Institut für Pharmakologie
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Die Antibiotikatherapie Rhodococcus equi-bedingter Pneumonien in Fohlen sollte grundsätzlich in Abhängigkeit vom Allgemeinzustand, jedoch erst ab einem Abszess-Score ≥ 10 cm gemäß der wait-and-see-Strategie begonnen werden, um die verwendete Antibiotikamenge zu reduzieren. Die vorliegende Arbeit hat gezeigt, dass die lange Zeit etablierte Wirkstoff-Kombination von Rifampicin und Clarithromycin aus pharmakokinetischer Sicht für die Therapie ungeeignet ist, unabhängig davon ob die Wirkstoffe gleichzeitig oder, wie von der FDA bei hohem Interaktionspotential zweier Wirkstoffe gefordert, zeitversetzt appliziert werden. In Kombination mit Rifampicin kommt es, aufgrund der PXR-vermittelten Erhöhung der Expression von P-gp und CYP3A4, zu einer dramatischen Abnahme der Bioverfügbarkeit von Clarithromycin, was zu Cmax-Konzentrationen unterhalb der MIC90 für R. equi im systemischen Kompartiment führt. Im Gegensatz dazu konnte für die Kombination von Rifampicin und Gamithromycin, einem bisher ausschließlich bei Schweinen und Rindern zur Behandlung von Atemwegserkrankungen eingesetzten Makrolidantibiotikum, eine deutliche AUC-Erhöhung beobachtet werden. Eine mögliche Erklärung ist, dass Gamithromycin, anders als Clarithromycin, kein Substrat von P-gp und CYP3A4 ist und damit Efflux und Metabolismus unter Rifampicin-Gabe nicht induziert sind. Zudem wird Gamithromycin, intravenös appliziert, sodass die Interaktion zwischen Makrolidantibiotikum und intestinalem P-gp von Beginn an unterbunden wird. In vitro wurde mit Hilfe stabil transfizierter Zellen ein Vertreter der OATP-Familie (hOATP2B1) als Transporter für Gamithromycin identifiziert werden. Auf Grund dieser Ergebnisse liegt es nahe, dass der OATP-Inhibitor Rifampicin die Aufnahme und den Efflux von Gamithromycin in und aus Hepatozyten hemmt. Für diese Theorie spricht die in der in vivo-Studie beobachtete reduzierte Clearance sowie verlängerte MRT im Fall der Kombinationstherapie mit Rifampicin. Die Applikation von Gamithromycin sollte nach Herstellerangaben einmal wöchentlich erfolgen. In diesem Fall sinken die Konzentrationen des Makrolidantibiotikums nach intravenöser Gabe jedoch innerhalb kürzester Zeit (< 1 h) unter die MIC90 von R. equi. Die MIC90 wird also > 99 % des Dosierungsintervalls von 168 h unterschritten. Deshalb erscheint es sinnvoll, ein verändertes Therapieschema mit einer höheren Initialdosis und einem reduziertem Dosierungsintervall (z.B. 48 h oder 72 h) in zukünftigen Studien zu prüfen. Die Einführung von PK/PD-Indizes lässt eine theoretische Einschätzung der Effizienz von Antibiotika zu. Es konnte gezeigt werden, dass Rifampicin die definierten Grenzwerte für T > MIC90 für das systemische Kompartiment selbst dann erfüllt, wenn die Dosis von 2 × 10 mg/kg/d bzw. 1 × 20 mg/kg/d auf 1 × 10 mg/kg/d reduziert wird. Da eine Konzentration > 4 × MIC90 bei zeitabhängig wirkenden Antibiotika nachweislich keinen zusätzlichen Effekt hat und hohe Antibiotika-Konzentrationen zusätzlich die Selektion resistenter Bakterienstämme begünstigen, wird aus pharmakokinetischer Sicht die Rifampicin-Dosisreduktion auf 1 × 10 mg/kg/d empfohlen. Das intrazelluläre Bakterium R. equi stellt das Antibiotikum allerdings vor besondere Herausforderungen (u.a. hohes Verteilungsvolumen, Membranpermeabilität etc.). Aus diesem Grund sind die etablierten PK/PD-Indizes, welche ausschließlich die Wirkstoff-Konzentrationen im systemischen Kompartiment berücksichtigen, ungeeignet zur Beschreibung der Wirksamkeit. Im Rahmen dieser Arbeit wurden daher, in Anlehnung an bestehende Indizes, eigene Surrogat-Parameter entwickelt, die sich zur theoretischen Einschätzung der Wirksamkeit besser eignen: CELF/MIC90 und CBALC/MIC90. Diese Indizes sind für alle untersuchten Antibiotika stets deutlich > 4, mit Ausnahme der einmal täglichen RIF-Gabe von 10 mg/kg (hier: CELF/MIC90 = 2, CBALC/MIC90 = 3). Die Parameter T > MIC90, ELF bzw. T > MIC90, BALC konnten in dieser Arbeit nicht eindeutig bestimmt werden, da die BAL aus praktischen Gründen ausschließlich nach 12 oder 24 h durchgeführt wurde. Dieser Zeitpunkt entspricht für Clarithromycin bzw. Rifampicin dem Ende des Dosierungsintervalls. Da die gemessenen Konzentrationen im ELF und den BALC stets > MIC90 sind, kann T > MIC90 (ELF) bzw. T > MIC90 (BALC) mit 100 % angegeben werden. Im Fall von Gamithromycin wurde die BAL ebenfalls nach 24 h durchgeführt, wobei die Konzentration in den BALC ebenfalls deutlich oberhalb der MIC90 für R. equi liegt. Hier muss allerdings beachtet werden, dass das Dosierungsintervall von Gamithromycin 168 h beträgt und damit die eigentlichen Talspiegel in der vorliegenden Arbeit nicht erfasst wurden. Die Reduktion des Dosierungsintervalls könnte, neben der Erhöhung der systemischen Antibiotika-Konzentrationen, ein Absinken der Konzentrationen im Lungenkompartiment in den „Sub-MIC-Bereich“ verhindern.
