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Die Rolle des p75 Neurotrophinrezeptors bei der neuronalen Plastizität im Hippocampus der Maus
(2015)
Der p75 Neurotrophinrezeptor (p75NTR) bindet alle Neurotrophine (NGF, BDNF, NT3, NT4). Er wird in der Entwicklung sehr stark, im adulten Gehirn nur noch punktuell exprimiert. Nichtsdestotrotz existieren zahlreiche Studien, die eine Rolle dieses Rezeptors für die Morphologie und Funktion des Hippocampus implizieren. Überraschenderweise sind diese Daten zum Teil widersprüchlich. Zudem wurde bisher fast ausschließlich die p75NTRExIII Knockout Maus verwendet, die jedoch weiterhin die verkürzte Splicevariante des p75NTR ohne Neurotrophinbindestelle exprimiert. Die vorliegende Arbeit soll nun einerseits dazu beitragen, die bestehenden Daten bezüglich des p75NTRExIII zu reevaluieren und anderseits mithilfe des p75NTRExIV Knockouts die Auswirkungen des vollständigen Fehlens des p75NTR auf die Morphologie des Hippocampus zu untersuchen. So konnten wir zeigen, dass sowohl das Fehlen der verkürzten, als auch beider Splicevarianten, die Morphologie des Hippocampus und dessen cholinerge Innervation verändert. Ferner stellte sich heraus, dass nur das Fehlen beider Splicevarianten einen Einfluss auf die adulte Neurogenese hat, jedoch in beiden Knockoutlinien erniedrigte Apoptoseraten im Hippocampus ermittelt werden konnten. Hinsichtlich der dendritischen Dornen ist nur in den p75NTRExIII Knockouts ein Anstieg ihrer Dichte feststellbar. Diese morphologischen Veränderungen waren, zumindest im Fall der p75NTRExIII Knockouts, von verändertem Verhalten begleitet. Aufgrund der schweren Ataxie der hinteren Extremitäten bei den p75NTRExIV Knockouts, konnten lediglich die p75NTRExIII Knockouts und entsprechende Kontrolltiere bezüglich des Verhaltens untersucht werden. Hier zeigte sich eine deutliche Einschränkung in der Speicherung des räumlichen Gedächtnisses. Unsere Daten belegen, dass sowohl das Fehlen der verkürzten als auch beider Varianten des p75NTR einen Einfluss auf die Morphologie und die Funktion des Hippocampus hat.
In dieser Arbeit wurde der Einfluss von zwei Angiotensin (1-7) Derivaten TXA301 und TXA302 im Vergleich mit einer Placebo behandelten Kontrollgruppe einer Rattenpopulation mit mittels vorübergehendem Verschluss der Arteria cerebri media (tMCAO) herbeigeführtem Schlaganfall auf die adulte Neurogenese durch Immunfluoreszenzfärbungen untersucht. Beide Derivate, TXA301 und TXA 302, und damit Angiotensin (1-7) haben einen Einfluss auf die adulte Neurogenese, was sich anhand der gegenüber der Kontrollgruppe erhöhten Doublecortin Zahlen beweisen lässt. Diese Neurone scheinen im Fall von TXA301 weniger gut zu überleben wie solche, die mit TXA302 behandelt wurden. Ebenfalls besteht ein messbarer Einfluss auf die Zellteilungsrate 21 Tage nach Applikationsende, da mehr phosphorylierte-Histon-H3 positive Zellen gemessen werden konnten. Die Mikroglia Aktivität wurde durch Angiotensin (1-7) ebenfalls beeinflusst, wie sich in der ionisierten-kalziumbindendes-Adaptermolekül-1 Färbung zeigen ließ. Somit ist die Beeinflussung der adulten Neurogenese nach einem ischämischen Schlaganfall durch die Angiotensin (1-7) Derivate anzunehmen und sollte in größeren Studien weiter untersucht werden.
Im Jahr 2002 wurde bei einer stark mental retardierten Patientin im Rahmen einer Genanalyse ein Strangbruch am kurzen Arm des dritten Chromosoms festgestellt. Das davon betroffene Gen codiert für ein bis dahin unbekanntes Protein, welches als srGAP3 / MEGAP / WRP benannt wurde. Es gehört zur Familie der Rho-GTPasen aktivierenden Proteine. Diese Rho-GTPasen nehmen über verschiedene Signaltransduktionsketten Einfluss auf die Wegfindung, Differenzierung und Verknüpfung von Neuronen während ihrer Entwicklung.
Mit Hilfe eines Knockoutmausmodells konnten in vorangegangenen Forschungsarbeiten starke Veränderungen der Gehirnarchitektur, sowie Schichtverdickungen im Bereich des Hippocampus‘ festgestellt werden. Die Beziehung von srGAP3 zu den Rho-Proteinen und den damit entstehenden Einfluss auf die neuronale Entwicklung ließ den Hippocampus als Region der adulten Neurogenese in den Fokus der Forschungsarbeit rücken.
Die durchgeführten Untersuchungen erfolgten im srGAP3-Knockoutmausmodell mittels Kleintier-MRT, Golgi-Imprägnierung und immunhistochemischen Färbungen (gegen Doublecortin und Phosphohiston 3).
In den Ergebnissen konnte durch den srGAP3-Knockout zwar eine Volumenzunahme des Hippocampus‘, jedoch weder eine signifikante Veränderung der Neuronenanzahl, der Neuronenmorphidität, noch der Spinedichte oder der Spinelänge im Hippocampus festgestellt werden.
