Refine
Document Type
- Doctoral Thesis (2)
Language
- German (2)
Has Fulltext
- yes (2)
Is part of the Bibliography
- no (2)
Keywords
- Deutschland <Nordost> (2) (remove)
Kenntnisse über Strukturen und Dynamik natürlicher und naturnaher Wälder sind die Voraussetzung für naturnahe Waldbewirtschaftung. Die Ziele der Arbeit waren deshalb die Rekonstruktion von Waldzusammensetzung und Dynamik sowie die Identifizierung der natürlichen bzw. naturnahen Waldgesellschaften im Ablagerungsgebiet der Grundmoräne des letzten Stadiums der Weichselvereisung in Mitteleuropa. Das Untersuchungsgebiet, der Eldenaer Wald, ist ein 407 ha großes Naturschutzgebiet nahe Greifswald und liegt in einer flachwelligen Grundmoränenlandschaft mit nährstoff- und basenreichen Böden. Die Vegetation wird heute vom Eschen-Buchenwald (Fraxino excelsioris-Fagetum sylvaticae) dominiert, in dem auch Acer pseudoplatanus und A. platanoides, Prunus avium, Ulmus glabra, Carpinus betulus und als Nutzungsrelikt Quercus robur vorkommen. Für die Vegetationsrekonstruktion wurden an sechs Bohrkernen aus sechs im Untersuchungsgebiet verteilt liegenden Senken Mikrofossilien und z. T. Makrofossilien analysiert sowie der Glühverlust bestimmt. Die zeitliche Einordnung erfolgte mit 25 14C-AMS-Datierungen. Für die untersuchten Proben wurden Altersangaben inter- und extrapoliert. Weiterhin wurden historische Akten und Karten ausgewertet. Für die Rekonstruktion der Vegetation in der nahen Umgebung der Untersuchungspunkte (UP) wurde eine Methode zur Trennung von (extra)lokalen und regionalen Signalen der Mikrofossil-Typen entwickelt. Dabei werden Mikrofossil-Werte der UP mit den regionalen Daten eines Bohrkerns aus dem Greifswalder Bodden (Bucht der südlichen Ostsee) verglichen. (Extra)lokale Anteile zeigen sich in Form von überhöhten Werten im Vergleich zu den regionalen Werten. Der Vergleich wurde getrennt für Mikrofossil-Typen, die sich schlecht bzw. gut erhalten, durchgeführt, um die Unterbewertung der ersteren zu verringern. Mit Hilfe von Korrekturfaktoren (ANDERSEN 1970, 1984) wurden aus dem (extra)lokalen Anteil der Gehölz-Pollen die etwaigen Anteile der Gehölze an der gehölzbestandenen Fläche der frischen bis trockenen Standorten im Umkreis von etwa 100 m um den UP rekonstruiert. Der Offenheitsgrad der Vegetation wurde aus dem Auftreten indikativer Mikrofossil-Typen abgeleitet. Die rekonstruierte Vegetation innerhalb der Senken bildeten hauptsächlich nasse Erlenwälder. Durch anthropogene Entwässerungen und andere Eingriffe bildeten sich Röhrichte, Birken- und Weidengehölze sowie Erlen-Eschenwälder. Die Vegetation der frischen bis trockenen Standorte im Umkreis der Hohlformen war sehr unterschiedlich ausgebildet und wechselte auch an den verschiedenen UP sehr stark. Der Vergleich der UP zeigte, dass im Zeitabschnitt von AD 200 - 700, außer an einem UP, keine Hinweise auf Nutzungseinflüsse auftraten. Trotzdem waren die Gehölzbestände als Folge früherer menschlicher Aktivitäten z. T. noch sehr stark von Zwischenwaldarten (Acer, Fraxinus, Ulmus) geprägt. Nur an zwei Standorten traten auch über diesen Zeitabschnitt hinaus relativ stabile, von Tilia bzw. Fagus dominierte und nicht nachweisbar von menschlicher Aktivität beeinflusste