Die Physiologie des Magens mit den unterschiedlichen Gegebenheiten im proximalen und distalen Magen stellt einen relevanten Einflussfaktor auf die Pharmakokinetik von oral applizierten Wirkstoffen dar. Innerhalb der peroralen Pharmakotherapie nimmt die Sondenapplikation von Arzneimitteln dabei eine Sonderrolle ein, da je nach Lokalisation des Sondenendes die Applikation tendenziell eher in proximale oder distale Anteile des Magens erfolgt. Ziel dieser Arbeit war die Untersuchung der Pharmakokinetik bei Sondenapplikation hinsichtlich der Variablen Sondenlage‚ Nahrungsaufnahme und Nüchternmotilität. Hierzu wurde in einer kontrollierten, randomisierten, drei-armigen Cross-Over-Studie an zwölf gesunden, männlichen Probanden 540 mg einer Paracetamol-Suspension über einen Zeitraum von sechs Stunden jeweils in den distalen und proximalen Magen infundiert. Unsere Ergebnisse konnten zeigen, dass die Bedingungen „proximale Applikation“ und „Nahrungsaufnahme“ die Wahrscheinlichkeit einer Retention im proximalen Magen erhöht. Merkmale hierfür waren größere Abweichungen der Invasionskinetik von der Applikationsrate im Sinne einer verspäteten Anflutung, vermehrt Schwankungen der Invasionsrate und mehr Nachflutungen in der Eliminationsphase. Umgekehrt ging die distale Applikation mit einer größeren Kontinuität der Invasion einher. Hinsichtlich der Invasionskinetik häuften sich bei Nahrungskarenz und proximaler Sondenlage Merkmale, die für einen Einfluss der interdigestiven Motilität auf die Pharmakokinetik sprechen. Limitiert wurde die Aussagekraft zum Einfluss der Nüchternmotilität durch das Fehlen einer simultanen Aufzeichnung der Motilität, zum Beispiel mittels elektrischer Impedanzmessung. Die angewandte Methodik mit kontinuierlicher Infusion der Prüfsubstanz, regelmäßigen Messungen der Serumkonzentration und Berechnung der Invasionskinetik mittels schneller Fouriertransformation erwies sich zur Untersuchung der Fragestellung als gut geeignet und kann als Grundlage zukünftiger Forschungen dienen.
Das MRP4 ist ein Mitglied der ABCC-Subfamilie der ATP-binding cassette transporters. Es transportiert eine große Vielfalt an endogenen und xenobiotischen Verbindungen aus der Zelle. Des Weiteren vermittelt MRP4 den Transport von Signalmolekülen wie z.B. zyklische Nukleotide. Das einzigartige Substratspektrum, die Regulation und die zelluläre Lokalisation des MRP4 stehen in Verbindung mit seiner möglichen Funktion beim Zell-Schutz und dem zellulären Signaling. MRP4 ist abhängig vom Zelltyp entweder in der basolateralen (Prostata, Leber) oder apikalen (Nieren, Kapillaren des Gehirns) Membran von polarisierten Zellen lokalisiert. Des Weiteren wird MRP4 auch in Thrombozyten und Erythrozyten exprimiert. Protein-Protein-Interaktionen können die Funktion, Lokalisation und Expression von Transportern in der Plasmamembran beeinflussen. Viele Interaktionen beinhalten die stabile Assoziation von Proteinen innerhalb von Multi-Untereinheitskomplexen sowie die vorübergehende Assoziation von regulatorischen Proteinen. MRP4 weist u.a. ein sogenanntes PDZ-Bindemotiv auf, welches durch die Aminosäuren ETAL charakterisiert wird und die Interaktion mit PDZ-Adaptorproteinen vermitteln kann. Speziell in Thrombozyten ist MRP4 neben der Plasmamembran auch in den δ-Granula lokalisiert. Hier könnten interagierende Proteine eine wichtige Rolle spielen. Änderungen in diesen Proteinen könnten eine Ursache für Störungen der Thrombozytenfunktion mit einer Fehllokalisation von MRP4 sein. Ziel der vorliegenden Arbeit war die Identifizierung möglicher Interaktionspartner von MRP4, insbesondere in Thrombozyten. Dafür wurde ein Fusionsprotein aus einem c-terminalen Fragment (117 Aminosäuren) des MRP4 mit der Glutathion-S-Transferase (GST) generiert. Nach Aufreinigung des Fusionsproteins (GST-MRP4) mittels Glutathion-Sepharose wurden pull-down-Experimente mit Thrombozytenlysat durchgeführt. Mittels Western Blot und LC-MS/MS-Analyse konnten als mögliche Interaktionspartner das EBP50/NHERF1, das PSD95, SNX27, die β-Untereinheit des AP3B1 und das HSP90 identifiziert werden. Durch indirekte Immunfluoreszenz konnte außerdem eine partielle Ko-Lokalisation der genannten möglichen Interaktionspartner und MRP4 in den Thrombozyten dargestellt werden. Ein weiterer Ansatz zur Untersuchung der Protein-Interaktion war die Ko-Präzipitation des MRP4 und der daran gebundenen Proteine mittels eines anti-MRP4-Antikörpers, der an magnetische beads gebunden war. Mithilfe der Ko-Immunpräzipitation konnten SNX27, HSP90, AP3B1, EBP50 und PSD95 unterschiedlich stark ko-präzipitiert werden. Es wurde untersucht, inwiefern das PDZ-Bindemotiv des MRP4 für die Interaktion der detektierten Interaktionsproteine essentiell ist. Dafür wurde ein GST-MRP4-Konstrukt ohne das C-terminale PDZ-Motiv generiert. Damit konnte gezeigt werden, dass das PDZ-Bindemotiv nur für die Interaktion mit