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In unserem Alltag sind Polymere weit verbreitet. In Form von funktionellen Polymeren werden sie u.a. als Wirk- oder Effektstoff eingesetzt. Sie bestehen aus einem Träger, an welchen über einen Spacer eine funktionelle Gruppe gebunden ist. Die Spacergruppen beeinflussen die chemischen, physikalischen und biologischen Eigenschaften der Polymere bzw. ermöglichen diese erst. Dadurch stellen sie in der pharmazeutischen Industrie und der medizinischen Chemie Schlüsselbausteine dar.
Auch Monoester von symmetrischen Dicarbonsäuren oder symmetrischen Diolen werden für die Einführung von Spacergruppen verwendet. Sie können durch die Hydrolyse von Diestern oder Dioldiestern chemisch synthetisiert werden. Da diese Reaktion nicht selektiv erfolgt, entstehen Nebenprodukte wie Disäuren oder Diole, die die Ausbeuten schmälern und eine aufwändige Aufarbeitung notwendig machen. Selektive enzymatische Verfahren stellen eine echte Alternative dar, denn eine Trennung des Produkts vom Nebenprodukt ist nicht notwendig. Bisher sind nur wenige Enzyme bekannt und verfügbar, die zur Synthese von Monoestern verwendet werden können.
Ziel dieser Arbeit ist die Entdeckung neuer Lipasen und Carboxylesterasen als Biokatalysatoren zur Synthese von Monoestern, die zudem in ausreichender Verfügbarkeit generiert werden sollen. Als Gendonor und Expressionssystem diente hierfür die Hefe Blastobotrys raffinosifermentans. Die nicht-konventionelle, nicht-pathogene und thermotolerante Hefe B. raffinosifermentans weist ein breites Kohlenstoff- und Stickstoff-Quellen Spektrum auf, was sie für industrielle Anwendungen interessant macht. Aufgrund einer bereits vielfach eingesetzten, effizienten Transformationsmethode wurde die Hefe bereits zur Produktion verschiedener Proteine wie humanem Serumalbumin, Interleukin-6, Phosphatasen mit Phytase-Aktivität, Tannasen und einer Lipase eingesetzt. Die exzellenten Wachstumsparameter garantieren hohe Enzymausbeuten.
Insgesamt wurden in dieser Arbeit 30 putative Lipase- und Carboxylesterase-Gene in ihrem Genom durch Annotationsanalysen identifiziert. Diese Gene wurden isoliert, amplifiziert und in der Hefe selbst überexprimiert. Die Proteinextrakte der erzeugten Stämme wurden anschließend auf Esteraseaktivität getestet, wovon sieben Kandidaten das Substrat p-Nitrophenylbutyrat (pNP-Butyrat) hydrolysierten. Anschließend wurde mittels eines Assays untersucht, ob die Enzyme die Hydrolyse der Substrate Adipinsäurediethylester (DEA), Dimethyl trans-1,4-cyclohexandicarboxylat (DMCH), Terephthalsäurediethylester (DETS) und Decandiol-dimethacrylsäureester (DDMAE) katalysieren. Vier Kandidaten hydrolysierten DEA und DMCH und ein Extrakt eignete sich zur Hydrolyse von DETS. Es folgten eine Testung auf Selektivität mittels Gaschromatographie mit gekoppeltem Flammenionisationsdetektor und eine affinitätschromatographische Reinigung der fünf Proteine. Dabei stellten sich die drei Kandidaten Alip2-6hp, 6h-Best1p und 6h-Best2p, eine putative Lipase und zwei putative Carboxylesterasen, als potenziell geeignete Kandidaten heraus.
Anschließend erfolgte die biochemische Charakterisierung der drei Proteine. Das Temperatur-Optimum der Enzyme lag zwischen 31 °C und 41 °C und das pH-Optimum zwischen 6,6 und 7,0. Die Metallionen Fe2+, Fe3+ und Cu2+ inhibierten alle drei Biokatalysatoren und auch die Zugabe verschiedener Lösungsmittel verringerte ihre Aktivität. Die Untersuchung des Substratspektrums mit p-Nitrophenylestern mit Kettenlängen von C2 bis C18 zeigte eine Präferenz von Alip2-6hp für mittelkettige pNP-Ester mit einem Maximum bei pNP-Caproat und von 6h-Best1p und 6h-Best2p für kurzkettige pNP-Ester mit einem Maximum bei pNP-Acetat. 6h-Best1p und 6h-Best2p zeigen damit das für Carboxylhydrolasen typische Substratspektrum. Da Lipasen üblicherweise langkettige Substrate bevorzugen, wurde die Klassifizierung für Alip2-6hp mittels Tween 20- und Olivenöl-Agarplattentest weiter untersucht. Das positive Ergebnis dieser Untersuchung lässt auf eine Lipase schließen.
Zur Bestimmung der Selektivität der Enzyme wurde die Hydrolyse von DEA und DMCH zeitlich per GC-FID verfolgt. Nach Derivatisierung der Carboxylgruppen war die quantitative Auswertung zum Gehalt an Monoester, Diester und Disäure möglich. Es ließ sich damit die Hydrolyse von DEA mit 6h-Best1p bestätigen. Bessere Ergebnisse wurden mit Alip2-6hp für das Substrat DMCH erzielt und mit Abstand die schnellste Hydrolyse wurde mit DEA als Substrat erreicht. In gereinigter Form hydrolysierte Alip2-6hp das Substrat DEA selektiv zu MEA, sodass bis zu 96 % Monoester synthetisiert werden konnten. Im Vergleich dazu wird MEA deutlich langsamer hydrolysiert.
Zusätzlich wurden fünf unterschiedliche Formulierungen des Enzyms Alip2-6hp mit dem Substrat DEA getestet: (1) Rohextrakt, (2) freies, gereinigtes Enzym, (3) immobilisiertes, gereinigtes Enzym (Beads) und als Ganzzellkatalysatoren (4) permeabilisierte (Triton-) Zellen und (5) permeabilisierte, immobilisierte (Triton-) Zellen. Die vielversprechendsten Ergebnisse wurden mit isoliertem gereinigtem Enzym erzielt. DEA wurde vollständig und spezifisch zu MEA umgesetzt.
Zur Gewährleistung einer ausreichenden Verfügbarkeit der Enzyme erfolgte die Kultivierung der Überexpressionsstämme im Fermenter im Fed-batch. Der Alip2-6hp produzierende Hefestamm erbrachte Aktivitäten von 674 U L-1, während der 6h-Best2p Überexpressionsstamm 2239 U L-1 produzierte.