proteins identifiziert werden, die für die Replikation sowohl in der Zellkultur als auch im Tiermodell von unterschiedlich wichtiger Bedeutung sind. Insgesamt wurden fast 50% des Proteins deletiert, ohne einen letalen Funktionsverlust zu bewirken. 2) Der C-Terminus des UL36-Proteins des Pseudorabies Virus ist für die Funktion des Proteins im Replikationsgeschehen essentiell, was auf eine mögliche Interaktion mit Kapsid- und/oder kapsidassoziierten Proteinen zurückzuführen sein könnte. 3) Die reifen Virionen der Mutanten zeigen keine Veränderungen hinsichtlich ihrer Morphologie. Auch biochemisch wurden keine Veränderungen in der Proteinzusammensetzung der untersuchten Virionen festgestellt. 4) Keine der charakterisierten Mutanten wies einen Defekt bei der Freisetzung neugebildeter Kapside aus dem Zellkern auf, d. h., die deletierten Bereiche haben keine Bedeutung während der nukleären Phasen der Virusmorphogenese. 5) PrV-pUL36 könnte weiterhin für den Ablauf der Infektion des Nervensystems von Bedeutung sein, da eine deutliche Einschränkung der Neuroinvasion einiger Mutanten im Mausmodell beobachtet wurde.
Kurzfassung: Im Rahmen dieser Arbeit sollten 10 verschiedene organische Schadstoffe und Lösungsmittel, darunter BTEX-Verbindungen (Benzol, Toluol, Ethylbenzol, Xylol), (chlorierte) Phenole und aliphatische Alkanole hinsichtlich ihrer Wirkung auf das Wachstum von Modellorganismen, die unter unterschiedlichen anoxischen Bedingungen wuchsen, geprüft werden. Dabei wurden mit Thauera aromatica, Geobacter sulfurreducens und Desulfococcus multivorans – Arten untersucht, die unterschiedlichen anaeroben Stoffwechselgruppierungen angehören. Trotz geringerer Wachstumsraten der untersuchten anaeroben Mikroorganismen, wurde die Toxizität der Chemikalien mittels eines Wachstumshemmtest abgeschätzt, der bereits für aerobe Bakterien etabliert wurde. Die Toxizitäten der Verbindung wurden dabei als 50% Effektive Konzentrationen (EC50) ausgedrückt, also der Chemikalienkonzentration, die benötigt wird um die Wachstumsrate der Mikroorganismen um 50% zu vermindern. Eine direkte Beziehung zwischen der Toxizität und der Hydrophobizität (log P-Wert) der organischen Verbindungen wurde für alle drei anaeroben Bakterien erfasst. Dabei zeigte sich, dass die drei anaeroben Stämme generell etwas empfindlicher auf die Substanzen reagierten als bisher getestete aerobe Mikroorganismen. Zudem wurden Reaktionen untersucht, die den Bakterien das Überleben in Anwesenheit organischer Lösungsmittel gestattet. Da Membranen die Berührungspunkte zwischen den Mikroorganismen und dem umgebenden Medium darstellen, sind die meisten Anpassungsreaktionen mit der Aufrechterhaltung der Membranfluidität und –stabilität verbunden. Die Änderung der Membranzusammensetzung insbesondere die der Phospholipidfettsäuren (PLFA) spielt dabei eine immense Rolle. T. aromatica und G. sulfurreducens, deren Fettsäuremuster von der Palmitinsäure (C16:0) und der Palmitoleinsäure (C16:1cis) dominiert wurden, reagierten während des Wachstums in Anwesenheit von organischen Lösungsmitteln, mit einem Anstieg des Sättigungsgrades der zellulären Fettsäuren. Das Fettsäurespektrum von D. multivorans wurde durch Palmitinsäure (C16:0) und anteiso-verzweigte Fettsäuren charakterisiert. Insbesondere auf die Anwesenheit von BTEX-Verbindungen reagierten die Zellen des Sulfatreduzierers mit einem Anstieg des Verhältnisses zwischen unverzweigten gesättigten Fettsäuren (C14:0, C16:0, C18:0) und den anteiso-verzweigten Fettsäuren (C15:0anteiso, C17:0anteiso, C17:1anteiso). Die beobachteten Modifikationen auf Ebene der zellulären Fettsäurezusammensetzung sind jedoch nur mittels de novo Synthese der Fettsäuren möglich – einem Prozess, der eng mit Zellwachstum verbunden ist. Die Wachstumsraten der untersuchten, anaeroben Bakterien sind jedoch deutlich geringer als die bisher getesteter aerober Bakterien, somit wird für die Ausprägung der Anpassungsreaktionen mehr Zeit benötigt, was die höhere Empfindlichkeit anaerober Bakterien gegenüber Lösungsmitteln erklären könnte.
Untersuchung der zytotoxischen Aktivität unterschiedlich virulenter NDV-Stämme auf Krebszelllinien
(2009)
In dieser Arbeit wurde der Zusammenhang zwischen NDV-Stamm und onkolytischer Wirkung auf Tumorzellen untersucht. Die Analyse der onkolytischen Eigenschaft ausgewählter NDV zeigte, dass die Wirkung auf die Tumorzellen von der Art des NDV abhängt. Desweiteren erfolgte die Herstellung und Charakterisierung von rekombinanten Viren mit substituierten Oberflächenproteinen.
Bisphenol A (BPA) ist ein Umweltschadstoff, der für die Produktion von Polykarbonatplastik und Epoxydharzen verwendet wird. Aufgrund seiner weltweiten Verbreitung, seiner Persistenz in der Umwelt und vor allen Dingen wegen seiner endokrinen Wirkung, stellt diese Verbindung eine große Gefahr für die Tier- und Pflanzenwelt sowie für den Menschen dar. Deshalb wurde aus einem bepflanzten Festbettreaktor, welcher mit BPA behandelt wurde, der Bakterienstamm RW4 isoliert, der fähig ist Bisphenol A als alleinige Kohlenstoff- und Energiequelle zu nutzen. Das Gram-negative Bakterium wurde mittels 16S rRNA-Analyse als Cupriavidus basilensis identifiziert und mittel der BIOLOG-Methode charakterisiert. Der Bakterienstamm kann ein sehr großes Spektrum an aliphatischen Stoffen wie Aceton, Ethanol, 1-Oktanol und aromatischen Verbindungen wie Phenol, Mono- und Dihydroxybenzoesäuren für das Wachstum nutzen. C. basilensis RW4 baut Bisphenol A nur sehr langsam ab. Es ist jedoch möglich den BPA-Abbau sowohl in Schüttelkulturen und als auch in kontinuierlich laufenden Sandsäulen durch Zugabe von Phenol als Co-Substrat und Wachstumsstimulanz deutlich zu steigern. Die erfassten Abbauintermediate wie 4-Hydroxyacetophenon und 2-(4-Propanol)-phenol wiesen darauf hin, dass C. basilensis RW4 einen ähnlichen Abbauweg nutzt wie Sphingomonas sp. TTNP3 von Kolvenbach et al. (2007) nutzt. In weiteren Untersuchungen, wurde die toxische Wirkung von Bisphenol A auf den Standardmikroorganismus Pseudomonas putida P8 in Schüttelkulturen und in kontinuierlich laufenden Sandsäulen analysiert. Es zeigte sich, dass BPA das Wachstum von P. putida P8 hemmt und Modifikationen in der Zusammensetzung der Phospholipide in der Membran hervorruft. P. putida P8 reagierte unmittelbar auf das Einwirken von BPA auf der Membranebene durch Veränderung des Verhältnisses der trans-ungesättigten Fettsäuren zu den cis-ungesättigten Fettsäuren, was schon in früheren Untersuchungen für andere organische Lösungsmittel beschrieben wurde. Dementsprechend wurde eine Korrelation zwischen der BPA-Konzentration und dem Anstieg des trans-cis-Verhältnisses ermittelt. Weil diese Anpassungsreaktion eine kurzfristige Antwort auf den einwirkenden Stressor ist, konnte der Anstieg des trans-cis-Verhältnisses nur kurz nach BPA-Zugabe erfasst werden. Somit kann das trans-cis-Verhältnis nur als temporärer Biomarker für die Toxizität von BPA in Schüttelkulturen genutzt werden, jedoch nicht in langfristig laufenden Sandsäulen.
Abbau von Phenylalkanen und weiteren alkylsubstituierten Aromaten durch Hefen und filamentöse Pilze
(2009)
Gegenstand der vorliegenden Arbeit war es, den Abbau von Phenylalkanen durch eukaryotische Mikroorganismen, insbesondere Pilze, zu untersuchen. Im Focus der Dissertation lagen dabei Untersuchungen mit der Hefe Trichosporon asahii SBUG-Y 833. Des Weiteren erfolgten Analysen mit Candida maltosa SBUG Y 700, Trichosporon mucoides SBUG Y 801 und neun filamentösen Pilzen der Gattungen Cunninghamella, Fusarium, Lecanicillium, Mucor, Penicillium, Sporothrix und Umbelopsis. Als Substrate wurden Phenylalkane mit fünf bis zehn und zwölf Kohlenstoff-Atomen in der Alkylseitenkette eingesetzt. Zur Charakterisierung der Abbau- und Transformationsleistungen der Hefen, insbesondere von T. asahii, erfolgten darüber hinaus Biotransformationsexperimente mit Phenylalkan-Derivaten und aromatischen Säuren. Candida maltosa 1. Mit der Hefe C. maltosa, die zur Assimilation von n Alkanen befähigt ist, konnte ein Wachstum mit Phenylalkanen (0,5 % [v/v]), deren Alkylseitenkette mindestens 8 Kohlenstoff-Atome aufwiesen, ermittelt werden. 2. In Biotransformationsexperimenten mit ungeradzahligen Phenylalkanen (Phenylheptan und Phenylnonan) konnte eine kontinuierliche extrazelluläre Akkumulation von Benzoesäure nachgewiesen werden. Phenylalkane mit einer geraden Anzahl von Kohlenstoff-Atomen in der Alkylseitenkette (Phenylhexan, Phenyloctan, Phenyldecan und Phenyldodecan) werden via Phenylbuttersäure und 4 Phenyl 3-butensäure zu Phenylessigsäure abgebaut, die ebenso wie Benzoesäure extrazellulär angereichert wird. 3. C. maltosa ist nicht zur weiteren Oxidation von Benzoesäure und Phenylessigsäure befähigt und akkumuliert daher diese Säuren während des Phenylalkan-Abbaus als dead-end-Produkte. Trichosporon asahii 1. In Wachstumsexperimenten mit T. asahii konnte gezeigt werden, dass die Hefe n Alkane (n Dodecan, n Tetradecan, n Hexadecan) und Phenylalkane mit mindestens sieben Kohlenstoff-Atomen in der Alkylseitenkette assimilieren kann. 2. In Biotransformationsexperimenten mit ruhenden Zellen und Phenylheptan konnten anhand von HPLC-, GC-MS- und z. T. NMR-Analysen neun Produkte identifiziert werden: 7 Phenylheptansäure, 7-(2 Hydroxyphenyl)-heptansäure, 3 (2 Hydroxyphenyl) propionsäure, Benzoesäure, 3,4 Dihydroxybenzoesäure, Cumarin, 4 Hydroxycumarin, 4,6 Dihydroxycumarin und 4,8 Dihydroxy-cumarin. 3. Die Bildung der Metaboliten 2 Hydroxyphenylheptansäure und 2 Hydroxyphenylpropionsäure sowie der Cumarine konnte erstmals durch die Ergebnisse der vorliegenden Arbeit für den mikrobiellen Abbau von Phenylalkanen beschrieben werden. Die hydroxylierten Cumarine 4 Hydroxy-, 4,6 Dihydroxy- und 4,8 Dihydroxycumarin wurden bis Versuchende kontinuierlich im Inkubationsmedium akkumuliert, während die übrigen sechs Produkte nur zwischenzeitlich durch die Hefe ausgeschieden wurden. Die Inkubation von T. asahii mit Phenyloctan führte dagegen nur zum Nachweis der hydroxylierten Cumarine. In Biotransformationsexperimenten mit Phenylnonan, Phenyldecan und Phenyldodecan konnte als einziger Metabolit 4 Hydroxy-cumarin detektiert werden. Die für andere Hefen typischen Abbauprodukte wie Benzoesäure und Phenylessigsäure wurden durch diese Aromaten verwertende Hefe nicht akkumuliert. 4. Die Bildung von 4 Hydroxycumarin konnte auch in Biotransformationsexperimenten mit Phenylheptansäure, 2 Hydroxyphenyl-propionsäure, trans 2 Hydroxyzimtsäure sowie Cumarin nachgewiesen werden. Während die Transformation der zwei ortho-hydroxylierten Säuren in Ausbeuten von über 70 % 4 Hydroxycumarin innerhalb von 24 h resultierte, wurden nur 9,4 % der Phenylheptansäure und ca. 13 % des Cumarins in 4 Hydroxycumarin transformiert. 6. Im Hinblick auf die medizinische Bedeutung der Cumarine wurde die Bildung von Cumarinen aus den Präkursor-Stoffen 2,4 Dihydroxyphenylpropionsäure und 7 Hydroxycumarin durch T. asahii geprüft. Dabei konnte 4,7 Dihydroxycumarin während der Inkubation mit 2,4 Dihydroxyphenyl-propionsäure und 7 Hydroxycumarin nachgewiesen werden und zusätzlich 6,7 Dihydroxycumarin mit 7 Hydroxycumarin als Substrat. Eine 20-fache Steigerung der 6,7 Dihydroxycumarin-Konzentration wurde mit Zellen einer Phenol-Kultur im Vergleich zu Zellen, die mit Hefeextrakt kultiviert wurden, erreicht, was auf die Beteiligung einer induzierbaren Phenolhydroxylase hindeutet. 7. Unter Verwendung des Cytochrom P450-Inhibitors 1 Aminobenzotriazol konnte eine Beteiligung von Cytochrom-P450-Enzymen an der ortho-Hydroxylierung des Benzenrings von Phenylalkanen bzw. alkylsubstituierten aromatischen Säuren ermittelt werden. Diese Reaktion ist neben der Einführung einer Doppel-bindung in der Alkylseitenkette eine wesentliche Voraussetzung für die Bildung von Cumarinen. 8. Während der Inkubation von T. asahii mit dem Phenylheptan-Derivat Heptanophenon wurden primär Metaboliten detektiert, die am C1-Atom der Alkylseitenkette eine Hydroxy-Gruppe aufweisen und/oder subterminal am C4-, C5- und C6-Atom oxidiert sind. Aufgrund der Ergebnisse der vorliegenden Arbeit konnte für Hefen erstmals eine subterminale Oxidation von gesättigten Alkylketten nachgewiesen werden. Trichosporon mucoides 1. In den Untersuchungen mit T. mucoides konnte gezeigt werden, dass die Hefe nicht zur Assimilation von n Alkanen (n Dodecan, n Tetradecan, n Hexadecan) befähigt ist. Die Kultivierung mit Phenylnonan und Phenyldecan führte zwar nur zu einer geringen, dennoch signifikanten Zunahme der Biomasse. 2. Obwohl T. mucoides keine n Alkane verwerten kann, wurden in Biotransformationsexperimenten mit Phenylalkanen Metaboliten detektiert, die nicht nur aus terminalen und ß Oxidationsreaktionen an der Alkylseitenkette hervorgegangen sind, sondern auch subterminalen und am Ring stattfindenden Reaktionen zugeschrieben werden konnten. Das Metabolitenspektrum, das in den Untersuchungen mit Phenylalkanen und aromatischen Säuren ermittelt wurde, glich im Allgemeinen dem von T. asahii. Filamentöse Pilze 1. Mit Ausnahme von Penicillium chrysogenum zeigten alle Stämme der getesteten filamentösen Pilze die Fähigkeit zum Wachstum mit Phenyldodecan. Eine besonders starke Zunahme der Biomasse war dabei mit Sporothrix nivea SBUG M 35 und Umbelopsis isabellina SBUG M 1145 zu verzeichnen. Phenylalkane mit kürzeren Alkylseitenketten konnten von den meisten der untersuchten Pilze kaum bzw. nicht als Wachstumssubstrate genutzt werden. 2. In Biotransformationsexperimenten mit C. elegans, M. hiemalis und U. isabellina konnten 5 neuartige Metaboliten identifiziert werden: Zimtaldehyd, Zimtalkohol, Phenylpropanol und Benzylalkohol (deren Bildung wird auf reduktive Reaktionen der entsprechenden Carbonsäuren zurückgeführt) sowie ein Glycinamid der Zimtsäure, das eine Art Konjugat darstellt. 4. Während der Inkubation der filamentösen Pilze Sp. nivea SBUG-M 25 und SBUG M 242 sowie C. elegans und U. isabellina mit Phenylheptan wurde – analog zu Versuchen mit T. asahii - auch 4 Hydroxycumarin als Metabolit nachgewiesen.
Im Rahmen dieser Dissertation konnten zahlreiche unterschiedliche Substanzklassen mit Hilfe der Laccase verknüpft werden. Die dabei synthetisierten Verbindungen können nicht nur als Feinchemikalien in der organischen Synthese sondern auch für die Herstellung von antimikrobiellen und antikanzerogenen Medikamenten oder funktionellen Biomaterialien genutzt werden. Potential der Laccase zur Herstellung von Wirkstoffen: Die Synthese von antimikrobiellen Wirkstoffen durch die laccasekatalysierte Derivatisierung konzentrierte sich vor allem auf verschiedene Azole und Morpholine. Die isolierten Derivate wurden hinsichtlich ihrer biologischen Wirkung untersucht. Azole und Morpholine sind Bestandteil verschiedener antifungaler Medikamente und Fungizide. Eine Derivatisierung dieser Substanzklassen könnte neue Verbindungen mit neuen Eigenschaften, wie z.B. einem erweiterten Wirkungsspektrum, führen. Synthese der potentiellen Wirkstoffe 1. Für die laccasevermittelte Derivatisierung der Azole und Morpholine wurden para-dihydroxylierte aromatische Verbindungen als Ausgangsstoffe eingesetzt. Im Verlauf der Reaktion erfolgte eine laccasekatalysierte Oxidation der jeweiligen para-dihydroxylierten aromatischen Verbindung zum Chinon, welches dann einer Aminierung durch eine intermolekulare Michael-Addition (1,4-Addition) unterlag und in der Bildung von C N verknüpften monoaminierten Produkten resultierte. Bei einer erneuten laccasevermittelten Oxidation des gebildeten monoaminierten Produktes und anschließender Aminierung entstanden diaminierte Produkte. Die gebildeten Hybridmoleküle bestanden folglich aus einem Molekül der para-dihydroxylierten aromatischen Verbindungen in chinoider Form und einem (monoaminiertes Produkt; Dimer) bzw. zwei (diaminiertes Produkt; Trimer) Molekül/en des Morpholins bzw. Azols. 2. Darüber hinaus wurde die laccasekatalysierte Synthese von neuartigen Zyklisierungsprodukten nachgewiesen, deren Bildung weder mittels Laccase noch mit chemischen Syntheseverfahren bislang beschrieben wurde. Die wichtigsten Gruppen dieser neuen Zyklisierungsprodukte sind Cycloheptene und Cyclooctene. Testung der potentiellen Wirkstoffe hinsichtlich ihrer biologischen Wirkung 3. Zur Prüfung der antimikrobiellen Aktivität gegenüber Candida maltosa und bei ausgewählten Verbindungen gegenüber Candida albicans wurde die Methode des EUCAST discussion document E.Dis 7.1 über die MHK-Bestimmung in Mikrotiterplatten modifiziert. Ein Vergleich der hemmenden Wirkung von ausgewählten Produkten und der für deren Synthese genutzten Ausgangsstoffe gegenüber dem Testorganismus Candida maltosa mit Candida albicans ergab eine weitestgehende Übereinstimmung der MHK-Werte und ermöglicht in hohem Maße die Übertragung der ermittelten MHK-Werte mit Candida maltosa auf die medizinisch relevante Hefe Candida albicans. Zur Bestimmung der antimikrobiellen Aktivität wurde ein Agardiffusionstest eingesetzt und die Testung der zytotoxischen Aktivität erfolgte gegenüber einer humanen Blasenkrebszelllinie. 4. Die neu synthetisierten Verbindungen wiesen sowohl eine antibakterielle und antifungale Aktivität als auch eine zytotoxische Wirkung auf. Die Dimere zeigten z.B. eine antibakterielle und antifungale Wirkung während die Trimere keine oder nur vereinzelt eine antimikrobielle Wirkung aufwiesen. Die getesteten Zyklisierungsprodukte zeigten meist nur geringe hemmende Wirkung auf Candida maltosa. Potential der Laccase zur Herstellung von Biomaterialien: Als Vorbild für die Herstellung von Biomaterialien diente der von marinen Muscheln zur Anheftung an den Untergrund gebildete Klebstoff, der durch Polymerisationsreaktionen von Peptiden entsteht. Derartige Polymere könnten zur Herstellung von bioresorbierbaren Klebstoffen, z.B. für die Gesichtschirurgie zur Klebung von Knochensplittern, genutzt werden. 1. Die Derivatisierung von Aminosäuren und Peptiden mit para- und ortho-dihydroxylierten aromatischen Substanzen führte zur Bildung sowohl von di- und trimeren als auch polymeren Reaktionsprodukten. Die Laccase ermöglichte die Derivatisierung von geschützten aber auch ungeschützen Aminosäuren und Peptiden in einer sogenannten "one pot" Reaktion. 2. Ein Vergleich der Reaktionen mit Laccase und dem chemischen Katalysator Natriumiodat ergab für die Reaktionen der Aminosäuren L-Phenylalanin und L-Tryptophan mit 2,5-Dihydroxyacetophenon einen klaren Vorteil der Laccase. Die Ergebnisse der einzelnen Reaktionen belegen, dass eine effektive Derivatisierung von verschiedenen Substanzklassen mit Hilfe der Laccase als einem biologischen Katalysator möglich ist. Die relativ einfach durchführbare und effiziente laccasevermittelte Reaktion kann dabei auch für die Herstellung von neuartigen Verbindungen mit biologischer Wirkung genutzt werden. Die weitere Charakterisierung der Wirkstoffe wird zeigen, ob und inwieweit diese Verbindungen konkurrenzfähig gegenüber Standardverbindungen sind, die in der Human- und Veterinärmedizin aber auch der Landwirtschaft eingesetzt werden.
Innerhalb der vorliegenden Arbeit wurden verschiedene Bakterien- und Hefestämme der Stammsammlung Biologie des Institutes für Mikrobiologie der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald (SBUG) auf einen Umsatz von 9H-Carbazol untersucht. Neben Ralstonia spec. SBUG 290, Rhodococcus erythropolis SBUG 271 sowie den zwei im Rahmen dieser Arbeit als Pseudomonas putida identifizierten Stämmen SBUG 272 und SBUG 295 zählten zu den Bakterienstämmen 22 weitere noch nicht abschließend charakterisierte Isolate. Die geprüften Hefestämme umfassten neben 7 Vertretern der Gattung Trichosporon auch 19 nicht identifizierte Stämme. Basierend auf der für diese Mikroorganismen bereits nachgewiesenen Verwertung von Biphenyl beziehungsweise Dibenzofuran bestand die Hypothese, dass diese Stämme aufgrund von Strukturanalogien der Substrate auch in der Lage sind, weitere Heterozyklen zu transformieren. Angesichts des sehr breiten pharmakologischen Wirkungs- und Anwendungsspektrums von Carbazol-Derivaten wurde primär geprüft, inwieweit sich mit Hilfe dieser spezialisierten Mikroorganismen hydroxylierte Carbazol-Derivate als Ausgangssubstanzen für spätere Synthesen herstellen lassen. Da die verwendeten Bakterien im Gegensatz zu den Hefen zu einer Transformation von 9H-Carbazol befähigt waren, wurden mit diesen Stämmen Untersuchungen zur mikrobiellen Transformation von insgesamt 9 zusätzlichen stickstoffhaltigen Biarylverbindungen (2,3,4,9-Tetrahydro-1H-carbazol, 9-Methyl-9H-carbazol, Carbazol-9-yl-methanol, Carbazol-9-yl-essigsäure, 3-Carbazol-9-yl-propionsäure, 2-Carbazol-9-yl-ethanol, Acridin, 10H-Acridin-9-on, Phenazin) durchgeführt. Aufgrund der im Unterschied zu bisherigen Publikationen zum Umsatz von Biarylen festgestellten abweichenden Produktbildung bei Inkubation mit 9H-Carbazol wurden die Bakterienstämme für vergleichende Analysen ebenfalls auf die Transformation von Dibenzothiophen sowie 9H-Fluoren geprüft. Insgesamt wurden bei der Transformation der getesteten Biarylverbindungen 55 Produkte untersucht, von denen 34 bislang für Bakterien noch nicht beschrieben wurden. Basierend auf GCMS-, LCMS- und NMR-Analysen konnten insgesamt 29 Verbindungen identifiziert und für 14 Transformationsprodukte anhand der erhaltenen Daten vorläufige Strukturvorschläge unterbreitet werden. Zusätzlich wurde im Rahmen dieser Arbeit für weitere 8 der in den Versuchen gebildeten Produkte bereits eine erste strukturanalytische Charakterisierung vorgenommen. In weiterführenden Versuchen wurden die durch die Bakterienstämme gebildeten Produkte als Substrate eingesetzt, um zu analysieren auf welche Weise die über primäre Hydroxylierungsreaktionen hinausgehenden Transformationen dieser Substanzen erfolgen. Dazu wurden, in erster Linie am Beispiel von Ralstonia spec. SBUG 290, insgesamt 28 der gebildeten Produkte auf einen weiteren Umsatz geprüft, darunter 14 Substanzen, die kommerziell nicht verfügbar sind und daher zuvor in größeren Mengen aus den Transformationsansätzen gereinigt wurden. Basierend auf diesen Untersuchungen konnten schließlich anhand der nachgewiesenen Produkte Aussagen zu den durch die Stämme katalysierten Transformationswegen abgeleitet werden. In Versuchen mit dem rekombinanten Stamm Escherichia coli DH5alpha SBUG 1575, der die Gene bphA1–A3 der Biphenyl-2,3-dioxygenase aus Ralstonia spec. SBUG 290 trägt, wurde die Beteiligung dieses Enzyms am Umsatz der eingesetzten Biarylverbindungen untersucht.