SNX27, EBP50 und PSD95 notwendig ist, während die Bindung von AP3B1 und HSP90 unabhängig davon erfolgte. Nachdem auf Proteinebene mit verschiedenen Versuchen dargestellt werden konnte, welche Adaptorproteine mit dem MRP4 interagieren, sollte im letzten Abschnitt auf funktioneller Ebene gezeigt werden, inwiefern sich die Lokalisation des MRP4 verändert, sofern das Bindemotiv des MRP4 nicht mehr vorhanden ist bzw. die Adaptorproteine herunterreguliert werden. In Bezug auf das Herunterregulieren der Adaptorproteine wurde die megakaryoblastische Leukämie-Zelllinie M07e als Modell für Thrombozyten-Vorläuferzellen verwendet. Des Weiteren lag das Interesse bei den Interaktionsproteinen AP3, PSD95 und SNX27. Nach Transfektion der M07e-Zellen mit der entsprechenden siRNA und der sich anschließenden Immunfluoreszenz konnte gezeigt werden, dass die Ko-Lokalisation des MRP4 mit den Adaptorproteinen nach knock-down verringert und die Plasmamembran-Lokalisation von MRP4 signifikant gesteigert war. Umgekehrt sollte die Überexpression dieser Adaptorproteine die Plasmamembran-Lokalisation verringern. Dies wurde exemplarisch für SNX27 in MDCK-Zellen untersucht. Dabei sollte auch nochmals die Rolle des PDZ-Bindungsmotivs für die MRP4-Lokalisation gezeigt werden. Dafür wurden die Fluoreszenz-markierten Fusionsproteine CFP-MRP4, SNX27-YFP und das CFP-MRP4(-PDZ) synthetisiert, in MDCK-Zellen transfiziert und ihre Lokalisation mittels konfokaler Fluoreszenzmikroskopie analysiert. Es zeigte sich, dass nach Ko-Transfektion des CFP-MRP4 mit SNX27-YFP das MRP4 hauptsächlich im Zell-Inneren lokalisiert war. Außerdem wurde verdeutlicht, dass das PDZ-Bindemotiv für die Internalisierung des MRP4 in das Innere der Zelle durch das Interaktionsprotein SNX27 essentiell ist. Zusammenfassend liefert diese Arbeit wichtige grundlegende Erkenntnisse zu möglichen Protein-Interaktionen von MRP4 und deren Einfluss auf die Lokalisation des Transporters. Deren mögliche physiologische und pathophysiologische Rolle für die MRP4-Funktion in Thrombozyten sollte in weiterführenden Studien näher untersucht werden.
Der Nukleäre Rezeptor SHP1 ist ein zentrales Stellglied zahlreicher biologischer Prozesse. So reguliert SHP1 über direkte Protein-Protein-Interaktion mit Nukleären Rezeptoren Stoffwechselwege, wie den Gallensäure-, Cholesterin- und Lipidmetabolismus sowie die Glucosehomöostase und den Arzneimittelstoffwechsel. Erweiternd konnte kürzlich ein tumorsupprimierender Effekt des SHP1 gezeigt werden. So wurde die Entwicklung eines Hepatozellulären Karzinoms im Mausmodell in Abwesenheit des SHP1 beschrieben. Es ist bekannt, dass SHP1 nicht nur in hepatischem Gewebe, sondern auch in Lunge, Herz, Milz, Dünndarm, Pankreas, Niere, Nebenniere und Hirn exprimiert ist. In einer orientierenden Expressionsanalyse konnten wir eine verminderte SHP1 Expression in Tumorentitäten der Organe Niere, Lunge und Magen zeigen. Diese Ergebnisse konnten in den Proben einer Kohorte von an einem klarzelligen Nierenzellkarzinom erkrankten Patienten verifiziert werden. Es zeigte sich eine signifikant verminderte SHP1 Expression im klarzelligen Nierenzellkarzinom (RCC) im Vergleich zu Nierengewebe. Nachfolgend konnten wir mittels adenoviral vermittelter Überexpression des SHP1 in einem Zellmodell des RCC einen antiproliferativen Effekt des SHP1 im RCC zeigen. Bisher wurde die Vermittlung dieser antiproliferativen Komponente über eine Hemmung des CyclinD1 durch SHP1 vermutet. Zwar konnten wir im Einklang hiermit eine verminderte CyclinD1 Expression im RCC gegenüber Niere detektieren, nach Überexpression des SHP1 zeigte sich jedoch keine Suppression des CyclinD1, so dass davon auszugehen ist, dass die antiproliferative Wirkung des SHP1 im RCC über andere Zielstrukturen vermittelt wird. Da sich das RCC durch eine hohe Chemotherapieresistenz auszeichnet und SHP1 in den Arzneimittelstoffwechsel involviert ist, untersuchten wir den Einfluss des SHP1 auf die Chemosensitivität des RCC. Hier konnten wir zunächst keinen Einfluss des SHP1 auf die Viabilität des zellulären Modells des RCC durch die Substanzen Vinblastin, Temsirolimus und Sunitinib zeigen. Dennoch ist ein Einfluss des SHP1 auf die Proliferationshemmung durch diese Substanzen nicht auszuschließen. Abschließend untersuchten wir Ursachen für die verminderte SHP1 Expression im RCC. Hier zeigte sich, dass sowohl eine verminderte Expression von Aktivatoren des SHP1 als auch genetischen Varianten in der Promotorregion des SHP1 zunächst nicht ursächlich für die Minderexpression im RCC zu sein scheinen. Zusammenfassend konnten wir den Nukleären Rezeptor SHP1 als Tumorsuppressorgen des klarzelligen Nierenzellkarzinoms, dessen Pathogenese nach dem heutigen Wissensstand nicht geklärt ist, identifizieren. Basierend auf der antiproliferativen Wirkung könnte der SHP1 zukünftig ein Zielmolekül einer pharmakologischen Therapie des RCC darstellen.