Gehölzspektren auf. Ab AD 1100 sind nach und nach an allen UP massive Veränderungen im Gehölzspektrum nachweisbar, die mit dem wachsenden Nutzungsdruck infolge der slawischen Besiedlung, der Klostergründung (AD 1199) und den Dorfgründungen (ab AD 1250) einhergingen. Erst im Zeitraum AD 1820 - 2000 stellten sich mit der Einführung der geregelten Forstwirtschaft an fast allen Standorten ähnliche, von Fraxinus und Fagus dominierte Gehölzspektren ein. Mit Hilfe von Cluster-Analyse und Detrended Correspondence Analysis aller rekonstruierten Gehölzbestände wurden vier typische Gesellschaften der Gehölzvegetation der letzten 2000 Jahre herausgearbeitet. Fraxinus-Acer-Quercus-Bestände und Carpinus-Fagus-Quercus-Bestände stellen Vor- und/oder Zwischenwälder dar, die sich mit der Wiederbewaldung von Offenflächen einstellten und aus denen sich Schlusswälder entwickelten. (Betula-)Corylus-Tilia-Bestände beinhalten Schlusswälder, die noch bis etwa AD 1500 im Untersuchungsgebiet existierten. Die Fraxinus-Fagus-Bestände sind ebenfalls Schlusswälder, die fast im gesamten Untersuchungszeitraum nachgewiesen wurden. Aus den Untersuchungen wurde deutlich, dass die Entwicklung der Waldbestände stark durch anthropogene Einflüsse geprägt war. Das Verschwinden der Tilia-bestimmten Bestände und die Ausbreitung von Fagus wurden durch menschliche Aktivitäten ausgelöst. Das Gattungsspektrum der heute dominierenden Waldgesellschaft, des Eschen-Buchenwaldes (Fraxino excelsioris-Fagetum sylvaticae), konnte am Standort EXB bis ins 1. Jh. AD auch in nutzungsfreien Phasen zurückverfolgt werden, so dass es als natürlich gelten kann.
Vegetation dynamics and carbon sequestration of Holocene alder (Alnus glutinosa) carrs of NE Germany
(2010)
Erlenwälder auf Moorstandorten werden oft als Zeichen von Moordegradation und Torfoxidation gewertet, aber erlenholzreiche Moorablagerungen (teilweise mehrere Meter tief) sind unter anderem in Nordostdeutschland weit verbreitet. Die Genese von Erlen-Holztorfen wurde bisher überwiegend durch das Konzept der „Verdrängungstorfbildung“ erklärt. Hierbei wird ein von gehölzfreier Vegetation akkumulierter Torf nach einer Grundwasserabsenkung durch nachträglich einwachsende Baumwurzeln verändert. Dieses Prinzip ist aber auf tiefgründige Erlen-Holztorfe nicht übertragbar, da Alnus glutinosa auf naturnahen Moorstandorten meist nur wenige Dezimeter tief wurzelt. Anliegen der vorliegenden Dissertation mit dem Titel „Vegetation dynamics and carbon sequestration of Holocene alder (Alnus glutinosa) carrs in NE Germany“ war die Identifizierung torfbildender Erlenwälder. Die torfbildende Vegetation, die Wasserstände während der Torfbildung und die Vegetationsdynamik dieser bewaldeten Niedermoore wurden durch Analysen von Makrofossilien, Pollen und sonstigen Mikrofossilien (u.a. Pilz-, Pflanzen-, und tierische Reste) rekonstruiert. Hierbei wurden in enger Kooperation mit dem Promotionsvorhaben von Frau Anja Prager (Non-pollen palynomorphs [NPPs] from modern alder carrs [NE Germany] - Tools for reconstructing past vegetation and site conditions) ca. 150 bisher unbekannte Mikrofossilien beschrieben und teilweise identifiziert. Die Datenauswertung wurde anhand von Fossilien-Diagrammen und statistischen