Ziel der Arbeiten war es, ein Hefe basiertes Testsystem zu entwickeln, mit dem in komplexen Proben (Urin, Milch, Ab-, Brack-, See-, Mineralwasser, Lebensmittel, Kosmetika und pharmazeutische Formulierungen) mit möglichst geringem Aufwand/Probevolumen/Kosten estrogene Aktivitäten be-stimmbar sind. Der entwickelte neue Arxula adeninivorans Estrogen-Screen (nAES-Assay) ermöglicht die Detektion estrogen-wirksamer Substanzen als Summenparameter. Der In vitro-Assay basiert auf transgenen A. adeninivorans-Zellen mit zwei Expressionsmodulen (Rezeptorgenmodul mit TEF1-Promotor – hERa-Gen – PHO5-Terminator, Reportergenmodul mit Arxula eigenen GAA-Promotor – phyK/ATAN1-Gen – PHO5-Terminator). Durch die Insertion zweier "Estrogen-Response-Elemente" (EREs) in die GAA-Promotorregion wurde diese zum Estrogen induzierbaren Promotor GAA2xERE–107 modifiziert. Als Reporter wurden zwei nicht-konventionelle Gene benutzt, die Klebsiella sp. ASR1 abgeleitete PhytaseK (phyK-Gen) und die Tannase (ATAN1-Gen) aus Arxula. Um die Genmodule in das Arxula Genom zu integrieren wurde die Transformations-/Expressionsplattform Xplor® 2 mit den Selektionsmarkermodulen ALEU2-/delALEU2-Promotor – ATRP1-Gen verwendet. Vorteil dieser Plattform ist, dass keine dominanten Resistenzmarker (HPH1(r)) in die Hefe übertragen werden und sich mitotisch stabile Hefetransformanten selektieren lassen. Xplor® 2 ermöglicht zudem die komplette Eliminierung aller E. coli-Plasmidbestandteile einschließlich Resistenzgene (Kan(r), Amp(r)). Die im Rahmen der Arbeit selektierten Transformanten wurden bezüglich ihrer Robustheit und Anwendbarkeit als biologische Komponente für den nAES-Assay geprüft. Anhand der auf PhytaseK und Tannase als Reporter basierenden zwei Varianten des nAES-Assays (nAES-P, nAES-T), wurde eine "Standard Operation Procedure – SOP" erstellt, was die Nutzbarkeit des Assays vereinfacht. Die Testplattform umfasst 96-well Arbeitsstandard, lyophilisierten Hefezellen und der validierten Testprozedur mit passender, von der quo data GmbH Dresden entwickelen Auswertesoftware Bioval®. Die Verwendung von A. adeninivorans G1212 [aleu2 atrp1::ALEU2] mit unikal integrierter Kassette in Verbindung mit dem Selektionsprotokoll ermöglichte eine ~2-fache Verbesserung der Messparameter des nAES im Vergleich zum konventionellen A-YES. Die zwei nAES Assay genutzten Reportervarianten wurden hinsichtlich Temperatur-, pH-Optimum und Anwendbarkeit in verschiedenen Proben charakterisiert. So eignet sich nAES-P besser für die Messung von Brack- und Seewasserproben, während der nAES-T die höhere Robustheit gegenüber NaCl aufweist. nAES-T und nAES-P erreichen bei der Bestimmung von estrogenwirksamen Substanzen in Urin und Abwasserproben mit 6–25 h Assaydauer, Nachweis-, Bestimmungsgrenze und EC50-Wert für 17b-Estradiol von 2,8; 5,9; 33,2 ng/l (nAES-P) bzw. 3,1; 6,7; 39,4 ng/l (nAES-T) ähnliche Charakteristika. Dem gegenüber sind die Substratspezifität und der dynamische Messbereich innerhalb der beiden Varianten annähernd gleich. Daraus ergibt sich, dass sich der nAES-Assay basierend auf der nicht-konventionellen Hefe A. adeninivorans besonders für die Analyse von komplexen Umweltproben und im regulatorischen Sektor (Abwasserkontrolle, Steroidanalytik, REACh) eignet. In ersten Versuchen mit Realproben, wie Abwasser zeigten sich durchschnittliche estrogene Belastungen des Abwassers von < 6 ng/l. In Direkteinleitern ohne jegliche Behandlung konnten 17b-Estradiol estrogenequivalente-Aktivitäten (nAES-EEQ) von 8–70 ng/l detektiert werden. Die zusätzliche Messung von 47 Rinderurinen mit dem nAES-Assay auf estrogen-wirksame Substanzen ergab eine gute Korrelation zur parallel durchgeführten chemischen Analysen (ana-EEQ) mit GC/MS. Dies unterstreicht den praktischen Nutzen der nAES-EEQ Ergebnisse. In Kälberurin wurde ein durchschnittlicher nAES-EEQ von 800 ng/l und in Rinderurinen (älter als 24 Wochen) von 13000 ng/l bestimmt. Auch Testserien mit Mineralwasser und Eluaten aus dazugehörigen Verpackungsbestandteilen dokumentierten mit nAES-EEQs von < 6 ng/l die Praxistauglichkeit des nAES Assays. Damit hat sich dieser Assay als ein relativ schneller Assay zu Messung estrogener Aktivitäten in komplexen Probenmatrices (inklusive inhibitorischer Bestandteile), wie Urin und Abwasser, ohne aufwendige Aufkonzentrierungen und Vorbehandlungsschritte erwiesen. Die Vorteile zu vergleichbaren Assays und zelllinienbasierten Testsystemen sind seine leichte Handhabung und das Vorhandensein einer bereits erprobten/validierten Testprozedur.
Das humanpathogene Bakterium Staphylococcus aureus kann verschiedene, zum Teil lebensbedrohliche Erkrankungen wie Hautinfektionen (Furunkel, Karbunkel), Lungen-entzündung, Osteomyelitis (Knochenmarksentzündung), Endokarditis (Entzündung der Herzinnenhaut) und Sepsis auslösen. Dabei gehört S. aureus zu den häufigsten Erregern von Krankenhausinfektionen, sogenannten Nosokomialinfektionen. Deren Behandlung mittels Antibiotika stellt aufgrund von multiplen Antibiotikaresistenzen von S. aureus eine immer größere Heraus¬forderung dar, da dieser fähig ist, sich rapide an verändernde Umweltbedingungen anzu¬passen. Die Interaktion des pathogenen Bakteriums mit seiner Umwelt und seinem Wirt ist insbesondere durch den Proteinbestand, der auf der Zelloberfläche exponiert ist, bestimmt. S. aureus exprimiert ein Arsenal an Zellober-flächen-gebundenen Virulenzfaktoren, die zur Kolonisierung und Infektion von humanem Gewebe führen. Ziel dieser Arbeit war die Entwicklung und Anwendung von Massen¬spektrometrie-basierten Methoden zur Identifizierung und Quantifizierung der Zellober¬flächen¬-assoziierten Proteine von S. aureus. Dabei ist es gelungen, durch die Gel-freien und GeLC-MS/MS-basierten Methoden Biotinylierung und Trypsin-Behandlung 77% aller be-kannten Oberflächenproteine und zwei Drittel aller nach außen ragenden Membran-veran-kerten Lipoproteine von S. aureus zugänglich zu machen. Bei der Biotinylierung handelt es sich um eine Methode, bei der die Oberflächenproteine von intakten Zellen mit einem membranimpermeablen Reagenz markiert und anschließend über Affinitäts¬chroma-tographie aufgereinigt werden. Dagegen erfolgt bei der Trypsin-Behandlung die proteo-lytische Abspaltung der Oberflächen-exponierten Protein¬domänen. Erstmalig ist durch Markierung der Proteine mit stabilen Isotopen, dem sogenannten 14N/15N-metabolischen Labeling, auch eine relative Quantifizierung der Oberflächenproteine von S. aureus möglich. Bei der Analyse des Oberflächenproteoms von wachsenden und nicht-wachsenden S. aureus Zellen konnten mittels Biotinylierung 146 Oberflächenproteine identifiziert werden. Durch relative Quantifizierung wurde gezeigt, dass Zelloberflächen-assoziierte Adhäsine von S. aureus, wie der Fibrinogen-bindende clumping Faktor B, vorzugsweise während des Wachstums exprimiert werden, während nicht-wachsende Zellen erhöhte Mengen an clumping Faktor A aufweisen. Desweiteren war die Menge an immunodominanten Antigen B auf der Zelloberfläche in der stationären Phase mehr als 10-fach erhöht. Bei dieser Arbeit wurde erstmalig das Gesamt¬proteom des Methicillin-resistenten Staphylococcus aureus COL, bestehend aus cytosolischem, extra¬zellulärem, Membran- und Oberflächenproteom, um¬fassend identifiziert und quantifiziert (Becher et al., 2009). Um die Pathogenität von S. aureus näher zu erforschen, wurde das Oberflächenproteom des Wildtyps mit dem einer sigB-Mutante verglichen. Der alternative Sigma-Faktor SigmaB kontrolliert ein großes Regulon bestehend aus etwa 300 Genen, von denen viele in die Virulenz von S. aureus involviert sind. Durch Kombination von 14N/15N-metabolischen Labeling, Biotinylierung und GeLC-MS/MS konnten 98 Oberflächen-proteine quantifiziert werden. Von den 49 Proteinen, die in der sigB-Mutante verändert vorlagen, waren 21 schon als SigmaB-abhängig oder durch SigmaB beeinflusst bekannt. In dieser Arbeit konnten weitere 28 Oberflächenproteine erstmalig als SigmaB-abhängig beschrieben werden. Die Gruppe der Zelloberflächen-assoziierten Proteine und Virulenz-faktoren, die durch SigmaB beeinflusst werden, wurde so erweitert (Hempel et al., 2010). Durch Trypsin-Behandlung wurden insgesamt 63 Oberflächen¬proteine beim Vergleich vier verschiedener S. aureus Stämme identifiziert. Hierbei konnte gezeigt werden, dass das Oberflächenproteom verschiedener S. aureus Stämme extrem variabel ist. Weniger als 10% der identifizierten Oberflächenproteine aller vier Stämme stimmten überein (Dreisbach et al., 2010). Eine optimale Analyse der Oberflächen¬proteine von S. aureus wird durch eine Kombination von Biotinylierung und Trypsin-Behandlung erreicht. Es konnte gezeigt werden, dass Sortase-Substrate insbesondere durch Trypsin zugänglich sind, während Lipoproteine optimal durch Biotinylierung analysiert werden können. Das Protokoll zur Trypsin-Behandlung wurde modifiziert, stark vereinfacht und ist auch zur Quantifizierung von Oberflächen¬proteinen geeignet. Durch Kombi¬nation beider Methoden mit 14N/15N-metabolischen Labeling konnten 221 Oberflächen¬proteine identifiziert und 158 quantifiziert werden. Hierbei wurde S. aureus unter Eisenmangel-bedingungen untersucht. In den Körperflüssigkeiten von Säugetieren herrschen Eisenmangelbedingungen, und diese fungieren als wichtiges Wirtssignal für die Bakterien um Virulenzproteine zu exprimieren. Unter diesen infektionsrelevanten in vitro Bedingungen wurden insbesondere Zelloberflächenproteine wie die eisenabhängigen Häm-bindenden Proteine IsdA, IsdB, IsdC und IsdD, sowie lipidver¬ankerte Eisen-bindende Proteine stark induziert gefunden (Hempel et al., unpublished).
Staphylococcus aureus ist einer der bedeutendsten Erreger von Infektionen der Milchdrüse (Mastitis). In dieser Arbeit wurden 16 S. aureus-Isolate aus bovinen Mastitisinfektionen unterschiedlicher geografischer Herkunft umfassend charakterisiert, um tiefere Einblicke in die Wirtsspezifität von S. aureus zu erlangen. Das bovine Mastitisisolat S. aureus RF122, dessen Genomsequenz seit kurzem verfügbar ist, wurde zum Vergleich in die Studien einbezogen. Mittels Multilocus Sequence Typing wurde die klonale Verwandtschaft der Stämme analysiert und ihre Zugehörigkeit zu bestimmten Sequenztypen bzw. klonalen Komplexen ermittelt, von denen einige unter bovinen S. aureus-Isolaten weltweit sehr verbreitet sind.Zum Nachweis von virulenz- und resistenzassoziierten Genen, sowie regulatorischen und speziesspezifischen Markergenen wurde ein diagnostischer DNA-Microarray eingesetzt. Es konnte gezeigt werden, dass das individuelle Profil der Isolate sehr stark variierte und sich selbst Stämme mit dem gleichen Sequenztyp in ihrem variablen Genom teilweise erheblich unterschieden. Nur 43 Gene, die u.a. für Hämolysine, Proteasen, Leukocidine kodieren, waren in allen Stämmen konserviert. Es wurde auch die Existenz einiger als bovin-spezifisch angesehener Gene, bzw. die Abwesenheit humanspezifischer Gene nachgewiesen. Zusätzlich wurde die Expression von Virulenzfaktoren mittels 2D-Gelelektrophorese und massenspektrometrischer Identifizierung analysiert. Wie erwartet unterschieden sich die extrazellulären Proteommuster der einzelnen Stämme stark. Nur zwölf sekretierte Proteine wurden (in unterschiedlicher Menge) von mindestens 80 % der bovinen Isolate gebildet, und bilden das sogenannte „Core-Exoproteom“. Auch Isolate mit nahezu identischer genetischer Zusammensetzung unterschieden sich z.T. erheblich in ihrem Exoproteom, was sehr gut mit der Transkription des Virulenzgenregulators RNAIII korrelierte. Weiterhin wurde die mitogene Wirkung der Kulturüberstände auf humane und bovine PBMC (mononukleäre Zellen aus peripherem Blut) untersucht. Dabei fiel auf, dass zwei Isolate, welche Gene der bovinen Pathogenitätsinsel SaPIbov trugen, bovine T-Zellen stärker als humane stimulierten, was auf wirtsspezifische Unterschiede in der Aktivität dieser Superantigene hindeutet. Schließlich konnten durch den Vergleich mit S. aureus-Isolaten aus humanen Infektionen bestimmte Proteine ermittelt werden, die häufiger mit einem bestimmten Wirt assoziiert sind. Die Variabilität in der Expressionshäufigkeit dieser Proteine könnte mit der Wirtsspezifität von S. aureus im Zusammenhang stehen. Als pathogener Mikroorganismus ist S. aureus hohen Konzentrationen an reaktiven Sauerstoff- und Stickstoffspezies (ROS und RNS) ausgesetzt, die im Rahmen der unspezifischen Wirts-Immunantwort gebildet werden. Um das Verständnis über seine Anpassungsstrategien zu erweitern, wurden vier Substanzen, die oxidativen bzw. nitrosativen Stress verursachen, eingesetzt: Wasserstoffperoxid (H2O2), eine Vorstufe des stark toxischen Hydroxylradikals; Diamid, ein spezifisches Thiol-Oxidationsmittel, die Superoxidanion-generierende Substanz Paraquat, sowie der NO-Donor MAHMA NONOate. Für jeden Stressor wurden Proteomsignaturen durch Auftrennung der cytoplasmatischen Proteine mittels 2D-Proteingelelektrophorese und anschließender massenspektrometrischer Identifizierung erstellt. Die zu verschiedenen Zeitpunkten nach Stressauslösung neu synthetisierten Proteine wurden mittels L-[35S]-Methionin radioaktiv markiert und quantifiziert. Mindestens zweifach induzierte Proteine wurden als Markerproteine für einen bestimmten Stressor definiert. Durch Zugabe von 10 mM H2O2 wurden verstärkt Proteine synthetisiert, die an Synthese, Reparatur oder Schutz von Nukleinsäuren oder DNA beteiligt sind, was bestätigt, dass die DNA ein Hauptziel H2O2-induzierter Schädigung ist. Unter Einfluss von 10 nM Paraquat wurden Proteine mit sehr unterschiedlichen biologischen Funktionen, wie z.B. Aminosäuresyntheseenzyme und Cofaktoren, induziert. Der durch 1 mM Diamid induzierte Thiolstress führte wie erwartet zur verstärkten Neusynthese CtsR und HrcA-kontrollierter Chaperone und Proteasen, was auf die Akkumulation fehlgefalteter Proteine hindeutet, die höchstwahrscheinlich durch nichtnative Disulfidbrücken an den Thiolgruppen der Cysteinreste entstanden sind. Die Induktion von Peroxiredoxinen und einer Thioredoxinreduktase lassen auf ein gestörtes Redoxgleichgewicht in der Zelle schließen. Die Effekte von NO ähnelten denen, die auch unter Sauerstofflimitation beobachteten wurden. Viele Markerproteine sind in Glykolyse und Fermentation involviert und durch Nachweis der entsprechenden Fermentationsprodukte konnte eine höhere Aktivität fermentativer Stoffwechselwege bestätigt werden. Die Fähigkeit, unter Einfluss von NO auf anaeroben Metabolismus umzuschalten, könnte ein entscheidender Vorteil von S. aureus und essentiell für seine höhere Resistenz gegenüber NO sein.
Zur Aufklärung der molekularen Grundlagen einer Infektion mit dem Pseudorabiesvirus (PrV), dem Erreger der Aujeszky’schen Krankheit beim Schwein, wurde eine qualitative und quantitative Proteomstudie von PrV-infizierten bovinen Nierenzellen (MDBK) durchgeführt. Die Erstellung der Proteomkarten erfolgte durch hochauflösende zweidimensionale Gelelektrophorese, mit der neben zum größten Teil unmodifizierten Proteinen auch eine Reihe von Proteinen mit posttranslationalen Modifikationen nachgewiesen werden konnten. Die Identifizierung der Proteine erfolgte mit dem Peptidmassenfingerabdruck durch Matrix Assisted Laser Desorption/Ionisation Time-of-Flight(MALDI-TOF)-Massenspektrometrie. Proteine wurden massenspektrometrisch durch die stable isotope labelling by amino acids in cell culture (SILAC)-Technik quantifiziert. Um die Komplexität des Gesamtzellextraktes zu reduzieren, wurde eine Affinitätsfestphasenchromatographie aus verschiedenen Matrices, bestehend aus einer Cibacron Blau F3G-A Matrix, die Nukleotid-bindende Proteine bindet, einer Heparin Matrix, die DNA-bindende Proteine bindet und einer Phosphoprotein spezifischen Metallchelatmatrix etabliert. Dabei zeigte sich, dass sich der Gesamtzellextrakt in gut definierte Teilproteome fraktionieren ließ. Die Fraktionierung zeichnete sich durch eine hohe Trennschärfe, eine hohe Effizienz und eine spezifische Anreicherung entsprechend der Affinitäten der verwendeten Matrices aus. Zur weiteren Erhöhung der zu analysierenden Proteine wurden die Fraktionen auf mehreren Fokussierungsstreifen mit unterschiedlichen pH-Wert Bereichen (3-6, 4-7, 6-9 und 3-10) analysiert, wobei sich lediglich der pH-Bereich zwischen 3-6, als relativ proteinarm erwies. Die Streuung bezüglich der relativen Quantifizierung wurde in einem Kontrollversuch bestimmt. Sie war sehr gering, was auch die Erfassung sehr kleiner Unterschiede in den Expressionsniveaus erlaubt. Das bovine Wirtszellproteom erwies sich vier Stunden nach Infektion mit dem PrV in qualitativer und quantitativer Hinsicht, trotz des beschriebenen shutoff, der zu einem Abbau der zellulären mRNA führt, als überraschend stabil. Quantitative Unterschiede wurden bei 109 Wirtszellproteinen gefunden. Vorwiegend handelte es sich dabei um Proteine der Kernlamina, Bestandteile des Translationsapparates, Proteine des Membran- und intrazellulären-Transports, sowie Proteine der Stressantwort. Bei den Proteinen Lamin A/C und B2, 60S Saures Ribosomale Protein P0, Hitzeschock-27 Protein 1, Heterogenes Nukleäres Ribonukleoprotein K, Sorting Nexin-9 und dem Eukaryotischen Translations-Initiations Faktor 4B wurden Mengenverschiebungen zwischen den Isoformen hin zu den stärker negativ geladenen Varianten beobachtet, die möglicherweise auf Phosphorylierungen zurückzuführen sind. Um den Mechanismus der Regulation der Wirtszellproteinexpression genauer zu untersuchen, wurde aufbauend auf den Ergebnissen der Proteomstudie eine Transkriptanalyse durchgeführt. Transkriptom- und Proteom-Analysen nach einer PrV-Wildtyp-Infektion zeigten eine nur geringe Korrelation, sodass die beobachteten Veränderungen der Proteinmengen die Folge von posttranslationalen Vorgängen sein dürften. Neben der Quantifizierung von Wirtszellproteinen wurde die SILAC-Methode zur Quantifizierung der Expression von viralen Proteinen in Deletionsmutanten getestet. Dazu wurde der Analysengang verändert und MDBK-Zellen mit einer PrV-US3-Deletionsmutante (PrV-ΔUS3) und dem PrV-Wildtyp infiziert. Die Extrakte aus PrV-Wildtyp-infizierten Zellen wurden als globaler interner Standard verwendet. Die Verwendung der SILAC-Methode erlaubte hier die Anwendung der sonst sehr Artefakt-anfälligen Zellfraktionierung in Zytosol- und Kernextrakte zur Reduktion der Probenkomplexität. Ein Vergleich zur Affinitätsfestphasenextraktion zeigte, dass ein Großteil der identifizierten Proteine auch mit letzterer erfasst wird. Einige wichtige Kernproteine wie Spleißfaktoren konnten aber nur in der Kernfraktion identifiziert werden. Vergleiche von Zellextrakten nach Infektion mit PrV-Wildtyp oder einer US3-negativen Mutante zeigten Veränderungen in den Expressionsniveaus der viralen Proteine pUL29, pUL39 und pUL42. Dabei besaßen pUL29 und pUL39 eine erhöhte und pUL42 eine verminderte relative Abundanz in Abwesenheit des pUS3. Die Proteine pUL29 und pUL42 traten in mehreren Ladungsvarianten auf, wobei das pUL42 zusätzlich eine Größenvariante aufwies. Im dritten Teil dieser Arbeit wurde ein SILAC-gestütztes Verfahren zur Quantifizierung der Expression von Fremdgenen in viralen Vektoren etabliert.
Hochpathogene aviäre Influenza-Viren (HPAIV) entstehen aus niedrig pathogenen aviären Influenza-Viren (LPAIV) durch die Erlangung einer polybasischen Spaltstelle im Hämagglutinin (HA). Diese gilt als Hauptvirulenzdeterminante. Durch die polybasische Spaltstelle kann das HA-Vorläuferprotein ubiquitär durch Subtilisin- ähnliche Proteasen gespalten werden, was zu einer systemischen Infektion führt. Bis jetzt sind in der Natur nur HPAIV der Serotypen H5 und H7 bekannt. Es ist noch unklar, ob die Umgebung der HA-Spaltstelle in der Evolution zum HPAIV angepasst werden muss, oder ob HA vom Serotyp H5 die polybasische HA-Spaltstelle besonders schnell erwerben können und ob die artifizielle Einführung einer polybasischen HA-Spaltstelle in verschiedene LPAIV HA-Serotypen zu einem hochpathogenen Phänotyp führt. Diese drei Fragestellungen wurden in separaten Projekten in der vorliegenden Arbeit untersucht. Vergleiche der HA-Spaltstellenumgebungen zeigten, dass die meisten HPAIV H5- Isolate entweder Serin oder Threonin an Position 323 (H3-Nummerierung) des HA tragen. LPAIV H5-Isolate besitzen dagegen an der korrespondierenden Stelle Valin. Darüber hinaus weisen die meisten LPAIV H5 an Position P2 der HA-Spaltstelle ein Threonin auf. Daher wurde der Einfluss dieser beiden Positionen auf die Virulenz untersucht. Hierzu wurden monobasische und polybasische HA-Spaltstellenmutanten des HPAIV A/Swan/Germany/R65/02 H5N1 (H5/R65) mit Hilfe der reversen Genetik hergestellt. In den in vitro Untersuchungen zeigten alle monobasischen HA-Spaltstellenmutanten den erwarteten Phänotyp eines LPAIV. Beim Wachstumsverhalten führte allerdings Serin zu einer effizienteren frühen Replikation. Außerdem scheint das HA-Spaltmotiv E-R!G, welches bisher in keinem LPAIV H5 gefunden wurde, einen Nachteil gegenüber dem HA-Spaltstellenmotiv E-T-R!G zu haben, welches bei LPAIV H5- Isolaten fast ausschließlich zu finden ist. Dieser Nachteil kann allerdings durch den Austausch von Valin 323 zu Serin aufgehoben werden. Im Gegensatz dazu führte der Austausch von Serin 323 zu Valin im HPAIV H5/R65 zu keinen Unterschieden in vitro. In vivo zeigten mit H5/R65-V infizierte Hühner aber ein verlängertes Überleben. Daher ist anzunehmen, dass Serin an Position 323 zur Virulenz im Huhn beiträgt. Die Evolution vom LPAIV Vorläufer zum HPAIV scheint nicht nur den Erwerb der polybasischen HA-Spaltstelle zu benötigen sondern auch die Veränderung von Regionen außerhalb der Spaltstelle. Um zu untersuchen, ob auch andere LPAIV außer H5 und H7 in der Lage sind, polybasische HA-Spaltstellen zu erwerben, wurden Selektionsversuche durchgeführt. Die HA verschiedener Serotypen (H3, H4, H5, H6, H7, H8, H9) wurden, um möglichst naturnahe Bedingungen zu schaffen, degeneriert mutagenisiert und dann ohne Zugabe einer externen Protease auf Trypsin-unabhängiges Wachstum hin selektiert. Es wurden nur von der monobasischen HA-Spaltstellenmutante des H5/R65 mit degeneriert mutagenisiertem HA, polybasische HA-Mutanten selektiert. Diese Viren zeigten eine ungewöhnliche AS-Komposition an der Spaltstelle, die weder der Wildtyp-Spaltstelle von H5/R65 noch einer natürlich bei HPAIV H5 vorkommenden Spaltstelle ähnelt. Zwei der isolierten Selektanten zeigten in weiteren in vitro Charakterisierungen den Phänotyp eines HPAIV. Da die Selektanten die restlichen sieben Gene und, außer der Spaltstelle, auch das HA mit H5/R65 gemeinsam haben, ist davon auszugehen, dass sie auch in vivo den Phänotyp eines HPAIV zeigen würden. Außerdem scheint es bei H5-Stämmen eine Prädisposition zum leichteren Erwerb einer polybasischen HA-Spaltstelle zu geben, wohingegen andere LPAIV-HA unter naturnahen Bedingungen polybasische HA-Spaltstellen deutlich schwerer erwerben können. Bei A/Chicken/Emirates/R66/02 H9N2 (H9/R66) führte die artifizielle Einführung der polybasischen HA-Spaltstellen eines HPAIV H5 oder H7 allein zwar zu Trypsin- unabhängigem Wachstum in vitro, bei Infektion von Hühnern blieb der Phänotyp aber unverändert niedrigpathogen. Die HA-Reassortante H9/R66+HAH5/R65 führte zur vorübergehenden nicht-letalen Erkrankung mit influenzatypischen Symptomen. Dagegen wies die Reassortante H5/R65+HAH9/R66mutR65 mit einem intravenösen Pathogenitäs-Index von 1,23 den Phänotyp eines HPAIV auf. Dies zeigt, dass ein HPAIV vom Serotyp H9 möglich ist, wenn das HA eine polybasische Spaltstelle erwirbt und einige oder alle anderen Gene von einem HPAIV H5 abstammen.