Die bisherige pharmakologische Therapie von Opioid-induzierter Obstipation in der Schmerztherapie ist limitiert. Opioidrezeptorantagonisten könnten hier Abhilfe schaffen, in dem sie kausal in die Problematik eingreifen und somit zu einer besseren Lebensqualität bei vielen schmerzgeplagten Patienten führen. In klinischen Studien konnte eine Reduktion von intestinalen Transitzeiten nach subkutaner Methylnaltrexon-Gabe (MNTX) beobachtet werden. Auch orale Applikationsformen sowohl von MNTX als auch von Naloxon (NLX) stellten sich teilweise als wirksam dar. Daher war es das Ziel dieser Dissertation die Wirksamkeit hinsichtlich der Prävention einer Opioid-induzierten Obstipation von subkutaner und oraler Applikation von MNTX nach einmaliger Gabe miteinander zu vergleichen, sowie nach wiederholten Gaben die daraus resultierende effektivste Darreichungsform dem retardiert-freisetzenden NLX gegenüberzustellen. Dazu führten wir zwei kontrollierte, randomisierte, doppelblinde klinische Studien in gesunden Probanden durch. Die Obstipation wurde mit Loperamid (LOP) induziert. Die orozökale Transitzeit (OCT) und die Kolon-Transitzeit (CTT) wurden mit Hilfe von Sulfasalazin/ Sulfapyridin und röntgendichten Markern gemessen. Durch die LC-MS/MS-Methode konnten die Wirkstoffe bzw. deren Metaboliten in den Körperflüssigkeiten ermittelt werden und nachfolgend pharmakokinetische Parameter erhoben werden. In der single-dose-Studie konnten wir zeigen, dass retardiert freisetzendes MNTX (MNTX-ER) signifikant die LOP-induzierte Verzögerung im Intestinaltrakt antagonisiert. Subkutanes Methylnaltrexon (MNTX-SC) und schnell freisetzendes Methylnaltrexon (MNTX-IR) hatten keinen signifikanten Einfluss auf die OCT, CTT oder Gesamt-Darm-Transitzeit (WGT). (Publikation 1) Nach der mehrmaligen Applikation von MNTX-ER bzw. NLX-ER in der multiple-dose-Studie Studie konnte NLX-ER eine signifikante Reduktion der durch LOP verlängerten WGT herbeiführen, während MNTX-ER keinen nennenswerten Effekt erzielte. LOP verursachte nur kurzzeitig eine Erhöhung der Darmtransitzeiten. Es erfolgte nach der zweiten Applikation ein Gewöhnungseffekt. (Publikation 2) Aus diesem Grund erscheint LOP nicht geeignet eine anhaltende Obstipation zu induzieren. Die Toleranzentwicklung und auch die Entstehung der Obstipation bei Opioidtherapie lassen noch viele Fragen offen. Weitere Studien sowohl auf zellulärer Ebene als auch in der klinischen Anwendung werden folgen müssen um in diese komplexe Thematik mehr Licht zu bringen.
Trotz intensivster Forschungen in den letzten Jahrzehnten konnte die unzureichende Reendothelialisierung implantierter Drug-eluting Stents (DES) bisher nicht effektiv verhindert werden. Aktuelle DES-Konzepte verfolgen das Ziel einer lokalen Inhibition der frühen Muskelzellproliferation durch den Einsatz hochwirksamer proliferationsinhibierender Wirkstoffe wie Sirolimus und Paclitaxel. Hierdurch werden jedoch auch die Endothelzellen stark in ihrer Proliferation eingeschränkt, was in Folge zu einer stark verzögerten Reendothelialisierung des Stents führt und wiederum die Gefahr von Komplikationen deutlich erhöht. Eine Möglichkeit, dem vorzubeugen, wäre es die proliferationsinhibierende Wirkung zellspezifisch auf die Muskelzellen zu vermitteln. Da die Wirksamkeit einer Substanz in der Regel abhängig von der erreichten intrazellulären Konzentration ist, bietet die differenzielle Expression von Transportproteinen eine interessante und elegante Möglichkeit, eine solche differenzielle Wirkung von Arzneistoffen zu erzielen. In der vorliegenden Arbeit konnten die Transporterexpressionsprofile von glatten Muskelzellen und Endothelzellen bestimmt werden. Bei einem Vergleich dieser Profile konnte für die Gruppe der organischen Kationentransporter (OCTs) eine signifikant erhöhte Expression von OCT1, OCT2 und OCT3 in den glatten Muskelzellen nachgewiesen werden, was zu der Hypothese führte, dass Substanzen die ein Substrat der OCTs darstellen, stärkere Effekte in glatten Muskelzellen hervorrufen sollten. Als erste Bestätigung dieser Hypothese konnte die signifikant erhöhte Akkumulation der kationischen Modelsubstrate MPP+ und TEA in Muskelzellen nachgewiesen werden. Im weiteren Verlauf der Arbeiten konnte ebenfalls für die mit den OCTs interagierenden Platinverbindungen Cisplatin und Oxaliplatin eine differenzielle Wirkung auf Endothel- und Muskelzellen nachgewiesen werden. In diesem Zusammenhang wurden OCT1 und OCT2 überexprimierende MDCKII-Zellsysteme etabliert und charakterisiert, die eine Zuordnung der beobachteten Effekte zu