Als Erklärung der präsentierten Ergebnisse und möglicher neuer Forschungsansatz wäre die These einer Zunahme an kortikalen Neuronen, welche in den Hippocampus projizieren, denkbar. Dieser Anstieg könnte sowohl eine faserbedingte Volumenzunahme, die gleichzeitig fehlenden neurostrukturellen Veränderungen im Hippocampus, als auch die milden verhaltensbiologischen Auffälligkeiten in den bisher durchgeführten Tests erklären. Die Untersuchung der Tiere in komplexeren Verhaltenstests könnte dahingehend wegweisend sein.
Neurogenese in adulten Ratten ist vor allem in der Subventrikularzone und im Gyrus dentatus des Hippocampus aktiv und kann durch gezielte Aktivierung nach einem Schlaganfall zu einer verbesserten Funktionalität führen. In der vorliegenden Arbeit wurde untersucht, ob auch in gealterten Ratten eine Stimulation der endogenen Neurogenese nach Schlaganfall die Erholung verbessert. Dazu wurde das Neurogenese-verstärkende Pentylentetrazol zum ersten Mal auf seine Wirkung nach Schlaganfall in einem gealterten Tiermodell untersucht. Dazu wurde in 12-Monate alten Sprague-Dawley-Ratten eine transiente fokale Ischämie per Okklusion der mittleren Hirnschlagader (MCAO) ausgelöst und die endogene Neurogenese mit subkonvulsivem Pentylentetrazol verstärkt. Die funktionelle Erholung wurde mit mehreren Verhaltenstests über einen Zeitraum von sieben Wochen überwacht. Nach dem Ablauf des Überlebenszeitraums wurde von den gewonnenen Hirngeweben eine globale Genexpressionsanalyse vom Infarktareal sowie immunhistochemische Färbungen für Zellproliferation und neuronale Vorläuferzellen im Infarktgebiet und der ipsilateralen Subventrikularzone durchgeführt. Die Verhaltenstests Acht-Arm-Labyrinth und Schräge zeigten eine signifikant verbesserte Erholung bei Tieren mit postischämischer Pentylentetrazolbehandlung. Die immunhistochemische Färbung für den Neurogenese-Marker Doublecortin ergab eine signifikante Steigerung der Neuroblastenanzahl in der Subventrikularzone. Im Infarktkerngebiet konnte signifikant mehr beta-3- Tubulin-positives axonales Aussprossen detektiert werden. Die globale Genexpressionsanalyse wies auf signifikante Veränderungen von Genen der Inflammationsreaktion und der Neurogenese hin. Insgesamt zeigen die vorliegenden Ergebnisse, dass eine postischämische Stimulation der Neurogenese mit Pentylentetrazol auf die funktionelle Erholung einen positiven Einfluss hat.
Lebenslang persistierende Neurogenese ist ein fester Bestandteil des olfaktorischen Systems bei reptanten Dekapoden („Panzerkrebse“; lat. reptans – kriechend; griech. deca – zehn, podes – Füße). Dabei generiert das deutocerebrale proliferative System über die Larvalphase hinaus neue Neuronen, die in die bestehenden neuronalen Netzwerke der deutocerebralen chemosensorischen Loben (auch „olfaktorische Loben“) integriert werden. Während in zahlreichen Studien die phänotypische Ausprägung, der zelluläre Mechanismus zur Umsetzung adulter Neurogenese und deren regulierende Faktoren umfassend untersucht und zum Teil kontrovers diskutiert wurden, ist über die phylogenetische Verbreitung in anderen Taxa der Malacostraca („Höhere Krebse“; griech. malakos – weich, ostrakon – Schale) nichts bekannt. Daher wurden im Rahmen der vorliegenden Arbeit verschiedene Vertreter aus Malakostrakentaxa mit unterschiedlicher phylogenetischer Position untersucht und unter evolutionären Aspekten diskutiert. Wie gezeigt werden konnte, ist adulte Neurogenese vermutlich ein plesiomorphes Merkmal der Eumalacostraca, welches in Vertretern der Euphausiacea („Leuchtgarnelen“; griech. phausis – Leuchten) und Peracarida („Ranzenkrebse“; griech. pera – Ranzen, karides – kleine Seekrebse) reduziert wurde. In Abhängigkeit von der zugrunde gelegten Verwandtschaftshypothese ist die Reduktion der persistierenden Neurogenese entweder mehrfach unabhängig (konvergent) erfolgt oder ein apomorphes Merkmal eines Monophylums aus Euphausiacea und Peracarida. Dagegen ist innerhalb der Decapoda eine Ausdehnung und strukturelle Erweiterung des deutocerebralen proliferativen Systems feststellbar. Um einen möglichen Zusammenhang zur Komplexität und Bedeutung des olfaktorischen Systems zu überprüfen, wurden zusätzlich die neuroanatomischen Merkmale von Vertretern der Decapoda und der Peracarida (am Beispiel der Amphipoda) vergleichend betrachtet. Dabei konnte innerhalb der Decapoda eine Korrelation zwischen der Entwicklung des deutocerebralen proliferativen Systems und der Evolution des akzessorischen Lobus bei Vertretern der Reptantia sowie dessen Reduktion in der Gruppe der Meiura, zu denen die Vertreter der Brachyura („Echte Krabben“; griech. brachys – kurz, oura – Schwanz) und Anomura („Mittelkrebse“; griech. anomalos – ungleich) gehören, festgestellt werden. Basierend auf diesen Ergebnissen wurden Vermutungen über die im Adultus neu generierten Neuronenklassen und somit über die Funktion adulter Neurogenese aufgestellt. In allen anderen untersuchten Taxa der Malacostraca konnte dagegen keine Korrelation mit der Komplexität des olfaktorischen Systems festgestellt werden.