Molekulare Mechanismen der Adaptation sowie Impfstudien zur Bekämpfung von aviären Influenza-A-Viren
(2010)
Wildvögel stellen die natürlichen Wirte und das Hauptreservoir für Influenza-A-Viren dar. Einige Influenza-Stämme konnten sich zudem an verschiedene Säugetierarten wie Mensch, Schwein oder Pferd anpassen. Die molekularen Mechanismen der Adaptation von Influenza-A-Viren an einen neuen Wirt sind komplex. Sie werden u. a. auf eine modifizierte Interaktion viraler Proteine mit Wirtszellproteinen zurückgeführt, die in Verbindung mit dem Auftreten von Punktmutationen in viralen Proteinen, vor allem den Polymeraseproteinen, steht und zu einer optimierten Replikation von Influenza-A-Viren im neuen Wirt führen kann. Im Rahmen dieser Doktorarbeit wurden molekulare Werkzeuge entwickelt, die der Identifizierung wirtsspezifischer Interaktionspartner der viralen Ribonukleoprotein-Komplexe (vRNP) dienen können. Dazu wurden mittels reverser Genetik rekombinante Influenza-A-Viren unterschiedlichen Wirtsspektrums mit einem Strep-tag als Markierung am C-Terminus der Polymerase-Untereinheit PB2 generiert. Zu den verwendeten Viren zählten das humane A/HongKong/1/68 (H3N2), die beiden speziesübergreifenden Viren A/swan/Germany/R65/06 (H5N1) (‚R65‘) sowie A/seal/Massachusetts/1/80 (H7N7) und das aviäre A/duck/Ukraine/1/63 (H3N8). Durch Immunfluoreszenz- und Western-Blot-Analysen wurde die stabile Expression des Strep-PB2-Fusionsproteins in infizierten Zellen bestätigt. Es wurde zudem gezeigt, dass die markierten Viren auf Säuger- und Vogelzellen vergleichbar mit den entsprechenden unmarkierten Viren replizieren. Anhand des Strep-getaggten PB2-Proteins des R65-Virus wurden erfolgreich virale RNP-Komple xe aus infizierten Säuger- und Vogel-Zellen mittels Affinitätschromatographie aufgereinigt und deren vier Protein-Bestandteile PB2, PB1, PA und NP durch MALDI-tof-Massenspektrometrie identifiziert. Die Palette getaggter Viren bildet die Grundlage für weiterführende Studien zur Untersuchung Virus-Wirt-spezifischer Wechselwirkungen, die für den Wirtswechsel und die Adaptation von Influenza-A-Viren entscheidend sein können. Die Entstehung des pandemischen Influenza-Virus A/HongKong/1/68 (H3N2) (‚Hk68‘) geht auf ein Reassortment zwischen dem zuvor zirkulierenden humanen H2N2-Virus und einem aviären H3-Stamm zurück. Hierbei wurden die Segmente des humanen Virus, die für das Rezeptor-bindende Protein Haemagglutinin (HA) und die Polymerase-Untereinheit PB1 kodieren, gegen die entsprechenden Segmente des aviären H3-Virus ausgetauscht. Bei einem Sequenzvergleich zwischen dem Hk68-PB1 und dem PB1 des dem unbekannten aviären Donor nahestehenden Isolates A/duck/Ukraine/1/63 (H3N8) (‚dUk‘) wurden lediglich sechs Unterschiede in der Aminosäuresequenz identifiziert, die möglicherweise Folge der Adaptation des Hk68-Virus an den humanen Wirt sind. Nach dem Einfügen der einzelnen Mutationen in das dUk-PB1 wurden homologe RNP-Komplexe (PB2, PB1 und PA sowie NP von Hk68) und heterologe RNP-Komplexe (PB2, PA, NP von Hk68 und PB1 bzw. PB1-Punktmutante von dUk) in transfizierten Säugerzellen rekonstituiert. Mit Hil fe eines Luciferase-Reportertests konnte gezeigt werden, dass der heterologe Hk68/dUk-PB1-Komplex im Vergleich zum homologen Hk68-Komplex eine um 50% erniedrigte Polymerase-Aktivität aufweist. Dieser negative Effekt konnte durch das Einfügen der Mutation PB1 I12V in das dUk-PB1, aber nicht durch eine der anderen fünf Punktmutationen, vollständig aufgehoben werden. Folglich könnte es sich bei dieser Mutation um eine adaptive Mutation handeln. Untersuchungen an in vitro rekonstituierten RNP-Komplexen anderer Viren konnten diese Theorie unterstützen. Wachstumskinetiken des homologen Hk68- und dUk-Virus sowie von ihnen abgeleiteter PB1-Reassortanten und PB1-Mutanten deuteten ebenfalls auf einen Einfluss von Aminosäureposition 12 im PB1-Protein auf die Virusreplikation hin. Mit Hilfe eines ELISAs durchgeführte Bindungsstudien zwischen den PA-Proteinen verschiedener Influenza-A-Viren und PB1-Peptiden mit Valin oder Isoleucin an Position 12 legten zudem eine Zu- bzw. Abnahme der Af finität zwischen PA und PB1 als Ursache für die veränderte Polymeraseaktivität nahe. Hochpathogene aviäre Influenza-A-Viren (HPAIV) vom Subtyp H5 oder H7 verursachen enorme wirtschaftliche Schäden und stellen eine potentielle Bedrohung für den Menschen dar. Die Entwicklung effektiver Impfstoffe ist deshalb in vielfacher Hinsicht sinnvoll. In der vorliegenden Arbeit wurde mittels reverser Genetik eine Elastase-abhängige Mutante des HPAIV A/swan/Germany/R65/06 (H5N1), genannt R65-E, als potentielle lebend-attenuierte Vakzine erzeugt. Dazu wurde die polybasische Spaltstelle im HA des hochpathogenen Virus gegen eine Spaltstelle für die in vivo kaum verfügbare Protease Elastase ersetzt. In vitro wurde mit Hilfe von Plaquetests, Wachstumskinetiken und Western-Blot-Analysen die strikte Abhängigkeit der R65-E-Replikation und der R65-E-HA-Spaltung von Elastase nachgewiesen. Im Gegensatz zum R65-Wildtyp war die R65-E-Mutante in vivo aufgrund der Abwesenheit von Elastase auf einen Replikationszyklus beschränkt und somit hochgradig attenuiert. Insgesamt erwies sich die R65-E-Mutante im Huhn jedoch als wenig immunogen. So kam es 7 Tage nach okulonasaler Infektion von Eintagsküken lediglich zu einer schwachen zellulären Immunantwort basierend auf CD8+ zytotoxischen T-Zellen in der Milz. Eine Antikörper-Antwort wurde nach o kulonasaler oder in ovo Infektion nur bei jeweils einem von zehn bzw. einem von sieben Tieren induziert. Das Vorhandensein H5-spezifischer Antikörper korrelierte hierbei mit einem Schutz der Tiere gegen eine Belastungsinfektion mit dem homologen HPAIV R65. Gleichermaßen ging die Abwesenheit H5-spezifischer Antikörper bei den übrigen Versuchstieren mit einem letalen Verlauf der homologen R65-Belastungsinfektion einher. Ein partieller Schutz gegen eine heterosubtypische Belastungsinfektion mit dem HPAIV R65-H9R66mutR65 sowie eine reduzierte Virusausscheidung bei einigen Tieren der Boostergruppe, die drei Wochen nach okulonasaler Infektion eine zweite Dosis R65-E erhalten hatten, deuteten auf eine R65-E-induzierte zellvermittelte Schutzwirkung hin. Es ist zu vermuten, dass die R65-E-Mutante in vivo überattenuiert war und aus diesem Grund keine protektive Immunabwehr induzieren konnte. R65-E eignet sich daher nicht als lebend-attenuierte Geflügelvakzine.
Pneumokokken haben verschiedene Virulenzfaktoren, die nicht nur den Kolonisierungsprozess unterstützen, sondern auch das Vordringen des Pathogens in tiefere Gewebsschichten ermöglichen oder einen Schutz vor den Komponenten des Immunsystems vermitteln. Diese Virulenzfaktoren stehen im Mittelpunkt der Untersuchungen für die aktuelle Impfstoffentwicklung. Die genomische Analyse verschiedener Streptococcus pneumoniae Stämme identifizierte den Pneumococcal adherence and virulence factor B (PavB) als LPXTG-verankertes Oberflächenprotein. PavB enthält repetitive SSURE-Sequenzen (Streptococcal Surface Repeats), die mit humanem Fibronektin interagieren. Das Molekulargewicht des hochkonservierten Proteins wird von der Anzahl der SSURE-Domänen bestimmt und variiert zwischen den unterschiedlichen Pneumokokkenstämmen. In dieser Arbeit konnte gezeigt werden, dass PavB ein Adhäsin auf der Oberfläche von Pneumokokken darstellt und am Kolonisierungsprozess der Pneumokokken unter in vivo Bedingungen beteiligt ist. Mäuse, die intranasal mit pavB-Deletions-Mutanten infiziert wurden, überlebten signifikant länger als die mit den Wildtypbakterien infizierten Tiere. Der PavB-defiziente Stamm zeigte im Vergleich zum parentalen Wildtyp eine verringerte Kolonisierung des Nasopharynx sowie eine verzögerte Ausbreitung in die Lunge. Dies konnte in Echtzeit unter Verwendung von biolumineszierenden Pneumokokken gezeigt werden. In Koinfektionsexperimenten mit gleichen Infektionsdosen von Wildtyp-Pneumokokken und isogenen pavB-Mutanten war die Mutante in ihrer Fähigkeit, sich in den Organen der oberen und unteren Atemwege auszubreiten, eingeschränkt. Im Gegensatz dazu war die Pathogenese einer Meningitis nach intrazerebraler Injektion der Pneumokokken, sowie die Erkennung und Phagozytose durch phagozytierende Zellen des angeborenen Immunsystems, unabhängig von der Produktion des PavB Proteins. Die Immunogenität des Oberflächenproteins unter relevanten Bedingungen wurde durch den Nachweis von PavB-spezifischen Antikörpern in Patientenseren gezeigt. Auf eine Rolle des Oberflächenproteins PavB während der bakteriellen Adhäsion an eukaryotische Zellen deuteten die Infektionsexperimente mit humanen Epithelzelllinien. Es wurden verschiede His6-getaggte PavB-Derivate (SSURE2, SSURE2+3, SSURE1-5) für die weitere funktionelle Charakterisierung von PavB gereinigt und in Bindungsstudien eingesetzt. Die Funktion von PavB als Adhäsin konnte in Kompetitionsexperimenten unter Verwendung eines PavB-Derivats als Inhibitor bestätigt werden. Ebenso konnte die direkte Bindung des Proteins an eukaryotische Zellen nachgewiesen werden, wobei der eukaryotische Rezeptor noch nicht identifiziert wurde. In Protein-Protein-Interaktionsstudien wurden zusätzlich zu Fibronektin weitere humane Proteine des Plasmas und der extrazellulären Matrix (EZM), die im Laufe einer Infektion mit Pneumokokken einen Vorteil für das bakterielle Überleben im Wirt vermitteln könnten, als Bindungspartner für die drei gereinigten SSURE-Proteine identifiziert. Als neues Fibronektin-Bindungsprotein (FnBP) von S. pneumoniae diente PavB desweiteren für die Bestimmung der Bindungsregion von FnBPs von Pneumokokken im Fibronektinmolekül. Die Verwendung rekombinanter Fibronektinfragmente (His6-FnIII-Fragmente) ermöglichte den Nachweis der Beteiligung der Typ III-Domänen des C-terminalen Bereichs von Plasmafibronektin an der Interaktion zwischen PavB-Derivaten und Fibronektin. Die Bedeutung von Plasmafibronektin (pFn) für die Pathogenese einer Pneumonie wurde in einem induzierbaren knockout-Mausmodell für Plasmafibronektin untersucht. Nach intranasaler Infektion der Mäuse mit S. pneumoniae hatte der Verlust des Plasmaproteins unter den verwendeten Bedingungen keine signifikante Auswirkung auf die Entstehung einer Lungenentzündung oder die Überlebensaussicht der pFn-knockout-Mäuse. Unter in vitro Bedingungen bewirkte die Bindung von pFn an phagozytierende Zellen eine erhöhte Bindung der Pneumokokken an die Phagozyten. Dagegen beeinflusste die Rekrutierung von pFn an die Pneumokokkenoberfläche nicht die Phagozytose. Bisher konnte nicht eindeutig geklärt werden, welche Funktion Fibronektin während der Infektion mit Pneumokokken ausübt. Neben seinen multifunktionellen Bindungseigenschaften stellt das hochkonservierte Protein PavB einen interessanten Bestandteil für ein neues, Protein-basiertes Pneumokokkenvakzin dar.
Auf den inneren und äußeren Oberflächen des Menschen existieren zahlreiche Mikrohabitate mit limitiertem Sauerstoffangebot. Vor allem während infektiöser Vorgänge kann aufgrund einwandernder Neutrophile die Sauerstoffkonzentration im menschlichen Gewebe auf unter 1% sinken. Eine rasche Anpassung an das vorherrschende Sauerstofflevel und die Nutzung effizienter alternativer Atmungsformen oder des Gärungsstoffwechsels sind deshalb entscheidend für das mikrobielle Überleben im menschlichen Wirt. In der vorliegenden Dissertationsarbeit wurde die anaerobe Genexpression von Staphylococcus aureus sowie die zugrundeliegenden regulatorischen Mechanismen näher untersucht. Die sich in vier Teile gliedernde Arbeit befasst sich zunächst mit einer eingehenden Beschreibung der anaeroben Adaptation und Physiologie von S. aureus auf Ebene des Transkriptoms, der Proteinsynthese und des extrazellulären Metaboloms. Die Identifikation eines konservierten Sequenzmotivs (inverted repeat) vor zahlreichen anaerob induzierten Genen war Ausgangspunkt für die Untersuchung der entsprechenden regulatorischen Vorgänge im zweiten Teil dieser Arbeit. Diese führten letztlich in Kooperation mit Arbeitsgruppen aus den USA, Schweden und Deutschland (AG R. Proctor, Universität Wisconsin; AG C. von Wachenfeldt, Universität Lund; AG C. von Eiff, Universität Münster; AG M. Lalk, Universität Greifswald) zu der Identifikation des Rex Proteins (SACOL2035) als zentraler Regulator der anaeroben Genexpression in S. aureus. Neben der Rex-abhängigen Expressionskontrolle wurde in Kooperation mit der Arbeitsgruppe von Friedrich Götz (Universität Tübingen) auch der Einfluss des Zwei-Komponenten¬systems NreBC auf die Genexpression in S. aureus näher untersucht. Auf Ebene des Transkriptoms, Proteoms und Metaboloms konnte so die essentielle Bedeutung des NreBC-Systems für die Expression der dissimilatorischen Nitrat- und Nitritreduktasen in S. aureus nachgewiesen werden. Der dritte Teil dieser Arbeit beschäftigt sich mit der Einordnung des anaeroben Proteinsynthese¬musters (Proteomsignatur) in den Kontext zahlreicher anderer stressinduzierter Proteomsignaturen von S. aureus. Die aus diesem komplexen Vergleich gewonnenen Ergebnisse geben detaillierte Einblicke in die Spezifitäten und Gemeinsam¬keiten der Proteinsynthese von S. aureus als Reaktion auf oxidativen Stress (H2O2, Diamid und Paraquat), nitrosativen Stress (NO), Sauerstofflimitation in An- und Abwesenheit von Nitrat, Hitzestress (48°C) sowie subinhibitorische Antibiotikakonzentrationen (Puromycin, Mupirocin). Für die Bereitstellung der entsprechenden Daten wurde im Rahmen dieser Arbeit zudem ein mySQL-basiertes System entwickelt, das die Visualisierung der Daten mit komplexen Abfrage- und Filtermöglichkeiten verknüpft (http://www.aureolib.de). Im letzten Teil gibt diese Arbeit schließlich einen Überblick über die Leistungen und Möglichkeiten der Proteomanalyse hinsichtlich physiologischer und infektionsrelevanter Fragestellungen. Besondere Beachtung findet hier die Aufklärung und Struktur des bereits erwähnten Rex Modulons.
Das 3084 Aminosäuren umfassende innere Tegumentprotein pUL36 des zu den Herpesviren zählenden Pseudorabies Virus (PrV) stellt ein multifunktionelles Protein dar, das für die sekundäre Umhüllung der Nukleokapside im Zytoplasma essentiell ist. Darüber hinaus spielt es eine wichtige Rolle bei der frühen Phase der Replikation, d.h. dem Transport der Nukleokapside zum Zellkern und der Andockung an die Kernpore als Voraussetzung für die Freisetzung der viralen DNA in den Zellkern. Um die Rolle von PrV pUL36 während des viralen Replikationszyklus weiter aufzuklären, wurden funktionelle Regionen identifiziert und bekannte Motive und Regionen mittels gezielter Deletion bzw. Mutagenese untersucht. Zunächst wurden eine konservierte Deubiquitinylierungs (DUB)-Domäne und potentielle Leucin-Zipper-Motive im N-Terminus des Proteins, sowie eine Alanin- und Prolin-reiche Region im C-Terminus mittels gezielter Deletionen untersucht. Zusätzlich wurden durch ungerichtete Transposon-vermittelte Mutagenese Insertionsmutanten hergestellt. Die Funktionalität dieser Mutanten wurde durch Komplementierung einer UL36-negativen PrV Mutante untersucht. Mutierte Proteine, in denen essentielle Regionen betroffen waren, konnten den Replikationsdefekt der Virusmutante nicht kompensieren, während für Mutanten, die den Defekt komplementieren konnten, stabile Virusrekombinanten isoliert wurden. Die phänotypische Charakterisierung der Mutanten erfolgte mittels Plaquegrößenvergleich, Ein-Schritt-Wachstumskinetik und Ultrastrukturanalyse. Zusätzlich wurden einige Mutanten hinsichtlich des Replikationsverhaltens in vivo in einem Mausmodell untersucht. Um die Funktion von PrV pUL36 aufzuklären, ist es notwendig die intrazelluläre Lokalisierung von pUL36 zu kennen. Dazu wurden Immunfluoreszenz- und Ultrastrukturanalysen mit vier gegen unterschiedliche Bereiche des pUL36 gerichteten Antiseren durchgeführt. Auch die potentiellen Kernlokalisierungssignale (NLS) wurden hinsichtlich ihrer Funktion untersucht und die N-terminalen NLS-Motive 1/2 deletiert. Trotz der Funktionalität der essentiellen N-terminalen NLS-Motive 1/2 (Abb. 11) wurde pUL36 während der Virusreplikation niemals im Zellkern nachgewiesen, was darauf hindeutet, dass die Tegumentierung ausschließlich im Zytoplasma abläuft. Die NLS vermitteln also bei der Infektion keinen Kerntransport des pUL36. Die Bedeutung der NLS könnte aber mit dem Transport der Kapside entlang der Mikrotubuli zum Zellkern und dem Andocken an die Kernporen zusammenhängen. Im Gegensatz dazu spielen die Leucin-Zipper (Abb. 11) offenbar bei der sekundären Umhüllung eine Rolle. Sie sind möglicherweise an der Verbindung des inneren und äußeren Teguments beteiligt. Im N-Terminus von pUL36 konnte zwischen der Interaktionsdomäne mit dem Komplexpartner pUL37 und den Leucin-Zippern eine weitere wichtige Region (Abb. 11) identifiziert werden. Diese Region ist auch in die sekundäre Umhüllung im Zytoplasma involviert und könnte für den Transport der teilweise tegumentierten Nukleokapside zum Trans-Golgi-Netzwerk verantwortlich sein, wobei pUL36, nicht aber die pUL36-pUL37-Interaktion hierbei eine Rolle spielt. Die gleichzeitige Deletion der DUB-Domäne und der Alanin- und Prolin-reichen Region (Abb. 11) führte zu einem Defekt bei der sekundären Umhüllung, wohingegen die Alanin- und Prolin-reiche Region allein für die Replikation von PrV kaum eine Rolle spielt. Allerdings konnte die Deletion nicht ohne Funktionsverlust weiter vergrößert werden, so dass die angrenzenden Bereiche für die Funktion von pUL36 essentiell sein könnten. Die zentrale Region von Aminosäure 1540 bis 1987 (Abb. 11) grenzt an diese Alanin- und Prolin-reiche Region an und ist für die Funktion von pUL36 essentiell, was durch den Funktionsverlust nach Insertionsmutagenese (mit einer Ausnahme) in diesem Bereich demonstriert wurde. Demnach könnte diese Region eine Rolle während der frühen Phase der Infektion, wie z.B. beim Transport der Kapside zum Zellkern und/oder beim Andocken der Kapside an die Kernpore und der Freilassung der DNA in den Zellkern spielen. Der essentielle C-Terminus von pUL36 (Abb. 11) kann wahrscheinlich auf die Aminosäuren 3022 bis 3066 eingegrenzt werden, so dass nicht nur die letzten 6, sondern womöglich die endständigen 18 Aminosäuren für die Funktion von pUL36 nicht gebraucht werden.
Massenspektrometrie hat sich zur Methode der Wahl für die globale relative und absolute Proteinquantifizierung entwickelt. Da das vorhandene Methodenspektrum in der Anzahl der zu analysierenden Proben limitiert ist und bei der Vermeidung von Vorfraktionierungstechniken keine globale Analyse erlaubt, war es das Ziel dieser Dissertation das Methodenspektrum anhand von anschaulichen Beispielen zur physiologischen Proteomanalyse Gram positiver Bakterien zu erweitern. Dazu erstreckt sich diese Arbeit von der Erweiterung der Anwendungsmöglichkeiten der Isotopen markierten relativen Quantifizierungsmethode, über die Entwicklung eines globalen markierungsfreien relativen Quantifizierungsansatzes bis zur globalen absoluten Quantifizierung und weiter im speziellen der Stöchiometrie-Aufklärung eines Proteinkomplexes. Die Kombination aus 14N/15N metabolischer Markierung mit der GeLC-MS Technik erlaubt eine robuste relative Quantifizierung auf globaler Ebene. Durch die Verwendung eines internen 15N-markierten Referenzextraktes wurde eine bisher nicht erreichte zeitliche Auflösung von zehn Zeitpunkten bei der Untersuchung eines Nährstoffwechsels zwischen den bevorzugten Kohlenstoffquellen, Glukose und Malat, des Gram positiven Modellorganismus Bacillus subtilis erreicht. Dieses Experiment zeigte klar, dass die Anpassung an Malat als zweite Kohlenstoffquelle sehr schnell passiert. Im Gegensatz dazu findet die Anpassung an Glukose als zusätzliche Kohlenstoffquelle mit einer zeitlichen Verschiebung von ca. 45 Min. statt. Diese Ergebnisse legen den Schluss nahe, dass die Anpassung an Malat hauptsächlich auf post-transkriptioneller Ebene geschieht und die Anpassung an Glukose auf transkriptioneller Ebene stattfindet. Die geringe Reproduzierbarkeit von Vorfraktionierungstechniken beschränkt ihre Anwendung während einer markierungsfreien Quantifizierung. Die eingeschränkte Kombinationsmöglichkeit mit Vorfraktionierungstechniken führt zu einer geringeren Anzahl an identifizierten und quantifizierten Proteinen, was durch den Einsatz von Ausschlusslisten mit optimierten Messparametern in wiederholten Messungen mit einer eindimensionalen Chromatographie ausgeglichen wurde. Im Vergleich zu einer einfachen Wiederholung der Messung konnte die Anzahl an identifizierten Peptiden um 32 % gesteigert werden. Der Ausschlusslistenansatz konnte anschließend erfolgreich für eine markierungsfreie globale Proteinquantifizierung der Stickstoffmonoxid (NO) Stressantwort des humanpathogenen Stapylococcus aureus eingesetzt werden. Die Ergebnisse wurden mittels paralleler Quantifizierung mit 14N/15N metabolischen Markierung verifiziert. Mit dem Ansatz wurden fast 50 % des gesamten Proteoms identifiziert und 70 % davon konnten mit einem zu dem Markierungsexperiment vergleichbaren Ergebnis quantifiziert werden. Die Proteomsignatur der NO-Stressantwort zeigte eine hohe Ähnlichkeit zu der von Antibiotika, die wie NO zu DNA-Strangbrüchen führen. Auch bei der absoluten Proteinquantifizierung kann nicht ohne Weiteres eine Vorfraktionierung eingesetzt werden. Durch die Verwendung einer „multiplexed LC-MS“ (LC-MSE) Methode wurde fast die Hälfte aller zytosolischen Proteine von B. subtilis mit einer hohen durchschnittlichen Sequenzabdeckung von 40 % identifiziert. Die Hi3-Methode ermögliche zusätzlich die absolute Quantifizierung fast aller identifizierten Proteine, die über fast vier Größenordnungen nachgewiesen werden konnten. Die Zuverlässigkeit des Ansatzes wurde für sechs Proteine mit der gut etablierten AQUA-Technik bestätigt. Mit der Hi3-Methode wurden zum einen absolute Proteomsignaturen für unterschiedliche Nährstoffsituationen erstellt, was auch Einblicke in die Regulation der Expression von Aminosäure-Biosynthese und –abbau-Enzyme ermöglichte. Zum anderen konnte gezeigt werden, dass die intrazelluläre Konzentration von ribosomalen und weiteren Wachstumsraten-abhängig benötigten Proteinen sich bei niedrigen Wachstumsraten nicht unterscheidet und erst ab einer Wachstumsrate von 0,8 Std.-1 linear ansteigt. Die vergleichsweise hohe Standardabweichung der Hi3-Methode (~30 %) erschwert ihre Anwendung bei der Bestimmung von nicht gradzahligen Protein-Komplex-Stöchiometrien. Deswegen wurde zur Analyse des RNA-Polymerase-Komplexes von B. subtilis der AQUA-Ansatz gewählt, der sich durch eine sehr geringe Standardabweichung auszeichnet (< 10 %). Dazu wurde ein Protokoll entwickelt, welches auf einer mTRAQ-Markierung der Referenzpeptide und des verdauten Komplexes beruhte. Es war so möglich die bekannte Stöchiometrie des Kernkomplexes RpoA:RpoB:RpoC 2:1:1 zu bestätigen und zusätzlich die zwei ω-Unterheiten und die σ-Faktoren σA und σB absolut zu bestimmen. Die Menge an σB im Komplex nahm nach Glukose-Hunger und Ethanol-Stress auf bis zu 5 % zu und es konnte gezeigt werden, dass sich die Menge einer ω-Unterheit (YloH) sich im gleichen Maße im Komplex ändert, wie die Menge an σA.
Der effiziente intrazelluläre Transport viraler Nukleokapside ist eine grundlegende Voraussetzung für eine erfolgreiche Virusinfektion. Aufgrund seiner engen Verwandtschaft zum humanpathogenen Herpes Simplex Virus 1 (HSV-1) und seiner Eigenschaft zur einfachen gentechnischen Veränderung stellt das Pseudorabies Virus (PrV) ein geeignetes Modell zur Untersuchung molekularer Mechanismen der Replikation und des Neurotropismus von Herpesviren dar. Der intrazelluläre Transport herpesviraler Kapside erfolgt aktiv entlang von Mikrotubuli durch zelluläre Motorproteinkomplexe. Die hieran beteiligten viralen Proteine konnten bisher jedoch nicht eindeutig identifiziert werden. Ziel der vorliegenden Arbeit war die Untersuchung der Funktionen viraler Proteine im intrazellulären Transport von PrV. In erster Linie wurde die Rolle von PrV pUL35 und pUL37 untersucht, die auf intrazytoplasmatischen Kapsiden an der Oberfläche liegen und der Interaktion mit zellulären Proteinen zugänglich sind. Neben der Charakterisierung der Virusreplikation nach Deletion der einzelnen Gene in vitro und in vivo wurde auch der intrazelluläre Transport von GFP-markierten Mutanten zum Zellkern untersucht. In einem weiteren Teil der Arbeit wurden Kapsid- und eng mit dem Kapsid assoziierte Proteine in yeast two-hybrid Studien analysiert, um virale und zelluläre Interaktionspartner zu identifizieren. Die Ergebnisse dieser Arbeit lassen sich wie folgt zusammenfassen: (1) PrV pUL35 und pUL37 sind für die Virusreplikation in vitro nicht essentiell. Die Replikation von UL35- bzw. UL37-Mutanten war jedoch vermindert. In Abwesenheit von funktionellem pUL35 und pUL37 gleichzeitig trugen die beiden Mutationen unabhängig voneinander zu einem verstärkten Phänotyp bei. Beide Proteine scheinen demnach in unterschiedliche Prozesse der Virusreplikation involviert zu sein. (2) Die N-terminale EGFP-Fusion von pUL35 zum Zweck der Fluoreszenzmarkierung viraler Kapside resultierte im Funktionsverlust des Proteins. Die Inkorporation in Kapside wurde aber nicht beeinträchtigt. Für die Interaktion von PrV pUL35 mit dem Kapsid könnte der konservierte C-Terminus des Proteins relevant sein. (3) Auch in Abwesenheit eines funktionellen pUL35 werden PrV Kapside effizient transportiert. PrV pUL35 kommt somit keine entscheidende Rolle beim intrazellulären Transport viraler Nukleokapside zu. Die verzögerte Neuroinvasion von UL35-Mutanten in vivo lässt jedoch eine möglicherweise akzessorische Funktion von pUL35 vermuten. (4) PrV pUL37 ist für den intrazellulären Transport viraler Nukleokapside nicht essentiell, erhöht jedoch deutlich dessen Effizienz. Der positive Einfluss auf den retro- und anterograden Transport viraler Kapside lässt darauf schließen, dass pUL37 in Transportprozesse während des Viruseintritts und der Freisetung involviert ist. (5) Der N-Terminus von PrV pUL36 interagierte im yeast two-hybrid System mit den Untereinheiten Rp3, LC8 und Tctex1 des Dynein-Motorproteinkomplexes. PrV pUL36 könnte daher für den MT-abhängigen Transport viraler Nukleokapside relevant sein.
Im Rahmen der vorliegenden Arbeit wurden BVDV-Mutanten mit Deletionen, Insertionen oder Substitutionen in der E(rns)-kodierenden Genomregion ausgehend von den infektiösen cDNA-Klonen pA/BVDV und pA/BVDV/Ins- (Meyers et al., 1996) generiert. Die meisten Veränderungen verhinderten die Entstehung infektiöser Virionen, so dass nichtessentielle Regionen im E(rns)-Protein nicht identifiziert werden konnten. Eine Ausnahme stellen die Aminosäuren 105-108 dar, deren Substitution im Zusammenhang mit adaptiven Mutationen toleriert wurde. Mit Hilfe von Zelllinien, die die BVDV-Strukturproteine konstitutiv exprimieren, konnte eine Mutante mit einer kompletten E(rns)-Deletion und einer internen EMCV-IRES im Genom effizient trans-komplementiert und sogenannte DISC-Viren erhalten werden. Außerdem wurden Plasmide für die Expression der BVDV-Strukturproteine (C, E(rns), E1, E2) hergestellt, mit deren Hilfe erstmals ein nicht-prozessiertes E(rns)-E1-Protein mit 60-65 kDa identifiziert werden konnte, das für mindestens 3 h relativ stabil in transfizierten Zellen vorlag. Durch Mutation der P3-Position eines SPP-Motivs gelang es, sowohl in pCITE-2a(+)-Expressionsplasmiden als auch in BVDV-Vollängen-Mutanten die Spaltung dieses E(rns)-E1-Proteins zu verhindern. Dadurch konnte gezeigt werden, dass die E(rns)-E1-Spaltung essentiell für die Bildung infektiöser Viren ist. Bicistronische Mutanten wurden genutzt, um zu zeigen, dass das E(rns)-E1-Protein selbst jedoch nicht notwendig, aber förderlich für Entstehung infektiöser Virionen ist. Weiterhin konnte mittels eines im Rahmen dieser Arbeit generierten polyklonalen Bungowannah Virus-E(rns)-spezifischen Kaninchenserums, das E(rns)-Protein des atypischen Pestivirus Bungowannah Virus in Western Blot-Analysen mit etwa 38 kDa detektiert werden. Da jedoch kein Bungowannah Virus-E(rns)-E1-Protein nachgewiesen werden konnte, spielt E(rns)-E1 möglicherweise keine oder eine untergeordnete Rolle im Bungowannah Virus-Replikationszyklus. BVDV-E(rns)-Deletionen im CP7-Hintergrund konnten erfolgreich mit Bungowannah Virus-E(rns) komplementiert werden, wenn Bungowannah Virus-E(rns) und BVDV-E1 unabhängig von einer E(rns)-E1-Spaltung exprimiert wurden. Ein weiterer Schwerpunkt dieser Arbeit war es schließlich, eine effiziente Methode zur Konzentrierung und Reinigung infektiöser BVDV aus infizierten Zellen zu etablieren. Zum ersten Mal wurden BVDV-Mutanten mit FLAG-markierten E(rns)- und E2-Proteinen generiert, so dass erstmalig BVDV mittels Affinitätschromatografie gereinigt und elektronenmikroskopisch untersucht werden konnten. Mittels Negativkontrast-Elektronenmikroskopie wurden sphärische Partikel mit Durchmessern von 43-58 nm dargestellt. Sowohl durch affinitätschromatografische Virusreinigung als auch durch immunelektronenmikroskopische Untersuchungen konnte eine Assoziation von E(rns)- und E2-Proteinen mit der BVD-Virushülle demonstriert werden. Die in dieser Arbeit vorgestellte Methode kann als Basis für weiterführende Untersuchungen zur Morphogenese von Pestiviren genutzt werden.