den einzelnen OCT-Vertretern ermöglichen sollten. An diesen Zelllinien und einer bereits vorhanden OCT3-überexprimierenden Zelllinie, konnte die spezifische Interaktion von Cisplatin mit OCT2 sowie die Interaktion von Oxaliplatin mit OCT1, OCT2 und OCT3 nachgewiesen werden. Bei Versuchen mit dem OCT1-Substrat Paclitaxel konnte ebenfalls eine differenzielle Wirkung auf Muskel- und Endothelzellen nachgewiesen werden. Für Paclitaxel konnte in diesem Zusammenhang auch zum ersten Mal eine direkte Aufnahme von [³H]-Paclitaxel über OCT1 und zusätzlich über OCT3 nachgewiesen werden, was bisher in der Literatur nicht beschrieben wurde. Einen weiteren Punkt dieser Arbeit stellt die Entwicklung und Etablierung eines adenoviralen Drug-Delivery-Systems dar, durch welches ein selektives „Drug-Loading“ ausgewählter Zielzellen bewerkstelligt werden kann. Dieses System basiert auf einer adenoviral vermittelten Expression des organischen Kationentransporters OCT1 unter der Kontrolle des muskelzellspezifischen SM22-Promotors. Durch dieses System war es in ersten Versuchen möglich, die Wirkung von Paclitaxel in infizierten Zellen muskelzellspezifisch zu erhöhen. Gleichzeitig wurden infizierte Endothelzellen jedoch nicht von einer erhöhten Paclitaxelaufnahme beeinflusst, wodurch die Funktionsfähigkeit dieses Systems belegt werden konnte.
Aus pharmakologischer Sicht sind unter den Aufnahmetransportern Vertreter der organic anion transporting polypeptide-Familie (OATPs) von besonderem Interesse. Transporter dieser Familie besitzen nicht nur ein breites Substratspektrum endogener und exogener Substanzen, sondern sind auch in zahlreichen Geweben exprimiert. Gut untersucht ist dabei vor allem die Leber mit den vorwiegend hepatisch exprimierten Vertretern OATP1B1 und OATP1B3, während zur Expression und Funktion der OATPs in weiteren pharmakologischen Zielstrukturen, wie beispielsweise den Blutzellen oder auch der Blut-Hirn-Schranke, weit weniger bekannt ist. Ziel dieser Arbeit war es daher, ausgewählte OATP-Transporter hinsichtlich ihrer Expression, ihrem Interaktionspotential und der Funktion in der Blut-Hirn-Schranke und zwei Blutzellpopulationen zu charakterisieren. Dabei konnte zunächst die Expression des OATP2B1 und OATP1A2 in der Blut-Hirn-Schranke bestätigt und deren funktionelle Interaktion mit ausgewählten Dopaminrezeptor-Agonisten aufgezeigt werden. Insbesondere das Ergolin-Derivat Bromocriptin wurde als potenter Inhibitor beider Transporter identifiziert, während Nicht-Ergoline wie Pramipexol hier keinen Effekt hatten. Für Bromocriptin konnte zudem ein direkter OATP1A2-abhängiger Transport nachgewiesen werden, womit dieser Transporter als zentraler Aufnahmetransporter des ZNS-aktiven Bromocriptin infrage kommt. Im zweiten Teil der Arbeit wurde zunächst die Expression des OATP1A2 und OATP2B1 in Erythrozyten nachgewiesen und charakterisiert und in der Folge deren Bedeutung für die erythrozytäre Aufnahme der Antimalaria-Substanzen Chinin, Chloroquin, Mefloquin, Primaquin, Pyrimethamin, Artemisinin und Artesunat untersucht. Dabei wurden Chinin und Chloroquin als hoch potente OATP1A2-Inhibitoren identifiziert, wobei für ersteres auch ein OATP1A2-abhängiger Transport gezeigt werden konnte. Wie für einige andere OATP1A2-Substrate ist dieser Transport pH-abhängig und Naringin-sensitiv. Für eine pharmakologische Bedeutung dieser Interaktion spricht der Befund, dass eine Naringinabhängigkeit der Chinin-Aufnahme auch in primären Erythrozyten nachgewiesen werden konnte. Der letzte Abschnitt der Arbeit befasst sich mit der Bedeutung des OATP2B1 für die Makrophagenfunktion. Hier konnte zunächst eine deutliche Aufregulation der OATP2B1-Expression bei der Makrophagen-Differenzierung aus primären Monozyten und im THP-1 Zellmodell gezeigt werden. Weiterhin wurde für den Transporter die Interaktion mit dem antiphagozytär wirksamen Polyphenol Resveratrol bestätigt und es konnte gezeigt werden, dass eine Herabregulation des OATP2B1 mittels siRNA den antiphagozytären Effekt des Resveratrol negativ beeinflusst. Zusammengefasst konnten in dieser Arbeit mit Bromocriptin und Chinin zwei neue OATP1A2-Substrate identifiziert werden. Eine Expression des Transporters in Zielstrukturen wie der BHS oder, wie hier gezeigt, der Erythrozytenmembran, legt damit eine besondere Bedeutung des OATP1A2 bei der Verteilung dieser und anderer Wirkstoffe nahe. Demgegenüber konnte mit OATP2B1 in Makrophagen aufgezeigt werden, dass zelluläre Verteilungsprozesse exogener Substanzen auch in einer Modulation der Zellfunktion resultieren können.
