92-XX BIOLOGY AND OTHER NATURAL SCIENCES
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In einer Welt durchsetzt mit Gerüchen, haben marine Tiere hochentwickelte chemosensorische Systeme entwickelt um den vielfältigen Anforderungen des Lebens und Überlebens gerecht zu werden. Nahrungserwerb, Kommunikation, das Erkennen von Räubern oder potentieller Partner sind in diesem Kontext nur als Rahmen zu nennen. Durch eine Vielzahl an Sensillen, sowie durch spezifische, olfaktorisch geführte Verhaltensweisen, wie dem antennal flicking oder Stimulus-gerichteter Navigation, zeigen viele Vertreter der Malacostraca ein hohes Maß an Präzision und Genauigkeit in der Differenzierung und Lokalisierung von Düften. Die Mehrzahl der detaillierten morphologischen und ethologischen Studien konzentrierte sich bislang jedoch auf decapode Crustaceen. Das außer Acht lassen kleinerer Spezies abseits der klassischen Modellorganismen führte daher zu einer gewissen Einseitigkeit unseres Verständnisses der chemosensorischen Pfade und Nahrungssuchstrategien. Während einige der terrestrischen Asseln (Oniscidea) schon gelegentlich als Vorlage für Studien dienten um die chemosensorischen Pfade in puncto Morphologie, Physiologie und Verhalten zu untersuchen, beruht unser Verständnis der chemischen Ökologie mariner Isopoden lediglich auf vereinzelten Beobachtungen und Annahmen. In der vorliegenden Arbeit sollen verschiedene Aspekte der Morphologie und Phänomenologie der Chemorezeption der baltischen Riesenassel Saduria entomon (Valvifera) LINNAEUS 1758 berücksichtigt werden. Abschließend soll anhand der vorgelegten Ergebnisse ein Rahmen entworfen werden, in welchem die Terrestrialisierung der Oniscidea neu betrachtet werden muss. Gestützt durch 3D Rekonstruktionen, konventionelle Lichtmikroskopie sowie konfokale Laser-Scanning-Mikroskopie, wurden die generelle Anatomie des Gehirns, sowie das neuronale Substrat der chemosensorischen Pfade untersucht. Während es innerhalb der terrestrischen Isopoden zu einer drastischen Größenreduktion ihrer ersten Antenne und allen mit dieser assoziierten Gehirnareale kam, besitzt S. entomon ein olfaktorisches System, das in Bezug auf die antennale und neuronale Morphologie noch sehr grundmusternah aufgebaut ist. Im Vergleich mit den Decapoda zeigen sich jedoch deutliche Unterschiede in der strukturellen Diversität und dem Umfang von Nervengewebe das in der Verarbeitung chemischer Informationen beteiligt ist. Gleich ihren terrestrischen Verwandten zeigt S. entomon zudem einige Besonderheiten, die die sensorischen Pfade der zweiten Antenne betreffen. Die mikroglomeruläre Organisation des assoziierten Neuropils deutet auf eine zunehmende Bedeutung dieses Anhangs in der Wahrnehmung und Verarbeitung chemischer Informationen hin. Verhaltensuntersuchungen lassen jedoch Zweifel an dem olfaktorischen Potential dieser Spezies aufkommen. Mittels eines Y-Labyrinthes und einer Reihe an Düften, dem das Tier in seiner natürlichen Umgebung begegnen mag, konnte gezeigt werden, dass S. entomon einen offenkundigen Mangel an Präzision aufweist, Stimuli zu differenzieren, sowie die Quelle eines Stimulus zu lokalisieren. In lediglich vier von 15 Experimenten ließ sich eine statistisch signifikante Verhaltensantwort beobachten. In diesen konnte darüber hinaus nur ein Stimulus als attraktiv identifiziert wurde. Auf Basis von Freilandbeobachtungen, die das Tier mit einer gewissen Zufälligkeit umherwandernd darstellen, wurde ein Experiment entwickelt in welchem S. entomon in einem Mikrokosmos, und nur durch chemosensorische