Influenza-A-Viren sind wichtige Pathogene von Mensch und Tier. Als Erreger der klassischen Geflügelpest führen hoch-pathogene aviäre Influenzaviren (HPAIV) weltweit zu hohen Verlusten in der Geflügelindustrie. Des Weiteren stellen der zoonotische Charakter und das pandemische Potential, vor allem von Stämmen des Subtyps H5N1, eine ernste gesundheitliche Bedrohung für die Bevölkerung dar. Zur Risikobewertung dieser Viren ist es daher notwendig, genetische Marker zu ermitteln, welche die Virulenz und das Wirtsspektrum beeinflussen. Für die Identifizierung dieser Virulenzdeterminanten sind Pathogenese-Studien in verschiedenen Tiermodellen wie Hühnern und Mäusen essenziell. Bisher wurde gezeigt, dass HPAIV aus niedrig-virulenten Vorläufern durch den Erwerb eines polybasischen Spaltmotives im Hämagglutinin (HA) im Zuge der Adaptation an terrestrisches Geflügel hervorgehen. Im ersten Teil dieser Arbeit sollte daher die Fähigkeit eines niedrig-pathogenen aviären Influenzavirus (LPAIV) vom Subtyp H5N1 zur Ausbildung eines HPAIV-Phänotyps untersucht werden. Dazu wurde das revers-genetische System für das Isolat A/Teal/Germany/Wv632/05 (H5N1) etabliert und das Virus TG05 generiert. In-vitro konnte die Trypsin-Abhängigkeit als Merkmal von LPAIV bestätigt werden. Im Huhn verhielt sich dieses Virus avirulent. Durch zielgerichtete Mutagenese wurde die HA-Spaltstelle in ein polybasisches Motiv mutiert und das Virus TG05poly generiert. Das Virus war wie ein HPAIV zur in-vitro-Replikation ohne Trypsin-Zusatz fähig, löste aber nach der Infektion von Hühnern nur eine zeitlich begrenzte Erkrankung aus. Des Weiteren wurde die HA-Reassortante TG05-HAR65 generiert, deren Genom aus dem HA-Gen des HPAIV-Isolates A/Swan/Germany/R65/06 (H5N1) (R65) und den anderen sieben Gensegmenten von TG05 besteht. Dieses Virus konnte in-vitro ebenfalls Trypsin-unabhängig replizieren, führte aber zu einer Letalität von 30%. Eine weitere Reassortante, R65-HATG05poly, enthielt die umgekehrte Genkonstellation: das mutierte TG05-HA und die anderen Gensegmente des R65. An der Infektion verstarben acht von zehn Hühnern, was der Letalität von „natürlichen“ HPAIV entspricht. Der Erwerb einer polybasischen HA-Spaltstelle ist daher ein notwendiger, aber nicht hinreichender Schritt in der Evolution von LPAIV zu HPAIV. So kann nicht jeder H5- oder H7-LPAIV-Stamm als unmittelbarer HPAIV-Vorläufer dienen. Zusätzlich zur HA-Spaltstelle sind weitere Virulenz-Determinanten im HA selbst, aber auch in den anderen viralen Proteinen, vorhanden. Im zweiten Teil dieser Arbeit wurde daher auch der Einfluss der Aminosäuren der unmittelbaren Spaltstellen-Umgebung untersucht. Dazu wurden verschiedene Virus-Mutanten des R65 mit Aminosäure-Substitutionen in der HA-Spaltstelle selbst (Motive ETR und ER) und in ihrer direkten Umgebung (HA-S346V) generiert und hinsichtlich der in-vitro-Replikation und der Virulenz im Huhn untersucht. Dabei konnte gezeigt werden, dass HA-346S einen Vorteil für die Replikation von LPAIV und HPAIV vermittelt. T an Position 2 der Spaltstelle unterstützt die Replikation von LPAIV. Bei Erwerb der polybasischen Spaltstelle während der Evolution von LPAIV zu HPAIV müssen also auch die benachbarten Regionen im HA angepasst werden. Die H5N1 HPAIV der Clade 2.2 verbreiteten sich über infizierte Vögel von Südostasien nach Europa, infizierten aber auch eine Vielzahl von Säugerspezies. Normalerweise weisen aviäre Influenzaviren PB2-627E auf; im Gegensatz dazu besitzen die Clade 2.2-Viren PB2-627K, was sonst in humanen Stämmen zu finden ist. Um im dritten Teil dieser Arbeit den Einfluss dieser Mutation auf das breite Wirtspektrum der Clade 2.2-Viren zu untersuchen, wurde im HPAIV-Isolat R65 PB2-627K durch E ersetzt und die Virusmutante R65-PB2K627E generiert. Im Vergleich zu R65 war die Replikation von R65-PB2K627E in Säugerzellen drastisch reduziert, in Vogelzellen replizierten beide Viren jedoch gleich. Des Weiteren führte die Substitution zu einer extrem verringerten Polymerase-Aktivität auf 5% in Säugerzellen, aber nur zu einer vergleichsweise wenig verringerten Aktivität in Vogelzellen. Während die Virulenz im Huhn durch die Mutation nicht verändert wurde, konnte bei der Bestimmung der LD50 in der Maus eine drastische Attenuierung gezeigt werden. Interessanterweise revertierte bereits nach einer Mauspassage PB2-K627E zurück zu K, im Huhn erfolgte diese Reversion aber nicht. Um zu untersuchen, ob andere virale Proteine für diese Reversion notwendig sind, wurden Reassortanten generiert, welche R65-PB2-K627E und ein oder mehrere Gensegmente des R65 im Hintergrund des HPAIV A/Hong Kong/156/97 (H5N1) tragen, welches natürlicherweise PB2-627E besitzt. Mittels Zellkultur-Passagen dieser Reassortanten konnte gezeigt werden, dass die Reversion zu PB2-627K nur in Säugerzellen auftritt, und dass dazu das Nukleoprotein des R65 notwendig ist. Die schnelle Reversion zu PB2-627K in Säugerzellen und in Mäusen zeigt, dass die H5N1 HPAIV der Clade 2.2 in ihrer Evolution möglicherweise mehrere Wirte gehabt haben, zu denen wahrscheinlich auch Säuger gehörten.
Zwei bedeutende Erkrankungen des Wirtschaftsgeflügels, die weltweit zu hohen Verlusten führen können, sind die Newcastle Krankheit und die aviäre Influenza. Mit der Verfügbarkeit des reversen genetischen Systems für das Newcastle Disease Virus (NDV) wurde es möglich, NDV als Vektor für einzelne Proteine, z.B. des aviären Influenzavirus (AIV) zu nutzen und so Viren zu generieren, die als Impfvirus gegen beide Krankheiten einen Schutz vermitteln. Um zu untersuchen, ob die Insertionsposition eines Transgens in das NDV-Genom einen Einfluss auf die Höhe der Expression des Fremdproteins hat, wurde das Hämagglutinin-Protein (HA)-Gen eines hochpathogenen (HP) AIV Isolates in die intergene Region zwischen den Genen für das Phosphoprotein (P) und das Matrixprotein (M), M und das Fusionsprotein (F) oder F und des Hämagglutinin-Neuraminidase Proteins (HN) des attenuierten NDV Clone 30 inseriert. Zusätzlich wurden Virusrekombinanten untersucht, die ein HPAIV Neuraminidase (NA)-Gen zwischen den NDV Genen F und HN alleine oder in Kombination mit dem HA im Insertionsort zwischen NDV P und M trugen. Die Quantifizierung der Expression der HA- und NA-spezifischen mRNA wurde mit Hilfe der Northern Blot Analyse durchgeführt. Die HA-Proteine wurden zusätzlich durch die Massenspektrometrie identifiziert und durch die SILAC (stable isotope labelling with amino acids in cell culture)-Technik quantifiziert. Dabei zeigte sich, dass die HA Expression auf Transkript- und Proteinebene am höchsten war, wenn das HA-Gen zwischen NDV F und HN inseriert wurde, sich jedoch nur moderat von den anderen untersuchten Insertionsorten unterschied. Daraus kann gefolgert werden, dass die Wahl der intergenen Region zum Einbau des Fremdgens im Genomabschnitt zwischen P und HN nur einen geringfügigen Einfluss auf dessen Expression hat. Durch die simultane Integration von HA und NA in das NDV-Genom konnte darüber hinaus gezeigt werden, dass NDV zwei Transgene und damit eine Vergrößerung des Gesamtgenoms um über 3 kb toleriert und dabei effizient repliziert Zusätzlich wurde untersucht, ob die gleichzeitige Insertion des NA- und HA-Gens zu einer Steigerung der Immunantwort und folglich zu einem verbesserten Schutz vor einer hoch virulenten aviären Influenzainfektion führt. Dazu wurden drei verschiedene NDV/AIV Rekombinanten generiert, bei denen das HA-Gen zwischen NDV P und M und/oder das NA-Gen zwischen NDV F und HN inseriert wurden. Die Schutzwirkung der Rekombinanten wurde gegen drei verschiedene HPAIV des H5 Subtyps in Hühnern bestimmt. Hierbei zeigte sich, dass die Schutzwirkung vor einer letalen HPAIV-Infektion durch die Insertion beider AIV Oberflächenproteingene in das NDV Genom nicht besser war als bei alleiniger AIV HA Expression. Daraus kann geschlossen werden, dass die NA-Antikörper nur einen geringen Beitrag bei der Abwehr einer HPAIV Infektion leisten. Im dritten Teil dieser Arbeit wurden durch die Sequenzierung des Gesamtgenoms des lentogenen Impfvirus Clone 30 mit Hilfe des Genome Sequenzers (Roche) neun Sequenzunterschiede im Vergleich zum ursprünglichen rekombinanten NDV (rNDV) detektiert. Durch Mutagenese der betreffenden Nukleotide konnte ein NDV generiert werden, das in seiner Sequenz dem Wildtypvirus Clone 30 entspricht. Die Virulenz und Eignung als in ovo Impfvirus des resultierenden Virus (rNDVGu) wurde im Vergleich zu den Virusrekombinanten rNDV, rNDV49, das durch einzelne Punktmutationen im F- und HN-Gen charakterisiert ist, und dem Wildtypvirus NDV Clone 30 untersucht. Bei der Bestimmung der Virulenz durch Ermittlung des intracerebalen Pathogenitätsindex (ICPI) konnte eine Reihung der Viren mit abnehmender Virulenz vorgenommen werden: NDV Clone 30 > rNDVGu > rNDV ~ rNDV49. Die geringere Virulenz des rNDVGu im Vergleich zum Ausgangsvirus Clone 30 deutet auf das Vorhandensein von Unterspezies in dem plaquegereinigtem NDV Clone 30 und die daraus resultierende Beeinflussung der Virulenzeigenschaften hin. Nach in ovo Applikation der drei hergestellten rekombinanten NDV und des Wildtypvirus NDV Clone 30 konnte gezeigt werden, dass das Wildtypvirus für Hühnerembryonen eine höhere Virulenz besitzt als die Virusrekombinanten. Die geschlüpften Küken waren vor einer Infektion mit hochpathogenem NDV geschützt, jedoch entsprachen die Schlupfraten nicht den Anforderungen für eine in ovo Vakzine. Diese Untersuchungen zeigten aber auch, dass mit Hilfe der in ovo Applikation eine deutlichere Unterscheidung der Restvirulenz lentogener NDV mit ähnlichen ICPI-Werten möglich ist.
Die Serin/Threonin Proteinkinase pUS3 ist innerhalb der Alphaherpesvirinae konserviert. Für pUS3-Homologe der Subfamilie wurden bereits zahlreiche Funktionen bei der Beeinflussung des Zellstoffwechsels und der Virusreplikation gezeigt, dennoch ist pUS3 für die Virusreplikation in vitro nicht essentiell. PrV exprimiert zwei unterschiedlich lange Isoformen dieses Proteins in unterschiedlicher Menge, so dass das kürzere pUS3S im Vergleich zu pUS3L die abundante Isoform darstellt. Während die carboxyterminalen Sequenzen beider Isoformen identisch sind, weist der Amino-Terminus der langen Form 54 zusätzliche Aminosäuren auf. Innerhalb der Wirtszelle liegt pUS3S vor allem im Nukleus vor, wohingegen pUS3L vorwiegend im Zytoplasma, der Plasmamembran und den Mitochondrien lokalisiert ist. Ziel dieser Arbeit war die Untersuchung der möglichen unterschiedlichen Funktionen der beiden pUS3-Isoformen und der Bedeutung des Expressionsniveaus dieser Isoformen während der Virusmorphogenese. Im Vordergrund stand dabei die Analyse von Virusmutanten, bei denen die Expression von pUS3S bzw. pUS3L auf unterschiedliche Weise manipuliert wurde oder bei denen eine Inaktivierung der enzymatischen Aktivität erfolgte. Diese wurden auf empfänglichen Zelllinien dreier Tierarten phänotypisch charakterisiert und auf Unterschiede hinsichtlich ihres Replikationsverhaltens untersucht. Ein weiterer Teil dieser Arbeit umfasste Untersuchungen zur Identifizierung potentieller Substrate der Proteinkinase pUS3 mittels 32P-Radioimmunpräzipitation und Proteomanalytik, die eine weitere Analyse der Strukturkomponenten von PrV-Partikeln sowie die Prüfung einer Methode zur Präparation nukleärer Proteine einschloss.
Die Ziele der vorliegenden Arbeit ergaben sich aus zwei Arbeitsschwerpunkten - dem Nachweis einer neuartigen prokaryotischen Phenoloxidase bei dem Bakterienisolat Azotobacter chroococcum SBUG 1484 und der Durchführung Phenoloxidase-katalysierter Biotransformationsreaktionen zur Derivatisierung von ortho- bzw. para-dihydroxylierten Verbindungen. Der zunächst unbekannte, eine neue Phenoloxidase bildende, Bakterienstamm sollte mittels morphologischer und physiologischer Tests sowie 16S-rDNA-Analysen einer Art zugeordnet werden. Da die Expression der Phenoloxidase nur unter bestimmten Bedingungen auftrat sollten die in Abhängigkeit von verschiedenen Kultivierungsparametern zahlreich auftretenden Zelldifferenzierungsprozesse des Stammes untersucht und eine standardisierte Kultivierungsmethode zur Erzielung hoher Phenoloxidase-Aktivitäten entwickelt werden. Die Untersuchung wesentlicher Eigenschaften der neubeschriebenen Phenoloxidase war für eine Zuordnung in die Gruppe der Multikupfer-Oxidasen und eine Prüfung der Eignung des Enzyms für biotechnologische Anwendungen eine unbedingte Voraussetzung. In Phenoloxidase-katalysierten Reaktionen sollte die Aminierung von einfach alkylsubstituierten Brenzkatechinen und Hydrochinonen sowie mehrfach-substituierten ein- bzw. zweikernigen dihydroxylierten Aromaten mit aliphatischen sowie alicyclischen Amindonoren untersucht werden. Im Mittelpunkt der Betrachtungen standen dabei die Aufklärung von Reaktionsmechanismen bei homo- und heteromolekularen Kopplungsreaktionen sowie die Prüfung des Einflusses verschiedener Reaktionsparameter (u.a. Hydroxylierungspositionen der Enzymsubstrate, Substituenten, Eduktkonzentrationen, Katalysatoren, pH-Werte der Reaktionssysteme, Lösungsmittel) auf die Nebenreaktionen und Ausbeuten der anvisierten Zielverbindungen (sekundäre Amine). Eine strukturchemische Analyse der Syntheseprodukte war dazu unerlässlich.
Herpesviren nutzen zwei unterschiedliche Zellkompartimente für die Morphogenese. Während der Kapsid-Zusammenbau und die DNA Verpackung im Zellkern stattfinden, erfolgt die weitere Assemblierung im Zytoplasma. Um dorthin zu gelangen muss die Kernmembranbarriere überwunden werden. Hierfür knospen die Nukleokapside an der inneren Kernmembran und erhalten dort eine primäre Virushülle, die allerdings nach Fusion mit der äußeren Kernmembran wieder verloren geht. Für diesen als envelopment-deenvelopment bezeichneten Vorgang ist ein Komplex aus zwei viralen Proteinen notwendig. Er besteht aus pUL34, einem Membranprotein der Kernmembran und dessen Interaktionspartner pUL31. Beide Proteine allein reichen aus, um Membranvesikel von der inneren Kernmembran abzuschnüren. Ziel dieser Arbeit war, diesen nuclear egress weiter zu charakterisieren. Hierfür sollte zunächst geklärt werden, welche Domänen von pUL34 für dessen korrekte Lokalisierung in der Kernmembran und der Interaktion mit dem Komplexpartner pUL31 notwendig sind. Dazu wurden chimäre Proteine aus Teilen des pUL34 und zellulären Proteinen der inneren Kernmembran hergestellt. Die Ergebnisse zeigten, dass die pUL34-Transmembrandomäne keine virusspezifische Funktion besitzt und durch entsprechende Bereiche zellulärer Proteine ausgetauscht werden kann. Auch die Erweiterung der Substitution auf 50 C-terminale Aminosäuren führte zu einem funktionellen Protein, während ein Konstrukt mit einem Austausch von 100 C-terminalen Aminosäuren durch entsprechende Lap2ß Sequenzen den Defekt der PrV-deltaUL34-Deletionsmutante nicht mehr komplementieren konnte. Dennoch war noch immer eine Interaktion mit dem Komplexpartner möglich. Dies zeigte, dass zwischen den C-terminalen Aminosäuren 50 und 100 ein virusspezifischer, funktionell wichtiger Bereich liegt, der in nachfolgenden Arbeiten weiter eingegrenzt werden muss. In früheren Arbeiten konnte gezeigt werden, dass die Aminosäuren 1-162 des PrV pUL34 für die Interaktion mit pUL31 ausreichen. Für das engverwandte HSV-1 konnte dieser Bereich jedoch auf die Aminosäuren 137 und 181 eingegrenzt werden. Um dies für PrV pUL34 näher zu untersuchen wurde das Konstrukt pUL34-LapNT hergestellt, bei dem die 100 N-terminalen Aminosäuren durch Lap2ß Sequenzen ersetzt wurden. Hier zeigte sich jedoch, dass pUL34-LapNT das pUL31 nicht mehr an die innere Kernmembran rekrutieren konnte und folglich den Defekt der PrV-delta UL34-Deletionsmutante nicht mehr komplementierte. Im Gegensatz zu HSV-1 scheinen hier auch die N-terminalen 100 Aminosäuren für die Interaktion mit pUL31 notwendig zu sein. Da die Expression von pUL34 und pUL31 allein ausreicht, um die Bildung von Membranvesikeln von der inneren Kernmembran abzuschnüren, sollte im Weiteren getestet werden, ob auch Kapside in diese Vesikel aufgenommen werden. Da bei Herpesviren die Kapside autokatalytisch gebildet werden und dies bereits für einige Herpesviren über Expression in rekombinanten Baculoviren nachgestellt werden konnte, sollte versucht werden, dies auch für PrV zu etablieren. Dabei sollte die Kapsidbildung über Transduktion in Säugerzellen unabhängig von einer PrV Infektion nachgestellt werden. Hierbei sollte geklärt werden, welche weiteren viralen Proteine, neben den eigentlichen Kapsidproteinen, wie z.B. das pUL17 und pUL25, für den nuclear egress notwendig sind. Obwohl alle Kapsidkomponenten kloniert und auch in Zellen exprimiert werden konnten, konnte keine Kapsidbildung nachgewiesen werden. Die Ursachen hierfür konnten nicht geklärt werden. Auffällig war, dass das Triplexprotein pUL38 in den Baculovirus-transduzierten Zelllysaten ein etwas anderes Laufverhalten als das in Zelllysaten PrV-infizierter Zellen aufwies, dessen Ursache nicht auf der Verwendung eines downstream lokalisierten Startkodons beruhte. Mit Hilfe dieser rekombinanten Baculovirusvektoren konnte jedoch gezeigt werden, dass das Hauptkapsidprotein pUL19 mit dem Gerüstprotein (pUL26 bzw. pUL26.5) und die Triplexproteine pUL18 und pUL38 gemeinsam in den Kern transportiert werden. Die Beteiligung zellulärer Proteine am nuclear egress sollte über siRNA Experimente untersucht werden. In einer vorangegangen Arbeit war gezeigt worden, dass p97, eine zelluläre AAA+ATPase, nach Infektion vermehrt exprimiert wurde. Ziel war es, die p97 Expression über siRNA zu reduzieren und den Effekt auf die Virusinfektion zu untersuchen. Eine erfolgreiche siRNA Studie war bereits für p97 in Rattenzellen publiziert und sollte hier angewandt werden. Leider waren die zur Verfügung stehenden Rattenzelllinien nur sehr ineffizient transfizierbar und zusätzlich auch schlecht mit PrV infizierbar. Das eigene Design und die Anwendung von p97 spezifischer siRNA für Kaninchenzellen zeigte zwar die gewünschte Reduktion der p97 Expression, war jedoch nur sehr schlecht reproduzierbar und konnte daher nicht für aussagekräftige Infektionsversuche verwendet werden.
A physiological proteomic approach to address infection-related issues of Gram-positive bacteria
(2012)
Trotz der vielen wissenschaftlichen Fortschritten sind Infektionskrankheiten auch heute noch die Haupttodesursache weltweit. Sie haben nicht nur heute, sondern werden auch in der Zukunft eine große epidemiologische Bedeutung haben. Die komplexe Infektionsthematik sollte unter zwei Gesichtspunkten betrachtet werden: der Prävention und der Behandlung. Zur Prävention von Infektionen zählen neben der Dekontamination und Sterilisation auch die Impfungen sowie die Hygiene- und Gesundheitsaufklärung. Bei der Behandlung von Infektionen kann auf Antibiotika zurückgegriffen werden, wenn das humane Immunsystem die Infektionen nicht auf natürliche Weise bekämpfen kann. Zwischen 1969 und 2000 wurde kein neues Antibiotikum den bereits vorhandenen Antibiotikaklassen hinzugefügt. Parallel zu dieser schwindenden Antibiotikaforschung, verbreiten sich nosokomiale Infektionen und community-acquired (vor allem Methicillin-resistente) Infektionen rapide. Von besonderer Bedeutung ist die Grundlagenforschung an infektionsassoziierten Mikroorganismen, wie dem humanen Erreger Staphylococcus aureus. Im Zusammenhang mit Infektionen spielen Virulenzfaktoren eine entscheidende Rolle. Sie sind entweder an der Zelloberfläche platziert oder werden aktiv ins Medium sekretiert. Um das pathogene Potential von S. aureus besser zu verstehen und aufzuklären ist ein Verständnis über die Proteintransportwege essentiell. Momentan sind die Transportwege von Escherichia coli (Gram-negative) und Bacillus subtilis (Gram-positive) am besten charakterisiert. Viele Transportwegekomponenten wurden mittels Transkriptions und Proteomeanalysen auch in S. aureus konserviert gefunden und ermöglichten dadurch einen ersten Einblick in die Sekretionsmaschinerie. Das Verständnis, warum und wie Virulenzfaktoren Infektionen auslösen birgt ein großes Potential in der Suche nach verbesserter Infektionskontrolle und Behandlung. Kontaminierte medizinische Arbeitsmittel, wie zum Beispiel Katheter oder Endoskope können auch eine auslösende Quelle von Infektionen sein. Diese medizinischen Arbeitsmittel oder Geräte bestehen immer häufiger aus bio-kompatiblen Polymeren (z.B. Polyethylen (PE) oder Polyethylenterephthalat (PET). Diese thermosensitive Polymere können keinen hohen Temperaturen ausgesetzt werden, ohne dass sie beschädigt werden. Damit sind herkömmliche Sterilisationsverfahren (z.B. Autoklavieren) nicht anwendbar. Alternative chemische Verfahren (z.B. Ethylenoxid-Sterilisation) sind mit Nebenwirkungen und Risiken verbunden, die im medizinischen Bereich nicht akzeptabel sind. Alternative Dekontaminationsverfahren für diese thermosensitive Materialen sind also gefragt. Hierbei rückt das Niedertemperaturplasma (NTP) nicht nur bei den Physikern sondern auch bei den Biologen und Medizinern immer weiter in den Fokus der Forschung. NTP, welches unter atmosphärischen Druck erzeugt wird, ist aus einer Vielzahl von antimikrobiell aktiven Agentien und chemischen Produkten (z.B. atomarer Sauerstoff (O), Ozon (O3), Hydroxyl (OH), reaktive Sauerstoffspezies (ROS) und reaktive Stickstoffspezies (RNS)) zusammengesetzt und stellt damit ein wirksames Mittel für die mikrobielle Dekontamination dar. Seit einiger Zeit wird NTP auch erfolgreich bei der Wundbehandlung angewendet. Erste Studien zeigen ein großes Potential von NTP-Wundbehandlungen in Hinblick auf verbesserte Wundheilung. Die Anwendung von Plasma in der Medizin könnte ganz neue Perspektiven eröffnet- das ist zumindest die Vision. Auf der praktischen Seite gibt es allerdings noch eine Vielzahl von offenen Fragen: (i) welche Art von Plasma ist für welchen Zweck am besten geeignet; (ii) was sind die Vorteile von Plasma im Vergleich zu gängigen medizinischen Behandlungen; (iii) ist Plasma ein ökonomische Alternative im Vergleich zu gängigen Anwandelungen und Standards? Bevor Plasma sicher und routinemäßig in Krankenhäusern zu Einsatz kommen kann ist es zusätzlich von größter Wichtigkeit den Einfluss von Plasma auf Zellen zu klären. Erst wenn die Plasma-Zell-Interaktion (pro- und eukaryotische Zellen) grundsätzlich untersucht und verstanden ist kann eine sichere, erfolgreiche und vor allem akzeptierte Implementierung in den Krankenhausalltag stattfinden.