Untersuchungen zur prognostischen Relevanz der onkogenen Kinase Pim1 beim Glioblastoma multiforme
(2016)
Glioblastome sind die häufigsten hirneigenen Tumoren im Erwachsenenalter. Trotz intensiver Forschung und multimodaler Therapie geht die Erkrankung noch immer mit einer äußerst schlechten Prognose und einer mittleren Überlebenszeit von nur 12-15 Monaten einher. Umso wichtiger ist die Suche nach neuen therapeutischen Strategien unter Einbeziehung von tumorspezifischen Zielstrukturen. In diesem Zusammenhang sind onkogene Kinasen in den letzten Jahren zunehmend in den Mittelpunkt neuer Therapieansätze gerückt, da für viele Tumorentitäten gezeigt werden konnte, dass die Überexpression einzelner Kinasen wesentlich zur Tumorprogression beiträgt. Im Gegensatz zu anderen Tumoren gab es bislang keinerlei Daten zur Expression und Funktion der onkogenen Kinase Pim1 bei Glioblastomen. Daher sollte die Bedeutung von Pim1 für die Pathogenese des Glioblastoms im Rahmen dieser Arbeit untersucht werden. In der vorliegenden Arbeit konnte eine bis dato nicht beschriebene signifikant erhöhte Pim1-Expression in Glioblastom-Patientenproben gegenüber den nicht-malignen Normal-hirngeweben nachgewiesen werden. Im Gegensatz zur erhöhten c-Myc- und EGFR-Expression in Astrozytomen Grad II und III, war keine Pim1-Überexpression in diesen niedriggradigen Astrozytomen nachweisbar. Die Spearman-Korrelationsanalyse der mRNA-Expressionen ergab für Pim1 und den EGFR bzw. Pim1 und dem Transkriptionsfaktor c-Myc jeweils eine signifikant positive Korrelation, die für den EGFR und Pim1 auch auf Proteinebene bestätigt werden konnte. Dies wies auf eine mögliche Regulation von Pim1 über den EGFR hin, die auch in in vitro-Untersuchungen in LN18-Glioblastom-Zellen auf mRNA- und Proteinebene u. a. durch die Stimulation mit EGF und dem Einsatz von EGFR-Kinaseinhibitoren gezeigt werden konnte. Der spezifische siRNA-vermittelte knockdown von Pim1 in LN18-Zellen zeigte eine essentielle Rolle von Pim1 für das Zellüberleben auf, da sich die Zellviabilität im Vergleich zu den Kontrollzellen etwa halbierte. Der kombinierte knockdown von Pim1 und dem EGFR verstärkte diesen Effekt und wies auf einen Synergismus zwischen Pim1 und dem EGFR hin. Interessanterweise war die Pim1-Expression in den EGFRvIII-positiven Glioblastomen gegenüber den EGFRwt-exprimierenden Tumoren signifikant erhöht, was auf eine unter-schiedliche Regulation von Pim1 in Abhängigkeit vom EGFR-Status hindeuten könnte. Die Pim1-Expression zeigte sich in der untersuchten Patientenkohorte weder alters- noch geschlechtsabhängig und stand auch nicht im Zusammenhang mit der postoperativen Therapie. Es ließ sich jedoch ein signifikanter Überlebensvorteil für Patienten nachweisen, die eine Pim1-Expression unterhalb des Medians aufwiesen und das sowohl in der Median- als auch in der Kaplan-Meier-Überlebensanalyse. Für den EGFR und c-Myc konnte dies hingegen nicht gezeigt werden. Auffällig war jedoch in allen Analysen, dass sich die Überlebenskurven nach circa 450 Tagen, was der mittleren Überlebenszeit von etwa 15 Monaten entspricht, überkreuzten und einige wenige Patienten trotz einer sehr hohen Pim1-mRNA-Expression überdurchschnittlich lange überlebten. Die zugrunde liegenden Ursachen bleiben bislang ungeklärt und bedürfen weiterer Untersuchungen. Kombinations¬analysen zeigten zudem, dass eine hohe Pim1-Expression sich sowohl bei einer niedrigen als auch hohen c-Myc- bzw. EGFR-Expression als prognostisch ungünstig auswirkt und somit eine Pim1-Überexpression als isolierter negativer Faktor in Glioblastomen angesehen werden kann. Abschließend wurde in einem orthotopen, murinen Glioblastom-Modell der Einfluss einer pharmakologischen Pim1-Inhibiton auf das Tumorwachstum in vivo untersucht, um die zuvor erhobenen in vitro- und patientenbasierten Daten zu verifizieren. Für den spezifischen, ATP-kompetitiven Pim1-Inhibitor TCS konnte ein signifikant vermindertes Tumorwachstum gegenüber den Kontrolltieren nachgewiesen werden, wobei bei zwei von sechs Tieren zum Versuchsende im MRT kein Tumor mehr nachweisbar war. Für den als unspezifisch geltenden ATP-kompetitiven Pim-Inhibitor SGI1776 ergaben sich inkonsistente Ergebnisse, da einige Tiere einen Tumorregress zeigten, andere wiederum einen Tumorprogress. Im Mittel lag das Tumorwachstum jedoch auch für die mit SGI1776 behandelten Tiere signifikant unter dem Tumorwachstum der ausschließlich mit Dextrose behandelten Kontrolltiere. Insgesamt betrachtet zeigen die Ergebnisse dieser Studie eine wichtige Rolle der Kinase Pim1 in der Pathogenese von Glioblastomen. Pim1 könnte somit als potentielles Zielmolekül für die Glioblastom-Therapie von Bedeutung sein, insbesondere auch in Hinblick auf eine Kombinationstherapie mit EGFR-Kinaseinhibitoren, um das Überleben von Glioblastom-Patienten in Zukunft zu verbessern.