Sinne, einen Köder lokalisieren sollte. Obwohl es zwischen Kontrolle und Stimulusexperimenten deutliche Unterschiede in den aufgenommenen Bewegungsparametern gab, war kein von anderen Malacostraca oder Hexapoda bekanntes Suchmuster zu identifizieren. Eine statistische Auswertung der durch das Tier zurückgelegten Pfade ergab jedoch, dass die Tiere sich einer chemotaktischen Orientierung bedienten. Diese scheint zudem einer positiven rheotaktischen Bewegung überlagert. Um die Bedeutung der chemosensorischen Anhänge für eine erfolgreiche Nahrungssuche zu verdeutlichen, wurden chemische Ablationen der ersten und zweiten Antennen durchgeführt. Einige wenige Tiere waren zwar noch in der Lage den Köder zu lokalisieren, die Deaktivierung der Antennen führte aber zu einer beinahe vollständigen Unfähigkeit den Stimulus ausfindig zu machen. Eine Pfadanalyse konnte daher Chemotaxie als elementaren Orientierungsmechanismus ausschließen. Statt dieser wurde Chemokinesie mit einer ausgeprägten positiven rheotaktischen Komponente identifiziert. Darüber hinaus demonstriert dieses Experiment die Abhängigkeit S. entomon‘s von der komplexen Interaktion der Distanz- und Kontaktchemorezeptoren für einen effizienten Suchlauf. Bislang wurde davon ausgegangen, dass terrestrische Isopoden es nicht geschafft haben ihr olfaktorisches System derart anzupassen, dass es in Luft anstatt von Wasser operiert. Um der Notwendigkeit eines chemosensorischen Systems gerecht zu werden, entwickelte sich daher de novo ein System, in welchem die zweite Antenne sowie ihr neuronales Substrat entsprechend transformiert wurden. Das Vorhandensein eines gleichartig organisierten Systems in einem relativ nah verwandten marinen Vertreter deutet jedoch darauf hin, dass die Tendenz zu dieser Funktionstransformation der zweiten Antenne bereits im letzten gemeinsamen Vorfahren vorhanden war und somit der Kolonisation des Landes durch die Asseln vorausging. Die zweite Antenne als der maßgebliche chemosensorische Anhang der Oniscidea kann daher als Präadaptation verstanden werden, welche im Laufe ihrer Terrestrialisierung eine antennulare Olfaktion zweitrangig, wenn nicht sogar obsolet machte.
Innerhalb der Crustacea evolvierte der Landgang mindestens zehn Mal unabhängig voneinander. Die Evolution des Landganges geht mit einer Vielzahl von morphologischen und physiologischen Anpassungen einher, die sich im Vergleich mit rezenten aquatischen Taxa und ihren nächsten terrestrischen Verwandten rekonstruieren lassen. Im Rahmen des Promotionsprojektes dienten vorangegangene neuroanatomische Untersuchungen am Landeinsiedler Coenobita clypeatus (Fabricius, 1787) und dem nah verwandten Palmendieb Birgus latro (Linnaeus, 1767) sowie auch das wenige Wissen über die Lebensweise des Palmendiebes als Ausgangspunkt, Hypothesen zur Sinnes- und Orientierungsleistung zu entwickeln und mit verschiedenen Verhaltensversuchen im Labor (C. clypeatus) bzw. im Freiland (B. latro) zu testen. Morphologische und verhaltensbiologische Befunde wurden mit Daten anderer Vertreter innerhalb der Anomala, Brachyura und Isopoda verglichen. Für die neuroanatomischen Untersuchungen wurden histologische und immunhistochemische Experimente und deren Analyse mithilfe der Lichtmikroskopie, der konfokalen Laser-Scanning-Mikroskopie durchgeführt und mittels dreidimensionaler Rekonstruktion und Morphometrie gestützt. Zur Evaluierung des Wanderungsverhaltens und der Orientierungsleistung von B. latro wurden verschiedene Freilandversuche auf der Weihnachtsinsel während vier Forschungsreisen im Zeitraum von 