Die Analyse bakterieller Phosphoproteome rückt durch die Einflussnahme von Phosphorylierungsereignissen im Virulenzgeschehen pathogener Mikroorganismen immer weiter in den Vordergrund. Der Fokus dieser Arbeit lag auf der globalen Analyse bakterieller Phosphoproteome unter Anwendung verschiedener Techniken der Proteomforschung. Ziel war es, einen möglichst umfassenden Überblick über das cytosolische Phosphoproteom zu gewinnen, die Dynamik der Protein-Phosphorylierungen unter verschiedenen physiologischen Bedingungen zu analysieren und daraus folgend Hinweise auf regulatorische Mechanismen zu erhalten. Im Zuge der Untersuchungen zum Phosphoproteom von Bacillus subtilis wurde das auf den phosphosensitiven Pro-Q® Diamond-Farbstoff basierende 2D-Gel-Färbeprotokoll optimiert und validiert. Ferner wurde dieses Protokoll erfolgreich für die Untersuchungen des Phosphoproteoms von Mycoplasma pneumoniae und Staphylococcus aureus eingesetzt. Durch die Etablierung einer Methode zur Phosphopeptidanreicherung konnte der Blick auf das Gesamtphosphoproteom von S. aureus komplementiert werden. Insgesamt war es dadurch möglich, 103 phosphorylierte Proteine und 68 verschiedene Phosphorylierungsstellen von S. aureus zu identifizieren, darunter z. B. den Virulenzregulator SarA, dessen Phosphorylierung einen Hinweis auf seine mögliche Regulation aufzeigt. Zusätzlich konnten die Phosphorylierungsergebnisse der Fruktose-1,6-Bisphosphataldolase erste Hinweise auf eine Regulation der Substratbindung liefern und einen Erklärungsansatz enstehen lassen, der die Wirkungslosigkeit einiger in der Literatur beschriebenen Enzyminhibitoren (potentielle antimikrobielle Wirkstoffe) in in vivo Studien darlegt. In einem auf der Pro-Q® Diamond-Färbung beruhenden Quantifizierungsansatz konnten 10 signifikante Veränderungen in der Signalintensität der phosphorylierten Proteine unter Glukosehunger, nitrosativem, oxidativem und osmotischem Stress festgestellt werden. Diese liefern erste Indizien auf durch Phosphorylierungsereignisse gesteuerte Regulationsmechanismen. Besonders die unter nitrosativen Stress neu auftretenden putativ phosphorylierten Proteinspots der Proteine FdaB (Fruktose-Bisphosphataldolase) und HchA (molekulares Chaperon Hsp31/Glyoxalase 3) lassen Spekulationen über neue Stoffwechselwege, wie z. B. einen Methylglyoxal detoxifizierenden Mechanismus, zu. Darüber hinaus konnten durch die Glukosehungerexperimente und die Spezifizierung der Phosphorylierungsstelle T537 der Pyruvatkinase von S. aureus ein Regulationsmechanismus vorgeschlagen werden, der das "Finetuning" des Energieladungszustandes der Zelle über einen Phosphorylierungs- und Dephosphorylierungsmechanismus beschreibt. Von weiterem Interesse war die Identifizierung von am Arginin phosphorylierten Peptiden. Im Rahmen dieser Arbeit wurde hierfür das Phosphopeptid-anreicherungsprotokoll optimiert, so dass in Zusammenarbeit mit A. Elsholz (Inst. f. Mikrobiologie, EMAU Greifswald) die Identifizierung von phosphorylierten Argininresten der Argininkinase McsB und der ATPase ClpC in B. subtilis möglich wurde. Darüber hinaus wurde die Methode in globalen Untersuchungen einer Phosphatasemutante (∆ywlE, B. subtilis) angewandt. Mittels der im Rahmen dieser Arbeit durchgeführten massenspektrometrischen Analyse der angereicherten Peptide konnten 111 Arginin-Phosphorylierungsstellen identifiziert werden. Zur Verbesserung der Quantifizierung von phosphorylierten Proteinen in B. subtilis wurde ein Protokoll entwickelt, indem das Auftrennungspotential des 2D-Gels, die Identifizierung phosphorylierter Proteine anhand des Pro-Q® Diamond-Farbstoffs und die auf die metabolische Markierung beruhende Quantifizierung miteinander kombiniert wurde. Im Ergebnis konnte anhand dieser Methode eine bessere Reproduzierbarkeit und eine höhere Sensitivität bei geringeren Veränderungen im Vergleich zu dem Pro Q® Diamond basierten Quantifizierungsansatz erzielt werden.
Lyssavirus Matrixproteine (M) sind essentielle Komponenten im Virus-Assembly. Zusätzliche Virus RNA-Synthese regulierende und wirtszellmanipulierende Funktionen machen das M Protein zu einem zentralen Faktor der wirtszellabhängigen Virusreplikation und Pathogenese im infizierten Organismus. Damit könnte das M Protein einen wesentlichen Faktor bei der Anpassung von Lyssaviren an bestimmte Wirtsspezies darstellen und als Pathogenitätsdeterminante die spezifische Virulenz unterschiedlicher Lyssavirus Isolate begründen. Inwieweit Lyssavirus M Proteine sich tatsächlich in grundlegenden Funktionen der Virusreplikation und Wirtszellmanipulation unterscheiden, ist bisher nur unzureichend geklärt. Hier wurden M Proteine aus einem attenuierten Rabies Virus Stamm (RABV M) und aus einem fledermausassoziierten Lyssavirus (Europäische Fledermaus Lyssavirus Typ 1; EBLV 1 M) hinsichtlich funktioneller Unterschiede im Virus-Assembly und ihrer intrazellulären Lokalisation in virusinfizierten Zellen verglichen. Zusätzlich wurde durch die gezielte Insertion von Mutationen in das RABV M Protein ein stark attenuiertes RABV generiert, das eine wichtige Grundlage für die weitere Erforschung M abhängiger Mechanismen der Pathogenese und Viruseliminierung aus dem zentralen Nervensystem (ZNS) darstellt. Tatsächlich wurden mit chimären RABV M und EBLV 1 M exprimierenden Viren M abhängige Unterschiede in der Virusmorphogenese bestätigt. Eine RABV M abhängige Akkumulierung von Viruspartikel-ähnlichen Strukturen im rauen Endoplasmatischen Retikulum (rER) wurde mit der Kombination unterschiedlicher RABV und EBLV 1 M Sequenzen auf fünf C terminale Aminosäuren an den Positionen 187, 190, 192, 196 und 197 eingegrenzt. Mit der Identifizierung dieser Positionen konnte postulierte werden, dass es sich bei den beobachteten ultrastrukturellen Unterschieden nicht um Virusspezies sondern um Isolat-spezifische Unterschiede handelt, die möglicherweise einen Einfluss auf in vivo Virusreplikation und Pathogenese haben. Die vergleichende fluoreszenzmikroskopische Analyse infizierter Zellen zeigte, dass EBLV 1 M Protein im Gegensatz zum RABV M Protein an Membranen des Golgi-Apparates akkumulierte. Im Gegensatz zur Akkumulierung von Viruspartikel-ähnlichen Strukturen im rER konnte die EBLV 1 M spezifische Golgi-Apparat Lokalisation nicht auf einzelne Bereiche des M Proteins eingegrenzt werden, weshalb davon ausgegangen werden muss, dass hier die Integrität des gesamten EBLV 1 M Proteins notwendig ist. Erstmals wurden Lyssavirus M Proteine in viralen Einschlusskörpern und Zellkernen infizierter Zellen nachgewiesen. Während die Präsenz in den Einschlusskörpern ein wichtiges Element bei der Erforschung RNA-Synthese regulativer M Funktionen darstellt, können mit dem Nachweis von Lyssavirus M Proteinen im Zellkern wirtszellmanipulierende Funktionen auf nukleärer Ebene postuliert werden. Neben dem Nachweis der Proteine im Nukleus wurde mit fluoreszenzmarkiertem M Protein gezeigt, dass die Kernmembran eine Diffusionsbarriere für das M Protein darstellt und dass ein aktiver Transport in den Zellkern stattfinden muss. Zusammenfassend werden mit dieser Arbeit wichtige Erkenntnisse zu Unterschieden und Gemeinsamkeiten von Lyssavirus M Proteinen bezüglich Virusmorphogenese und wirtszellmanipulierender M Funktionen vorgelegt, die das aktuelle Verständnis der Lyssavirus Replikation vertiefen und weiterführende Arbeiten zu molekularen Mechanismen der Virusreplikation und Pathogenese ermöglichen.
Herpesviren weisen einen komplexen Replikationszyklus auf, innerhalb dessen die einzelnen Schritte der Morphogenese der Nachkommenviren in unterschiedlichen zellulären Kompartimenten ablaufen. Während die Kapsidmorphogenese und Genomverpackung im Zellkern der infizierten Zelle stattfinden, erfolgt die weitere Reifung zu infektiösen Virionen im Cytoplasma. Voraussetzung hierfür ist ein als nuclear egress bezeichneter Prozess, durch den die Kapside mittels eines envelopment-deenvelopment-Mechanismus an der Kernhülle Zugang zum Cytoplasma erhalten. Zielstellung der vorliegenden Arbeit war, mittels konfokaler Laser-Scanning-Mikroskopie eine geeignete live-cell imaging-Methodik zu entwickeln, mit der der Transport der Kapside durch die Kernhülle dargestellt werden konnte, um die Dynamik dieses Prozesses aufzuklären.
Die bakterielle Schleimkrankheit hervorgerufen durch Ralstonia solanacaerum, sowie die bakterielle Pelargonienwelke, verursacht durch Xanthomonas hortorum pv. pelargonii, sind zwei bedeutende Bakteriosen an Pelargonien. Für beide Krankheiten gibt es keine zugelassenen Bekämpfungsmethoden, so dass diese nur durch Einhalten phytosanitärer Maßnahmen kontrolliert werden können. Vor allem in Jungpflanzenbetrieben verursacht das Auftreten dieser beiden Schaderreger erhebliche finanzielle Einbußen. Ziel dieser Arbeit war es, ein breites Pelargonium-Sortiment hinsichtlich der Resistenz gegen X. hortorum pv. pelargonii und R. solanacearum zu testen. Folgende Ergebnisse wurden erzielt: Es konnten effektive Inokulationsmethoden entwickelt werden, die es ermöglichten reproduzierbare und zuverlässige Ergebnisse zu erzielen. Von insgesamt 114 getesteten Pelargonien–Genotypen konnten drei Genotypen mit einer Resistenz gegen beide Schaderreger selektiert werden. Das heißt, dass die Pflanzen nach der Inokulation mit dem jeweiligen Erreger keine Symptome zeigten und auch eine Bakterienvermehrung und –ausbreitung in der Pflanze nicht nachgewiesen werden konnte. Erstmals wurde im Rahmen dieser Arbeit eine Resistenz in Pelargonien gegenüber Ralstonia solanacearum nachgewiesen. Die gefundenen Resistenzen sollten anschließend in die anfällige Kultursorte Pelargonium x hortorum eingekreuzt werden. Eine Kreuzung zwischen den resistenten Genotypen und P. x hortorum konnte – jedoch nach mehreren Versuchen- aufgrund des phylogenetischen Abstands zwischen den einzelnen Genotypen nicht erfolgreich durchgeführt werden. Als Alternative zur natürlichen Kreuzung wurde die Protoplastenfusion verwendet. Hierfür wurden zunächst In-vitro-Kulturen von den resistenten und den anfälligen Ausgangspflanzen angelegt. Im Rahmen dieser Arbeit wurden sowohl chemische Fusionen mit Hilfe von PEG als auch Elektrofusionen mit Pelargonium-Protoplasten durchgeführt. Durch eine Weiterentwicklung des Regenerationssystems für Pelargonium konnten erfolgreich Pflanzen aus der Protoplastenfusion regeneriert werden. Insgesamt wurden 320 Regeneratpflanzen aus der In-vitro-Kultur ins Gewächshaus überführt. Davon zeigten 43 Pflanzen phänotypische Auffälligkeiten, 277 Pflanzen konnten vom Phänotyp der Wildform (609) zugeordnet werden. Im Rahmen des Regenerationsprozesses wurden diverse Zusatzstoffe hinsichtlich ihrer fördernden Eigenschaften getestet. Unter anderem wurde die Wirkung von Chitosan unterschiedlicher Herkunft sowie zwei Konzentrationen von Nitroprussid auf die Regeneration geprüft. Die Regeneratpflanzen wurden ins Gewächshaus überführt und phänotypisch, molekular mit Mikrosatelliten, flowzytometrisch mit GISH sowie anhand des Inhaltsstoffmusters charakterisiert. 13 Pflanzen zeigten phänotypische Auffälligkeiten in der Blattform und –struktur, die auf eine Polyploidisierung des Materials hinweisen. Sechs der auffälligen Regenratpflanzen wurden verklont und in einem Resistenztest hinsichtlich ihrer Eigenschaften gegenüber Ralstonia solanacearum und Xanthomonas hortorum pv. pelargonii getestet. Ein Teil der Pflanzen waren resistent gegen beide Erreger die restlichen Pflanzen wurden als tolerant gegen beide Erreger eingestuft. Im Rahmen der molekularen Untersuchungen wurden bisher Homofusionate des resistenten Genotyps ermittelt. Die untersuchten Pelargonium-Regenerate mit höherer Ploidie wiesen des Weiteren Veränderungen im Inhaltsstoffmuster in Bezug zu den Ausgangspflanzen auf.
Die Synthese und der Abbau von mikrobieller Biomasse sind fundamentale biologische Prozesse auf unserer Erde. Im Gegensatz zu zellulären Syntheseleistungen wurde der Eliminierung von mikrobieller Biomasse allerdings bisher weniger Aufmerksamkeit geschenkt. Die Auflösung von Bakterienzellen wird als Bakteriolyse bezeichnet. Innerhalb von natürlichen Bakteriengemeinschaften wird die Bakteriolyse eingeleitet durch verschiedene mikrobielle Prozesse und wird schließlich durch die Degradation komplexer bakterieller Zellwandbausteine bedingt. Sie ist ein fundamentaler Vorgang zur Energie- und Nährstoffversorgung, sowohl im Rahmen der Saprotrophie, also dem Abbau von toten Bakterienzellen, als auch der Bakterivorie, der Prädation an lebenden Bakterien. Der Prozess der Bakteriolyse ist bei beiden Ernährungstypen abhängig von extrazellulären Enzymen und bioaktiven Metaboliten, die den enzymatischen Angriff ermöglichen oder verstärken und letztlich zur Zerstörung des Zellmaterials beitragen. Bakteriolytische Substanzen und Metaboliten besitzen eine hohe Anwendungsrelevanz, beispielsweise für die Zurückdrängung von Bakterien in vielen verschiedenen Bereichen des Lebens und werden in Anbetracht der weltweit steigenden Verbreitung von Krankheits- und Schaderregern sowie von Antibiotikaresistenzen dringend benötigt. Um Zugang zu neuen antimikrobiellen Substanzklassen zu erhalten, wurden im Rahmen der vorliegenden Arbeit 35 stark bakteriolytische Bakterienisolate aus Brackwasser gewonnen und charakterisiert, darunter 31 von verschiedenen Probenahmeorten der Ostsee und 4 aus dem brackwasserhaltigen Bereich des Balchaschsees in Kasachstan. Alle bakteriolytischen Isolate wurden morphologisch und physiologisch charakterisiert. Eine Auswahl bakteriolytischer Stämme wurde zusätzlich taxonomisch identifiziert. Von den bakteriolytischen Umweltisolaten aus der Ostsee konnten zehn Stämme eindeutig den vier Bacillus-Arten B. pumilus, B. subtilis, B. megaterium und B. licheniformis zugeordnet werden (Brack et al. 2013). Unter den Isolaten aus dem Balchaschsee wurden drei Stämme als Pseudomonas veronii und ein Stamm als Paenibacillus apiarius identifiziert. Die Isolate aus dem Balchaschsee zeichneten sich durch eine starke Lyseaktivität gegenüber lebenden Zellen von Pseudomonas putida, Escherichia coli, Micrococcus luteus und Arthrobacter citreus aus und waren zum Teil in der Lage, auch autoklavierte Zellen dieser Arten zu degradieren. Für das Isolat Paenibacillus apiarius SBUG 1947 wurde nach Analyse von Wachstumskurven und elektronenmikroskopischen Aufnahmen eine besonders deutliche Lyseaktivität gegenüber lebenden Zellen von A. citreus in Flüssigkultur nachgewiesen (Brack et al. 2014c). In einem umfangreichen systematischen Screening über die bakteriellen Isolate aus der Ostsee zeigten ausgewählte Bacillus-Stämme aller vier identifizierten Arten lytische Aktivitäten gegenüber lebenden Zellen von grampositiven und gramnegativen Bakterien der Arten Arthrobacter citreus, Micrococcus luteus und Pseudomonas putida sowie zum Teil gegenüber Hefen wie Trichosporon mucoides. Diese und weitere Mikroorganismen wie Aeromonas sp., Bacillus subtilis, Chromobacterium violaceum, Citrobacter freundii, Enterobacter aerogenes, Proteus mirabilis, Pseudomonas aeruginosa und Serratia marcescens wurden in Form von autoklavierten und pasteurisierten Zellen ebenfalls durch die Bacillus-Stämme lysiert (Brack et al. 2013). Das stark bakteriolytische Isolat B. pumilus SBUG 1800 zeigte zudem in Flüssigkultur eine deutliche Bakteriolyseaktivität gegen pasteurisierte und lebende Zellen von A. citreus, wobei selbst ein geringes Inokulum von B. pumilus zu einer raschen Abtötung sowie Auflösung der Wirtszellen führte, wie in Wachstumsversuchen und mit Hilfe von elektronenmikroskopischen Aufnahmen gezeigt werden konnte. Die stärkste Lyseaktivität gegenüber lebensfähigen A. citreus-Zellen konnte nach 3,5 bis 4,5 Stunden der Inkubation in Co-Kultur mit verdünnter Nährbouillon beobachtet werden. Um den Bakteriolyseprozess genauer zu charakterisieren, wurden im Folgenden Veränderungen im extrazellulären Metabolom und Proteom unter verschiedenen Kulturbedingungen untersucht. So wiesen die zellfreien Kulturüberstände von B. pumilus SBUG 1800, coinkubiert mit pasteurisierten Zellen von A. citreus, nachweislich eine starke bakteriolytische Aktivität auf, was auf die Anwesenheit von extrazellulären Lysefaktoren hindeutete. Diese lytischen Faktoren sollten mit Hilfe von analytischen Messmethoden nachgewiesen und biochemisch charakterisiert werden. Mittels gekoppelter Gaschromatographie-Massenspektrometrie (GC-MS) und Flüssigkeitschromatographie-Massenspektrometrie (LC-MS) wurden im Kulturüberstand von B. pumilus SBUG 1800, inkubiert in Gegenwart von pasteurisierten Zellen von A. citreus, verschiedene 2,5 Diketopiperazine detektiert. Hierdurch gelang der erste wissenschaftliche Nachweis der Sekretion der Diketopiperazine Cyclo(-Ala-Pro), Cyclo(-Gly-Pro), Cyclo(-Val-Pro), Cyclo( Ile-Pro), Cyclo(-Leu-Pro), Cyclo(-Pro-Pro), Cyclo (-HyP-Pro), Cyclo (-Pro-Met) und Cyclo(-Phe-Pro) durch das Umweltisolat B. pumilus SBUG 1800 aus der Ostsee sowie auch durch den Laborstamm B. pumilus SBUG 1921 (auch B. pumilus Jo2). Beide Stämme reagierten nach 4 h der Inkubation in einem Mineralsalzmedium mit einer erhöhten Produktion der Diketopiperazine Cyclo(-Gly-Pro), Cyclo(-Ala-Pro) und Cyclo(-Val-Pro) auf das Vorhandensein pasteurisierter A. citreus-Zellen. Auch in zehnfach verdünnter Nährbouillon wurden diese Diketopiperazine produziert. Die detektierten antimikrobiellen Diketopiperazine wiesen gegenüber verschiedenen Teststämmen eine Hemmwirkung auf, die bereits bei sehr geringen Konzentrationen von 1 µg ml-1 einsetzte. Für die Diketopiperazine konnte jedoch keine bakteriolytische Funktion nachgewiesen werden, weder gegenüber lebenden noch gegenüber abgetöteten Bakterienzellen (Brack et al. 2014a). Sie wirken daher als Stoffwechsel inaktivierende Vorstufe für einen nachfolgend einsetzenden bakteriolytischen Prozess. Um den unbekannten Lysefaktor aus dem zellfreien Überstand von B. pumilus SBUG 1800 zu identifizieren, wurde unter anderem die Lipopeptid-Fraktion der Zellen gewonnen und mittels LC-MS analysiert. Dabei wurden neun verschiedene Pumilacidine, darunter zwei bislang unbeschriebene Lipopeptide mit den Molekülmassen 1007 und 1021, detektiert. Da die Lipopeptidextrakte lebende Wirtzellen lysierten, können die Pumilacidine als eine erste Gruppe von wirksamen Lysefaktoren im untersuchten Prädator-Wirt-System angesehen werden. Die Konzentration der Pumilacidine ist ähnlich der Diketopiperazin-Konzentration nach vier Stunden der Inkubation in verdünnter Nährbouillon höher in Anwesenheit von pasteurisierten oder lebenden Zellen von A. citreus als im Kontrollmedium ohne Wirtszellen. Neben den antimikrobiellen Diketopiperazinen und den bakteriolytischen Pumilacidinen konnte mittels Gelelektrophorese die bakteriolytische Wirksamkeit einer großen Bandbreite von extrazellulären Enzymen aus B. pumilus SBUG 1800 nachgewiesen werden. Zwei der bakteriolytisch wirksamen Enzyme konnten mit Hilfe massenspektrometrischer Methoden als die Zellwandhydrolasen N-Acetylmuramoyl-L-Alaninamidase und β N Acetylglukosaminidase identifiziert werden (Brack et al. 2014b). Im Kontext der aktuellen Fachliteratur deuten die hier vorgestellten Ergebnisse darauf hin, dass Bacillus-Arten sich als Intragilden-Prädatoren in das marine mikrobielle Nahrungsnetz einordnen lassen. Bei Nahrungsmangel, vergleichbar mit dem Wachstum in der vielfach verwendeten, zehnfach verdünnten Nährbouillon, greift B. pumilus benachbarte Mikroorganismen an, um diese als Nährstoff- und Energiequellen für das eigene Überleben zu nutzen durch die damit verbundene Lyse von Nahrungskonkurrenten den Prozess der eigenen Sporulation zu retardieren. Der Vorgang der Bakteriolyse im untersuchten Prädator-Wirt-System läuft dabei nach dem dargelegten Kenntnisstand folgendermaßen ab. In der Co-Kultur wird das Wachstum der Wirtsbakterienart A. citreus durch neun verschiedene Diketopiperazine mit antibakterieller Wirksamkeit inhibiert. Die Gesamtkonzentration der Diketopiperazine liegt bei über 80 µg ml-1. Gleichzeitig verursachen die ausgeschiedenen Pumilacidine A bis I als Hauptfaktoren der Bakteriolyse die initiale Zellpermeabilisierung, und den Zelltod der Wirtsbakterien, wahrscheinlich bedingt durch eine Desintegration von Membranstrukturen, woraufhin der austretende Zellinhalt im Medium verfügbar wird. Für die Degradation der freiwerdenden makromolekularen Nährstoffe sekretiert B. pumilus ein breites Spektrum von verschiedenen hydrolytischen extrazellulären Enzymen, welche die komplexen Zellbestandteile zu metabolisierbaren Oligomeren und Monomeren zersetzen (Brack et al. 2014b). Auf der Grundlage der neuen Erkenntnisse über den Hergang der Bakteriolyse im ausgewählten Prädator-Wirt-System können neue, anwendungsrelevante Ansätze für die Zurückdrängung von schädlichen Mikroorganismen abgeleitet werden. Neben der detailliert untersuchten Art Bacillus pumilus stehen weitere lytische Bakterien zur Verfügung, deren Wirkstoffe und lytische Enzyme, ein großes Potential zur Zerstörung von mikrobiellen Zellen und
Viele als endokrine Disruptoren (EDCs) bezeichnete Schadstoffe gelangen in die Umwelt und können Veränderungen in der Entwicklung und der Funktion des Hormonsystems von Menschen und Tieren hervorrufen. Sie liegen häufig in niedrigen, physiologisch wirksamen Konzentrationen, sowie als Substanzgemische in komplexen Umweltproben vor. Zum Nachweis dieser Umweltchemikalien bedarf es der Entwicklung neuer, effizienter, benutzerfreundlicher und hoch sensitiver Detektionsmethoden. Ziel dieser Arbeit war die Entwicklung und Validierung von zwei neuen bioanalytischen Testsystemen, welche das biologische Potential von EDCs zuverlässig bestimmen. Das erste System, der neue Arxula adeninivorans yeast androgen screen (A-YAS) Assay, ermöglicht die Detektion von (anti-)androgenen Aktivitäten von EDCs als Reinsubstanzen sowie von Umweltproben. Dieser in vitro Bioassay basiert auf transgenen A. adeninivorans-Zellen, welche konstitutiv das Gen des humanen Androgenrezeptors (hAR) exprimieren. Das induzierbare Gen des Reporterproteins Phytase K (phyK, aus Klebsiella sp. ASR1 stammend) steht unter Kontrolle des aus A. adeninivorans stammenden Glucoamylase(GAA)-Promotors, welcher durch die Insertion von hormone responsive elements (HREs) modifiziert wurde. Bei Anwesenheit von (anti-)androgen wirkenden Substanzen bindet ein Dimer des hAR-Liganden-Komplexes an die HRE-Sequenzen und reguliert die Reportergenexpression. Das gebildete Reporterprotein Phytase K wird in das Medium sezerniert und ermöglicht die photometrische Bestimmung der Absorption als Maß der rekombinanten Enzymaktivität, welche mit der Konzentration der (anti-)androgen wirkenden Substanzen korreliert. Die Xplor®2-Transformations-/Expressionsplattform wurde verwendet, um mitotisch stabile und resistenzmarkerfreie Hefetransformanden zu generieren und geeignete Vertreter als Biokomponenten des Assays zu selektieren. Der A-YAS Assay ist benutzerfreundlich, schnell (Inkubationszeiten zwischen 5 h und 24 h) und als Hochdurchsatzmethode im 96-iger Mikrotiterplattenformat anwendbar. Für die Referenzsubstanz 5α-Dihydrotestosteron wurden ein Wert für die mittlere effektive Konzentration (EC50) von 277,1 ng/l sowie Nachweis- und Bestimmungsgrenzen von 56,5 ng/l bzw. 76,5 ng/l bestimmt. Damit ist der A-YAS Assay der derzeit sensitivste Hefezell-basierte Assay zur Detektion von androgenen Aktivitäten. Darüber hinaus wurden die androgenen und anti-androgenen Aktivitäten verschiedener weiterer EDCs (natürlich vorkommende Androgene und Östrogene, Pharmazeutika, Biozide) ermittelt. Der A-YAS Assay stellt ein robustes Testsystem dar und kann zur Bestimmung der androgenen Äquivalentwerte (AEQs) von komplexen Umweltproben wie Urinen eingesetzt werden. Die durch den Bioassay ermittelten AEQs mehrerer Rinderurinproben korrelierten gut mit den AEQs, welche durch GC-MS Analyse der gleichen Proben bestimmt wurden. Das zweite in dieser Arbeit entwickelte Testsystem ist ein zellfreies Verfahren, welches der rezeptorselektiven Anreicherung und Detektion von östrogen und androgen wirkenden Substanzen dient. Dazu wurden sowohl die vollständigen als auch die für die Ligandenbindungsdomäne (LBD) codierenden Gensequenzen vom humanen Östrogenrezeptor α (hERα) und von hAR mit der codierenden DNA-Sequenz für einen Polyhistidin-Tag (His-Tag) fusioniert. Durch die Wahl geeigneter Expressionssysteme erfolgte die Synthese rekombinanter, N- bzw. C-terminal mit einem His-Tag fusionierte Rezeptorproteine in vier unterschiedlichen Wirtsorganismen, dem Bakterium Escherichia coli BL21(DE3), den Hefen A. adeninivorans und Hansenula polymorpha sowie der Pflanze Nicotiana benthamiana. Zur maximalen Akkumulation von rekombinantem Protein wurden die Kultivierungsparameter der einzelnen Organismen optimiert. Eine Reinigung der nach Zellaufschluss extrahierten Proteine erfolgte durch die Metall-affine Interaktion von His-Tag-Fusionsproteinen mit Ni(II)-Nitrilotriacetat(Ni-NTA)-Gruppen in der immobilisierten Metallionen-Affinitätschromatographie (IMAC). Die in E. coli BL21(DE3)/pET-23a(+)-LBD-hERα synthetisierte, C-terminal mit einem His-Tag fusionierte LBD von hERα (LBD-hERα-6Hp) konnte nach IMAC-Reinigung mit hoher Reinheit (>90 %) und in einer Konzentration von bis zu 4 mg/ml erhalten werden. Die Anwendung unterschiedlicher Ligandenbindungsassays wies die Funktionsfähigkeit des rekombinanten Proteins nach. Durch Immobilisierung auf einer Chipoberfläche und Integration in einer Durchflusszelle wurde LBD-hERα-6Hp zum einen in einem Anreicherungsverfahren eingesetzt, welches Analyte von bisher unbestimmbaren in detektierbare Konzentrationen überführt. Die spezifische Bindung von 17β-Estradiol (17β-E2) wurde anhand der im östrogen-sensitiven nAES-P Assay (Kaiser et al., 2010) bestimmten Wiederfindungsraten von 17β-E2 bestimmt, welche sich nach Inkubation in der Durchflusszelle verringerten. Durch Integration einer optischen Messmethode (Lumineszenz) wurde ein kompetitives Detektionsverfahren entwickelt. Durch den Einsatz von LBD-hERα-6Hp wurde die spezifische Bindung von 17β-E2 gezeigt. Das Detektionsverfahren kann zur sensitiven Bestimmung der hormonellen Aktivitäten von EDCs als Reinsubstanzen sowie in Umweltproben eingesetzt werden. Darüber hinaus könnte das Anreicherungsverfahren als Vorstufe von kostenaufwändigen Nachweisverfahren wie der GC-MS Analyse verwendet werden.