Das Multidrug Resistance Protein 4 (MRP4/ABCC4) ist als Mitglied der ABC-Transporterfamilie nicht nur an dem Transport zahlreicher Pharmaka, wie beispielsweise antiviraler und zytostatischer Substanzen, sondern auch an Signaltransduktionsprozessen, z.B. dem Transport von Eicosanoiden und zyklischen Nukleotiden beteiligt. MRP4 weist außerdem innerhalb der ABCC-Gruppe ein einmaliges Expression-, Lokalisations- und Substratspektrum auf. MRP4 wurde neben Prostata, Niere, Gehirn und Leber auch in Blutplättchen nachgewiesen und kann zelltypabhängig sowohl apikal oder basolateral als auch intrazellulär lokalisiert sein. Insbesondere das Vorkommen in den δ-Granula der Thrombozyten ist bemerkenswert, da die Speicherung und Freisetzung von Überträgersubstanzen wie ADP auf die Thrombozytenfunktion entscheidenden Einfluss haben. Änderungen der zelltypischen MRP4-Lokalisation, die beispielsweise bei Patienten mit δ-storage pool Defekt beobachtet wurden, können zu einem Verlust der spezifischen Transporterfunktion führen. Das Ziel dieser Arbeit war es, das Transportprotein Multidrug resistance protein 4 in Bezug auf Protein-Protein-Wechselwirkungen genauer zu untersuchen. Da die Lokalisation von Membranproteinen u.a. durch die Wechselwirkung mit Proteinen gesteuert wird, stand die Identifikation möglicher Interaktionspartner von MRP4 mit Hilfe von Bindungs- und Kolokalisationsstudien im Vordergrund dieser Arbeit. Es schien sehr wahrscheinlich, dass Adaptormoleküle über eine Wechselwirkung mit MRP4 an dessen trafficking innerhalb der Zellen beteiligt sind und damit Einfluss auf dessen Lokalisation und konsekutiv auch auf die Funktion nehmen. Als mögliche Motive zur Vermittlung solcher Proteinbindungen liegen im MRP4-Molekül ein PDZ-Motiv sowie eine mögliche Bindungsstelle für Adaptorprotein (AP)-Komplexe vor. Zur Ermittlung solcher potentiellen Partner wurde eine Affinitätschromatographie durchgeführt. Dafür erfolgte die Kopplung eines Peptids, welches der C-terminalen Sequenz von MRP4 mit dem PDZ-Bindemotiv entsprach, an eine Sepharosematrix und eine anschließende Inkubation mit Thrombozytenlysat. Mittels Western Blot-Verfahren und Flüssigkeitschromatographie-Massenspektrometrie konnten im gewonnenen Eluat das ERM-bindende Phosphoprotein 50 (EBP50/NHERF1), Moesin, sowie das Post synaptic density protein 95 (PSD95) und das Hitzeschockprotein Hsp90 als mögliche Bindungspartner identifiziert werden. Während eine Wechselwirkung von MRP4 mit EBP50 über seine PDZ-Domäne bereits postuliert worden war, konnten insbesondere PSD95 und Hsp90 erstmalig als mögliche Interaktionspartner von MRP4 ermittelt werden. Da PSD95 bisher vorwiegend in neuronalen Zellen beschrieben wurde, wurde das Vorkommen dieses Proteins in Thrombozyten und der megakaryoblastischen Leukämiezelllinie M-07e auf RNA-Ebene untersucht und nachgewiesen. Damit konnte erstmals die Expression dieses scaffolding Proteins in Zellen der myeloischen Reihe gezeigt werden. Im Anschluss daran wurden Kofärbungen von MRP4 und den identifizierten Bindungspartnern durchgeführt. Die indirekte Immunfluoreszenzmikroskopie lieferte das Ergebnis einer zumindest partiellen Kolokalisation des Transporters mit Hsp90 – in Thrombozyten und M-07e-Zellen in intrazellulären Strukturen, in den Nierenepithelzellen LLC-PK1 und MDCKII in der Plasmamembran. Auch eine Kolokalisation von MRP4 mit PSD95 konnte in M-07e-Zellen und Thrombozyten beobachtet werden. Untersuchungen mit dem Hsp90-Hemmstoff Radicicol ergaben des Weiteren zum einen eine sichtbare Verringerung der MRP4-Expression im Western Blot nach der Inkubation, zum anderen auch eine Änderung der Lokalisation von Hsp90 und MRP4 in den verwendeten Nierenzelllinien nach intrazellulär. Ferner konnten funktionelle Transportversuche unter Verwendung von inside-out Thrombozytenmembranvesikeln einen Abfall der Aufnahme des radioaktiv markierten MRP4-Substrats cGMP in die Vesikel nach Behandlung mit Radicicol zeigen. Um den Einfluss von PSD95 auf die MRP4-Lokalisation zu untersuchen, wurde ein spezifischer knock-down von PSD95 mittels siRNA in M-07e-Zellen durchgeführt. Im Anschluss ergab sich in der Immunfluoreszenzmikroskopie eine deutliche Zunahme der MRP4-Lokalisation in der Plasmamembran. Zusammenfassend konnten im Rahmen dieser Arbeit EBP50, Moesin, PSD95 und Hsp90 als mögliche Bindungspartner von MRP4 in Thrombozyten identifiziert werden. Es ist denkbar, dass Hsp90 als Hitzeschockprotein möglicherweise zu der Prozessierung und Stabilisierung von MRP4 beiträgt. Die Interaktion mit PSD95 hingegen scheint die Internalisierung des Transportproteins zu begünstigen. Die gewonnenen Ergebnisse deuten darauf hin, dass Protein-Protein-Interaktionen die Lokalisation und Funktion von MRP4 entscheidend beeinflussen.