2008 bis 2012 vorgenommen. Für die verhaltensbiologische Untersuchung des Palmendiebes wurden Experimente mithilfe von Telemetrietransmittern für die Untersuchung des Wanderungsverhaltens und der Tagesrhythmik genutzt. Die neuroanatomischen Daten terrestrischer Vertreter dieser drei Taxa im Vergleich zu ihren nächsten marinen Verwandten, lassen den Schluss zu, dass die Strukturen des primären olfaktorischen Pfades im Zuge des Landgangs unterschiedlichen morphologischen Transformationen unterlagen. Hierbei fällt auf, dass die Strukturen des primären Riechsystems bei terrestrischen Vertretern innerhalb der Anomala stark vergrößert sind, wohingegen diese innerhalb der Brachyura deutlich geringere Dimensionen aufweisen. Innerhalb der Landasseln (Isopoda: Oniscidea) scheinen die primären Verarbeitungszentren der Olfaktion, die deutocerebralen chemosensorischen Loben im Gehirn, reduziert zu sein, da sie sich mit den hier verwendeten Methoden nicht identifizieren ließen. Die ersten Antennen der terrestrischen Isopoda sind im Vergleich zu den untersuchten marinen Asseln, aber auch im Vergleich zu den anderen beiden Taxa deutlich reduziert. Es wird in diesem Zusammenhang vermutet, dass andere sensorische wie verarbeitende Strukturen des Nervensystems es vermögen, das Fehlen bzw. die starke Reduktion des primären olfaktorischen Systems zu kompensieren. Es wurden Versuche durchgeführt, um die Reaktion des Palmendiebes auf verschiedene Duftstoffe im Freiland zu analysieren. Hierbei zeigten Acetoin, Trimethylamin und Dimethyltrisulfid die höchsten Attraktionswirkungen. Zusätzlich wurden Laborexperimente im Windkanal an Coenobita clypeatus etabliert, die das Ziel hatten, das Duftspektrum dieser dem Palmendieb nahe verwandten Tiere zu evaluieren und geruchsgesteuertes Suchverhalten zu analysieren. Dabei konnte gezeigt werden, dass die Tiere sich bei der Stimulation durch natürliche Duftstoffe entlang der Duftfahne entgegen der Strömungsrichtung zielgerichtet zum Stimulus bewegten. Durch die Telemetrieversuche konnte gezeigt werden, dass der Palmendieb auch außerhalb der Reproduktionszeit zum Teil weite Distanzen zurücklegt, aber auch über eine gewisse Ortstreue verfügt und dieses Verhalten somit als semi-nomadisch charakterisiert werden kann. Während der Wanderungen wird vermutlich die Spurverfolgung als Navigationsstrategie genutzt, wobei auch Hinweise auf Pfadintegration als eine weitere Navigationsstrategie hindeuten. Dabei wird aufgrund der bevorzugten Nachtaktivität der Tiere davon ausgegangen, dass die Orientierung bei der Spurverfolgung chemisch gesteuert sein könnte. Diese These wird auch durch einfache Attraktionsversuche gestützt, bei denen einige Versuchstiere, trotz Blendung, den Köder erfolgreich aufsuchen konnten. Die lokomotorische Aktivität im Tagesgang, welche mithilfe von Beschleunigungssensoren (Akzellerometer) aufgezeichnet werden konnte, scheint besonders unter dem Einfluss der relativen Luftfeuchtigkeit zu stehen. Dabei konnte im Beobachtungszeitraum neben stabilen diurnalen, crepuscularen bis nocturnalen Aktivitätsmustern, auch kathemerales Verhalten dokumentiert werden. Neben individuellen Abweichungen im Tagesgang der lokomotorischen Aktivität, konnte für die meisten der Versuchstiere ein Aktivitätsmaximum während der Zeit des Sonnenuntergangs festgestellt werden, wohingegen während der Mittagszeit das überwiegende Aktivitätsminimum lag. Dies stützt wiederum die Hypothese, dass es einen Zusammenhang zwischen der Dynamik der Aktivität und der Dynamik der relativen Luftfeuchtigkeit geben könnte.