Die Newcastle Disease (ND) und die hochpathogene aviäre Influenza (HPAI) sind zwei der bedeutendsten Viruserkrankungen des Geflügels. Neben hohen wirtschaftlichen Verlusten stellt besonders das zoonotische Potential des hochpathogenen aviären Influenzavirus (HPAIV) auch eine Gefahr für den Menschen dar. Eine erfolgreiche Prophylaxe erfordert effektive Impfstoffe, die hohe Anforderungen wie die Verträglichkeit in sehr jungen Tieren, Massenapplizierbarkeit, eine sichere und kostengünstige Produktion sowie die Möglichkeit der Differenzierung zwischen infiziertem und vakziniertem Geflügel (DIVA) erfüllen müssen. Replikationsfähige Vektorviren sind dafür besonders geeignet. Mit Hilfe des reversen genetischen Systems konnte ein rekombinantes Newcastle Disease Virus (NDV) generiert werden, welches das Hämagglutinin H5 eines HPAIV exprimiert (rNDVH5Vm). Dieses vermittelt in SPF-Hühnern nach Immunisierung einen bivalenten Schutz vor HPAI und ND, versagt jedoch als Vakzine in Geflügel mit maternalen NDV-Antikörpern (Veits, Wiesner et al. 2006). Aufgrund der flächendeckenden NDV-Impfung in Geflügelbeständen müssen NDV-basierte Vektorvakzinen jedoch die maternale NDV-Immunität überwinden. Ein neuer Ansatz zur Entwicklung eines entsprechenden Vakzinevirus wird in dieser Arbeit gezeigt. Dazu erfolgte ausgehend von rNDVH5Vm die Generierung eines chimären rekombinanten NDV, in welchem die NDV-Oberflächenproteine F und HN durch die des aviären Paramyxovirus-8 (APMV-8) ausgetauscht wurden (chNDVFHNPMV8H5). Nach Generierung der neuen Virusrekombinante wurde sowohl die Expression und Inkorporation der drei Oberflächenproteine F, HN und H5 in das Viruspartikel, als auch eine Replikation zu hohen Endtitern nachgewiesen. Die geringe Virulenz und die damit mögliche Eignung als Vakzinevirus wurde durch einen ICPI von 0,288 bestätigt. Auch die in vivo-Charakterisierung in SPF-Hühnern zeigte eine gute Verträglichkeit, eine lokale Virusreplikation und eine detektierbare Immunantwort gegen APMV-8 und AIV. Drei Wochen nach Vakzinierung ein oder sieben Tage alter Küken, die eine maternale NDV-Immunität aufwiesen, mit chNDVFHNPMV8H5 erfolgte die Infektion mit einer letalen Dosis HPAIV. Es konnte ein vollständiger klinischer Schutz, einhergehend mit einer signifikant verringerten Virusausscheidung im Vergleich zur Kontrollgruppe detektiert werden. Die Vakzinierung mit chNDVFHNPMV8H5 ermöglicht außerdem die DIVA-Diagnostik auf Basis des Nachweises von AIV-NP Antikörpern. Aufgrund der Substitution der Oberflächenproteine des NDV ist chNDVFHNPMV8H5 nicht mehr in der Lage, einen Schutz gegen ND zu vermitteln. Die fehlende Kreuzreaktvität der Antikörper gegen die Oberflächenproteine von NDV und APMV-8 konnte auch in vitro gezeigt werden. Da die ND neben der HPAI einen hohen ökonomischen Stellenwert besitzt, wurde ein kombiniertes Vakzinierungsschema entwickelt, welches Geflügelbestände vor beiden Erkrankungen schützen soll. Dafür wurden ein oder sieben Tage alte, maternale NDV-Antikörper tragende Hühner mit chNDVFHNPMV8H5 und sieben Tage später mit einem lentogenen rekombinanten NDV (rNDVGu) immunisiert. Die Replikation des rNDVGu wurde dabei weder durch chNDVFHNPMV8H5 noch durch die Immunantwort gegen interne NDV-Proteine gestört, so dass beide Vakzinen eine Immunantwort induzierten. Diese vermittelte nach Infektion mit einer letalen Dosis HPAIV oder velogenem NDV einen klinischen Schutz und eine signifikant verringerte Virusausscheidung bei den geimpften Hühnern gegenüber den ungeimpften Kontrolltieren. Dieses erfolgreiche Vakzinierungsschema vereint zudem Massenapplizierbarkeit mit sicherer, kostengünstiger Produktion des Vakzinevirus. Von den bisher beschriebenen zwölf aviären Paramyxoviren ist NDV (APMV-1) aufgrund seiner wirtschaftlichen Bedeutung das am besten charakterisierte. APMV-8 hingegen ist bisher nur wenig untersucht. Um eine APMV-8-Infektion im Huhn zu charakterisieren, wurden drei Wochen alte SPF-Hühner mit APMV-8/goose/Delaware/1053/76 infiziert. Die Tiere zeigten nach Infektion keine klinischen Symptome, aber die Replikation des Erregers konnte bis vier Tage nach Infektion im oberen Respirationstrakt nachgewiesen werden. Sie verursachte jedoch keine histologischen Gewebeveränderungen, was die geringe Pathogenität des Erregers bestätigt. Eine Immunantwort konnte bereits sieben Tage nach Infektion detektiert werden. Um die Schutzwirkung einer APMV-8-Vakzinierung vor einer NDV- und APMV-8-Infektion zu ermitteln, erfolgte drei Wochen nach Immunisierung der Hühner eine Infektion mit homologem APMV-8 oder velogenem NDV. Dabei konnte gezeigt werden, dass nach erneuter APMV-8-Infektion die Virusausscheidung signifikant verringert war, was die Wirksamkeit der induzierten Immunantwort bestätigt. Nach Infektion mit einem velogenen NDV waren jedoch weder hinsichtlich Morbidität und Mortalität, noch Virusausscheidung signifikante Unterschiede zwischen vakzinierten und nicht vakzinierten Tieren nachweisbar. Das macht deutlich, dass eine Immunität gegen APMV-8 die Virusausscheidung nach erneuter APMV-8-Infektion zwar signifikant reduziert, jedoch nicht vor der Infektion mit einer letalen Dosis von velogenem NDV schützt.
Der Kernaustritt der Nukleokapside stellt einen essentiellen Schritt im Replikationszyklus der Herpesviren dar. Aufgrund seiner Größe kann das Kapsid den Kern nicht durch die Kernporen verlassen, sondern wird durch die Kernmembranen transportiert. Die viralen Proteine pUL34 und pUL31 bilden den NEC (nuclear egress complex), der virale und zelluläre Kinasen an die Kernmembran rekrutiert. Diese phosphorylieren die Lamine, wodurch sich die Lamina partiell auflöst und das Nukleokapsid Zugang zur Kernmembran erhält. Die Deletion einer oder beider Komponenten des NEC bewirkt zwar eine deutliche Reduktion der viralen Titer, jedoch wird eine geringe Menge infektiöser Nachkommenviren freigesetzt, die für eine Reversionsanalyse genutzt wurde. Dafür wurde zuerst das UL34-negative Virus und später auch das UL31-negative Virus, auf Kaninchennierenzellen (RK13) seriell passagiert, bis im Überstand Wildtyp-ähnliche Titer erreicht wurden. Aus diesen Überständen wurden Virusmutanten isoliert, die ohne den NEC effizient replizierten und als PrV-ΔUL34Pass bzw. PrV-ΔUL31Pass bezeichnet wurden. Elektronenmikroskopische Aufnahmen zeigten, dass die passagierten Viren nicht mehr wie der PrV-Wildtyp durch die Kernmembran transportiert, sondern durch eine partiell aufgelöste Kernmembran ins Zytoplasma freigesetzt wurden. Das Ziel dieser Arbeit war zu untersuchen, wie die Freisetzung der Kapside aus dem Kern ohne den essentiellen NEC abläuft. Um zu ermitteln, welche viralen Proteine für die Auflösung der Kernmembran von Bedeutung sein könnten, wurde zunächst das komplette Genom von PrV-ΔUL34Pass sequenziert und mit dem des Wildtyps (PrV-Ka) und der nicht passagierten UL34-Deletionsmutante (PrV-ΔUL34) verglichen. Die mutierten Gene wurden anschließend in PrV-ΔUL31Pass sequenziert. Zu den sieben Genen, die in beiden passagierten Viren verändert sind, gehören u.a. UL21, UL26, UL46 und UL49. Jedoch konnte durch Deletion der einzelnen mutierten Gene nicht geklärt werden, welches Genprodukt für die Kernmembran-Fragmentierung in PrV-ΔUL34Pass- oder PrV-ΔUL31Pass infizierten Zellen bzw. für die Stabilisierung der Kernmembran während der Wildtyp-Infektion verantwortlich ist. Mit Hilfe von Inhibitorstudien wurde untersucht, welche zellulären Prozesse von den passagierten Viren manipuliert werden könnten, um die Kernmembran-Fragmentierung zu induzieren. Der Cdk (Cyclin dependent kinase) 1, Cdk2 und Cdk5-Inhibitor Roscovitin, der in höheren Dosen auch ERK1/2 (extracellular regulated kinase 1/2) hemmt, reduzierte die Titer der passagierten Viren deutlich, während der PrV-Wildtyp kaum beeinflusst wurde. Einen ähnlichen Effekt konnte auch mit einem Inhibitor für die ERK1/2 vorgeschaltete Kinase MEK1/2 (mitogen activated protein kinase/ERK kinase 1/2) erzielt werden. Spezifische Inhibitoren von ERK1/2, Cdk1, Cdk2 oder Cdk5 zeigten jedoch keinen spezifischen Einfluss auf die passagierten Virusmutanten oder den Wildtyp. Zur selben Zeit konnte eine andere Arbeitsgruppe zeigen, dass das Varizella Zoster Virus pUL46 Homolog ORF12 die Aktivierung von ERK1/2 induziert (Liu et al., J. Virol. 86, 2012). Basierend auf dieser Studie wurde untersucht, ob PrV pUL46 ebenfalls ERK1/2 aktivieren kann und ob diese Aktivierung für die Auflösung der Kernmembran von Bedeutung ist. Es konnte gezeigt werden, dass sowohl PrV-Wildtyp als auch PrV-ΔUL34Pass pUL46 ERK1/2 und die entsprechenden Zielgene aktivierte. Die Deletion von UL46 aus dem Genom der passagierten Viren resultierte außerdem in einem deutlich höheren Anteil von Zellen mit einer fragmentierten Kernmembran, wobei dies nicht ausschließlich auf die Aktivierung von ERK1/2 durch pUL46 zurückgeführt werden kann, da sich die beiden passagierten Viren in ihrem ERK-Aktivierungspotential unterscheiden. Während PrV-ΔUL31Pass ERK1/2 vergleichbar zum Wildtyp induzierte, war die Aktivierung durch PrV-ΔUL34Pass deutlich geringer. Diese Abweichung lässt sich nicht auf die unterschiedlichen pUL46-Proteine der beiden passagierten Virusmutanten zurückführen, da der Austausch der jeweiligen UL46 Sequenzen gegen Wildtyp UL46 das ERK1/2-Aktivierungsmuster nicht veränderte. Somit scheint pUL46 einen Einfluss auf die Stabilität der Kernmembran und die Aktivierung von ERK zu haben. Beide passierte Viren bilden verstärkt Synzytien im Vergleich zum PrV-Wildtyp oder den nicht-passagierten Vorläufern aus. Um zu untersuchen, ob diese Deregulierung der Membranfusion auch die Kernmembranen betrifft und möglicherweise eine Ursache für die Fragmentierung sein könnte, wurden die Glykoproteine gB und gH aus den Genomen der passagierten Virusmutanten deletiert. Elektronenmikroskopische Aufnahmen sowie Untersuchungen von Replikationsverhalten und Plaquebildung ergaben, dass die Fragmentierung der Kernmembran auch in Abwesenheit von gB oder gH stattfindet. Dagegen sind beide Glykoproteine, wie auch im PrV-Wildtyp, für die Virusreplikation essentiell.
Das Ziel dieser Arbeit war die Entwicklung und Etablierung von Methoden zur absoluten und relativen Proteinquantifizierung. In darauf aufbauenden Studien sollten diese Methoden für die Untersuchung physiologisch relevanter Fragestellungen in Bakterien genutzt werden. Zum tieferen Verständnis der Bakterienphysiologie ist es unabdingbar, Mengenänderungen von Proteinen hochaufgelöst darstellen zu können. Relative Proteinquantifizierung erlaubt dabei die Untersuchung von Änderungen der Menge eines Proteins zwischen verschiedenen Proben eines Experiments. Im Rahmen der hier vorgelegten Arbeit wurden 2D PAGE und gelfreie massenspektrometrische Methoden in einer Studie (Tefon et al. 2011, Artikel I) angewendet, um Oberflächen- und Immunoproteine zweier Vakzinationsstämme des humanpathogenen Bakteriums Bordetella pertussis zu charakterisieren. Die relative Proteinquantifizierung erlaubt zwar Rückschlüsse auf die Mengenänderung eines Proteins zwischen verschiedenen Bedingungen, ermöglicht aber nur bedingt Aussagen über die absolute Menge der Proteine. Gerade absolute Proteinmengen und damit Proteinkonzentrationen sind jedoch Grundvoraussetzung für ein zielorientiertes Verwenden der gewonnenen Daten nicht nur im Kontext der Systembiologie. Im Rahmen dieser Arbeit wurde eine Methode entwickelt, in der durch Kombination zweier etablierter Proteomik-Methoden die absolute Quantifizierung für einen großen Teil der cytosolischen Proteine eines Organismus ermöglicht wird. In dieser Methode werden ausgewählte Proteine, deren genaue Konzentration durch gerichtete Massenspektrometrie bestimmt wurde, für die Kalibration von hoch auflösenden 2D Gelen genutzt (Maass et al. 2011, Artikel II). Um das Potential dieses Verfahrens zu verdeutlichen, wurde es für die Analyse der Anpassung von Bacillus subtilis und Staphylococcus aureus an Glukosehunger angewendet. Dabei konnten für 467 Proteine von B. subtilis in drei Zeitpunkten Proteinkonzentrationen bestimmt werden. Für die Etablierung der Methoden waren verschiedene Vorarbeiten nötig: I) Selektion geeigneter Kalibrationsproteine, II) Selektion geeigneter Standardpeptide und Optimierung der massenspektrometrischen Parameter zu deren absoluten Quantifizierung, III) Selektion eines geeigneten, proteinunspezifischen und hoch sensitiven Gelfarbstoffes, IV) Testung verschiedener Zellaufschlussmethoden und Etablierung einer Methode zur Bestimmung der Zellaufschlusseffizienz, V) Testung verschiedener Proteinbestimmungsmethoden zur genauen Bestimmung der Gesamtproteinkonzentration im komplexen cytosolischen Extrakt und VI) Optimierung der vollständigen enzymatischen Spaltung aller Proteine vor der massenspektrometrischen Analyse. Im Rahmen dieser Arbeit konnte außerdem gezeigt werden, dass sich die Kalibration der 2D Gele für die Ermittlung absoluter Daten zwischen Gelen übertragen lässt, was den Aufwand für große Zeitreihenexperimente deutlich reduziert. Die Genauigkeit und der dynamische Bereich 2D-gelbasierter relativer und absoluter Proteinquantifizierung kann durch eine erhöhte Reproduzierbarkeit, Auflösung und Sensitivität der Gele verbessert werden. Die Etablierung von HPE-Gelen führte zu 25 % mehr detektierbaren und damit quantifizierbaren Proteinspots und Proteinen bei deutlich erhöhter Reproduzierbarkeit (Moche et al. 2013, Artikel III). Die zusätzlich höhere Anzahl von Gelen mit quantifizierbarer Qualität verringert außerdem den Zeit- und Kostenaufwand vor allem für komplexe experimentelle Ansätze. Die neue Methode zur gelbasierten absoluten Proteinquantifizierung wurde in einer Folgestudie angewendet, um die Konzentrationen von mehr als 700 Proteinen von B. subtilis während der physiologisch relevanten Anpassung an verschiedene Stressbedingungen, nämlich Glukosehunger und Hitzestress, zu bestimmen (Maaß et al. 2014, Artikel IV). Der Vergleich der beiden Stressbedingungen ermöglicht eine Unterscheidung der generellen von der spezifischen Stressantwort, wobei die Analyse der Daten durch Berechnung der Proteinkosten und der Ressourcenverteilung auf verschiedene metabolische Pfade und regulatorische Einheiten unterstützt wurde. Da die Nutzung von 2D PAGE zur Proteinquantifizierung auf im Gel detektierbare Proteine beschränkt ist, ist es für eine höhere Proteomabdeckung sinnvoll, gelbasierte Methoden mit gelfreien Methoden zu ergänzen. Deshalb wurde eine Methode zur labelfreien MS-basierten absoluten Quantifizierung von Proteinen im großen Maßstab entwickelt und etabliert. In dieser gel- und labelfreien Quantifizierungstechnik wurde datenunabhängige, parallele Fragmentierung aller zeitgleich eluierenden Vorläufermoleküle (LC-MSE) genutzt. Auch für diese Methode der absoluten Proteinquantifizierung bildeten die im Rahmen dieser Arbeit entwickelten Probenaufbereitungsverfahren die Grundlage (Muntel et al. 2014, Artikel V).
Während des Replikationszyklus der Herpesviren vermittelt ein heterodimerer Proteinkomplex, welcher als nuclear egress complex (NEC) bezeichnet wird, den Transport neu synthetisierter Nukleokapside vom Zellkern ins Zytoplasma. Ziel dieser Arbeit war es, die molekularen Grundlagen des viralen Kernaustritts weiter aufzuklären und funktionelle Domänen in den NEC-Komponenten, welche beim Pseudorabies Virus als pUL31 und pUL34 bezeichnet werden, zu ermitteln. Bereits durchgeführte Analysen konnten zeigen, dass die Transmembrandomäne des pUL34, die für die Verankerung des NEC an der Kernmembran verantwortlich ist, bei HSV-1 und PrV durch heterologe Sequenzen ausgetauscht werden kann, ohne dass dabei die Proteinfunktion während des viralen Kernaustritts inhibiert wird. Beim PrV pUL34 kann sogar eine Substitution der 50 C-terminalen Aminosäuren toleriert werden, wohingegen die Substitution 100 C-terminaler Aminosäuren zum Funktionsverlust des Proteins führt. Zur Identifikation möglicher funktioneller Domänen im C-Terminus des PrV pUL34 wurde das Protein in der vorliegenden Arbeit zwischen 50 und 100 C-terminalen Aminosäuren schrittweise verkürzt. Dabei konnte gezeigt werden, dass eine Deletion von 85 C-terminale Aminosäuren keine Beeinträchtigung der Proteinfunktion verursachte, wohingegen die weitere Deletion und Substitution von 90 Aminosäuren den viralen Kernaustritt blockierte. Somit konnte ein funktionell wichtiger Bereich des Proteins auf die Aminosäuren 172 bis 176 eingegrenzt werden. In dieser Region befindet sich die Sequenz 173RQR175, die einem RXR-Motiv entspricht, das als Signalsequenz für den Transport von Membranproteinen an die innere Kernmembran beschrieben wurde. Die in der vorliegenden Arbeit durchgeführte Analyse konnte jedoch zeigen, dass es sich hierbei um ein Arginin basierendes ER-Lokalisierungssignal handelt, welches die Anreicherung von Proteinen im endoplasmatische Retikulum (ER) und der damit verbundenen Kernmembran vermittelt. Neben der konservierten C-terminalen Hälfte des PrV pUL34 wurde in dieser Arbeit auch der N-Terminus analysiert. Bereits durchgeführte Studien beim PrV pUL34 ergaben dabei, dass die ersten 161 Aminosäuren für die Interaktion mit pUL31 und damit für die NEC-Bildung verantwortlich sind. In der vorliegenden Arbeit konnte die pUL31-Interaktionsdomäne auf den Bereich von Aminosäure 5 bis 161 eingegrenzt werden. Zur Analyse wichtiger Aminosäuren oder Motive innerhalb der Interaktionsdomäne beim PrV pUL34 wurden in der vorliegenden Arbeit gezielt konservierte Aminosäuren zu Alanin ausgetauscht und die Auswirkungen auf die Bildung des NEC und der Funktion während einer Infektion analysiert. Dabei konnten zwei konservierte Motive identifiziert werden, die für die NEC-Bildung wichtig sind. Zum Einen wurde ein Motiv bestehend aus einer Glutaminsäure (E) und einem Tyrosin (Y) (EY-Motiv) detektiert, welches bereits in anderen pUL34-Homologen als essentiell für die Bildung eines funktionellen NEC beschrieben wurde. Für ein zweites Motiv bestehend aus einem Asparagin (N), einem Threonin (T) und einem Glycin (G) (NTG-Motiv) zeigte sich, dass N und G für die Funktion des NEC wichtig sind. Zusätzlich zu diesen beiden Motiven konnte ein konserviertes Asparagin an Position 103 identifiziert werden, welches zwar nicht für die Bildung des NEC benötigt wird, aber für die Funktion während des Kernaustritts essentiell ist. In dieser Arbeit wurde auch die zweite Komponente des NEC, das pUL31, untersucht. Dabei konnte die Funktion eines vorhergesagten Kernlokalisierungssignals (nuclear localization signal, NLS) im N-Terminus des Proteins bestätigt werden. Außerdem wurde ein Kernexportsignal (nuclear export signal, NES) identifiziert, welches eine wichtige Rolle bei der Knospung der Nukleokapside an der inneren Kernmembran während des Kernaustritts spielt. Hierfür wurden in dieser Studie die entsprechenden Bereiche im N- bzw. C-Terminus von pUL31 deletiert, was die Bildung eines funktionellen NEC und somit den Transport der Kapside aus dem Kern verhinderte. Ausgehend von vorherigen Untersuchungen am PrV pUL31, kann dabei spekuliert werden, dass der Bereich des NLS im N-Terminus neben der Lokalisierung im Zellkern möglicherweise auch für eine Funktion bei der Oligomerisierung von NECs bzw. pUL31-Molekülen wichtig ist. Der Bereich im C-Terminus, welcher das NES beinhaltet, scheint hingegen für die Komplexbildung mit pUL34 relevant zu sein. Zusammenfassend führten die hier durchgeführten Analysen in den beiden NEC-Komponenten pUL31 und pUL34 zu einem besseren Verständnis der molekularen Grundlagen des herpesviralen Kernaustritts. Da es bisher noch nicht gelungen ist eine Kristallstruktur des NEC zu ermitteln, sind Mutagenesestudien eine wichtige Methode funktionelle Domänen zu identifizieren. Die Aufklärung der NEC-Struktur kann in Kombination mit den bereits durchgeführten Mutagenesestudien das Verständnis der Funktion dieses Komplexes weiter komplettieren.
Selbst bei intensiv erforschten Modellorganismen ist die Funktion von mindestens einem Drittel der codierten Proteine bis heute vollkommen unbekannt. Dies trifft auch auf das Gram-positive, fakultativ pathogene Bakterium Staphylococcus aureus zu. Mit 25.000 Molekülen pro Zelle ist das alkalische Schock Protein Asp23 eines der abundantesten Proteine in S. aureus. Abgesehen davon, dass die Expression von asp23 unter alkalischen Schock Bedingungen induziert ist, weshalb es seinen Namen erhielt, und dass es alleinig σB-abhängig transkribiert wird und somit gut als Marker für σB-Aktivität geeignet ist, war über Asp23 zu Beginn dieser Arbeit nichts bekannt. Das asp23-Gen liegt in einem tetracistronischen Operon. Bestandteil dieses Operons sind außerdem opuD2, das für einen Transporter für Osmoprotektantien codiert, und SAOUHSC_02442 und SAOUHSC_02443, die beide für Membranproteine unbekannter Funktion codieren. Interessanterweise enthalten sowohl Asp23 als auch SAOUHSC_02443 eine DUF322-Domäne. DUF322-Domänen sind in Gram-positiven Bakterien sehr konserviert und kommen normalerweise in mehreren Kopien pro Genom vor. Fluoreszenzmikroskopische Untersuchungen zeigten, dass das cytoplasmatische Protein Asp23 nahe der Membran lokalisiert ist. Dabei konnte Asp23 entlang der gesamten Membran nachgewiesen werden. Auffällig war jedoch, dass in sich teilenden Zellen die Stellen frei von Asp23 blieben, wo sich das neue Septum gebildet hat. Nur in Zellen, die sich vermutlich in einem fortgeschrittenen Stadium der Zellteilung befanden, konnte auch am Septum Asp23 nachgewiesen werden. Da für Asp23 selbst keine Transmembrandomänen vorhergesagt werden, wurde untersucht, ob eines der im asp23-Operon codierten Membranproteine an der Verankerung von Asp23 an der Membran beteiligt ist. Dazu wurden Deletionsmutanten der drei Gene opuD2, SAOUHSC_02443 und SAOUHSC_02442 konstruiert und die Lokalisation von Asp23 in diesen Mutanten fluoreszenzmikroskopisch untersucht. Ein eindeutiger Einfluss auf die Lokalisation von Asp23 konnte nur für die Deletion von SAOUHSC_02443 nachgewiesen werden. Mittels BACTH-Analyse konnte außerdem eine direkte Interaktion zwischen SAOUHSC_02443 und Asp23 gezeigt werden. SAOUHSC_02443 ist somit maßgeblich an der Verankerung von Asp23 an der Membran beteiligt und wurde deshalb als „Asp23 membrane anchoring protein“, kurz AmaP, benannt. Mithilfe des BACTH-Systems wurden zudem alle theoretisch möglichen Interaktionen zwischen den im asp23-Operon codierten Proteinen untersucht. Dabei konnten Selbstinteraktionen von allen vier Proteinen, OpuD2, AmaP, SAOUHSC_02442 und Asp23, nachgewiesen werden und eine Interaktion zwischen SAOUHSC_02442 und der Membrandomäne von AmaP. Die Selbstinteraktion von AmaP wird über dessen Membrandomäne vermittelt. Für die Selbstinteraktion von Asp23 ist hingegen dessen DUF322-Domäne in Kombination mit dem C-Terminus wichtig. Die Interaktion zwischen Asp23 und AmaP konnte nur dann nachgewiesen werden, wenn AmaP intakt war, was dafür spricht, dass AmaP eine von seinem Membranteil abhängige Quartärstruktur einnehmen muss, um die Bindungsstelle für Asp23 zu bilden. Da neben der mittels BACTH-Analyse gezeigten Selbstinteraktion von Asp23 auch Ergebnisse von Gelfiltrationsexperimenten dafür sprachen, dass Asp23 polymere Strukturen ausbildet, wurde Asp23 mit einem Strep-tag in Escherichia coli exprimiert, gereinigt und mittels Elektronenmikroskopie visualisiert. So konnte gezeigt werden, dass Asp23 in vitro spiralig gewundene, bis zu mehrere Mikrometer lange Filamente bildet. Im Zuge einer strukturellen Charakterisierung der Filamente wurden drei Punktmutationen in Asp23 identifiziert (K51A, E106A, K117A), die die Filamentbildung in vitro beeinträchtigten. In einer vergleichenden Transkriptionsanalyse der asp23-Deletionsmutante und des Wildtyps konnten 16 in der asp23-Mutante hochregulierte Gene identifiziert werden. Darunter waren viele Gene, die zum Vancomycin-Stimulon gehören. Mittels Northern Blot konnte das Ergebnis der DNA-Microarray-Analysen bestätigt werden. Zudem konnte so gezeigt werden, dass die in der asp23-Mutante hochregulierten Gene auch in der amaP-Mutante hochreguliert sind, in der Asp23 vorhanden, aber delokalisiert ist. Die phänotypische Charakterisierung deutet somit ebenso wie die Lokalisation von Asp23 auf eine Zellwand-assoziierte Funktion hin.