Das MRP4(ABCC4)-Protein gehört zur ABC-Transporter-Familie und ist neben einem vielfältigen Expressionsmuster durch ein sehr breites Substratspektrum charakterisiert. Es wird in zahlreichen Geweben, beispielsweise in der Niere, im Gehirn, in Blutzellen und in vaskulären glatten Muskelzellen exprimiert. Das MRP4-Protein vermittelt den Efflux und damit auch Resistenz gegenüber einer großen Anzahl exogener Substanzen, wie z.B. Nukleosid-basierten Standardtherapeutika der antiviralen und zytostatischen Krebstherapie, aber auch den zellulären Export verschiedener endogener Signalmoleküle insbesondere von zyklischen Nukleotiden. Der Export zyklischer Nukleotide durch MRP4 gewann hinsichtlich der Beeinflussung intrazellulärer cAMP-Spiegel in jüngster Vergangenheit immer mehr an Beachtung. Während die Daten zur Expression und zum Substratspektrum von MRP4 schon recht umfangreich sind, ist bislang sehr wenig über die Regulationsmechanismen des Transporters bekannt. Im Hinblick darauf war es das zentrale Thema der vorliegenden Arbeit neue Erkenntnisse bezüglich der Regulation von MRP4 zu gewinnen. Dabei wurden insbesondere zwei Aspekte untersucht, die den Einfluss des zyklischen Nukleotids cAMP auf transkriptioneller und der Proteinkinase C (PKC) auf posttranslationaler Ebene in den Fokus stellen. Mithilfe von Reportergen-Analysen, quantitativer Real-Time PCR sowie proteinanalytischen Methoden konnte gezeigt werden, dass die MRP4-Expression durch eine langanhaltende Steigerung der intrazellulären cAMP-Konzentrationen signifikant erhöht wird. Untersuchungen zu den involvierten Signalwegen dieser Regulation deuten auf eine Beteiligung der direkt durch cAMP aktivierten EPAC-Proteine hin, die über die MEK/ERK Proteinkinasen-Kaskade zur Aktivierung der MRP4/ABCC4-Transkription führt. In der Folge resultiert ein erhöhter Efflux von cAMP und möglicherweise weiterer MRP4-Substrate. Bei dieser Art der Regulation könnte es sich um einen autoregulatorischen feedback-Mechanismus handeln. Pharmakologisch bedeutend könnte dies hinsichtlich einer Langzeittherapie mit cAMP-steigernden Arzneistoffen, beispielsweise Phosphodiesterase-Hemmstoffen oder β-Adrenozeptor-Agonisten, sein, da dieser Rückkopplungsmechanismus zu einer Toleranzentwicklung mit einer Abnahme der Wirkung beitragen kann. Ein weiterer Teil dieser Arbeit fokussierte sich auf den Einfluss der PKC auf die MRP4Expression und -Lokalisation. Anhand von Transportstudien und Immunfluoreszenzanalysen konnte eine PKC-vermittelte MRP4-Regulation gezeigt werden. Es wurde ein signifikant verringerter Substratexport mit einhergehender Abnahme des MRP4-Anteils in der Plasmamembran in verschiedenen Zellsystemen beobachtet. Dabei wurde nach Aktivierung der PKC eine vermehrte Lokalisation von MRP4 in intrazellulären Vesikeln beobachtet, deren Herkunft aufgrund von Versuchen mit einer Biotin-Markierung der Zelloberfläche der Plasmamembran zugeordnet werden konnte. Im Anschluss an die Internalisierung kam es zur Verschmelzung mit frühen Endosomen, über die durch Recycling-Prozesse der erneute Protein-Einbau in die Membran realisiert werden kann. Untersuchungen mit einer CFP-getaggten MRP4Deletionsvariante ohne die carboxy-terminale PDZ-Bindedomäne ließen auf eine Beteiligung des PDZ-Interaktionsmotivs im Rahmen der PKC-modulierten MRP4Regulation schließen. Möglicherweise kommt es über dieses Bindungsmotiv zu einer Interaktion zwischen MRP4 und möglichen Adapterproteinen, die für diesen regulatorischen Mechanismus notwendig sein könnten. Da keine Zelltyp-abhängigen Unterschiede festgestellt wurden, könnte es sich bei dieser posttranslationalen Art der MRP4-Regulation um einen ubiquitär verbreiteten Mechanismus handeln, der mittlerweile auch für bestimmte andere Transporter beobachtet wurde und in vivo auch die Aufnahme bzw. Elimination von Pharmaka beeinflussen könnte. Diese Arbeit lieferte neue Erkenntnisse zur Regulation von MRP4 auf transkriptioneller und posttranslationaler Ebene. Durch weitere Untersuchungen sollte die pharmakologische und physiologische Relevanz dieser Regulationsmechanismen noch intensiver charakterisiert werden.