In holometabolic insects, senescence starts at sexual maturation and condition diminishes with age. Young virgin males should gain the highest mating success. Although sperm quality and quantity typically decreases with age, older males have been shown to have a higher mating success in a variety of insect taxa. Life-history theory predicts an increased aggressive and persistent courtship behaviour, due to a decrease of the residual reproductive value and thus, the opportunity for future reproduction. In the butterfly Bicyclus anynana, older males gain up to a 4x higher mating success despite a poorer condition, compared to younger males. As older males were found to court more often and for longer time bouts,suggesting a higher intrinsic motivation, there is evidence for the residual reproductive value hypothesis. On the other hand, an age-specific variation of male sex pheromones may provide females with information, being helpful to chose specific males. The latter could be males which have proven a high fitness in terms of survival, thus essentially reflecting a “good genes" hypothesis. This doctoral thesis investigated the reasons underlying old male mating advantage in B. anynana. The first study tested whether old male mating advantage prevails, even if females were unable to distinguish between older and younger males. The results were backed up by examining female rejection rates, male courtship frequency, courtship duration, time to copulation and mating duration. Older males had a significantly higher mating success compared to younger ones regardless of differences in pheromone blends or the females ability to smell. Older males courted more often and longer. The results support the residual reproductive value hypothesis. Study 2 investigated post-copulatory sexual selection in B. anynana. Females were double-mated, allowing for sperm competition and cryptic mate choice. Older males had a higher paternity success than younger ones, when the former were the last mating partner. The paternity success was balanced across age classes when older males were the first mating partner. Older males transferred larger spermatophores with higher numbers of eupyrene sperm than younger males. B. anynana does not exhibit cryptic mate choice and last-male precedence is the most probable fertilization pattern. The higher proportion of offspring sired by older males is due to significantly increased numbers of fertile sperm compared to younger males. The latter are clearly disadvantaged, as the higher sperm numbers provided by older males counteract the benefits of last-male precedence. Study 3 explored determinants of mating success in B. anynana. Successful males had longer wings, a heavier thorax, a lighter abdomen, a higher fat content, and higher phenoloxidase expression levels. Mating success seemed to be directly linked to proxies of flight performance. Successful males showed a better flight performance, in turn increasing mating success. As energy reserves are of crucial importance for flight manoeuvres, they may play a significant role in male mating success. Study 4 tested the effects of male age and mating number on spermatophore mass, sperm number, male oxidative status, and reproductive success by manipulating age and mating frequency in male B. anynana. Spermatophore mass and sperm numbers increased significantly with age, while antioxidant defences and oxidative damage declined. Female fecundity and egg-hatching success was highest when being mated with young virgin males. Antioxidant defences decreased with age, being a possible reason for the negatively affected reproductive success in females. Ejaculate quality diminished with age and mating number, despite larger spermatophores and higher sperm numbers being found in older males. Therefore, spermatophore size and sperm numbers can not be considered as reliable proxies of male condition. The final study proofed whether male sex pheromone comprise honest signals and which traits might be associated with increased pheromone titres. Pheromone titres were analysed among successful and unsuccessful males when being mated with either a control or a scent-blocked female. Both groups did not differ in pheromone levels. Successful males had significantly higher numbers of eupyrene sperm. No correlation between male pheromones and any investigated trait was found, suggesting that pheromone titres do not provide reliable information on male quality. Nothing indicates that male sex pheromones in B. anynana play a decisive role in female mate choice. Successful males generally have a better body condition, resulting in a more vigorous courtship behaviour and higher sperm numbers. Hence, variation in body condition rather than pheromone titres is more likely to determine male mating success. Mating decisions are primarily driven by male behaviour. The results suggest that old male mating advantage arises from sexual conflict.