Die reverse Genetik ist ein wichtiges Werkzeug in der Grundlagenforschung und Impfstoffentwicklung der Influenza-A- und -B-Viren. Oft ist der limitierende Schritt für die Erstellung eines solchen Systems der reversen Genetik, bestehend aus mehreren Plasmiden für die einzelnen Gensegmente, die Klonierung der Virusgene in den Expressionsvektor. Für eine schnellere und einfachere Klonierung wurde in dieser Arbeit das LacZa-Fragment mittels modifizierter QuikChange-Reaktion in den Klonierungsvektor pHWSccdB inseriert. Mit dem so entstandenen Vektor pHWSccdBLacZa ist es nun möglich, zusätzlich eine Blau/Weiß-Selektion durchzuführen. Beider target-primed plasmid amplification zur Insertion des viralen Gensegmentes werden hierbei die beiden Selektionsmarker ccdB und LacZa durch das virale Gen ersetzt. Bakterienkolonien mit kloniertem Gensegment können von denen ohne komplettes Insert nun leichter und frühzeitiger durch eine nicht vorhandene Blaufärbung unterschieden werden. Schweine spielen in der Influenzavirus-Transmission eine besondere Rolle, da sie als sog. „mixing vessel“ gelten. Sie können z. B. Reassortanten aus aviären und porzinen Influenzaviren auf den Menschen übertragen, die sich bei einer zeitgleichen Infektion mit beiden Viren im Schwein bilden können. In dieser Arbeit wurden die seit 1979 in Europa zirkulierenden aviären H1N1- Schweineviren betrachtet. Sie sind Schweinestämme, deren Gene von einem aviären Vorläufervirus abstammen. Unter dem Ziel der Untersuchung der molekularen Determinanten des Wirts-Tropismus dieser aviären H1N1-Schweineviren wurden Reassortanten und Zufallsressortanten hergestellt unter Verwendung des aviären Virus A/Duck/Bavaria/1/77 (H1N1) (DkBav) und des aviären Schweinevirus A/Swine/Belgium/1/79 (H1N1) (SwBelg). Zunächst wurde die Replikationseffizienz von DkBav, SwBelg und den hergestellten Reassortanten auf einer aviären und einer porzinen Zelllinie untersucht. Hierbei wurde festgestellt, dass für das aviäre Virus DkBav das HA von SwBelg ausreicht, um in porzinen Zellen das Wachstumsniveau von SwBelg zu erreichen. Das HA-Segment ist also entscheidend für den Wirtstropismus von DkBav in einer porzinen Zelllinie. Experimente im Schwein zeigten jedoch, dass DkBav nicht alleine durch das HA von SwBelg zu einem Schweinevirus wird. Für diese Experimente wurden Schweine intranasal mit den hergestellten Viren, SwBelg und DkBav infiziert. Um die Replikation im Schwein zu steigern, benötigt DkBav zusätzlich zum HA noch das NA von SwBelg und für die Transmission von Schwein zu Schwein das NP sowie eines oder mehrere der anderen Gensegmente von SwBelg. Für eine starke Virusvermehrung in der Lunge benötigt DkBav den Polymerasekomplex, HA und NA von SwBelg. Für die Transformation in ein Schweinevirus benötigt DkBav also kein bestimmtes Gensegment, sondern eine Kombination mehrerer Gensegmente. Für hochpathogene aviäre Influenzaviren ist die polybasische Spaltstelle des Oberflächenproteins HA der wichtigste Virulenzfaktor. Das HA ist u. a. für die Bindung und die Fusion der Endosomenmembran von Influenzaviren mit der Wirtszelle zuständig. Da eine polybasische HA-Spaltstelle alleine jedoch nicht ausreicht, um die Virulenz eines LPAIV deutlich zu erhöhen, wurde in dieser Arbeit nach weiteren Virulenzdeterminanten im HA des hochpathogenen Influenzavirus A/Swan/Germany/R65/2006 (H5N1) (R65wt) zusätzlich zur polybasischen Spaltstelle gesucht. Hierzu wurden von den Viren R65wt und A/Teal/Germany/Wv632/2005 (H5N1) mit eingesetzter polybasischer Spaltstelle (TG05poly) verschiedene HA-Chimären und -Mutanten hergestellt und diese in vitro und in vivo untersucht. Dabei wurde festgestellt, dass die eingefügten Mutationen nicht ausreichten, um TG05poly zu einem hochpathogenen Virus zu machen. Für das hochpathogene Virus R65wt wurden die Aminosäuren HA-R123 und HAI124 als weitere Virulenzdeterminanten identifiziert. Bei HA-Sequenz- und HAStrukturanalysen wurde festgestellt, dass die Aminosäuren HA-123 und HA-124 innerhalb des niedrigpathogenen bzw. des hochpathogenen Phänotyps hoch konserviert vorliegen. Mutationen an diesen Positionen verringern nicht nur HA-Aktivierungs-pH und Virus-Inaktivierungs-pH deutlich, sondern auch die Letalität des Virus um fast 50 % (HA-I124T) oder das Virus wurde sogar avirulent (HA-R123S). Im Falle einer polybasischen Spaltstelle ist also eine erhöhte pH-Stabilität des HA vermittelt durch die Aminosäure R123 essentiell für die Entstehung eines hochpathogenen aviären H5N1-Virus aus einem niedrigpathogenen Vorläufer.
Influenzaviren zählen zu den gefährlichsten Infektionserregern, die im Menschen weltweit schwere respiratorische Erkrankungen auslösen. Von großer Relevanz sind allerdings auch Reservoirwirte, in denen die Infektionen häufig mild verlaufen, aber durch Mutationen und Reassortierung einzelner Genomsegmente neue, potentiell auch humanpathogene Influenzaviren entstehen können. Die im Jahre 2009 aufgetretene humane Influenzapandemie, welche durch ein H1N1 „swine origin“ Influenza A Virus (SoIV) ausgelöst wurde, verdeutlichte die besondere Bedeutung porziner Reservoirwirte. Da Schweine sowohl für aviäre als auch humane Influenza A Viren empfänglich sind, wird ihnen eine wichtige Rolle als „mixing vessel“ für die Entstehung neuer Influenzaviren zugeschrieben. Aufgrund vielversprechender Entwicklungen auf dem Gebiet der Lebendvirus-Vektor-Vakzine war es das Ziel dieser Arbeit, einen neuartigen Vektor-Impfstoff für Schweine gegen das pandemische H1N1 SoIV auf der Basis eines attenuierten porzinen Virus zu generieren. Da das Pseudorabies Virus (PrV) nicht humanpathogen ist und in seinem natürlichen Wirt, dem Schwein, hervorragend repliziert, eignete es sich besonders für die Entwicklung eines rekombinanten Vektor-Impfstoffs. Hierzu wurde der bewährte Impfstamm PrV-Bartha genetisch so verändert, dass anstelle des nicht essentiellen herpesviralen Glycoproteins gG immunogene Influenzavirusproteine wie die Hüll-Glykoproteine Hämagglutinin (HA) und Neuraminidase (NA), aber auch das Nukleoprotein (NP) und die Matrixproteine (M1 und M2) des pandemischen H1N1 SoIV exprimiert werden. Die Expression erfolgte unter der Kontrolle des humanen oder murinen Cytomegalievirus immediate-early Promotors, wobei sich letzterer als stärker erwies. Durch Insertion eines synthetischen Introns in der 5´-nicht-translatierten Region konnte die Expression der Transgene weiter gesteigert werden. Zu einer substantiellen Verbesserung der Expression führte die Insertion synthetischer HA- (synH1) und NA-Gene (synN1), deren Sequenzen an die Codon-Präferenzen von PrV angepasst waren. In tierexperimentellen Studien wurde gezeigt, dass sowohl die optimierte HA- (PrV-BaMI-synHI), als auch die optimierte NA-exprimirende PrV-Rekombinante (PrV-BaMI-synN1) nach intramuskulärer prime-boost Vakzinierung sieben Wochen alter Saugferkel deutlich höhere Antigen-spezifische Antikörpertiter induzierte als eine intranasale Infektion mit H1N1 SoIV. Auch die ein- bzw. zweimalige intranasale Impfung mit PrV-BaMI-synH1 führte in allen Tieren zur Bildung HA-spezifischer Serumantikörper, allerdings in deutlich geringen Mengen. In allen Fällen führte die 3 Wochen nach Erstimmunisierung durchgeführte Auffrischungsimpfung zu einem beträchtlichen Anstieg der HA- bzw. NA-spezifischen Antikörpertiter. In durchflusszytometrischen Analysen peripherer Blutlymphozyten konnte ebenfalls eine vermehrte Aktivierung und Proliferation von B-Zellen zu Antikörper-produzierenden Plasmazellen nach der Auffrischungsimpfung beobachtet werden. Außerdem wurde festgestellt, dass die durch PrV-BaMI-synN1 induzierte NA-spezifische Immunantwort deutlich später einsetzte als die durch PrV-BaMI-synH1 vermittelte HA-spezifische Reaktion. Versuchstiere, die gleichzeitig mit PrV-BaMI-synH1 und PrV-BaMI-synN1 geimpft wurden, entwickelten sowohl HA- als auch NA-spezifische Antikörper zu vergleichbaren Titern wie mit den einzelnen Viren immunisierte Tiere. Drei Wochen nach der letzten Immunisierung wurden alle mit PrV-BaMI-synH1 und/oder PrV-BaMI-synN1 geimpften Schweine sowie mit dem leeren Vektor PrV-Bartha vakzinierte und naive Kontrolltiere einer Belastungsinfektion mit dem pandemischen H1N1 SoIV A/California/7/09 unterzogen. Beide potentiellen Vektor-Impfstoffe verhinderten die Ausbildung klinische Symptome und hemmten die Replikation und Ausscheidung des Belastungsvirus signifikant, wie real-time RT-PCR Analysen von Nasentupferproben zeigten. Allerdings war die durch intramuskuläre prime-boost Vakzinierung mit PrV-BaMI-synN1 bewirkte Reduktion der Viruslast deutlich geringer als die mit PrV-BaMI-synH1. Die kombinierte intramuskuläre Applikation beider Vektor-Vakzine zeigte keine additiven Effekte, sondern eine ähnliche Schutzwirkung wie PrV-BaMI-synH1 allein. Während die zweimalige intramuskuläre Immunisierung mit PrV-BaMI-synH1 oder beiden Viren die Übertragung des Belastungsvirus auf naive Kontakttiere zwar erheblich verzögerte, aber nicht verhinderte, wurde dieses Ziel durch eine zweimalige intranasale Immunisierung mit PrV-BaMI-synH1 erreicht. Die RNA-Analysen der Tupferproben zeigten dabei eine fast vollständige Inhibition der Belastungsvirusreplikation, obwohl die HA-spezifischen Antikörper in diesen Tieren weitaus geringer waren als in intramuskulär geimpften Versuchstieren. Auch im Vergleich zu einer einmaligen intranasalen Vakzinierung reduzierte die intranasale Auffrischungsimpfung mit PrV-BaMI-synH1 die Replikationsdauer und die nachweisbaren Mengen des H1N1 SoIV erheblich.
Mit der Entwicklung von sanften Ionisierungsverfahren wie der MALDI ist es seit Ende der 1980er Jahre möglich, Proteine und Peptide effizient in die Gasphase zu überführen, zu ionisieren und einer massenspektrometrischen Untersuchung zuzuführen. Dennoch bleibt die massenspektrometrische Proteomanalyse aufgrund seiner hohen Komplexität und hohen Konzentrationsunterschiede von bis zu 10 Zehnerpotenzen eine Herausforderung. Wegen ihrer leichten Zugänglichkeit werden Körperflüssigkeiten wie Plasma und Serum in der Medizin routinemäßig für diagnostische Zwecke eingesetzt. Die Entwicklung von Biomarkern aus Plasma und Serum wird allerdings durch die extrem unterschiedlichen physiologischen Konzentrationen verschiedener Plasmaproteine sehr erschwert. Die Zusammensetzung des menschlichen Plasmas ist in zahlreichen Studien intensiv analysiert worden, wohingegen für das Rind bis auf einige 2D-elektrophoretische Kartierungen nur wenige Studien vorliegen. Das im Vergleich zu Humanproben geringere Interesse an Proben z.B. bovinen Ursprungs zeigt sich auch am Mangel spezifischer Reagenzien zu deren Analyse und führt zu einer vergleichsweise schlechten Dokumentation der Zusammensetzung boviner Plasmen. Für eine detaillierte Analyse des bovinen Plasmaproteoms wurde daher ein dreistufiger Arbeitsablauf entwickelt. In einem ersten Schritt sollte die Proteinkonzentration im Ausgangsmaterial angeglichen werden. Dazu wurden zwei Methoden miteinander verglichen. Die bei humanen Proben angewandte Standardmethode der Extraktion von Albumin mit CB-modifizierten Matrizen ergab keine zufriedenstellende Bindungsspezifizität für BSA und ist daher für das Rind und andere getestete Nutztiere nicht anwendbar. Im Gegensatz dazu führte die Egalisierung mittels CPLL zu der gewünschten Angleichung der Proteinkonzentration und zu einer deutlichen Erhöhung der Ausbeuten an identifizierten Proteinen in der MS-Analyse. Der zweite Schritt des Arbeitsablaufes dient der Reduktion der Probenkomplexität durch Fraktionierung der Proben mit den folgenden drei Verfahren: (i) die SDS-PAGE mit anschließendem In-Gel-Verdau („geLC-MS“), (ii) die gelfreie präparative isoelektrische Fokussierung („offgeLC-MS“) der Plasmaproteine oder (iii) die Fraktionierung der proteolytischen Peptide durch präparative gelfreie Fokussierung. Die dabei erhaltenen Fraktionen wurden im dritten Schritt durch nLC-MALDI-TOF/TOF MS analysiert. Alle drei Fraktionierungsstrategien führten nochmals zu einer verbesserten Ausbeute an Proteinidentifizierungen, wobei sich die gelfreie Peptidfokussierung als leistungsfähigstes Verfahren erwies. Die drei Fraktionierungsmethoden sind teilweise komplementär, da von den insgesamt 296 identifizierten Proteinen lediglich 96 in allen drei Ansätzen mittels MS nachweisbar waren. Nach einer weiteren Shotgun-Analyse mit einer anderen Protease wurde aus allen verfügbaren Daten schließlich ein Gesamtkatalog von 480 bovinen Plasmaproteinen erstellt. Während der Plasmaproteomstudie wurde auf Basis einer Zufallsbeobachtung eine alternative Methode zur Abreicherung von abundanten Serumproteinen entwickelt. Die Verdünnung oder Dialyse von Serumproben führte bei leicht sauren pH-Werten reproduzierbar zur Bildung eines Niederschlags, in dem die Konzentrationen der einzelnen Proteine ähnlich ausgeglichen schienen wie nach einer Extraktion mit CPLL. Das Präzipitat wurde mittels qualitativer und quantitativer MS näher charakterisiert. Im Vergleich mit einem parallel analysierten CPLL-behandeltem Serum wurde eine ähnlich effiziente Entfernung von BSA aufgezeigt. Die Proteinzusammensetzung beider Präparate erwies sich jedoch nach Analyse mittels 1D und 2D Gelelektrophorese und nLC-MALDI-TOF/TOF MS als signifikant unterschiedlich. Bezüglich der Abreicherung von abundanten und der Anreicherung von weniger abundanten Proteinen wiesen beide Verfahren unterschiedliche Profile auf, die nach Einführung einer Isotopenmarkierung mittels quantitativer MS charakterisiert wurden. Beide Verfahren waren exzellent reproduzierbar. Für eine eingehende Analyse des Präzipitats wurden nach erfolgtem tryptischen Verdau die Peptide durch präparative gelfreie Fokussierung fraktioniert und die Fraktionen sowohl durch nLC-MALDI-TOF/TOF MS als auch mit einem Orbitrap Massenspektrometer analysiert. Auf diese Weise konnten im Präzipitat insgesamt 306 Proteine identifiziert werden. Die GO-Analyse zeigte, dass darin typische Plasmaproteine angereichert sind. Die Methode eignet sich damit hervorragend als Ergänzung zum CPLL-Verfahren. Virusbedingte Erkrankungen von Wildtieren und Nutztieren werden zunehmend auch unter dem Aspekt der Übertragbarkeit auf den Menschen betrachtet. Zu solchen Erregern mit zoonotischem Potential gehören auch die zur Gattung Henipavirus zählenden Arten Hendravirus (HeV) und Nipahvirus (NiV). Das Matrixprotein dieser Viren ist für den vollständigen Zusammenbau des Viruspartikels und den Budding-Prozess bei der Virusfreisetzung verantwortlich und unterliegt einer nukleo-zytoplasmatische Passage. Welche Interaktionen zwischen Virus und Wirt während dieses Prozesses genau ablaufen und welche zellulären Faktoren dabei eine Rolle spielen, ist bisher nicht bekannt. Um solche Faktoren zu identifizieren wurden daher Proteinkomplexe charakterisiert, die durch Affinitätsreinigung mit Strep-markiertem HeV M isoliert wurden. Dabei wurde die Interaktion von ANP32B mit HeV M mit Hilfe der MALDI-TOF/TOF MS nachgewiesen und durch weitere Analysen bestätigt. So gelang in reziproken Co-Immunpräzipitationen die Fällung des jeweils anderen Bindungspartners und in fluoreszenzmikroskopische Untersuchungen wurde gezeigt, dass M nur bei Anwesenheit des ANP32B im Zellkern akkumuliert. Dies wurde für HeV M und NiV M sowohl in transfizierten als auch in virusinfizierten Zellen nachgewiesen. Die Unterdrückung der ANP32B Expression in infizierten Zellen hatte keinen Einfluss auf den Budding-Prozess, so dass die Hypothese, die nukleo-zytoplasmatische Passage des M-Proteins sei essentiell für die Virusfreisetzung, nicht bestätigt werden konnte.
In dieser Arbeit wurden Untersuchungen zur Interaktion der Rabiesvirus Polymerase L und des Hendravirus Matrixproteins M mit zellulären Proteinen und intrazellulären Strukturen durchgeführt. Mit ASS1 und DLC1 wurden zwei zelluläre Proteine identifiziert, die direkt oder indirekt mit der Rabiesvirus Polymerase L interagieren. Zellkulturuntersuchungen zum Einfluss von ASS1 auf die Rabiesvirus Replikation lieferten bisher keinen Hinweis auf eine Beeinflussung der Polymerasefunktionen und die Diskussion möglicher Mechanismen einer Interferenz mit der NO-Synthese in infizierten Organismen blieb spekulativ. Für DLC1 wurde erstmals gezeigt, dass das L Protein des Rabiesvirus ein Konsensusmotiv für die Bindung von DLC1 enthält und die Effizienz der viralen Primärtranskription durch die Anwesenheit dieses Motivs beeinflusst wird. Vergleichende Untersuchungen mit Virusmutanten, in denen das in L identifizierte Motiv und ein bereits beschriebenes DLC1-bindendes Motiv in P mutiert waren, zeigten, dass beide Motive in vergleichbarer Weise die virale Primärtranskription beeinflussen. Die Kombination entsprechender Mutationen hatte jedoch keinen additiven Effekt auf die Polymeraseaktivität. Für die Funktionalität des Rabiesvirus Polymerasekomplexes P/L im Rahmen der viralen Primärtranskription scheint eine Interaktion mit beiden Komponenten des Komplexes erforderlich zu sein. Quantitative Analysen zur Verteilung von in die Zelle eingedrungenen Viruspartikeln zeigten, dass eine Akkumulierung viraler Ribonukleoproteine (RNP) nur in Anwesenheit des DLC1 Motivs in P erfolgte, und dass dies unabhängig von Mutationen in L war. Dies deutete darauf hin, dass die P-abhängige Akkumulierung von RNPs in frühen Phasen der Virusinfektion und die P und L abhängige Steigerung der Primärtranskription zwei funktionell voneinander trennbare Prozesse sind. Neben der DLC1 abhängigen Regulation der viralen Primärtranskription zeigten Untersuchungen zur Regulation der DLC1 Mengen in virusinfizierten Zellkulturen, dass die zelluläre DLC1 Genexpression durch die Anwesenheit der DLC1 Motive in P und in L reguliert wird. Diese Erkenntnisse und neuere Erkenntnisse zur Autoregulation der DLC1 Genexpression zeigen, dass die Bindung von DLC1 an beide Proteine des P/L Polymerasekomplexes, sowie die Retention von DLC1 in viralen Inclusion Bodies vermutlich die Verfügbarkeit an freiem DLC1 limitiert, und damit eine DLC1 abhängige Inhibition des DLC1 Genexpression regulierenden Transkriptionsfaktors ASCIZ aufhebt. Inwieweit dieses Modell einer virusabhängigen DLC1 Regulation zutrifft, weitere über einen derartigen Mechanismus regulierte Zellgene betroffen sind und diese einen Einfluss auf die Virusreplikation haben, müssen weiterführende Untersuchungen zeigen. Darüber hinaus wurde mittels Fluoreszenzprotein-markiertem L von Rabies- und verwandten Lyssaviren erstmals gezeigt, dass die virale Polymerase an Mikrotubuli akkumuliert und diese reorganisiert. Die Abhängigkeit der Mikrotubuli-Lokalisation von einem intakten DLC1 Motiv in L deutete darauf hin, dass DLC1 ein Faktor bei der Rekrutierung von L an die Mikrotubuli ist. Auch für das Hendravirus M-Protein wurden mittels Affinitätschromatographie und Analyse von M haltigen Proteinkomplexen potentielle Interaktionspartner identifiziert. Dabei zeigte sich, dass nukleäres ANP32B Hendravirus M entweder direkt oder indirekt bindet. Aufgrund einer ANP32B-abhängigen Kernretention von M und der hier gezeigten Analysen zur Interaktion dieser Proteine, kann davon ausgegangen werden, dass ANP32B eine nukleäre Zielstruktur für das Hendravirus M darstellt. Ebenso kann davon ausgegangen werden, dass die Interaktion entweder direkt die Virusreplikation oder pro oder antiviral wirkende Mechanismen der Wirtszelle beeinflusst. Im Hinblick auf Funktionen von ANP32B beim Crm1 vermittelten Kernexport von mRNAs, der Regulation der zellulären Genexpression und der Apoptoseregulation erscheint eine weiterführende funktionelle Charakterisierung der entsprechenden ANP32B abhängigen Mechanismen sinnvoll. Auch wenn die Rolle von ANP32B im Replikationszyklus von Hendraviren noch nicht geklärt ist, zeigten Untersuchungen mit M Proteinen anderer Paramyxoviren (Newcastle Disease Virus und Bovines Respiratorisches Synzytialvirus), dass die Interaktion mit ANP32B in mindestens zwei unterschiedlichen Virusgattungen innerhalb der Unterfamilie der Paramyxovirinae konserviert ist. Daher wird angenommen, dass die Interaktion mit ANP32B Teil eines bei Paramyxoviren konservierten Mechanismus ist. Zusammenfassend wurde mit den in dieser Arbeit gewonnenen Erkenntnissen ein wesentlicher Beitrag zur Aufklärung von wirtszellabhängigen Funktionen viraler Proteine geleistet. Mit der Identifizierung von zellulären Zielproteinen der Rabiesvirus Polymerase und paramyxoviraler Matrixproteine wurde eine wichtige Grundlage für weiterführende Arbeiten zu den involvierten molekularen Mechanismen und deren Relevanz im infizierten Wirt geschaffen.
Von den bisher beschriebenen atypischen Pestiviren ist das Bungowannah-Virus das genetisch und antigenetisch am weitesten von den klassischen Pestiviren entfernte Virus-Isolat. Im ersten Teil dieser Arbeit wurde das N-terminale Protease-Protein Npro des Bungowannah-Virus analysiert und charakterisiert. Es konnte die volle funktionelle Kompatibilität des Bungowannah-Virus-Npro in einem BVDV-1-Hintergrund (vCP7_Npro-Bungo) demonstriert werden. Trotz einer sehr geringen Aminosäuresequenzidentität von Bungowannah-Virus-Npro und CP7-Npro zeigten das parentale BVDV-1 CP7 sowie das neu generierte Virus vCP7_Npro-Bungo ein vergleichbares Replikationsverhalten in bovinen Zellen. Es konnte außerdem nachgewiesen werden, dass das Bungowannah-Virus-Npro die Funktionen des CP7-Npro als Autoprotease, aber auch als Interferon-Antagonist, vollständig übernehmen kann und sich demnach trotz der großen Sequenzunterschiede nicht von den pestiviralen Npro-Proteinen der klassischen Spezies innerhalb des Genus unterscheidet. Im zweiten Teil der Arbeit wurde der Zelltropismus des Bungowannah-Virus analysiert. Vergleichende Studien erfolgten mit ausgewählten klassischen (BVDV-1, BVDV-2) und atypischen Pestiviren (HoBi-Virus, Giraffe-Virus und Pronghorn Antilope-Virus). Dabei zeigte das Bungowannah-Virus den breitesten Zelltropismus und war im Gegensatz zu den anderen Pestiviren in der Lage, Primaten-, Fledermaus-, Human- und Mauszellen zu infizieren und dort zu replizieren. Um die Bedeutung der Virushülle für den außergewöhnlichen in vitro-Zelltropismus des Bungowannah-Virus zu untersuchen, wurde mittels heterologer Komplementierung ein chimäres rekombinantes Virus generiert, in dem die BVDV-Strukturproteine (C, Erns, E1 und E2) durch die des Bungowannah-Virus substituiert wurden (vCP7_C-E2-Bungo). Mit Hilfe der Chimäre konnte demonstriert werden, dass die Virushülle des Bungowannah-Virus allein nicht ausreicht, um den erweiterten Zelltropismus auf BVDV zu übertragen. Einzig das Bungowannah-Virus war in der Lage, effizient in Affen-, Fledermaus- und Humanzellen zu replizieren. In einigen Zelllinien (Zellen der Westlichen Grünen Meerkatze, Human- und Fledermauszellen) ist daher nicht die Virushülle allein, sondern vielmehr das Zusammenspiel des Replikationskomplexes mit den Strukturproteinen entscheidend. Die Empfänglichkeit von Fledermauszellen für das Bungowannah-Virus und die darüber hinaus erreichten hohen Virustiter in diesen Kulturen werfen die Frage nach einem möglichen Ursprung des Bungowannah-Virus in der Ordnung Chiroptera auf. Möglicherweise kam es zu einer Spill-over-Infektion und schnellen Anpassung des Erregers an Vertreter der Ordnung Artiodactyla. Da bislang keine monoklonalen Antikörper zum Nachweis von Bungowannah-Virus-Proteinen existierten, wurden am FLI neu etablierte monoklonale Antikörper auf ihre Proteinspezifität untersucht. Die Charakterisierung dieser Bungowannah-Virus-spezifischen monoklonalen Antikörper unter der Verwendung verschiedener chimärer Pestiviren erlaubte die Identifizierung von 18 Bungowannah-Virus-Erns- und einem Bungowannah-Virus-E2-spezifischen monoklonalen Antikörper. Diese sind wichtige Werkzeuge für zukünftige wissenschaftliche Untersuchungen und für die Etablierung einer einfachen und effizienten Bungowannah-Virus-Diagnostik, welche bei einem erneuten Ausbruch des Virus in australischen Schweinehaltungen oder in anderen Regionen der Welt von großer Bedeutung sein kann.