Methoden (DCA, Clusteranalysis; Broken Stick Analysis) durchgeführt. Zur Altersbestimmung erfolgten 14C-AMS-Datierungen und der Kohlenstoffgehalt wurde über die Bestimmung der Trockenrohdichte ermittelt, wobei ein durchschnittlicher Kohlenstoffanteil von 56% angenommen wurde. Die untersuchten Erlen-Holztorfe wurden überwiegend direkt in Erlenwäldern abgelagert („Echter Bruchwaldtorf“); sind aber auch teilweise als Verdrängungstorfe aus vorherigen Seggentorfen entstanden oder in von Weiden dominierten Gehölzen gebildet worden. Die jährlichen Medianwasserstände der torfbildenden Erlenwälder lagen einerseits über Flur („sehr nass“-„very wet“) und zum anderen 0 bis 10 cm unter Flur („nass“ - „wet“). Die Vegetationszusammensetzung der sehr nassen Erlenwälder ähnelte teilweise dem Wasserfeder-Erlen-Wald und in einem Fall dem Zweizahn-Erlen-Bruchgehölz. Die nassen Erlenwälder konnten nicht auf der Ebene von Vegetationsformen rekonstruiert werden; charakteristisch war das häufige Auftreten von Urtica und eine Carex-dominierte Krautschicht. Über einen Vergleich der Mikrofossilien der Erlenholz-Tofe mit Mikrofossilien von Oberflächenproben aus rezenten Erlenwäldern konnten die Medianwasserstände nasser, torf-akkumulierender Erlenwälder auf 0-10 cm unter Flur festgelegt werden. Alle untersuchten Profile zeigten eine zyklische Bewaldung mit Zwischenphasen von Offenvegetation (meist Seggenriede). Als Bindeglieder zwischen Erlenwald und Seggenried traten teilweise Weidengebüsche auf, welche sich mitunter auch langfristiger etablieren konnten. Die zyklische Vegetationsentwicklung von Seggenrieden, Weidengebüschen und Erlenwäldern basierte fast ausschließlich auf einem schwankenden Wasserangebot im Moor. Dieses war fast immer die Folge von zyklischen Ent- und Wiederbewaldungen der umliegenden, grundwasserfernen Standorte durch den Menschen. Die „Echten Bruchwaldtorfe“ sind unter verschiedenen hydrologischen Bedingungen entstanden (Verlandungs-, Versumpfungs-, Überrieselungs- und Überflutungsmoor). Die Kohlenstoff-Akkumulationsraten („LORCA“-long-term apparent rate of carbon accumulation) liegen zwischen 31-44 g C m-2 yr-1 in sehr nassen und 50-81 g C m-2 yr-1 in nassen Erlenwäldern. Die höheren Akkumulationsraten in nassen Erlenwäldern können durch die deutlich steigende Produktivität von Erlen-Wäldern schon bei leicht sinkenden mittleren Wasserständen erklärt werden. Eine Verringerung der durchschnittlichen Wasserstände von über Flur zu leicht unter Flur führt annähernd zu einer Verdopplung der Primärproduktion von oberirdischem Holz und Wurzelholz. Dadurch gelangt auch ein größerer Anteil von Wurzelholz in den dauerhaft wassergesättigten Bereich. Da mit sinkenden Wasserständen auch die oxidative Zersetzung zunimmt, ist für die teilweise sehr hohen Torfakkumulationsraten in Erlenwäldern die Zersetzungsresistenz von Holz (Lignin) von zentraler Bedeutung. Die Akkumulationsraten nasser Erlenwälder übersteigen die borealer Waldmoore deutlich und erreichen die Größenordnung der Kohlenstoffakkumulation in den tropischen Waldmooren Süddostasiens. Die vorliegende Dissertation belegt die weitverbreitete und oft umfangreiche Torf- bzw. Kohlenstoffakkumulation in Holozänen Erlen-Wäldern Nordostdeutschlands.