Ziel der Dissertation war die Untersuchung der physiologischen Adaptation von Staphylococcus aureus an Vancomycin und Linezolid mit Hilfe der Proteom-Analytik und die Entwicklung neuer Methoden für Proteom-Untersuchungen. Für die Untersuchung der Vancomycinstress-Antwort im ersten Teil der Doktorarbeit wurden alle vier Subproteome mit insgesamt sechs verschiedenen Methoden untersucht. Es konnte mehr als die Hälfte des theoretischen Proteoms quantifiziert werden, die Arbeit ist damit eine der umfassendsten Proteom-Studien, die bisher in S. aureus durchgeführt wurden. Es wurden verschiedene Enzyme der Biosynthese von Aminosäuren, die im Peptidoglykan-Vorläufer-Pentapeptid vorkommen, nach Vancomycin-Stress in signifikant erhöhter Menge nachgewiesen. Das ist ein Hinweis auf eine erhöhte Peptidoglykan-Synthese, wie sie auch in S. aureus Stämmen mit verminderter Vancomycin-Sensitivität beobachtet werden kann. Die Abundanz SaeRS-kontrollierter Virulenzfaktoren war nach Vancomycin-Stress vermindert. In der Vancomycin-Studie wurden extrazelluläre Proteine mit einer Trichloressigsäure (TCE)-Fällung gefällt, diese Methode ist in der Proteom-Analytik weit verbreitet. Die TCE-Fällung hat verschiedene Nachteile. Nach der Fällung muss das entstandene Pellet mehrfach gewaschen werden, hierbei kommt es zu Verlusten und die Reproduzierbarkeit sinkt. Aufgrund dieser Nachteile wurde im zweiten Teil der Dissertation ein neues Protokoll zur Anreicherung verdünnter Proteine entwickelt. Grundlage war das kommerziell erhältliche Festphasenextraktions-System StrataClean, das ursprünglich zur Entfernung von Proteinen aus PCR-Ansätzen entwickelt wurde. Im Rahmen der Doktorarbeit wurde die StrataClean-Extraktion für die gel-freie Proteom-Analytik optimiert. Der wichtigste Schritt war eine Präinkubation der StrataClean-Partikel in Salzsäure, um Kontaminationen an den Partikeln quantitativ abzubauen. Mit dem optimierten Protokoll konnten Proteine auch aus sehr stark verdünnten Lösungen (20 µg Protein in 200 ml Flüssigkeit) mit hoher Effizienz reproduzierbar angereichert werden. Diese hoch-effiziente Anreicherung ist mit keinem anderen etablierten Protokoll möglich. Zudem konnte gezeigt werden, dass die StrataClean Fällung Proteine unabhängig von ihren biophysikalischen Eigenschaften anreichert. Daher ist die StrataClean-Aufreinigung auch für absolute Quantifizierungsansätze interessant. Als weitere Anwendung können StrataClean-gebundene Proteine für mehr als 10 Tage bei Raumtemperatur gelagert werden. Das ermöglicht den Versand von Proteinproben auf dem normalen Postweg ohne aufwendige Kühlsysteme. Im dritten Teil der Doktorarbeit wurde die Linezolid-Adaptation von S. aureus USA300 analysiert. In Wachstumsversuchen konnte gezeigt werden, dass nach Linezolid-Zugabe zu exponentiell wachsenden Zellen bei OD 0.5 die Wachstumsrate sofort abnahm. Bei OD 1.6 – 2 trat ein temporärer Wachstumsarrest auf, dessen Dauer von der zugegebenen Linezolid-Konzentration abhing. Nach diesem Wachstumsarrest, der bis zu 15 Stunden anhielt, fingen die Zellen wieder an sich zu teilen. Es konnte gezeigt werden, dass die Linezolid-Konzentration im Medium während des kompletten Versuches konstant blieb. Die Hauptanpassung an Linezolid war eine verstärkte Expression der Gene ribosomaler Proteine und eine daraus folgende erhöhte Akkumulation der ribosomalen Proteine. Zudem konnte eine generelle Abnahme der Menge integraler Membranproteine und sekretierter Proteine festgestellt werden, auch wenn die Expression der codierenden Gene zunahm. Mittels elektronenmikroskopischer Analysen konnte gezeigt werden, dass die Zellen nach Linezolid-Zugabe deutlich größer wurden. Als weitere morphologische Auswirkung von Linezolid-Stress war die Dicke der Zellwand um den Faktor vier erhöht und es wurden Defekte in der Zellteilung beobachtet. Insbesondere nach Wiederaufnahme des Wachstums gab es zahlreiche zelluläre Strukturen, die mehrere, zum Teil falsch positionierte, Septen hatten. Mit Fluoreszenz-Mikroskopie wurde bewiesen, dass sich das Chromosom, das im normalen Wachstum das Cytosol ausfüllt, nach Linezolid-Zugabe komprimierte und den Kontakt zur Membran verlor. Eine Verbindung zwischen Chromosom und Membran wird durch Transertions-Komplexe gebildet. Transertion bezeichnet die simultane Transkription, Translation und Translokation integraler Membranproteine, dabei werden Komplexe aus Chromosom, mRNA, Ribosom, dem entstehendem Protein und den membranständigen SEC-Proteintransportern gebildet. Aus der Kombination der Ergebnisse wurde geschlossen, dass durch die Linezolid ausgelöste Translations-Hemmung die Transertionskomplexe aufgelöst werden und dadurch die Protein-Translokation vermindert wird. Auch die Defekte in der Zellteilung können so erklärt werden, da so das Chromosom eine Struktur-gebende Funktion für die Zellteilung verliert. Bisher war nicht vollständig bekannt, wie die strukturelle Ordnung in der Zellteilung von Staphylokokken entsteht.
Trotz der Verfügbarkeit von verschiedenen Impfstoffen zählen Influenza-A-Viren (IAV) nach wie vor zu den gefährlichsten humanpathogenen Krankheitserregern weltweit. Ebenso verursachen einige animale IAV-Stämme bei zahlreichen Wild- und Nutztierarten schwerwiegende und teilweise tödlich verlaufende Infektionen. Daher ist die Entwicklung moderner und effektiver Impfstoffe gegen IAV für die Tier- und Humanmedizin von größter Wichtigkeit. Im ersten Teil der Arbeit wurde auf Basis des IAV-Stamms A/Bayern/74/2009 (pH1N1) eine doppelt-attenuierte IAV-Mutante, genannt BY74-NS1-99-E, mit einem Elastase-sensitiven HA-Spaltmotiv und einer C-terminalen Verkürzung des Interferon-Antagonisten NS1 generiert und hinsichtlich ihrer Eignung als IAV-Lebendimpfstoff untersucht. In vitro zeigte sich BY74-NS1-99-E streng Elastase-abhängig und replizierte ausschließlich unter dessen Zugabe zu ähnlich hohen Titern wie der Wildtyp unter Zugabe von Trypsin. Aufgrund der geringen Elastase-Verfügbarkeit in vivo war die Mutante in ihrer Replikationsfähigkeit stark eingeschränkt und zeigte sich im Gegensatz zum Wildtyp sowohl im Mausmodell als auch im Schwein vollkommen apathogen. In der Maus führte die einmalige intranasale Applikation von BY74-NS1-99-E zu einer deutlichen Bildung von H1-spezifischen Serumantikörpern. Ihr Auftreten korrelierte mit dem Schutz der Mäuse gegen eine Belastungsinfektion mit dem homologen Wildtyp-Virus. Während eine singuläre Immunisierung mit einer Dosis von 106 TCID50 BY74-NS1-99-E komplett vor einer Replikation des homologen Belastungsvirus schützte, verhinderten Dosen ab 104 TCID50 die Ausbildung klinischer Symptome, einen Gewichtverlust und reduzierten die pulmonale Viruslast. Im Schwein erwies sich die Mutante als wenig immuogen. So ließ sich selbst nach zweifacher intranasaler Applikation mit der Mutante keine H1- oder NP- spezifische Antikörper-Antwort nachweisen. Um künftig leichter Fragen zum Zelltropismus und zur Virusausbreitung auch in Echtzeit sowohl in vitro als auch in vivo untersuchen zu können, wurde im Rahmen des zweiten Teils der Arbeit ein replikationsfähiges IAV mit einem membranständigen eGFP generiert. Die Strategie zur Herstellung des rekombinanten, Fremdgen exprimierenden Virus, basierte auf einer Veröffentlichung von Gao et al. (2010), in welcher ein IAV mit einem zusätzlichen neunten Gen-Segment beschrieben wird. Bei den in vitro Untersuchungen zum Wachstumsverhalten der mittels reverser Genetik hergestellten Mutante BY74-eGFP, wurde eine im Vergleich zum parentalen Wildtyp verminderte Replikationseffizienz festgestellt. Genetisch zeigte sich BY74-eGFP weitgehend stabil. Die Ergebnisse der Western-Blots sowie die Immunfärbungen zur konfokalmikroskopischen Auswertung deuteten stark auf eine Inkorporation des NA-eGFP-Fusionsproteins in die virale Membran der Mutante hin. Ein solches Reportergen-exprimierendes Virus könnte zukünftig als molekulares Werkzeug bei der Untersuchung und Aufklärung der genauen Verläufe einer IAV-Infektion in vitro und in vivo dienen. Ziel des dritten Teils dieser Arbeit war es, auf Grundlage der Arbeiten von Gao et al. (2010) und Stech et al. (2005), ein Elastase-abhängiges IAV, welches zwei verschiedene Hämagglutinine (H1 und H3) exprimiert, zu generieren und auf seine Eignung als LAIV im Mausmodell zu untersuchen. Als Basis für das generierte Neunsegmentvirus BY74-H1H3-E diente der Stamm A/Bayern/74/09 (pH1N1). Das zusätzlich bereitgestellte neunte Gensegment codierte für das H3-HA des Stammes A/Swine/Bissendorf/IDT1864/2003 (H3N2) (SB03). Bei den In-Vitro-Untersuchungen zur Expressions-Stabilität konnte zwar zunächst eine schwache H3-HA-Expression in den infizierten Zellen beobachtet werden, jedoch reduzierte sich diese von Passage zu Passage und verschwand letztendlich. Die Genomanalyse zeigte, dass das H3-tragende Gensegment letztlich verloren ging. Im Vergleich zum Wildtyp wies das potentielle Impfvirus in vitro eine stark verringerte Replikationsfähigkeit auf. Im Mausmodell erwies sich die BY74-H1H3-E-Mutante im Gegensatz zu A/Bayern/74/09 (pH1N1) und A/Swine/Bissendorf/IDT1864/2003 (H3N2) als vollkommen apathogen. Eine zweifache intranasale Immunisierung mit 103 TCID50 der dualen Virusmutante induzierte eine deutliche H1-spezifische und zum Teil eine moderate H3-spezifische Antikörper-Antwort. Sie schützte die Tiere bei einer homologen Belastungsinfektion BY74-Wildtyp (H1N1) komplett vor einem Gewichtsverlust und der Ausbildung klinischer Symptome. Bei einer heterosubtypischen Belastungsinfektion mit SB03-Wildtyp (H3N2) reduzierte sie den Gewichtsverlust und die klinischen Symptome. Die Doppelimmunisierung führte sowohl bei den Tieren, die einer homologen als auch bei den Tieren die einer heterologen Belastungsinfektion unterzogen worden waren zu einer Reduktion der pulmonalen Viruslast. Insgesamt erfüllte BY74-H1H3-E die Anforderungen eines potentiellen dualen LAIV-Kandidaten nur bedingt.
Staphylococcus (S.) aureus ist vor allem bekannt als einer der Haupterreger nosokomialer Infektionen weltweit. Die Mechanismen, mit denen S. aureus und das Immunsystem des Wirtes miteinander interagieren sind komplex und bis heute nicht vollständig verstanden. Ziel der vorliegenden Dissertation war es daher, bekannte Virulenzfaktoren von S. aureus und Proteine, deren Funktion für das Bakterium bisher unbekannt ist, hinsichtlich ihrer Immunogenität und ihrer Fähigkeit, Interaktionen mit Zellen und Plasmafaktoren des humanen Blutes einzugehen, zu charakterisieren. Die Entwicklung und Anwendung eines für den Organismus S. aureus spezifischen Proteinmikroarray war eines der Hauptziele dieser Arbeit, welches unter der Bezeichnung Staph-Toxin-Ag verwirklicht wurde. Der Array trug bis zu 62 S. aureus-Antigene und zeigte sich als geeignet zur Charakterisierung und Quantifizierung von Antikörperantworten in verschiedenen humanen und murinen Wirtsproben, wie Blutplasma und -serum sowie anderen extrazellulären Flüssigkeiten wie Nasensekret und Bauchwasser von gesunden und infizierten Probanden. Im ‚Protein-Interaktionsassay‘ wurde der Staph-Toxin-Ag dazu verwendet, Interaktionen von S. aureus-Proteinen zu humanen Blutplasmaproteinen zu identifizieren – Faktor H, Fibronektin, Fibrinogen, Plasminogen und Vitronektin. Der Staph-Toxin-Ag wurde in zwei unabhängigen globalen Studien angewendet, welche die S. aureus spezifischen Antikörperantworten von gesunden humanen Probanden untersuchten, darunter Träger und Nicht-Träger von S. aureus. In der ersten Studie wurden die IgG-Antworten in den Blutplasmen, in der zweiten Studie die Antikörperantworten der Klassen IgG und IgA, hier in den Nasensekreten der Probenaden charakterisiert. In beiden Studien wurde wie erwartet eine enorme Heterogenität der detektierten Antikörperantworten innerhalb der Kohorten beobachtet, die unabhängig vom Trägerstatus bestand. Vergleichende Analysen der IgA- mit den IgG-Antworten in den Nasensekreten konnten den Grad der Heterogenität noch einmal deutlich erhöhen. Für keinen der untersuchten Probanden stimmten die S. aureus-Antigen-Muster beider Antikörperklassen vollständig überein. Für die untersuchten S. aureus-Träger wurden im Durchschnitt höhere Antikörperlevel nachgewiesen als für die Nicht-Träger. Statistische Analysen (Mann-Whitney U-Test) der gemessenen IgG- bzw. IgA-Level identifizierten insgesamt zehn Antigene, gegen die die Testgruppe der Träger im Vergleich signifikant höhere Antworten zeigte. Für das virulenzassoziierte Protein IsaA (Immunodominant staphylococcal Antigen A) wurden die beschriebenen Unterschiede in beiden globalen Studien und für beide untersuchten Antikörperklassen identifiziert. Die stärksten und häufigsten Antikörperantworten konnten gegen Proteine aus zwei funktionellen Gruppen – die nicht-egc-Superantigene (SEB, SEC, TSST-1) und die Komplement- und Koagulationsinhibitoren (SCIN, Efb, Sbi, SSL-7, SACOL1169) – detektiert werden. Mindestens 60 % der untersuchten Probanden zeigten spezifische IgG- und/oder IgA-Antworten gegen Komplementinhibitoren. Hingegen konnten für Superantigene vor allem Antikörperspezifitäten der Klasse IgG detektiert werden. Für den Komplementinhibitor Sbi (S. aureus Binder of IgG) wurde eine Lücke in den IgG-Antworten beobachtet. Beide funktionelle Gruppen werden folglich bei der Invasion des Wirtes von S. aureus in vivo exprimiert. Komplementinhibitoren sind darüber hinaus offensichtlich für S. aureus von besonderer Relevanz bei der Kolonisierung der Naseschleimhaut. Zahlreiche neue Erkenntnisse konnten gewonnen werden zu Proteinen, die von S. aureus sekretiert werden, deren Funktion für das Bakterium jedoch bisher unbekannt ist. Gegen zehn dieser Proteine wurden mithilfe des Staph-Toxin-Ag spezifische IgG- und/oder IgA-Antworten nachgewiesen, besonders häufig gegen die Antigene SACOL0479, SACOL0480, SACOL0985 und SaurJH1_2034. Dies zeigte, dass diese Proteine durch S. aureus in vivo synthetisiert werden und dass sie immunogen wirken. Im ‚Protein-Interaktionsassay‘ konnten für 20 der sekretierten Proteine mit unbekannter Funktion Interaktionen mit humanen Blutplasmafaktoren nachgewiesen werden. In durchflusszytometrischen Analysen mit humanem Vollblut wurden für sieben Proteine – SACOL0021, SACOL0742, SACOL0908, SACOL0985, SACOL1788, SACOL1802 und SACOL2197 – spezifische Bindungen an PMNs (Polymorphonuclear Leukocytes) und/oder Monozyten gezeigt. In der vorliegenden Dissertation wurden mithilfe immunologischer und durchflusszytometrischer Methoden potentielle neue Virulenzfaktoren, Vakzinkandiaten sowie diagnostische Biomarker identifiziert. Neben der wissenschaftlichen Anwendung ist der Proteinarray Staph-Toxin-Ag durch seine Eigenschaften prädestiniert für einen Einsatz als Screening-Methode in der diagnostischen Medizin.
Clostridium (C.) difficile ist beim Menschen ein bedeutender Erreger von Krankenhaus-assoziierten Durchfallerkrankungen. Die vorliegende Dissertation umfasst die Erhebung und Analyse der ersten epidemiologischen Daten zu C. difficile in deutschen Heim- und Nutztierbeständen und die Entwicklung eines neuartigen DNA-Microarrays, der eine einfache Ribotypisierung von C. difficile ermöglicht. In drei Studien wurden Kotproben von Hunden, Katzen, Ferkeln und Kälbern kulturell auf C. difficile untersucht. Das Bakterium wurde aus 5 von 135 Katzenkot- (3,7%), 9 von 165 Hundekot- (5,4%), 176 von 999 Kälberkot- (17,6%) und 147 von 201 Schweinekotproben (73,1%) isoliert. Neugeborene Ferkel und Kälber waren in den ersten 2 bzw. 3 Lebenswochen signifikant häufiger kulturpositiv für C. difficile als ältere Tiere. Die in den Studien isolierten Stämme wurden 25 Ribotypen zugeordnet; darunter befanden sich 6 bisher nicht beschriebene Varianten. Bei den Ferkelproben dominierten die einander sehr ähnlichen Ribotypen 078 (55% der Isolate) und 126 (20%). Die Ribotypen 033 (57% der Isolate) und 078 (17%) wurden bei Kälbern am häufigsten vorgefunden. Basierend auf ihren Typisierungsprofilen wurden die Ribotypen in einer UPGMA-Analyse (Unweighted Pair Group Method with Arithmetic mean) untereinander verglichen. Von den 25 bei den untersuchten Tieren gefundenen Ribotypen formten 11 einen Cluster, zu dem auch die Ribotypen 033, 078 und 126 gehörten und in dem sich 90% aller in den beiden Nutztierstudien isolierten Stämme wiederfanden. Alle Isolate dieses Clusters waren zudem PCR-positiv für ein binäres Toxin und, im Gegensatz zu allen nicht zu dem Cluster gehörenden Ribotypen, PCR-negativ für den MLVA-Lokus A6Cd. Hierdurch, aber auch durch frühere Studien, in denen gezeigt werden konnte, dass die dem Cluster zugeordneten Ribotypen 033, 045, 078 und 126 den gleichen MLST-Typ (ST-11, Multilocus Sequence Typing) und eine charakteristische Deletion (delta 39 bp) im Toxinregulatorgen tcdC aufweisen, wird die These einer genetische Verwandtschaft unterstützt. In allen untersuchten Tierpopulationen wurden Ribotypen gefunden, die mit C.-difficile-Infektionen des Menschen assoziiert werden. Da Stämme des Ribotyps 078 in deutschen und europäischen Krankenhäusern zunehmend häufiger als Ursache von Durchfallerkrankungen auftreten, wurden alle ermittelten MLVA-Daten von Ribotyp-078-Stämmen humanen und tierischen Ursprungs mit entsprechenden Daten anderer Studien aus 5 europäischen Ländern verglichen. In einer hierbei durchgeführten Minimum-Spanning-Tree-Analyse mit 294 Datensätzen wurde die genetische Abgrenzung von MLVA-Typen unterschiedlicher geographischer Herkunft verdeutlicht und belegt, dass einige aus Tieren und Menschen isolierte C.-difficile-Stämme sehr ähnlichen oder sogar identischen MLVA-Typen entsprechen. Die in den Haus- und Nutztierstudien isolierten C. difficile wurden anschließend mit dem neu entwickelten DNA-Microarray ribotypisiert. Das Sondendesign des Microarrays basiert auf der bei C. difficile modular aufgebauten Intergenic Spacer Region (ISR), welche auch Zielstruktur der herkömmlichen Ribotypisierungsmethoden ist. Die Sonden wurden von in der GenBank-Datenbank publizierten ISR-Modulsequenzen und theoretisch möglichen Modulsequenzkombinationen abgeleitet. Nachdem die Eignung des Arrays in theoretisch und praktisch durchgeführten Experimenten belegt werden konnte, wurde mit 142 repräsentativ ausgewählten C.-difficile-Stämmen eine 48 Ribotypen umfassende Datenbank aus Referenzhybridisierungsmustern erstellt. Diese Referenzmuster wurden anschließend in einer Ähnlichkeitsmatrix-Analyse untereinander verglichen, wobei 27 Referenzmuster eindeutig differenziert werden konnten. Zu den gut unterscheidbaren Ribotypen gehörten u.a. die häufig mit humanen C.-difficile-Infektionen assoziierten Ribotypen 001, 014/020, 027 und 078/126. Nicht unterscheidbar hingegen waren die 11 Ribotypen des oben beschriebenen Clusters, wodurch sich die These ihrer molekularen Verwandtschaft weiter erhärtet. Die Praxistauglichkeit des DNA-Microarrays wurde abschließend in einer Anwendungsstudie überprüft. Hierbei wurden 50 C.-difficile-Stämme, die im Rahmen eines anderen Projektes aus Kotproben von Haustieren und deren Besitzern isoliert wurden, mit herkömmlicher und DNA-Microarray-basierter Ribotypisierung vergleichend untersucht. Berücksichtig man, dass durch den Microarray einige sehr ähnliche Ribotypen derzeit noch nicht unterschieden werden können, wurden alle Isolate dem richtigen Ribotypen bzw. der richtigen Ribotypengruppe zugeordnet. Darüber hinaus wurden 6 für das Microarray unbekannte Ribotypen korrekt als „neu“ und klar voneinander unterscheidbar erkannt. Zusammenfassend trägt das Dissertationsprojekt zum Verständnis über das Vorkommen von C.-difficile-Genotypen in Heim- und Nutztierbeständen bei und präsentiert einen neuartigen DNA-Microarray zur einfachen Ribotypisierung von C. difficile.
Die Glykoproteine gB und gH-gL sind bei allen Herpesviren konserviert und wichtig für den Viruseintritt und die direkte Zell-Zell-Ausbreitung. Allerdings kann sich PrV in Abwesenheit von gL noch in einem sehr geringen Ausmaß von Zelle zu Zelle ausbreiten, was Reversionsanalysen durch serielle Zellkultur-Passagen einer gL-negativen PrV-Mutante erlaubt. So konnte in einem Passageexperiment die Revertante PrV-ΔgLPassB4.1 isoliert werden. In der vorliegenden Arbeit wurden die molekularen Grundlagen der gL-unabhängigen Infektiosität von PrV-ΔgLPassB4.1 untersucht. Dabei wurden Mutationen in den Glykoproteinen gB, gH und gD nachgewiesen und deren Auswirkung auf die Proteinfunktion mit Hilfe von transienten Transfektions-Fusionsassays untersucht. Die Aufklärung der Kristallstrukturen eröffnete die Möglichkeit, über zielgerichtete Mutagenese die Funktion von gH-gL besser zu analysieren. Erstaunlich war, dass im gH des Impfstammes PrV-Bartha ein ansonsten hochkonserviertes Prolin durch Serin ersetzt ist. Für dieses Prolin wurde postuliert, dass es für die Ausbildung einer ebenfalls bei allen Herpesviren konservierten Disulfidbrücke notwendig ist. Um den Effekt der Substitution und die Funktion der Disulfidbrücke zu testen, wurden gH Mutanten hergestellt, die entweder Prolin oder Serin an Position 438 oder Serin statt Cystein an Position 404 exprimierten. Diese wurden in transienten Transfektions-Fusionsassays sowie während einer Virusinfektion getestet. Obwohl die Aminosäuresequenzen der gH-Proteine der Herpesviren nur eine geringe Homologie aufweisen, sind die Kristallstrukturen erstaunlich ähnlich. Daher sind konservierte Strukturmotive wie die Disulfidbrücke in der Domäne III, für die eine Bedeutung für die Faltung und Stabilität der Domäne III postuliert wurde, von besonderem Interesse. Um weitere funktionsrelevante konservierte Regionen in Domäne III aufzudecken, welche für die Lokalisierung und Funktion des gH wichtig sein könnten, wurden zunächst Sequenzvergleiche zwischen EBV und PrV gH unter Berücksichtigung der vorhandenen gH-Kristallstrukturen durchgeführt. Hierbei wurden komplexe Interaktionsnetzwerke über Wasserstoffbrückenbindungen zwischen konservierten und benachbarten nicht-konservierten Aminosäuren vorhergesagt. Diese wurden im EBV und PrV gH mutiert und die gH-Proteine anschließend auf ihre Oberflächenexpression und Fusionsfunktion untersucht. Zusätzlich wurden PrV Rekombinanten mit entsprechenden gH-Mutationen hergestellt und charakterisiert.
Herpesviren nutzen einen Vesikel-vermittelten Transportweg für die Translokation von Nukleokapsiden aus dem Zellkern, um für die weitere Virusmorphogenese in das Zytoplasma zu gelangen. Den dafür notwendigen Kernfreisetzungskomplex (nuclear egress complex; NEC) bilden zwei konservierte herpesvirale Proteine, die als pUL34 und pUL31 bezeichnet werden. Die Kristallstrukturen der NECs aus verschiedenen Herpesviren zeigten eine stabile Interaktion zwischen der N-terminalen Domäne von pUL31 und dem Kern von pUL34. Darüber hinaus gehören die am stärksten konservierten Reste von pUL31 zu einem Zinkfinger-Motiv (ZNF). Zur Klärung der funktionellen Bedeutung des ZNF-Motivs in PrV pUL31, das aus drei Cysteinen (C73, C89 und C92) der CR1 und einem Histidin (H188) der CR3 besteht, wurden die Cysteine einzeln zu Serinresten und das Histidin H188 zu Alanin substituiert. Funktionelle Analysen der mutierten Proteine, die in vitro mit artifiziellen Membranen und in situ in eukaryotischen Zellen durchgeführt wurden, zeigten, dass das ZNF-Motiv eine wesentliche Voraussetzung für die NEC-Bildung und die notwendige Membranveränderung darstellt. Der N-terminale Bereich von pUL31 und der anderen Homologen ist sehr variabel und wurde daher in den Konstrukten für die Kristallisierung weggelassen. Wie auch einige andere pUL31-Homologe enthält PrV pUL31 ein Kernlokalisationssignal (NLS) im N-Terminus für einen effizienten Kernimport. Neben der Funktionalität des Kernimports scheint dieser spezifische Bereich ebenfalls eine Rolle bei der Freisetzung von Nukleokapsiden aus dem Kernspalt, der Vorbeugung von einer vorzeitigen Komplexbildung im Zytoplasma, der Translokation der reifen Kapside an die INM und bei der Regulierung des envelopment/deenvelopment Prozesses über Phosphorylierung zu spielen. Um zu untersuchen welche zusätzlichen Funktionen der N-terminale Bereich einnimmt, wurde der N-Terminus von PrV pUL31 schrittweise verkürzt. Dabei konnte gezeigt werden, dass die Aminosäuren 2-13 (pUL31-N14), einschließlich des Hauptteils des vorhergesagten NLS, für die NEC-Bildung und -Funktion entbehrlich sind. Die Deletion von vier zusätzlichen Aminosäuren (pUL31-N18), die alle grundlegenden Patches eliminierte, führte jedoch zu einem defekten Protein. Die vollständige Deletion der 25 N-terminalen Aminosäuren zeigte in Gegenwart von Wildtyp pUL31 eine Inhibierung des Kernaustritts. pUL31-N18, was überwiegend im Zytoplasma gefunden wurde, zeigte keinen dominant-negativen Effekt. Die Phosphorylierung der beiden vorhergesagten Stellen im N-Terminus von PrV pUL31 (S12/S13) spielt offensichtlich keine Rolle beim Kernaustritt. Die Titer von PrV-Mutanten denen pUL34 oder pUL31 fehlt, werden drastisch reduziert, jedoch die Freisetzung infektiöser Nachkommen nicht komplett inhibiert, was auf einen alternativen Austrittsweg hinweist. Wiederholtes Passagieren dieser Mutanten führte zu Revertanten, die eine Wildtyp-ähnliche Replikation wiedererlangten. PrV-ΔUL34Pass und PrV-ΔUL31Pass umgingen dabei den vesikulären Transportweg durch das Induzieren einer Fragmentierung der Zellkernmembran (NEBD). Um zu testen, ob CDKs eine Rolle im viral induzierten NEBD spielen, wurden Wildtyp- (wt) oder dominant-negative (DN) Versionen der zellulären CDKs 1-6 getestet. In Gegenwart von CDK2DN wurden die Titer für beide Viren signifikant reduziert. Ultrastrukturelle Analysen zeigten, dass die Freisetzung von PrV-Ka primären Virionen aus dem perinukleären Raum beeinträchtigt oder verzögert war und NEBD nur selten in PrV-ΔUL34Pass-ΔgG-CDK2DN-infizierten Zellen beobachtet wurde. Die genaue Zusammensetzung der primären Virionen sowie der Maschinerie für die Verschmelzung der primären Hülle mit der äußeren Kernmembran sind nicht bekannt. Um virale und/oder zelluläre Proteine und andere primäre Virion-Komponenten zu identifizieren, sollen primär umhüllte Virionen aus dem perinukleären Raum isoliert und durch Massenspektrometrie analysiert werden. Da die Reinigung der primären Virionen aus dem perinukleären Raum nicht ganz einfach ist, wurde das membranverankerte pUL34 mit verschiedenen Affinitätsmarken markiert. Vier markierte pUL34-Konstrukte wurden nach Transfektion und Infektion generiert und getestet. Drei von ihnen erwiesen sich als funktionell während des herpesviralen Kernaustritts und es konnten stabil exprimierende Zelllinien hergestellt werden. Diese Zelllinien bilden nun eine solide Grundlage für weitere Experimente, um zuverlässige Protokolle für die Reinigung von primären Virionen aus dem perinukleären Raum zu etablieren.